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Dresdner Nachrichten : 18.12.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-12-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190512180
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19051218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19051218
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-12
- Tag 1905-12-18
-
Monat
1905-12
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 18.12.1905
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«dg^v», »nz Verugsgedlldr: WerltiiiUrrU» I», »r'«dr» txi «weiinaiiaerKunau»»» durch unler« Von» >«»'««» u«d »i»ri>»I, a« kvu» und Momauk» nu, k»,mat> »MI I0iv> I>u»chauoivAiiiukHom »„chonurk S Ml dkr S MI so Pi Vki kiunialiuer KuUeii»»« durch die Pol, S Md,o>u e Vrilkllaeldd i», /luI- lau» »»I kuliurechrnde,» Kuichiaae. S! ochdruck aller Arlllkl u. Onaiual- Ml>lk,l»ttae» nur m» drullicher Qukl lknauuabe wDiesd Nachr.") zriia'N». Äachlrualiwe tiouvrar- au'vlüchk die,den »»beiüMMmat: UlwklMuulk Mauiiilrwle werden ruchl auwewalttt. Lelkaram in^ldrelle: Nachriehieu Dresden. I^«d«SL Eegriindtl 1856. ls«»kttel«'p»mtvn dr. L.lnji'sUiL «los Lüuijt« von kriieksen. L7Looo^»üvn, <7Lo»o«, Hssso^ts. tllnrslvorlnruk IIi«»«!»»»!, ^Itinirrlct 2. HauptnelclMSslelle: vtartcustr. 28 4V. Unresgen-cack. »uualime von Ankündl,«n,en bis nachinitlaaS » Uhr kann- u,ch fteiertasL nur Mariensnabe 3« von it dls '/»I Udr Die I lvalliae Grund- «eile >ca « Süden, so PI, . An küudlounoen aul derPnvalieile Keile r« Pia.. die slvaltlae Kerle,ui Leu lette bo Pia., als Emaeiandl Keile bv P>a Hu »tum»,er» »ich Euu». und »eierlage» I lvalli,e Äruudreüc so Pi«. aui Privalieile so Pi,., rlvaliiae Keile aui Lcrlleite und als lkuiaeiandl so Pi, Ausivärliae «ut- lräae »ur acaen Porausdejalüttii,. BeleadlLuer werdcu m>1 u> P,,. berechnet. fternivrechanichluh: «uu 1 Sir. 11 uird Sir. ras«. lM?Ä«rr»r«sr«^4»^^L»^i»r«rrs«rrrL»i?rri«srr«««rr»»rrri«r?r?rrrM iss IE" 8»ie>»»r««- "W» in' ^ ----- » T Ulkeilmselitr-Liirslelluiiz. ß «Mk.. ». n,,«.,«»,»,.». »1 ÜLÜÜSL-» ». !»»»«>' ÜMLLL K Sil-t»^"« 1», runtiehnt <t krsrcor 8tr. di«-1,I«»I »1: ^t,u—»«,,» »Sluimcliiiieii ^ «Nil I>« Iitme . _ . ^ Rnltzll 4 !« >»«, f.^1. A ^ «-» tut 4IU». L^LIEUtU. LV'HLVU. A 8tSMe^e,Airr» sr»zr»r«rr»»«r« - i»«»N rE»«rr^»4^rrrr»Mr»HMKMr^rStrMt^s-^r^i«KrrsrK^SN8«»4 iE Veliriillieli «>u kivv 10, i»n, t. u. I. L«. ÜLlie!lI0I'!cW-!.V80flll'M-rLlll>jIS8tS LpviMouul xo^vn ttklen Ooiuelt LU8 cker» LI Mills. llsivor- Ilijrb,„la8 aii!i-splir!>-.Ii>-8 LlitlsI /.ur lic-ini-^iiiißf 6er Online. T'udv 75 unil 50 I'tl?. Kb Veiüiliul Ultili »»Knüits. Nr. 250. Lvirttl: - Wkönigl. «osgprUIielie «8«W> ISi oe,«I«»-1l., <^eo^kel»1or. ^rb'uc Wülilrechlsdeiiiviislralllillc». Ncuesle Dralilbcilchte. Hofiuichlichtcil^ ..Güldener Sonntlig". und Teulschlnnd. Blikfürslen. 