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Königs Hoheit Prinz Friedrich Äugvst hatre Herrn Commerzttnrach Beck auf der Reise in Cairo kennen gelernt. Am gestrigen Nachmittage sand unter dem Voisitze dcS Königs. Bezirksschulinspectms Herrn Lötzsch aus Glauchau :n Ler Aula der hiesigen Bürgerschule die erste amtliche Coaferenr der Lehrerinnen für weibliche Handarbeiten von hier und aus der Umgegend statt. Zu derselben waren auch die Herren Schulvorstände und Schuldirektoren der betheiügren Gemeinden eiogeladcn. Derartige Versammlungen, deiea Zweck eine cui- heitliche und rationell? Gestaltung des Unterrichts in den weib lichen Handarbeiten ist, werden öfters stattfivdcn. Im ftühereu Wirkungskreise des Herrn Bczirki schulmspcktors, in dem Schub inspeklionsbcznke Marienberg, ist dieser Unterricht du:ch die gleichen Veranstaltungen zu sehr hoher Blüthe gelangt, sodaß er dort den anderen Umeruchtsgebicten gleichwürdig geworden ist. Am gestrigen Tage will man hier in Hohenstein den be kannten Kleidungsreformator Gultzcit aus Dresden bemerkt Haden. Der Man», in dem man Guttzeft erkannte, schien au' einer Fußtour begriffen zu sei», und machte in seiner Kleidung berechtigtes Aufsehen. Zwar war der Manu nicht uacktbcinig, sondern er trug Galloschen au den Beinen, hatte auch keinen Kranz um den Kopf, sondern trug eine eigenartige sogenannte Trcpcnmütze, aber eS wird diese an ihm bemerkte Veränderung der Jahreszeit zugeschricbeu. Ob man in diesem Manne wirk lich Guttzeit vor sich hatte, können wir nicht behaupten, aber verschiedene Personen, welche ihn in seinem Urkostüm gesthen, behaupten, er sei eS gewesen. AuS Reims wird dem „B. T." geschrieben: Hier ist ein deutscher Deserteur, Namens Gustav Vogt, 29 Jahre all und in Leipzig geboren, durchpassirt, um sich nach Samt-Quentin zu begeben. In das 105., in Straßburg gainisonircnde Jn- Mvterie-Regiment eingestellt, desercirlc er am 1. F-bruar 1885 zum ersten Male und stellte sich der der Gendarmerie in Nancy Wie üblich, der Fremdenlegion cinverleibt, diente er in dei- selben fünf Jahre lang, machte den Feldzug in Tonkin mit und erhielt die Erinnerungsmedaille. Nachdem er vom Militär entlassen war, ging er nach Saint-Quentin, wo er bei einem Zeimngthändler Beschäftigung fand. Die Sehnsucht nach seinen Eltern erfaßte ihn, da er sich aber nicht nach Sachsen zu gehe» getraute, so gab er Ihnen ein Redezvous in Metz. Hier wurde er von einem ehemaligen Soldaten des 105 Regiments erkannt, angczeigr «nd verhaftet. Voat wurde zu fünfzehn Monaten Festung verunheilt und nach Verbüßung seiner Strafe wieder m das 105 Regiment eingestellt. Obwohl streng überwacht, gelang cs Vogc dennoch, zu desertiren, wobei er sein Gewehr und zwei Pncketc Patronen mitnahm. Vogt wird sich nun mehr naturalistten lassen. Landtag. Die zweite Kammer begann ihre gestrigen Ver handlungen, deren Tagesordnung sich auf nicht weniger als 9 Punkte erstreckte, mit der allgemeinen Vorberathung des Dicrel über den Bau der Eisenbahnlinien Chcmmtz-Würschmtzchal- Stollberg und Löbau-Weißenberg, über Arealerwcrbungrn für Chemnitzer BahnhosSanlagen und über den Ankauf der Ronne- burg-Meuselwitzer Eisenbahn. Abz. Ullmann-Scollberg dankte der Regierung Namens der Bewohner des Wülschnitzihalr und Stollbergs, daß sie endlich dar seit einem halben Jahrhundert verfolgte Proj ct zur Verwirklichung bringe. Abg. Dr. Haber korn dankte der Regierung iür die Einbringung der Vorlage Löbau-Weißenberg, durch welche