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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.07.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-07-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020714018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902071401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902071401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-07
- Tag 1902-07-14
-
Monat
1902-07
-
Jahr
1902
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Tabellarischer und Ziffernsah entsprechend höher. — Gebühren für Nachistleisungro und Offertenannahme 25 H (rxcl. Porto). Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de, Morgen-AuSgabe, ohne Postbesörderuvg «0.—, mit Postbrsärderung 70-—» Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Au-gabe: vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags nnnnterbrocheu geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 352. Montag den 14. Juli 1902. 96. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Gemäß Z 1 Abs. 1 der Marktordnung vom 10. Juli 1897 wird von Dienstag, den 15. Juli dieses Jahres ab bis auf Weiteres ein Theil des GrotzhandelSmarkteS außer in der Markthalle auch auf dem davor und dem westlich der ver längerten Mark hallenstraße gelegenen Theile des Roßplatzes, erforderlichen Falles auch auf dem Königsplatze abgehaltcn werven. Zunächst werden jedoch nur Stände für Kartoffeln, Grüuwaarcn und Gurken vergeben. Der Zeitpunct, von welchem auch die übrigen Waarengattungen aus diesen Plätzen gehandelt werden dürfen, wird von der Markthallen-Jnspection noch bestimmt. Im Uebrigen verweisen wir auf unsere Bekanntmachung vom 11. Mai dieses JahreS. Leipzig, den 12. Juli 1902. Ter Rath der Stadt Leipzig. Or. Tröndlin. Ur. Neumann. Königliche Bangcwerkcnschule zn Leipzig. Der Unterricht im Winterhalbjahre 1902/1903 beginnt Donnerstag, den 2. Oktober, vormittags IO Uhr. Die Aufnahmeprüfungen finden statt: Montag, den 29. Scp- tember, von früh 8 Uhr und nachmittags von 2 Uhr, die Nachprüfungen ebenfalls Montag, den 29. September, von früh 8 Uhr ab. Alle Anmeldungen zum Schulbesuch sind am 22., 23. und 24. September früh von 8 bis 12 Uhr und Nachmittags von 3 bis 7 Uhr im Gebäude der Baugewerkenschule (Graffistraße Nr. 3) unter Einreichung der vorgeschriebcnen Zeugnisse zu bewirken. Den Antrag auf Ausstellung des erforderlichen Zeugnisses über die Staatsangehörigkeit wolle man möglichst bald stellen, La die nöthigeu Erörterungen oft längere Zeit in Anspruch nehmen. Gedruckte Auskünfte und Anmeldescheine werden im Schulgebäude unentgeltlich ausgegeben. Leipzig, den 12. Juli 1902. D»e Direktion der Sönigi. Baugcwerkcnschnle zu Leipzig. E. Kayser. Wie Dohna meißnisch wurde. Eine Erzählung und Richtigstellung zum Artikel „Dohna" in Nr. 302 vom 17. Juni. Freunden der sächsischen Geschichte liegt daran, die Verbreitung neuer Feststellungen auf diesem Gebiete nach Möglichkeit zu fördern. Dem um die Weckung allgemeine ren Interesses an der vaterländischen Geschichte wohlver dienten Verfasser des in Nr. 302 des „Leipz. Tagcbl." ab gedruckten Artikels: „Dohna, ein geschichtliches Gedenk blatt zur 500jährigen Jubelfeier" ist leider die neueste und wichtigste Veröffentlichung über die Dohnaschc Fehde ent gangen,' er hat sich sichtlich viel mit anderen, bisher werth vollen und in anderer Beziehung noch recht brauchbaren Arbeiten, darunter