2i.'eilil>>ichlsichnn. Flanlrcich Mo »tilg, 18. Dezember 1005. Nene Walilrtchtsdenwilslratioilen. Nach Milteiliinnen der ir';iülde»l,>kmtische>i Presse waren hier in Diedden uir Srinualieiid ciliend ü lll,r nach verschiedenen Talen oec Stadt Bersaniinlnnnen eindernsen würden ;nr Beratung über die dei der Hvrisninnng des Walilrechldkanivles zu denvachtende Taktik nnd es war i»> r'lnschlnü liieran vvn nnS der Wunsch anS- aesvrvchen wurden, das; die Keiler der vier in Aussicht geilellien Beransialluugen sich nvcr die Traaiveitr derselven leidst nicht tau schen niüchteu und eS dadei nicht zu gesehuiidrigen Bvlgnngen tainine, die aderinals einen Zusaiunlenllasj init den deliardliiheu Organen deibeifichren künuien. beider hat sich dieser Wunich nicht erfüllt, vielmehr ist eS in der Pacht zum Svnutag nach I I llhr aderinals zu De»wns1,alwucn auf den Ltranen der iuncrcn Stadt nnd ans der Wiener Striche zu Zusa m in e n st v s; en mit der Polizei gekommen, die einen n vch ernstereu Charakter getragen daden. als die Tumulte am K. Tezcmdcr. Leider sind auch mel»ere schwerere Berlelviugcu zu vcrzelchneu. Cs wuideu 18 Temonslranlcn im Caioladauie und anderen Krankenhäusern ausgenommen. Die TcmonUlalionen und Menichenansammlnngen haden iin Innern der Stadt dis in die sriiden Morgenstunden augedanert. Iin ganzen sollen einige Al Verhärtungen vor- genommen woroe» sein. Der von der Konigl. Polneidireküon »der die Vorgänge heransgegedene amtliche Bericht lautet: Am Sonnabend Abend fanden in sieben hiesigen Sälen stark besuchte, von sozialdemokratischer Seite cinbcrnsenc Volksversamm lungen statt, um sich über die neue Situation aussvreche» zu kön nen. die durch die im Landtage von der Regierung zu der Inter pellation des Abgeordneten Goldstcin abgegebene Erklärung ge schaffen worden war. Die Versamlmnngen nahmen im groszen und ganzen einen ruhige» Verlauf und bcichlossen eine Resolution des Inhalts, dah die Wahl,echtsdcwegnng mit aller Entschiedenheit weilergesnhrt werden sollte, bis das Volk das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht erkämpft habe. Vor den meisten Versammlungslokale» zerstreuten sich »ach Beendigung der Ver sammlungen die Vcrsa»»nlnttgsteilnehmer, ohne der Gendarmerie besondere Veranlassung zum Einschreiten zu geben, nur an die Velsammlangen im „ Tri a non" und in den „Blnmen- sä len" schlossen sich wiederum Slrasicndcmonsirationcn an. Die Be sucher der „Düa»on"-Vcrsal»»lln»g zogen teils durch die Wettiner Strasse, teils durch die Gerdccgasse über den Postplnsi nach dem Alt- rnarkte und velsnchten die polizeiliche Absperrung an der Schlos;- stlasze zu durchbrechen, um nach dem Resioenzschlosse zu gelangen, wurden oder daran verhindert und wandten sich teils durch die Wilsdruffer Strasse zurück »ach dem Pvstplahe, wo sie vergeblich die polizeiliche Absperrung an der Sophienlicchc zu durchbrechen versuchten. Ein anderer Teil zog die See- und Prager Strage entlang in der ausgesprochenen Absicht, vor der Villa des Herrn StaatsminislerS v. Mehsch zu dcmonstüeren. Inzwischen halte» die ans de» „Btnmcnsälen" kommende» Versauimlungsbcsuchcr versucht, durch die Ziegelslrasze gleichfalls nach dem Stadtinncrn z» gelangen, wurden aber auf dem ZeughanSPlahe von der Polizei zurückgedrängt und zerstreut. Sie hatten sich osscnbar später wieder zusainmengefuudcn und zogen nun gleichfalls nach der Wiener Strage, so das; sich dort schließlich eine Menge von mehreren tausend Personen ansamnielte. die