die fest mehr als drei Jahr zehnten jchrilichst gehegten Wünsche der douigen Gegend erfüllt würden. Redner gab zugleich der Hoffnung Ausdruck, daß diese Linie ihre fpätcrc Fortsetzung nach Baruth-Bautzen finden möge. Die Abg. Hähnel und Strauch schlossen sich in der Haup.fache dem Vorredner an. Äbz. Esche empfahl die Vor lage über die Chemnitzer BahnhvfSanlazc« dem Wohlwollen der Deputation. Das Decket wurde hierauf der Fmanzbepu- lation U zur Berichterstattung überwiesen. Zu dem Anträge der Fmanzdeputation L, zur Erbauung eine» Verkehrs- und Winterhafens im Ostragehege bei Dresden 7.450,000 Maik zu biwilligcn, nahm Vicepräsident Abg. Streit das Wort, um dcm Wunsch- Ausdruck zu geben, cs möchte den großen Opfern gegenüber, welche das Land für Dresden bringt, künftig auch etwas mehr Rücksicht genommen werden, wenn eS gilt, anderen LandeSihnl-n größere Zrwendungeii zu machen. Dresden wecde mit Mill-onen bedacht, während die Provinz ost sehr sparsam wegkomme. Auf eine Anfrage des Abg. v. Polenz, e,klärte der Berichterstatter Abg. Niethammer, daß iür die Straße, welche die Stadt als Hochfluthdamm anlegcn wird, der Staat als Areal an die Stadt abgetreten hat, und daß dagegen letztere für die Unterhaltung sorgt. Der Deputations- antraq wurde hierauf einstimmig angenommen. Die Petition der Dresdner Preßhefen- und Kornspirilus-Fabrik, sonst Bramsch, um Verd'ückung der geplanten Hafenstroße um 15—20 Meter von den Fabrikgebäuden genannter Fabrik wurde ohne Debatte der Regieruna zur Erwägung überwiesen. Abg. Fritzsch er- stattcre hierauf den Bericht der Finanzdcputation über den Gesetzentwurf über die Pensionserhöhungen derjenigen früheren Civil-Staatsdicner, die am 1. Januar 1892 in Pension ge standen haben, und über den Gesetzentwurf betreffend die P nsionSerböhungen stir Geistliche und Lehrer und deren Hinter- lassen-. Ohne jde Debatte und einstimmig bcschlvß die Kammer, beide Gesetzentwürfe mit den wenigen von der Depu tation vorgeschlageneil redactioucllcn Fassungen zu genehmigen und die damit in Zusammenhang stehenden Petitiouen für er- ledigt zu erklären. Gleichfalls ohne Debatte und einstimmig beschlag die Kammer, den Antrag der Rechenschafts-Deputation (Berichterstatter Abg. Bassenge), dem Landtagsausschuß zur Verwaltung der Staatsschulden rücksichilich der von ihm in den Jahren 1888 und 1889 abgelegten Rechnungen Entlastung zu ertbeilen. Den Schluß der Verhandlungen bildeten mehrere Petitionen. Tischlermeister M. Brühl u. Gen. in Bautzen sind dahin vorstellig geworden, daß bei StaatSbautcn die Ge- werbtrcibeuden des Orts, an dcm der Bau ausgefühlt wird, bei gleichen Preisangeboten und gleicher Leistungsfähigkeit, nicht unberücksichtigt gelassen werden, und daß die Vergebung ver schiedener Äibeilen nicht an einen Gcoeralunteruchmer, sondern an die einzelnen behelligten Gcwcrbtreibcndcn erfolge. In ihrer Begründung behaupteten die Petenten, daß die Arbeiten für den Seminarbau in Bautzen fast alle von auswärtigen Concmrcntcn übernommen worden seien. Die Erklärungen jedoch, welche die Vertreter der Regierung in der Deputation abgegeben, haben dargethan, daß die Klagen der Petenten wcdrr im Allgemeinen, roch bezüglich des Bautzncr Seminar- dauer im Besonderen begründet feien und daß die Regierung sich von dem Bestreben leiten lasse, bei Staalsbauten die Ein heimischen bet gleicher Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Preisstellung zu berücksichtigen. Gegenüber diesen besricdigen- den