auch solchen neueren Datums, bei seiner Vorarbeit für den Artikel beschäftigt, weshalb auch seine Darstellung, soweit sie nicht den Kampf um Dohna selbst betrifft, ihren Werth behält. Weil nun in diesen Tagen das für den 21. bis 23. Juni vorgesehene, in Folge König Albert's Ableben aber verschobene Dvhna'sche Zugehörigkeitsfest stattfinden soll, liegt auch ein äußerer Anlaß dazu vor, hier zu schildern, wie Dohna am 19. Juni vor 500 Jahren an das sächsische Fürstenhaus der Wettiner kam. Geschichte und Sage reichten sich bisher die Hand, um ein zwar recht anschauliches, aber keineswegs einwand freies Bild der Vorgänge zu formen, die den Ucbergang Dohnas in die Herrschaft der Wettiner herbeiführten. Erst in der z w e i t e n H ä l f t e des letzten Jahres erhielten wir in der ans umfänglichsten Quellenstudien auf gebauten Arbeit „Die Dohnasche Fehde" des Ne gierungsraths Ör. Hubert Ermisch vom Dresdner H a u p t st a a t s a r ch i v eine geschichtlich halt bar e D a r st e l l u n g. Da diese Arbeit in gründlichster Weise mit all dem Fabelkram aufräumt, den frühere Ge schichtsschreiber und Chronisten mit dem ungewollten Er folge der Verdunkelung um und über die Thatsachen auf häuften, so dürfte lein Zweifel mehr darüber auskommen, daß man alle früheren Darstellungen des Kampfes um Dohna direct als unrichtig zu verwerfen hat. Der wirkliche Hergang der Dohnaschen Fehde war, in kurzen Zügen geschildert, der folgende: Wenige Jahr zehnte vor der Eroberung und Zerstörung der Burg durch den Markgrafen Wilhelm I. oder Einäugigen, bis ins Jahr 1385 hinein, standen die Dohnaschen Burggrafen mit den Wettiner Landcsfürsten in guten: Ein vernehmen. Namentlich unterhielt der hvchbetagte Burggraf Oto Hcydc II. die besten Beziehungen zu den Markgrafen; so trat er z. B. noch der am 4. August 1384 vom Markgrafen Wilhelm mit den Bischöfen von Meißen und Naumburg abgeschlossenen Vereinbarung wegen Aus führung des vom Könige Wenzel gebotenen Nürnberger Landfriedens bei. Bor dem Streite mit dem Ritter von Kürbitz, der bestimmt nicht Rudolph mit Vor namen geheißen hat, ließen sich die Dohnaschen Herren auch keinerlei wahrnehmbare, d. h. öffentliche Un gerechtigkeiten gegen die Markgrafen zu schulden kommen, da der Vertrag mit König Johann von Böhmen vom 7. September 1341 als geheim nicht hierher gehört. Kurz nach dem 4. August 1384, vielleicht noch im letzten Viertel des Jahres 1384, wahrscheinlicher aber im ersten Quartal 1385, kamen die Burggrafen mit einem dem meiß nischen Lehnsadel angehörigen Geschlechte in einen Streit, der sehr folgenschwer, ja vcrhängnißvvll für sie werden und enden sollte. Wir gehen hier näher darauf ein. weit spätere Autoren Wahrheit und Dichtung stark mischen und sich daher eine — namentlich zeitlich — ganz unhaltbare Uebcrlicferung im Volksmunde festgesetzt hat. Nickel von KÜckeritz, der im Jahre 1482 an einem Schiedsgericht über Forderungen der Dohnaschen Nach kommen theilnehmcn sollte, sagt über die Entstehung des Zwistes in seinem uns erhaltenen Berichte kurz und bün dig: „Der erste nn will e hadt ein anfangk: es war einer von Korbs, der schlugt dem jungen her Jcschken ein beyn under uff dem tantzhawse zu Dresden, do slugk her Jeschko Korbs usfs mawl. In dem jar stcigk Korbs den Herren Doncn abe und fingk den alden von Donyn ir vatcr; der starb in dem gefengkniße. Her Jeschko entliess »ff den tvrm nnd rette sich, Korbes mochte sein