zulclzt unter lautem Johlen, Schreien und unter Absingen revolutionärer Lieder im Laufschritt anruckle und gegen die dort aufgeitellte Gendarmerie vorging. Ihre Absicht, vor der Villa des Ministers v. M ehsch zu demonstrieren, konnte sie freilich nicht ansfuhren, da der An- ^ sturm durch die Gcndarmcne, insbesondere die berittene Abteilung ansgehalten wurde. Hierbei sielen ans der Menge drei Schüsse gegen die berittene Gendarmerie, wobei einem Gendam die Backe d u r ch s ch o > s e n wurde; auch wurden Steine und spitze Eisen stucke gegen die Gendarmerie ge schleudert. Es gelang der mit blanker Waffe vor- gehcnden Gendarmerie schließlich, die Menge znrnckzudrängen nnd zu zerstreuen. Hierbei sind vielfach sich widcrsetzende Demonstrie rende verletzt worden. Von der Schußwaffe hat die Gen darmerie nirgends Gebrauch gemacht. Verhaf tungen sind überzwanzig vorgcnommcn worden, außerdem sind eine Anzahl Personen sistiert, nach erfolgter Namenssestslel- lnng aber wieder entlassen worden. Bei einem der Verhafteten wurde ein scharf geschlissener Dolch vorgesnnden. I» der dritten Morgenstunde war die Ruhe überall wieder hergcstcllt. Des weiteren lassen wir D'orstellnirgen unserer eigenen Be richterstatter folgen: Die von der Sozialdemokratie am Sonn abend abend von 9 llhr an hier abgchaltcncn sieben Volks versammlungen mii ocm Taenia: „Regierung, Landtag, Wahlrecht und Wahircchtsdemonstralioir", waren zuni Teil so starr besucht, daß sic abgesperrt werden mußten. Tic Versamm lungen jelvst rrazimcn euren normalen Verlaus. Rach igrem Schluß aber, in der 11. Stunde, ging ein Teil der Vcriamm- lungsbesucher wieder ans die Straße, und z>H unter Adsingnirg von sozialdemokratischen Liedern durch die Straßen, nach dem Altmarkte nnd schließ ich nach der Wiener Straße. Hierbei kam «s zu erregien Szenen, die die Slraßendemonstrcriion am 8. Dezember in den Schatten stellten. An der Wrcner Straße wurde mit abgebrochenen eisernen .-sailNivitzen nach den Polizei- beamten geworscir und später sielen aus der Mille der zurück- gedrängten Demonstrante» voraus einige Schüsse: ein bcriiiener Gendarm erlitt hierbei eine Schußwunde im Ge sicht, die indes nicht gefährlich sein soll. Hier nun machte die Gendarmerie von der blanken Waffe Gebrauch und rricb die Masse auseinander, wobei cs zu Verwundungen ge kommen sein muß, denn eS waren ans den Nebenstraßen Blut- st-uren zu sehen. Aus dem Alimarkie und in dem finge der Prager Straße verharrte die Menge bis in die dritte Morgen stunde hinein: das Gejohle war weithin Hörbor. Die Polizei nagm meyrere Berhaiinnge» vor. Einer der Vcrhaste- i e n war mit einem doichariigcn Instrunicnl be waffnet. — In der T r i a n o n - B e r s a in in l u n g bc° schäsliglc sich der NcichLIagsabgeordnete Tr. Gradncuicr zunächst mit den Straßeildemoiistralionen im allgemeinen und dann mir denjenigen in Dresden am 3. Dezember und deren Behand lung ii» sächsischen Landlage >m besonderen. Aus die jurinische Serie der Slraßeiidemonslcalioir eingehend, führte Redner ans, die von den Behörden und der Negierung angeführten Straf bestimmungen lönntcn gar nicht einschlcrgen. Iin Anschluß hieran zog er Parallelen