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Ottendorfer Zeitung. Die „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Tpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »sn Inseraten bis vormittag Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 113. Sonntag, den 20. September 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, 19. September 1903. —* Die gestern abend im Gasthof zum goldnen Ring abgehaltene gut besuchte Orts- vcrcinSversan.mlung wurde halb 4 Uhr vom Vorsitzenden Herrn Fabrikbesitzer Schiffl er öffnet. Zunächst wird von dem Bericht über den Stand der Straßcnbeleuchtungsfrage und die Aufstellung von Bänken Kenntnis genommen. Herr Fabrikbesitzer Werthschütz Hal sich bereit erklärt, zu vier auf dem Wege nach dem Wach berge aufzustellcndeu Bänken, das erforderliche Material zu liefern, was d nkend acceptiert wird. Ferner wird beschlossen, durch Aufstell ung von Reklametasein rc. an der Bahn, Interessenten auf billiges Fabrikland ev. mit Gleisanschluß hinzuweisen. Die Winterversamm- lungcn sollen durch kurze volkstümliche Vorträge mit ausgefüllt werden und erklären sich mehrere Herren hierzu bereit. Als erstes Vereins vergnügen wird ein Winterfest für den 29. Nov. im Gasthof zu Großokrilla in Aussicht ge nommen. Für den 4. Oktober nachmittags 1 Uhr wird eine Wanderung mit Damen durch die Heide über den Buchberg nach Clauschnitz- Stenz-Königsbrück beschlossen. Von einer Ein ladung des Gebirgovereins für die Sächsische Schweiz zur Generalversammlung sowie von einem Dankschreiben des Militärvereins Otten dorf-Okrilla wird Kenntnis genommen. — Eine interessante Gegenüberstellung der augenblicklichen Seestreitkräfte der Großmächte veröffentlicht Herr Geheimrat Professor Buöley in der soeben erschienenen Septembernummer der „Flotte", Monatsschrift des Deutschen Flotten-Vereins, zu beziehen durch die Präsidial- Geschäftsstelle, Berlln N'U., Dorotheenstr. 42, oder durch die Buchhandlungen und die Reichs post. Während wir im besten Falle mit einer Schlachiflotte von 14 Linienschiffen und 4 Panzerkreuzern auf dem Plan erscheinen können, verfügt England heute über 40 Linienschiffe und 85 Panzerkreuzer; Frankreich über 13 Linienschiffe und 13 Panzerkreuzer; Rußland über 15 Linienschiffe und 7 Panzerkreuzer; Italien über 4 Linienschiffe und 5 Panzer kreuzer; Österreich über 5 Linienschiffe und 4 Panzerkreuzer; die Vereinigten Staaten über 10 Linienschiffe und 2 Panzerkreuzer; Japan über 6 Linienschiffe und 6 Panzerkreuzer. Deutschland steht also heute an vierter Stelle nach England, Frankreich und Rußland. Der Dreibund zählt jetzt zusammen 23 Linienschiffe und 13 Panzerkreuzer, der Zweibund dagegen 28 Linienschiffe und 20 Panzerkreuzer. Eng land ist vorläufig so überlegen, daß es augen blicklich mit seinen 40 Linienschiffen und 35 Panzerkreuzern den vereinigten Flotten von Frankreich, Rußland und Deutschland mit 42 Linienschiffen und 24 Panzerkreuzern Trotz bieten kann, es hat daher nicht bloS den von ihm beabsichtigen „two powsrs stanckarä", sondern in Wirklichkeit einen „tlrrso powvrs staväarä" erreicht, mit anderen Worten, es kann zur Zeit auf der See einen Krieg mit den drei stärksten europäischen Mächten wagen. Seit der Annahme des Flottengesetzes, also seit dem 14. Juni 1900, haben wir uns in Deutsch land daran gewähnt, von unser „starken" Kriegs flotte zu sprechen. Wir tun so, und nicht bloß unter uns, sondern leider auch dem Auslande gegenüber, als wenn die bis zum Jahre 1916, asso im Laufe von 13 Jahren, vom Reichstag noch zu bewilligenden Kriegsschiffe sämtlich fertig wären, während die im Jahre 1916 noch zu fordernden letzten beiden Linienschiffe erst nach frühestens 