vom tvrm nicht gewynnen, nam, was her mochte mit wegkbrcnacn, zcoch von dannen." Das Erzählbedürfniß der Menge machte sich nun nicht nur die in Nr. 302 mitgethciltc Historie zurecht, daß Jeschke von Dohna die Gattin des Körbitzers durch zn große Ver traulichkeit beleidigt habe, sondern man wollte von an derer Seite wissen, Jeschke sei mit dem Markgrafen Feuilleton. Ist Sand gesund? Bon Julius Stinde (Berlin). Nachdruck «erboten. Nach einem der bekannten, sogenannten ewigen Natur gesetze fällt das Butterbrod stets auf die geschmierte Seite. In meiner Kindheit fiel es, so weit mir erinnerlich, nie anders. Es ist jedoch möglich, daß es Ausnahmen gab, aber weil damals die Statistik noch nicht all und jedes durchdrang, fehlen mir dafür zahlengcmäße Belege. Auch gab es keine Hygiene. Wenn jetzt ein Butterbrod auf die Erde fällt, fällt es in Bacillen. Professor Manfredi wies in einem Gramm frischen Straßcnschmutzes von Neapel sechstauscndscchshundertachtundscchzig Millionen Keime nach; auf jedem Quadratcentimcter Bodcnfläche eines Schlafzimmers ermittelte ein Berliner Professor durchschnittlich fünfzigtauscnd Keime. Wir wurden ohne Keime und Bacillen groß— auch die beiden Professoren leben noch, sowohl der italienische wie der deutsche —, unser Brod fiel blos in Sand, und wenn wir mucken wollten und die durch das ewige Naturgesetz verunglückte Schnitte abzulehnen versuchten, hieß es: „Sand ist ge sund; der reinigt den Magen." — Und wir aßen. Seitdem jedoch die Wissenschaft von den Bacillen auf kam, ist das, was die Hüter unserer Kindheit unwissen schaftlich als Sand bezeichneten, ein wahrer Microben» Pfuhl, ein Keimchaos, sozusagen das Saatbcet der Un- gesnndhett, und wer jetzund ein unschuldiges Wurm durch unhaltbare Versicherungen veranlaßt, seinem Stoffwechsel mit Erdreich belastetes Butterbrod einzuschaltcn, bedenke, daß der Staatsanwalt die Ausrede, Sand habe seit Ur gedenken als treffliches Mageuschcucrmittel gegolten, schwerlich durchgehen lassen wird, wenn jenes Wurm in folge nnhygicnischer Beschwichtigung der Sandstullc zum Opfer fiele. Zum Glück treffen im Kriege nicht alle Kugeln nnd mordet im Frieden nicht jeder Bacillus. — Sand, reiner bacillenfrcier Saud ist der irrende Nest ehemaliger, stolz zum Himmel anfrageudcr Gebirge, deren Ecken nnd Kanten die Witterung abnagtc, der Frost, der Regen, deren Trümmer die Wildbäche zermalmten, bis nichts übrig blieb als der fcingckörnte Kiesel, der Sand, den das Wasser verschleppt, den der Wind vor sich hin fegt. Das Skelett der Erde hat mau die Felsen genannt: aus Amirs Gebeinen läßt die Edda ein Gebirge ent stehen, aber der Zeit ist nichts heilig. Sie, die ewige, gtebt auch die Knochen der Erde den Winden zum Spiel; wie will da der Mensch sich beschweren, wenn Geschlechter und Völker verwehen'? Das Lösliche der Felsen ging mit den Gewässern, das Unlösliche blieb als Sand, dessen Hauptbcstandthcil der Chemiker Kieselsäure nennt. Wird die Kieselsäure — reiner Sand — mit Soda und Kalk in bestimmten Ver hältnissen zusammengeschmolzcn, so entsteht Glas; wird mehr Soda genommen, so bildet sich ein Glasfluß, der sich in Wasser auflöst, das sog. Wasserglas. Es gicbt mithin lösliche Kieselsänrevcrbindungen. Aber anch das Glas, worin wir Flüssigkeiten aufbcwahrcn, ist nicht durchaus unlöslich in Wasser, so daß der Chemiker, wenn er absolut reines Wasser haben null, zu dessen Darstellung keine Gc- räthe