zu den früheren Verboien der Mageier- Nmziigc. Bezüglich der Anwendung der Wasscn seitens der Polizei »reime er: Abgesehen von einzelnen Heißiporue», die ihren größten Tadel erstihrcii, bedanre er dic'c Beamten doch, denn sie erfüllten mir ihre Pflicht. Im übrigen glaube er. dag seit dem 27. November im Landlage eine Lchwenknng crngc- lrcten sei. Der konservative Abgeordnete Behrens habe die Regierung an die Einlösung ihres Versprechens erinnert, und die Erklärung des Herrn Ministers, daß die Regierung auch ohne Vorschläge wieder eine Vorlage cinziibringen heabsichüge, wenn sie einen gangbaren Weg hierfür gesunden hoben werde, Halle er immerhin stir ein Entgegenkommen. An ihnen liege es nun, daß das Versprechen auch bald eingclöst werde, und daß dcimit das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht zu stände komme. Wir stehen, fuhr er fort, jetzt uor einer schweren taktischen ürage, wir müssen mit der größten >in!!bln1>gkc>t Vor gehen. dos; nicht etwa etwas geschieht, was unseren Gegnern er wünscht sein könnte. So ruhig und ernst ich dies ausigreche, io entschieden sage ich aber auch, wir werden nicht Ruhe halten, bis das Treiklaslenwahlrecht beseitigt ist. Wir werde» die Tinge an »ns herankomiiicn lassen, »nd dann, wenn in absehbarer Zm von der Regierung nichls geschieht und uns von den herrschenden Parteien keine würdige Vertretung >m Landtage zngcstanden wird, dazu kommen innssen, in den politischen Massenstreik einznlrelen. Das ist ein gutes Mittel, um den herrschen den Klassen zu zeigen, daß ihre ganze Eristenz aus der Masse der Arbeiter beruht. In der Tebatte erklärte eine slsrau Wackwitz, daß zum ersten Male auch die grauen in eine große Aktion mit eiilgrisscn. Sie seien von der Wohlentrechtnng ebenso schwer getroffen wie die Pfänner, und desholb kämpften sie für ein gleiches, allgemeines Wahl recht für die ausgebeiiicien Männer nnd Frauen zugleich. Die Versammlung nnirse mit einem Hoch ous däs ollaciiieine. gleiche, direkte nnd geheime Wahlrecht geschlossen. Vorher aber wurde eine Resolution angenommen. Diese lautete: „Die Ver sammlung weist die Behauptung des Ministers v. Mensth gegen über der Interpellation des wzioideinokrottsthen Abgcordneicn Goldstein, daß die Demonstranlcii der Polizei Anlaß zum Ein- greisen gegeben hätten, mit aller Enlichiedenheit zurück, und be schließt weiter, daß die Wahlrechtsoewegung mit aller Krast weitergcsnhrt wird, bis das Volk endlich das allgemeine, gleiche, geheime »nd direkte Wahlrecht erkämofl bat." Von einem Augenzeugen des Marsches der im „Trianon" Verso in mellen nnd des Zusammenstoßes ans der Wiener Strohe und deren Umscbnrig wirs uns ge schrieben: Als ich kurz nach L.i9 Uhr die Versammlung rm „Trianon" besuchen wollte, fand ich dort schon die Türen ge sperrt, da der Saal bereits überfüll! war; vor der Tür standen einige Gendarmen und dicht vor ihnen in dem Winkel, den dort das Nachbarhaus mit dem „Trianon"-Gcbändc bildet, zu- sammcngedrängt in idem anhaltenden Regen wartend eine Menge, die im Durchschnitt etwa 109 Llöpfc betrug, wenn wieder einmal ein größerer Schub ans de» benachbarten Restaurationen zusirömie, aber auf etwa 200 