3 Jahren, also erst 1919, dienst bereit sein können. Nur wenn unser Schiffbau- Programm keine Störungen erleidet, wird nach Verlauf von 16 langen Jahren die deutsche Kriegsflotte mit ihren 34 Linienschiffen, 8 Panzerkreuzern, 24 geschützten Kreuzern und 80 Hochseetorpedobooten zum Schlagen bereit sein und auch die unbedingt nötigen Reserveschiffe für etwa eilurelende Ausfälle besitzen. Von dieser stolzen Höhe sind wir heute aber noch weit entfernt und die vorstehende Gegenüber stellung unserer modernen Linienschiffe mit denen der ersten Seemächte hat gezeigt, daß wir vorläufig noch gar keinen Grund haben, auf unsere maritimen Machtmittel zu pochen. Dresden. Fünfhundert Kronen und zehn Prozent des etwa wieder herbeigeschafften Geldes werden durch die Polizeidirektion in Wien als Belohnung für die Ermittelung des Gauners ausgesetzt, der vor acht Tagen unter Mißbrauch des Namens der Berliner Bankfirma Mendels sohn L Co. die österreichische Kreditanstalt für Handel und Gewerbe um 25000 Kronen be schwindelte. Deuben. Durch eigene Unvorsichtigkeit er litt hier ein Arbeiter nicht unerheblichen Schaden. Der Mann hat die Gewohnheit, Zigarrenreste zu priemen (!) und steckte aus diesem Grunde ein Zigarrenende in die Westentasche. Da das Zigarrenende noch glimmte,setzte cs dieKleidungS- stücke in Brand. Die Unterdrückung gelang bei dem heftigen Winde nur schwer, und wäre vielleicht überhaupt unmöglich gewesen, wenn nicht mehrere vom hiesigen Bahnhof kommende Weißiger Einwohner energische Hilfe geleistet hatten- Neben körperlichen Verletzungen hat der Mann auch den Verlust seiner Kleidungs stücke zu beklagen. Großenhain. Ein von der Staatsanwalt schaft Freiberg wegen Betrugs steckbrieflich gc- uchter Schmiedegeselle wurde hier ermittelt und zur Haft gebracht. — Einen nicht ganz unverdächtigen Fang machte die Polizei bei der Revision der Her bergen, indem sie einen auf erborgte Legitimation Unterkunft gesuchten jungen Menschen ermittelte, dessen blutbeflecktes Hemd und bei sich getragene blutige Gegenstände den Verdacht aufkommen lassen, daß man es mit dem Individuum zu tun hat, welches am 12. dss. Mts- nach Ein steigen in die Wohnung eine Leipziger Lehrers frau lebensgefährlich verwundete. Verstärkt wird der Verdacht durch einen von dem Fest genommenen, der sich mehrfacher Namen be diente, auf dem Wege zur Wache unternommenen Fluchtversuch. — Vor einiger Zeit ist in der hiesigen Um gegend ein Schwindler aufgetaucht, der sicher auch anderwärts sein Glück versuchen dürfte, weshalb vor ihm gewarnt sei. Der ungefähr 25 Jahre alte Mann inserierte in einer größeren sächsischen Zeitung, daß er Geld auszuleihen habe. Bei den sich darum Bewerbenden er schien der Mann, ließ sich Zinsenvorschuß und Fahrgeld geben unter Vorlegung einer Anweis ung an die „Hypotheken- und Darlehnskasse in Erfurt". Die Unvorsichtigen, die dem Manne das Geld einhändigten, mußten zu ihrem Leid erfahren, daß eine derartige Kasse nicht existiert, sie also einem Gauner in die Hände gefallen waren. Zschachwitz. Als der Schiffseigner Kittler aus Mühlberg am Donnerstag nachmittags halb 2 Uhr mit seinem Kahn auf der Elbe hier umlenkte, geriet der Vorderkahn auf Steine, wodurch er derart leck wurde, daß er in kurzer Zeit sank. Die Ladung besteht aus Braun kohlen, die für Laubegast bestimmt sind. Kahn und Ladung sind versichert. Pirna. Einen Riesenkürbis hat in diesem Jahre Herr Gastwirt Robert Schramm in Uttewalde erbaut. Den Kürbis, welcher 25^/2 Kilogramm wiegt, kann jedermann bei Ge nanntem besichtigen. Nossen. Am Mittwoch, zum Todestage des Prinzen Albert von Sachsen, wurde am Denk mal desselben, im benachbarten Wölkau» ein Kranz aus Georginen