aus Glas nehmen darf, sondern sich solcher aus Platinmetall bedienen muß. Daß in der Natnr lösliche Kicselsäurevcrbindungen Vorkommen, beweist jeder Grashalm, jedes schneidende Schilfblatt, dessen Schärfe durch einen feinen Ucbcrzug von Kieselsäure hcrvorgebracht wird, und da die Pflanze ihre mineralische Nahrung mit den Wurzeln aus dem Erdboden aufsaugt, muß die Kieselsäure in dem Wasser gelöst gewesen sein, das sie trank. Die harte Haut, die das echte spanische Rohr schwer verletzlich und dadurch werthvoll macht, ist ebenfalls ein feiner Panzer auS Kieselsäure. Aber nicht nur die Pflanze Vcnöthigt der Kieselsäure zu ihrem Aufbau, auch der thierische Körper verwendet sie, denn der Chemiker findet sie nicht nur in der Asche der Pflanzen, sondern auch in der Asche thierischer Organe. Nun wissen wir, daß die Natur, was sie thut, zur Er haltung des Individuums thut, und wenn sic Kieselsäure in einen Körper hincinbant, diese einen ihr eigenthümlichen Zweck zu erfüllen hat. Vom Eisen wissen mir, daß es einen Bestandtheil des Blutfarbstoffes ausmacht, und daß die Gesundheit leidet, wenn es in ungenügender Menge vor handen ist. Das Fluor hilft den Zahnschmelz bilden, und kundige Aerzte sagen, daß in Gegenden, wo Fluor mangelt die Bevölkerung an schlechten Zähnen leidet. Wo zu aber die ebenfalls nur in geringen Mengen vertretene Kieselsäure im Haushalt des ThicrkürpcrS dient, darüber sind bis jetzt nur Vermuthungen ausgestellt. Tie alten Aerzte wandten die Kieselsäure als Heilmittel an. Paracelsus verstand ein Wasserglas zu bereiten. Durch die Kohlensäure der Luft wird Wasserglas zersetzt, und es scheidet sich gallertartige Kieselsäure aus, daß die klare Flüssigkeit sich in eine trübe, dem Stärkeklcistcr ähn liche Masse verwandelt. Paracelsus sagt: „Das Leben der Quarz- und Kicslingstcine ist eine mncilaginvtische (gnmmischleimige) Materie," woraus hcrvvrgcht, daß er die gallertartig ausgcschiedene Kieselsäure recht wohl gc- sclbst in Streit gerathen, weil dieser seine — Jeschke's — Gemahlin beim Tanze geküßt habe. Man sieht also die Darstellung zweier Parteien! Die öffentliche Meinung mochte zum einen Theile in dem Gebühren der Dohnas und ihrem Unterliegen die ungerechte Sache und deren gerechte Bestrafung sehen, während der andere Theil das Vorgehen des Markgrafen als ungerecht betrachtet haben muß. Wenn der Dresdner Chronist Anton Weck den Vor gang zwischen Kürbitz und Jeschke von Dohna aus einen Dresdner Adelstanz verlegt, so mag er damit Recht haben; doch ist es ein Irrt hum, wenn er und andere spätere Chronisten das Vvrkommniß auf dem „Tanzhause" zu Dresden ins Jahr 1400 oder 1401, so z. B. auf Martini, ansctzen; es gehört unzweifelhaft in dasselbe Jahr, wie der Ueberfall der Burg Dohna durch Kürbitz, also ins Jahr 1385 oder höchstens ins Jahr zuvor. Am io. April 1385 nämlich, dem Sonntage Miseri- cortias Domini, veranstaltete der greise Burggraf Otto Heyde II., der Vater Jeschke's, so erzählt der hierin durch aus zuverlässige Altzeller Annalen- schreiber, dessen Angaben wir z. B. auch aus dem Kalender jener Jahrzehnte nachzuprüsen ver mögen, zur Taufe eines Enkels ein großes Familienfest. Dies benutzte Kürbitz, nm in der nächsten Nacht das Schloß Dohna zn überfallen. Inwiefern dieser Handstreich gelang, war oben schon verzeichnet. Kürbitz zog mit seinen Gefangenen und reicher Beute, darunter 24 Pferden, ab. Der greise Burggraf starb, wahr