anslieg. Mit > größter Ruhe, das wnrde auch von den Demonstranten aner kannt, hielten die Gendarmen den mancherlei oft drohenden, oft s mebr scherzhaft - neckenden Znrnstn ans der Menge stand, die. freilich mit wenigen Ausnahmen mehr ans der» Hintergründe s kamen, von solche», die nicht erster Reihe stehen mochten. Ern ' auf die Sozialdemokratie ausccbrachtes Hoch wurde hier nicht' anigenonnneii. AIS endlich kurz vor halb 11 Ubr die Ver sammlung zu Ende war. trieb die Menge der Saalbestichcr in großer Ruhe auf de» Platz, wo jedoch alsbald von solchen, die außerhalb des SacrlcS gewartet Hallen. ozialdenwkralische Lieder anacslimmt wurde», zu denen einige junge Burschen auf der Mundharmonika bliesen. Bald schwirrten auch herin- lich Verabredungen durch die Menge: „Meiiiner- Straße", „Wiener Straße". ,,Zn Meirichen", wurden zuerst geflüstert und dann laut gerufen, so daß sich bald der Zug in Bewegung setzte. Zumeist durch die Schützengcrsse zogen unter lautem Gesänge etwa 1200 bis lüOO Kopfe, darunter allerdings viele sehr junge Leute, nach der Wettiner-Straße »nd diese entlang. Immer wieder begannen sie: „Das sind die Arbcitsmänncr, das Pro letariat" nach dem Refrain des Andreas Hofer-Liedes. „Elek- helle Fenster in Restaurants »nd Privalwokmiliigen, Hochrufen be° .. . ich nach dem Königs. Schlosse gehen, um zu sehen, ob dort irseiid welche Unrubcn vorkämcn. An der Sophienkirche war jedoch durch eine starke Schutzmannskctle die Slraßc abgesperrt, nnd im Schatten der ^sophienkirche standen noch vielleicht gegen 100 Gendarmen in Reserve. Durch die Wilsdruffer Straße strebte die Menge dem Altmarkte z„: dort war die Schloßstraße von Gendarmen abgesperrt, an denen die Demonstranten verbältnis- mäßig rubig vovbeizogen. Am Rathaus freilich machte die Spitze dcS Zuges Halt, und hier ertönten Ricke: „Koiaken! Kosaken her!" Beim Wciterziehen wurde» Elektrischen, Omni bussen »nd entgegenkommenden Wagen sorgfältig ansgewichen. Die Menge war dabei durch Zuzüge ous anderen Versamm- lungen am Ende der Prager Straße auf etwa 8000 Köpfe an geschwollen. So ging's durch die Strnve., Lüttichau-, Sidonien- ftraße, Wiener Straße bis zur Goethe-Slraße. Kaum be gann jedoch die Menge in das Stück zwischen Goethe- „nd L e s s l ngst r a ß e einznströmen. als von dieser her etwa 20 be rittene Schutzleute ans dem Fahrdamme im Galopp ihr ent- cegenriilen, wodurch die Menge teils nach hinten, teils ans die Fußsteige gedrängt wurde nnd schnell zurnckslntete. Die be rittenen Gendarmen zogen sich hierauf über den nunmehr völlig leeren Fabrdamm zurück »nd begannen, gefolgt von einem scbr, starken Aufgebot von Gendarmen, zu Kuß langsam vordrängend,' rciarrai uacn ocm vccfrain ves vtnvrcas vozer-r.' trasche" und Helle Fenster in Restaurants nnd Prir ous denen ersclnockcne Leute blickten, wurden mit grüßt. Den Demonstranten nachziehend, wollte auch die Fußsteiqe zu säubern. Bestimmte Sicherheit von der drohenden Annäherung der Massen Hallen übrigens die in der Wiener Slraßc ausgestellten Sicherheilsposten >chon geraume ,^eil vor ihrem Einlreiscn durch das Sichtbarwerden einiger Sanitäter, wie sie, meist der sozialdemokratischen Partei