und Immergrün mit SchlUfe, gestiftet vom Prinzen Johann Georg, niedergelegt. Ostrau. Aufsehen hat hier die vor einigen Tagen erfolgte Verhaftung des Geschäftsführers der Försterschen Niederlage, Otto Kaiser, erregt. Es handelt sich um Sittlichkeitsverbrechen an einem Schulmädchen. Hainichen. Die Unterschlagungen des Prokuristen und Kassierers Friedrich zum Nach teil der Leonhardtschen Webwarenfabrik hier, bei welcher er seit Jahren eine Vertrauens stellung eingenommen, belaufen sich, wie neuer dings verlautet, auf zirka 42 000 M. Friedrich hat sowohl diese Summe als auch sein Prioat- vermögen im Differenzspiel an der Berliner Börse verloren. Gegenwärtig sollen noch be deutende Engagements Friedrichs an der Ber liner Börse laufen. Mittweida. Zwei noch nicht strafmündige Knaben hier räumten der Polizei gegenüber ein, vor drei Jahren eine Scheune an der Bahn hofstraße, neuerdings eine solche am Schwanen teich und auch die Heinigsche Bäckerei in Alt- Mittweida vorsätzlich in Brand gesteckt zu haben. Chemnitz. Am Mittwoch nachmittag be gann vor der hiesigen Strafkammer 3 die Havptverhandlung gegen den 32 Jahre alten, von hier gebürtigen Stationsschreiber Paul August Louis Reinhard zu Buchholz wegen Vergehens der erschwerten fahrlässigen Gefährd ung eines Eisenbahntransportes. Der An geklagte ist wegen Vergehens gegen Z 316 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs zu 9 Monaten Gefängnis unter Anrechnung der seit dem 26. Juli stattgefundenen Untersuchungshaft, sowie zur Tragung der Kosten verurteilt worden. Als Begründung dieses Urteils wird ange nommen, daß die Beweisaufnahme die Schuld des Angeklagten ergeben haben, daß ferner der Materialschaden, der sich auf 1200 Mark be laufe, sowie der Schaden an der Fahrbahn, der mit 67 M- angenommen werde, ein sehr bedeutender sei und daß das Unglück als schlimmste Folge fünf tote Personen, zahlreiche Verletzte und die Gefährdung der übrigen Fahr gäste hatte. Das objektive sowohl als subjektive Verschulden des Angeklagten an dem Unglücke sei durch die Beweisaufnahme erbracht worden. Die Strafgrenze. für das Vergehen liege nach dem Gesetzbuchs zwischen 1 Monat und 3 Jahren. Wenn das Gericht nur auf 9 Monate Ge fängnis erkannt habe, so habe es zu gunsten des Angeklagten berücksichtigt die Krankheit in der Familie und eine eigene Verdauungs verstimmung, die auf sein Gemütsleben nach teilig eingewirkt haben müssen. Die ganze Sachfolge sei bestimmend zur Verurteilung des Angeklagten auch in die Kosten. Der über den Angeklagten verhängte Haftbefehl wurde aufge- hoben und er von der Staatsanwaltschaft sofort auf freien Fuß gesetzt. Dem Angeklagten ist die Eigenschaft als Beamter gerichtlich nicht abgesprochen, dagegen ihm sofort nach der Urteilsfällung der Strafkammer von dem Ver treter der Generaldirektion die Dienstentlassung mitgeteilt worden. Reinhardt wird gegen das Urteil die Revision beantragen. Leipzig. Am Mittwoch nachmittag gerieten bei der Einfahrt in den Bayerischen Bahnhof vier Wagen eines Güterzuges aus dem Gleise und fuhren übereinander, sodaß dieselben fast einem Trümmerhaufen glichen. Glücklicherweise waren die Verletzungen nur leicht, welche ein Bremser erlitt- Der Materialschaden ist sehr bedeutend. — Letzteres ist auch bei dem schon gemeldeten Schadenfeuer in der Schokoladen fabrik von Riquet L Co. zu Gautzsch der Fall. Der Kühlraum und eine Schokoladenformerei sind mit Maschinen und Vorräten vernichtet. — Der Buchhändler Mackroth hat der hie sigen Stadt testamentarisch 20000 M- hinter lassen mit der Bestimmung, daß von dem Gelde an der Promenade hier ein Bärenzwinger, ähn lich wie ein solcher in Bern besteht, errichtet werde. Der Rat wollte