scheinlich nicht lange darauf, in der Gefangenschaft des Kürbitz; dagegen kam sein gleichnamiger Sohn Otto Heyde III., bald wieder frei. Hieraus erhellt, daß die Angabe, Jeschke habe den Kürbitz in die Enge getrieben u. s. w., unmöglich richtig ist; wie cs weiter nicht zutrifst, daß der Mark graf der Fehde Einhalt zu thun geboten habe, und daß Jeschke einen Einfall ins meißnische Gebiet unternommen habe. Wiewohl dem Markgrafen Wilhelm die durch des Körbitzer s gut geglückten Handstreich gebotene Gelegen heit zur Dcmüthignng des mächtigen Dohna'schen Ge- ich'cchtcs, das so dicht vor Dresden eine fast unabhängige Stellung einnahm und den Weg nach Böhmen bcyerrschte, nicht unwillkommen sein mochte, so vergingen doch noch anderthalb Jahrzehnte, bis er gegen die Dohnas einschritt. Er scheint abgewartet zn haben, biö König Wenzel kein Gegner mehr war, mit dem er ernstlich rechnen mußte; wir würden zu weit ausholcn müssen, wenn wir hier die damalige politische Lage des deutschen Reiches erörtern wollten. Als die deutschen Fürsten in den Jahren 1400 nnd 1401 den König Wenzel zur Abdankung und Anerkennung des von ihnen ge wählten Gegcnkönigs Ruprecht von der Pfalz zu nöthigeu suchten, hatte auch die Stunde der Dohna schen Burggrafen geschlagen. Aus dem Streite zwischen ihnen und dem Körbitzer, der entweder Hans oder — was fast unwahrscheinlicher ist — Rützschcl von Kürbitz hieß, hatte sich inzwischen allmäh lich, wohl durch Betheilignng beiderseitiger Helfer, eine Fehde entwickelt, die den Landfrieden und die Sicherheit der Straßen in so hohem Maße bedrohte, daß der Mark graf alle Ursache hatte, dagegen cinzuschrciten. Nach den vorhandenen Ucbcrliesernngcn, soweit sie überhaupt einer Kritik Stand halten, dürfte es 1309 zu dem ersten Zu sammenstöße der Dohnas mit dem Markgrafen ge kannt haben muß, ebenso wie Goethe, der den Kicselsaft bei seinen alchimistischen Studien darstellte, den Ifiguc>r kilionm- „die schönste mineralische Flüssigkeit, die mir einigemal zu meiner grüßten Verwunderung in Form einer animalischen Gallert erschienen war". („Dichtung und Wahrheit", 8. Buch.) Paracelsus gab seinen lei. terra« (Erdgallc), wie er das ans Kiesel und Alkali gewonnene Präparat nannte, gegen tartarischc Leiden, d. i. gegen Gichtablagernngen und gegen Stein, und, wenn man ihm glanbcn darf, mit bestem Erfolg. In der Mitte des vcrflosscncnJahrhnndcrs empfahl der Franzose SvcgnctNatronwasserglas innerlich gegen Gicht, Rheuma und neuralgische Beschwerden; Küchenmeister wandte es äußerlich gegen Jnsectenstiche an; Picot hielt es für nützlich bei bestimmten Formen des Diabetes. In der nencstcn Zeit stellte Hugo Schulz im pharma kologischen Institute der Universität Greifswald Unter suchungen über das Vorkommen der Kieselsäure im thie- rischcn und menschlichen Organismus an, die er in der Münchener Mcdcin. Wochenschrift (Jahrgang 1902, Nr. 11) veröffentlichte, nnd aus denen hervorgeht, daß bei jüngeren Personen sich mehr Kieselsäure, in den Binde geweben zumal, befindet, als bei älteren, daß sic ferner nicht als ein Ballast zu betrachten ist, sondern als ein wesentlicher Bestandtheil, wie Eisen, Kalk, Jod, deren Mangel sich in krankhaften Erscheinungen ausdrückt und die bet gewissen Krankheiten sich als Heilmittel erweisen. Ob nun dieKieselsäure ein Heilmittel ist, das in den Arznei schatz ausgenommen zu werden verdient, das ist die Frage, der nach Schulz' trefflichen