an- gebärend, auch an den Vcrlammlnngcn in neuerer Zeit teilzu- nchmcn pflegen. Unter sehr lautem Schreien und Lärmen wurde die Menge mit blanker Masse in der Wiener Straße zurück- »nd zum Teil in die Goethestraße und Uhland- slraße hincurgedrängt. Mitten in dem Lärme viel plötzlich ein Schuß, der aus der Menge kam, und zwar aus dem Stückchen Goclhcslraße zwischen Wiener Straße und der Bahn. Ein Augenblick beklommener Stille solgie, dann erhob sich das Schreien und Lärmen wieder; die Gendarmerie suchte Re Menge weiter zurückzudräugen, die zum Teil mit sehr derben Stöcken aus die Helme der S ch u tz m a n »Ich a s t schlug, worauf diese mit fliehen Schlägen mit dem Seitengewehre ant wortete. Obwohl nur flache Hiebe erfolgten, kamen ciniae stark blutende Verwundungen vor, die Sanitäter wurden von verschie denen Seiten aus der Menge mehrmals, zuweilen wohl mit über triebener Ostentativ», gerufen. Etwa drei Minuten nach dem ersten Schuß fiel ein zweiter ungefähr von derselben Stelle nnd. dein Klange nach zu urteilen, aus derselben Wosse tvie der erste: es schien ein Revolver zu sein. Wieder drängte die Polizei vor. nnd da sich nach dem Höhepunkte des Zliscrniineiisloßes die Men>e rcckch verminderte, gelang es ihr, die gefährliche Straßenkreuzung zu nehmen. Freilich zeigte sich, daß der zweite Schuß einen berittenen Schutzmann rm Gesicht, wenn auch nicht gcsähriich. verwundet hatte. Zu bemerken ist. daß die Gendarmerie sich durch Worte. Scln in Mieden und andere Invckiiven aus der Me»ae durchaus nicht bceinslussen ließ, nur tatsächlichen Widerstand unterdrückte sie mit Festigkeit. Die drei Trupps in der Ulland. Wiener und Goetbc-Straße wur den nun leicht weiter zurückgedrängt: unglücklicherweise fand ein Teil der Demonstranten an der Parkstroße einen Ausbruch in der Fahrbahn vor und begann die Tchntzmannschast von da aus mit Steinen zu bewerfen: natürlich wieder nicht solch» Demonstranien, die sich allzu nahe an der Polizeikett« befunden hätten, die eigentlichen Uebeltäter entwischten demnach auch hier leicht. Die Trupps konnten schließlich zerstreut werden. In geringerem Maße wiederholte sich der Widerstand der Menge an der Kreuzung der Bensl- nnd Wcrdcrstraße mit der Wiener Straße, freilich veschränkle er sich dort meist auf lautes Johlen. Hochrufen nnd Schreien. Etwas nach 12 Uhr lichteten sich die Reihen der Demonstranten unter dem fortgesetzt niedcrströmen- den Regen >o sehr, daß nur an der Ecke der Wiener und der Werdcrslraßc etwa 50 Mann, unbehelligt von der Polizei, rufend, schreiend und gestikulierend standen. Gegen Uhr konnte dann das Gros der Schntzmannicbaft abrncken, wovon nur etwa 30 Mann zur Bewachung des Straßenslückcs Lessing- nnd Gcllertstraße znrückblieben. Als ich IN der zweiten Stunde nach dem Altmarkte ging, war dimer bis an die Scheckelltrvße vor dem Rathause abgesperrt: in der Sch e ffe lstra ß e selbst tönte hestiecs Schreien und Pfeifen von der unteren Hälfte her. zwischen der Oneraasse nnd der Wallstraße, auch blinkten Schnkmannsbelme ans dieser dort nngciammelten Menge. Ans dem Postplatze und den angrenzenden Straßen herrschte R"he, ebenso in der Richtung nach dem Schlosse