den Zwinger in Ver bindung mit dem Zoologischen Garten errichten, hiergegen war von den Erben jedoch geltend gemacht worden, daß dies nicht der Intention des Erblassers entsprechen würde. Der Rat hat das Vermächtnis daraufhin abgelehnt. Die Stadtverordneten beschlossen jedoch, die Ange legenheit der Stiftungsdeputation zu überweisen. — Auf dem Bahnhof Zöblitz ist Mittwoch abend der Bahnsteigschaffner Kreutziger beim Rangieren schwer verunglückt. Derselbe wurde sofort nach dem hiesigen Stadtkrankenhause übergeführt. Neuhausen. Ein kleiner Eisenbahnunfall ereignete sich am Sonntag abend auf dem hie sigen Bahnhofe. Beim Ausrangieren von Per sonenwagen aus dem Abendzuge wurde ein Güterwagen derart angerannt, daß er über eine am Prellbock stehende Arbeiterlowry hin wegfuhr und letztere unter sich begrub, Größerer Materialschaden ist jedoch nicht entstanden, auch war keine Betriebsstörung zu bemerken. Niederwürschnitz. Derjenige Radfahrer, welcher am 9. d. M. die Hebamme Nobis hier überfahren hat, sodaß dieselbe an den Ver letzungen verstarb, ist am Freitag durch die hiesige Gendarmeriebrigade in der Person des Fleischermeisters S. aus Gersdorf ermittelt und der königlichen Staatsanwaltschaft Chemnitz zu geführt worden. Augustusburg. Bei dem Postamte in Hohenfichte ist in diesen Tagen ein falsches Ein markstück angehalten worden. Das Falschstück ist deutschen Gepräges mit der Jahreszahl 1881 und dem Münzzeichen Es ist aus einer Legierung von Zinn, Blei und Antimon in einer von einem echten Markstück abgenommenen Form gegossen und nachdem schwach versilbert worden. Plauen. Seine 104. Reise über den At lantischen Ozean wird in den nächsten Tagen einer der bekanntesten Förderer der hiesigen Spitzenindustrie, Herr Leopold N. Asiel aus Neuyork, antreten. Er hat im Laufe der Jahre für viele Millionen Mark Spitzen und Stickereien hier gekauft und weilt gegenwärtig wieder zu Einkäufen in Plauen. Vor reichlich 40 Jahren hat Herr Asiel, ein Amerikaner deutscher Abkunft, seine erste Einkaufsreise nach Europa und insbesondere nach Deutschland ge macht und nunmehr durch seine jährlich einige- male wiederholten Reisen im Befahren des At lantischen Ozeans einen Rekord erreicht, um den ihn mancher Seemann beneiden wird. Herr Asiel, ein Mann „aus eigner Kraft" und ein Vorbild emsiger, unermüdlicher Arbeit, wird sich demnächst ins Privatleben zurückziehen. Oberwiesenthal. Die Untersuchung und Feststellung des Tatbestandes in Sachen des Mordes auf dem Fichtelberge wird durch den Umstand überaus erschwert, daß bisher seitens des Publikums keinerlei Mitteilung gemacht worden ist über den Aufenthalt des ermordeten Hörders in der Nacht vor seiner Ermordung. Diejenigen Personen, durch welche man glaubte, aufklärende Mitteilungen erhalten zu können, stellen in Abrede, nähere Angaben über die traurige Katastrophe geben zu können. Es sind in den letzten Tagen hier 61 Personen gerichtlich vernommen worden, aber auch diese Vernehmung soll das erhoffte Resultat nicht er geben haben. Heinersreuth i. V. Hier sind am Sonn abend zwei Kinder im Alter von vier und sechs Jahren infolge Genusses von Tollkirschen, die sie beim Beerenpflücken mit fanden ge storben. Kirchrnnarhrichten für Vttendvrf-Gärilla. 15. Sonntag nach Trinitatis. Vorm. 9 Uhr Predigtgottesdienst. Kollekte für den Kirchenbau in Wiesa. Nachm. 2 Uhr Beerdigung. — Wegen der selben fällt die kirchliche Unterredung mit den Jungfrauen aus und wird auf nächsten Sonntag verschoben. Für jVleckingen und Grossckittmsnnsckorf. 15. Sonntag nach TrinitatiS. Medingen: Vorm, halb 9 Uhr Lesegottesdienst. Für Lomnitz. 15. Sonntag nach Trinitatis, Vorm. ^9 Uhr Predigt, Ap.-Gesch. 16, 9—15.