Untersuchungen die For schung näher zu trete» hätte. Im Jahre 1855 wies Lcrsch in seiner „Einleitung in die Mincralgucllenlchre" darauf hin, daß die Kieselsäure in ihrer Beziehung zu dcnHaarcn und Knochen (beide sind reich an Kieselsäure) zum Finger zeige dienen müsse, sie in möglichst löslicher Form bei Krankheiten der Haare und der Knochen zu versuchen. Als Volköhcilmittel wird die Kieselsäure von Leuten angewandt, die weder von Paracelsus, noch von dem ge nannten Franzosen, noch von Lersch eine Ahnung haben. So nehmen Landlcute in Schweden sein geriebene Flint steine lKicselsänre) messerspitzwcis gegen Vereiterungen und Fnrnnkcln. Statt des FlintstcineS nehmen sie auch fein gepulvertes Krystallglas nicht ohne Erfolg. Nach einer Beobachtung Zimmermann s wurde ein von Magen säure und gestörter Verdauung belästigter Mann, der ein unwiderstehliches Gelüst nach Kiesel und Quarzsand offen barte, durch die Monate lang fortgesetzteDarreichnng eines Kaffeelöffels Kieselerde geheilt. Aber auch an Kieselsäure reiche Pflanzen wußte das kommen sein, dem bestimmt in den Jahren 1400 bis 1402 der durch die Belagerung von Dohna langwierige Ent scheidungskampf folgte. Die Angabe, daß die Kaiserin Elisabeth bei dem Mark grafen Wilhelm ans Bestrafung der Burggrafen drang, die sich auch in dem Werke „Tie Dvnins" vom Grasen Siegmar Dohna, Berlin 1870, findet, beruht auf einem Mißverständnis; einer im Zusammenhänge ganz klaren Stelle bei Tylich, dem Fortsetzcr der Altzeller An nalen, wonach sich Wilhelm s Gemahlin, die ebenfalls Elisabeth hieß, während der Abwesenheit ihres zur Wahl Ruprecht's gezogenen Gatten vergeblich bemüht haben soll, die Dohnas zur Rückgabe polnischen Kaufleuten ge raubten Frachtgutes zu bewegen. Zunächst ließ Wilhelm die viel befahrene Straße von Dohna nach Dresden dadurch ungangbar machen, daß er die Brücke „an der Molta" iMaldej über den tiefen Grund bei Luga abbrechien ließ, lenkte dadurch den Verkehr auf die Straße von Dresden nach Pirna ab nnd nahm zu deren Sicherung Heidenau in Besitz. Tie Angabe, die Bnrg- grafcn Hütten die Reisenden gezwungen, den alten Weg zn nehmen, ist deshalb hinfällig, weil der Weg für Fuhrwerke nicht mehr passirbar war. Ferner besetzten die Gefolgs leute des Markgrafen M aren „und trieben Reiterspiel", wobei sie in einem Gefecht bei dem südöstlich von Hellen dorf gelegenen Hammcrgute Fichte den dritten der vier Dohna'schen Brüder, Otto Mul (Mault, jedenfalls vor dem 11. Mürz 1401, erschossen. Nicht allzu lange Zeit darauf fiel der jüngste Bruder Jan bei Burkhard s- walde, „dvvvn d» vawer noch ein lyt syngen umb Doncn", wie Köckcritz 1482 berichtet. Schade, daß uns diesesLied dcrBauern nicht erhalten ist; cs würde vielleicht zur Feststellung des Sachverhalts beitragen und mehr werth sein, als alle Fabeleien der Chronisten des 16., 17. nnd 18. Jahrhunderts. Tie Belagerung von Dohna selbst muß vom Herbst 1401 bis znm Frühjahrsende des nächsten Jahres gedauert haben; die Einnahme fester Plätze gehörte eben damals zu den schwierigsten Aufgaben der Kriegskunst. Beiläufiger Erwähnung werth erscheint es, daß bei der Erstürmung am 19. Juni 1402 cinLeipzigcrBürgcr Namens Druckschnh der Erste gewesen sein soll, der die Mauer erklomm; „vt tune guiäam Ifipsiensis «oeiug ciiotus Urneic^-elnv Ii pi imns sink, gni osKrum Oonz a wgro8su3 tust", schreibt Tylich darüber. Endlich ist es nicht richtig, daß die Mark