Erklärungen, und nachdem Vie Deputation au die Regierung das dringende Ersuchen richtete, auf die gleichmäßige und genaue Befolgung jener Grundsätze im ganzen Lande hnizuwiiken, fand sich keine Veranlassung mehr, der Petition Folge zu geben, die Deputation (Berichterstatter Abg. Vöhns) empfahl vielmehr, die Petition auf sich beruhen zu iasfin. »bg. von Trebra-Lindenau bemerkte, er sei über zeugt, daß die Erklärungen der Regierung allenthalben Be friedigung Hervorruf-» werden. Man solle sich bei solchen Bauten auch nach d:n kleineren Handwerkern umschen und sich über ihre Leistungsfähigkeit orieuiiren, ihnen auch zur Anfertig ung des Blanketis wie zur Herstellung der Arbeit mehr Zeit lass n, denn die kleinen Leute seien nicht immer in der Lage, w fchncll den Anforderungen zu genügen. Abg. Wetzlich schloß sich dem Vorredner an. Die vorliegende Pcut.on sei von der Deputation mit besonderem Wohlwollen ausgenommen worden und wenn die von den Petenten angeführten Thatsachcn sich bestätigt hätten, wäre die Deputation sicher zu einem anderen Votum gelangt. Er freue sich, daß di- Regierung diese Frage nicht blos vom finanziellen, sondern auch vom humanen Stand punkt auffasse und dcm Grundsätze huldige, nicht immer und unter ollen Umständen dem Billigsten die Arbeit zu geben. Dadurch würbe dem Unterbieten kräftige Schranke» gesetzt. Im Interesse der kleivcn Handwerker bat Redner die R-gier- ang, darauf Bedacht zu nehmen, daß die einzelnen Loos-, wo irgend thunlich, ss klein wie möglich vergeben werden, damit Ler KleiNgewerbtreibeude, der nicht mit Maschinen ar beite, sich mit sein-r eigenen Arbeit an der Submission bcthcili- gcn türme, ferner daß die BlankcttS, deren Preis manchmal ein Hindermß Mr den Kleinhandwcrker bilde, kostenlos ausge- -olgt werden. Abg. Reißmann bemerkte, cs sei ihm der Auf- trag geworden, sich für die Petenten zu verwenden. Nachdem sich aber hcrausgestellt habe, daß bei der Vergebung der Al berten vorzugsweise Bautzncr Gewerbtreibeudc berücksichtigt worden seien, und nachdem die Regierung so befriedigende Er klärungen abgegeben, könne auch er vei dcm Deputations-Votum Beiuhigung fasse». Abg. Klemm wies darauf hin, wie «ünschens- weith cs sei, den Kleingeweibtreibenden eine gemeinsame Ma- ich'Neubeoutzung zu veimiltcln und versicherte, daß er und seine Parteigenossen im Reichstage eifrig bestrebt sein werden, den Interessen des Kleinhandwerks im Wege der Gesetzgebung bei- zusprinqcn. Abg. Horn wünschte, daß man auch die heimischen gewerblichen Arbeiter, die am Orte der betreffenden Bauten wohnen, mehr berücksichtige, und daß der Staat an die Ver gebung der Arbeiten die Bedingung knüpfe, daß die Löhne nicht unter den Durchschnittspreis herabgedrückt würden. Die Kommer beschloß hierauf einstimmig dcm Deputalionsantrage gemäß. Die Petition E. M. Richter'- in Freiberg und Ge nossen um Brandschadenersstz wurde aut Antrag der Deputation (Berichterstatter Abg. v. Trebra) der Regierung zur Keuntniß- nahme überwiesen und dieselbe zur Verausgabung einer Bei hilfe an die Petenten ermächtigt. Bezüglich der Beschwerde des Gastwirthsvercins für Grun« und Umgegend beantragt die Deputation durch Abg. Crüwell, das Gesuch auf sich beruhen zu lassen. Die Petenten beschweren sich, daß in verschiedenen Lokalitäten ganz verschiedene Taozerlaubniß ertheilt werde und bitten, daß die Entscheidung der Bedürfnißfrage wegen außcr- regulativmäßiger Abhaltung von Tanzmusiken dem Gemeinde vorstand überlassen werden