zu, wo die Absperrungsmaßnahmen ebenfalls noch aufrecht erhalten wurden. In Ehemn itz haben sich gestern die Straßendeinonstra- rionen ebenfalls wiedcrbolt. Als die WahlrecbtsÄersammlring im „Volksbaus Kolosseum" beendet war, zogen die nach Tausen den zählenden Veriaminlnngsbesuchcr unter Absingen von revo lutionären Liedern und Hocbr>ckcn ans das gleiche, geheime, direkte Wablrecht nach der Stadt. Verschiedene Straßen, ins besondere alle Ziigangsstraßen zum Ralbauje, waren durch einen dichten Polizcikordon. Schntzmannichastcn zu Pserde und zu Fuß. cibgewcrrl, um das Rathaus srcizuhaltcn. Einige Sistierungen nabm die Schntzmannschast vor. In den Kasernen war das Militär bereit gehalten. Schließlich gelang cs der Polizei, die Menge z» zerstreuen. Wie bereits gemeldet, sind in L c i p z i a die für Sonnabend abend angcsctzt gewesenen 'sozialdemokratischen P r o t e st v e r sa m m I n n ae n polizeilich verboten worden. Der Beschluß des Polizcramts der Stadt Leipzig vom 16. Dezember bat folgenden Wortlaut: „Die für Sonntag, den 17. Dezember 1905, vormittags >;I1 Uhr nach den Etavlisse- meitts Sanssouci in der Elsterstraße. Volksbaus in der Zeitzer Slraßc, Feljcnkcllcr in der Karl-Heine-Slrahc, Albertgartcn in Anger einbernsencn össentlichen Versammlungen werden hiermit ans Grund von §8 5 und 12 des Gesetzes vom 22. No vember 1850, 2l. Juni 1398, betr. das Vereins- und Versomm- Inngsrccht verboten. Die Versammlungen werden cinberufeii mit der Tagesordnung: Die Antwort des Volkes in der Wahlrcchtsfrägc". In der Nummer 290 der sozialdemokratischen „Leipziger Vvlkszeitung" vom 15. Dezember 1905 wird zu»! Besuche dieser Versammlungen mit den Worten: „Arbeiter. Parteigenossen! Die Regierung hat gesprochen, die bürger lichen Parteien haben geschwiegen! Nächsten Sonntag gilt eS. den Rechlsocrweigerern die Antwort z» erteilen! Vieltausend stimmig muß den Volksfeinden diese Antwort in die Obrer: gellen! Heraus zum Protest und zu »euer Kampseserklärung " In der letzten Zeit sind derartige Versammlungen in Leipzig und anderwärts zum Ausgangspunkt pon Straßen-Temon- slral'onen gemacht morden, in deren Verlauf u. a. in Dresden und Chemnitz polizeilich hat eingeschrillen werden müssen. Nach deni Tage und der Tageszeit, zu welchem die oben erwähnten vier Versammlungen abgehalten werden sollen, nach der Lage der Lokale, in welchen sie statlfinden sollen, nach der gewählten Tagesordnung und nach dem vorstehend wiedergegcbenen Wortlaute der öffentlichen Aussordcrnng znm VersammluirgS- bcjiiche in Verbindung mit der ganz maßlosen Haltung des denselben Gegenstand bebandeliidcn „Witte in Sachsen" über- schriebencn Leitartikels in derselben Nummer 290 vom 15. Tc'.euiber 1905 der „Leipziger Volkszeitung" erscheint die Annahme gereclstscrttgt, daß die Versammlungen wiederum lediglich die Einleitung zu gleichen Stroßen-Demonstralioncu bilden sollen. Hiernach erscheint nicht nur der Zweck der ge nannten vier Versammlungen daraus gerichtet. Gesetzcs-Ueber- treliiiigen zu begehen, dazu ausznsordern und geneigt zu machen — 8 5 des oben angezogenen Gesetzes — sondern «S b»
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