gräflichen den Königstein vier Wochen nach der Einnahme von Dohna genommen hätten; Jeschke flüchtete zwar nach vierwöchigem Aufenthalte von dort weiter, der Königstein aber kam erst vier Jahre später, nämlich Mitte Mürz 1400, in die Gewalt des Markgrafen. Zum Schluffe wollen wir nicht unterlassen, noch darauf besonders hinzuweiscn, daß Ermisch seine sehr vor sichtig gemachten Angaben durch Beibringung eines äußerst umfangreichen Actenmarerials nachprüft und be legt, wie er z. B. namentlich auch die Rechnungen verschiedener Städte, die Söldner znm Heere des Markgrafen gestellt oder Naturallicfernngcn für dieses zn leisten hatten, in ansgicbigster Weise zu Rathe zieht; daß diese städtischen Rechnungen znm werthvvllstcn geschicht lichen Bcmeismatcrial gehören, das wir besitzen, ist an erkannte Thatsache. Ernst Arnold. Volk zu finden und anzuwcnden. So ist der Ackerschachtel halm iLguigetum arvenso IZ, auch Kattenstcert, nnd weil es früher im Haushalt zum Blankmachen des Zinnge schirrs diente, Zinnkraut genannt, ein beliebtes Volks mittel bei Gicht, Gries, Steinleiden, Gallenstein, doch es muß das Kraut lange gekocht werden, wenn der Absud wirken soll. Hugo Schulz fand in einem regelrecht her gestellten Absud des Schachtelhalms so viel Kieselsäure, daß sie hinreichend erscheint, während längerer Kur zur Wirkung zu gelangen. Auch zn den Kneipp'schen Mitteln gehört das Zinnkraut. In seiner „Frs ckogtillancka" nennt Brunswig cs Oaucka ognina — Pferdcschwanz — und sagt, daß es das Fleisch in Wunden wachsen mache. Ferner dürste hierbcr gehören der bei Diabetes als Volksmittcl gepriesene Bohncnhülscnthee, denn die Asche des Strohes der Gartenbohne enthält bis fast neun Prvcent Kiesel säure. Und auch ans eines möchte ich aufmerksam machen, auf die Heilwirkung des gebrannten Badeschwamms bei Kropf nnd Drüscnlciden, die gemeinhin dem darin ent haltenen Jod zngcschricben wird. Nun aber versagt zuweilen das Jod in reinen Ivdprüparaten seine Wirkung, wo der gebrannte Badeschwamm sich nützlich erweist. Sollte hier nicht etwa die Kieselsäure, an der der Schwamm so reich ist, eine Rolle spielen und mit dem Jod zusammen eine Wirkung ansübcn, die diesem allein versagt bleibt? Fast allwöchentlich werden von den chemischen Fabriken neue und allernencste Hcilmitcl ans den Markt gebracht, die ebenso rasch wieder verschwinden wie sie kamen, von denen manche statt der Vergessenheit klanglos zn ver hallen, sich sogar als Schädiger üble Nachrede gewannen. Vielleicht ist jedoch die Kieselsäure eines jener Volks mittel, die nur der wissenschaftlichen Prüfung bedürfen, um zu erfahren, ob sie nicht mehr halten als so manche lener Medicinen, die nntergchcn, sobald der Wind der Reclame ihr Segel nicht mehr bläht. Gegen den Tod ist allerdings kein Krant gewachsen, und jedes Heilmittel hat es an sich, daß es Hilst — und nicht hilft, denn noch ist keines bekannt, das nicht auch im Stiche ließe. Ta cS aber scheint, daß dem normalen Körper die Kieselsäure wesentlich ist, so darf man an nehmen, daß sic dem erkrankten unter gewissen Umständen Unterstützung und Hilfe zn bringen vermag. Von dem Ltandpnnct, den Sand für gesund zu halten, weil er den Magen reinigt, wäre dal-er abzngchen und statt dessen den Pfaden der Wissenschaft zn folgen und die Beantwortung der Frage zu suchen: Ist die Kieselsäure in geeigneter Form ein Heilmittel?
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