solle. Abg. Stolle-Meerane ver breitete sich in längerer Rede, in welcher er mehrfach von dem eigentlichen Gegenstand abwich, über die Haltung der Behörden in der Ertheilung von Tanzconcessioncn und meinte, die Sonn tage seien mit Ausnahme der geschlossenen Zeiten überhaupt frei zu geben. Schließlich beantragte Redner, die Beschwerde der Regierung zur Kenntuißnahme zu überweise», der Antrag sand aber nicht einmal genügende Unterstützung. Abg. vr. Schill betonte, daß gar kein Bcdürfniß vorliege, in der bis herige» Competevz der Behöcdcn in Bezug auf Ertheilung der Tanzcovcesfionen etwas zu ändern. Abg. Kaocn sucht die Aus führungen seines Parteigencssen zu unterstützen und zog sich dabei wegen der Aeußeruug, daß er die Zustände der Kammer an den öffentlichen Pranger stellen wolle, einen Ordnungsruf durch den Präsidenten zu. Nachdem sich noch die Abg. v. Po lenz und Uhlmann-Stollberg gegen den Abg. Scvllc gewendet, wurde der Antrag der Deputation gegen 8 Stimmen zum Beschluß erhoben. Nächste Sitzung morgen Donnerstag 10 Uhr. Zahlungseinstellungen. Offene Handelsgesell schaft zum Betriebe einer Maschinenfabrik unter der Firma: „Richter und Winkler", Lcipzig-Rcudmtz. Karl Ludwig Fried richs, Landmesser, Criinmiifchau. Christian Gottlieb Ernst Keßler, Mühlenbcsitzcr, Lawalde. Offene Handelsgesellschaft unter der Firma „Thiele u. Michel", Leipzig (Zwangsverglcichs- termin 25. März ds. I). Salomon Posener, Handelsmann und Hauflihändter, Leipzig (Schlußtermin 4. April ds. I.). Karl August Liebe, vormaliger Gutsbesitzer, Ebersdorf (Schluß termin 1. April ds. I.). — Aufgehoben: Emil Karl Arnold, Delikatcssenhänoler, Stollberg. Franz Max Martin, Schuhmacher, Zwönitz. Wilhelm MaltheeS, Bauunternehmer, Großenhain. Amalie Auguste vcrchel. Fiedler geb. Karg, WollwaarenzcschäslSiuhabcrin, Freiberg. Gottfried Gottlieb Paul Neumann, Kaufmann, Pirna. Wider den Handarbeiter H-rm»»» Friedrich Meyer aus Gersdorf, wohnhaft m Hohenstein, erkannte das Landgericht zu Zwickau wegen einfachen, im wiederholten Rückfall- ver übten Diebstahls auf eme Gefängnißsirafc von 3 Monaten. Ja diesem Falle handelte es sich um Entwendung eines leeren Pctrolcumfass.-S. Grumbach. Am vorigen Montag schlich sich in die Wohnung des Gutsbesitzers Emil Oskar Weber ein Strolch ein. Derselbe entwendete aus der Oberstube eine goldene Damcnuhr mit Kette, sowie einen Ring. Dcu Tieb hat man bis j tzt noch nicht ermitteln können. Vorgestern früh in der 5. Stunde hat sich ju seiner in der Schlößvorstadt zu Chemnitz gelegenen Wohnung eii ver- hciracheter Tischler, Vater von 9 Kindern, «schossen. Das Motiv der That ist noch uubckaunt. G-st-rn früh wurde auf chem Hauptbahnhofe zu Chemnitz von dcm 6 Uhr 28 Minuten ankommenden Hainichener Per- sonenzug ein im Gleis stehender, mit Aufjchrcibcn seiner Wa gen beschäftigter zug'ührcnder Schaffner überfahren und so schwer vcrl-tzt, daß derselbe bald nach seiner Unterbringung im Stadtkrankcnyaus verstarb. Der verunglückte Schaffner sowohl wie der Lokomotivführer des PeUoneozugcs hatten vor dcm niedergehenden Dampf und Rauch eines gleichzeitig einfahlen- den Arbeitcrzugcs die Gefahr zu spät bemerkt. Der Unfall erweckt um jo mehr Thciluahi^e, als der Verunglückte gestern seinen G-buuStag hatte. Elwa 400 bis 500 Personen, Angehörige des Morgen- stcrn'schen Siammes, hatten sich am Nachmittag des Sonntag» aus allen Landcsthcilen im Schnhmanv'schcn Gasthofe zu Flöha zusammengetundcu, um in ihrer Eldschaftsaugelegenheic