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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189610117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18961011
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18961011
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-11
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.10.1896
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Ve-Ugr^-re» NlEtMHU «ch EryMti-U; vi«U>Z«*ttto» Ist s^h«t»g« mlmUertroch« ^S»t vo, früh 8 »t« «b«b- 7 Uhr. FiN«le»: vtt» MEIN'« Evrtt«. Mlfre» Hstzu), U»i»erfltSt-straße 8 (PauliuumL Lot» Lösche, KatLarwenftr. 14, Part, «ad Könlg-vletz 7. WpMcr.TagMM A«zeiger. Amtsblatt -es Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Mathes und Nolizei-Amtes -er Lta-t Leipzig. ^-519. Sonntag den 11. October 1896. Sn-ergen-Prei- dte «gespaltene Petitzrile R» M Neelam«, «ul« dem UebaettvnSstrlch (4ge> spalt»») bO-^, vor den Famillennnchricht,» (L gespalten) 40/ch> Größer» Schriften laut unserem Vr»tt> »erzrichuiß. Tabellarischer und Liffernsatz uach höherem Laris. Ertr»-Beilagen (gesalzt), »ur mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderuug ^s SV.—, mit Postbeförderuug 70.—. Anaahmefchl«- siir Anzeigen: Abend-Ausgabe: vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je «ft» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« au die Gxpehittau zu richten. Druck «ni Verlag von E. Volz in Leipzig 9V. Jahrgang. Äus -er Woche. s Dem Satiriker, da» kann nicht bestritten werden, bietet der Empfang de« Zarenpaare« in Pari« eine Fülle de« dankbarsten Stoffe« dar. Wenn Ludwig XIV. au« den rlyfäischrn Gefilden oder, mit Hamlet zu reden, „vom anderen Ort" dir Anbetung de« fremden Autokraten wahr- runrhmen vermocht hat, so kann ihm die Empfindung nicht fern geblieben sein, daß die Franzosen vor ihm, dem bei Lebzeiten von scheinbar unübertrefflicher Sclavendemuth um gebenen einheimischen Herrscher, mit ihrem Vermögen speichellrckerischer Srlbstrntwürdigung gegeizt baden. Wer an die Menschheit glaubt, dem zuckte in dieser Pariser Zaren woche höchsten« ein Lichtschein in der Thatsacke auf, daß die republikanischen Dichter, die zu russischen Hofpoeten geworden waren, durchweg erbärmliche« Zeug zu Tage förderten. Der künstlerische Genius wenigsten« hat also seine Mitwirkung bei dem beschämenden Schauspiele versagt. Der Satiriker ist aber gemeiniglich kein Realpolitiker. Dieser aber kann nicht verkennen, daß die Franzosen mit der Unehre auch Erfolge davongetragen Haden. Daß daS Verhältniß zwischen Rußland und Frankreich heute etwa« ander« aufgefaßt werden muß, al« vor acht Tagen, bestreiten selbst diejenigen sonderbaren Publicisten nicht, die ihrem Lande zu dienen glanben, indem sie e« rinlullen. Sie leugnen aber, daß da« Verhältniß, wie es jetzt zu Tage tritt, verändernden Einfluß aus die europäische Politik üben könne. Diese völlige Sorglosigkeit scheint doch zu weit zu gehen. E» war ein leuchtend, wenn gesagt wurde, der Zar, der nach seinem Regierungsantritt Oesterreich, Deutschland und England be sucht halte, habe Frankreich nicht, um in der Sprache der Zöllner zu reden, differentiell behandeln können. Aber eine Differenzirung hat doch Platz gegriffen, nur in umgekehrter Richtung. DrrZar bat unverkennbar seinem Aufenthalt in Pari« einen reicheren politschen Inhalt gegeben, al« dem in Wien, BrrS- lau-Görlitz und Balmoral. Er hat die Anrede al« Verbündeter eatgegenarnommen, engvrrwandt« Bezeichnungen selbst gebraucht und den Begr ÜßungSjubtl der Paktfer Bevölkerung ermuntert, und obwohl er nicht im Zweifel über dessen BewtMünde war und wußte, daß Eassagnac die Absichten de« offlciellen nicht minder wie de« Frankreich der Presse und der Gasse kundgab, indem er sagte, jeder Ruf „Vivo la Kusels" solle ,^8. das I'^llewagne" bedeuten. Dieser Verlauf ist nicht geeignet, den Deutschen da« Nachdenken zu ersparen. Noch weniger ist e« die Thatsache, daß die Betonung der Intimität zwischen Rußland und Frankreich sich mit jedem politischen Ausspruch de« Zaren verstärkt hat. Die Steigerung kann auf vorher mit den Rathgebern erwogenen Entschlüssen beruhen, sie kann sich aber auch unter Einflüssen vollzogen haben, welche die extremen Ehrenbezeigungen und Schmeicheleien der Franzosen auf den jugendlichen Autokraten au-geübt haben. Wäre da« Letztere der Fall — und Niemand kann da« Gegentheil be stimmt versichern —, so würde man mit Nicolau« II. al« mit einer für äußere Eindrücke empfänglichen Herrschernatur zu rechnen haben — eine Wahrnehmung, durch welche eine ernstere Auffassung der Pariser Ereignisse wahrlich nicht abgeschwächt werden könnte. Wenn man freilich, wie ein Berliner Blatt thut, die Werbungen Frankreich« um da« Bündniß mit Rußland lediglich auf Furcht unserer westlichen Nachbarn vor einem deutschen Angriff zurückführt, dann muß man Alle« in bester Ordnung finden. Denn ein solcher Angriff liegt außer dem Bereiche der Möglichkeit, wenn er nicht provocirt wird. Es ist aber auch nicht wahr, daß die Franzosen von dieser Angst beherrscht werden; sie geben die« zwar vor, um die eigene Unfriedfrrtigkeit zu verschleiern, aber auch der Pariser Eorrrsvondrnt de« erwähnten Berliner Preß organe« — t« ist die „Voss. Ztg." — hat niemals ein Hehl au- seiner Urberzeugung gemacht, daß die französische Be völkerung sich vollkommen sicher vor Deutschland fühlt und ihrem Verhalten zu Rußland und dem Zaren eine heiße Begier nach der Offensive zu Grunde liegt. Im guten Glauben kann also die „Voss. Ztg." ihre Erklärung der französischen Leidenschaft für Rußland nicht vorgetragen haben. E« wäre nicht der Mühe werth, auf diese Leistung eine eigenartigen Patriotismus hinzuweisen, wenn dergleichen nicht nach Pari« telegradhirt und dort zur Stützung der Legende von der französischen Angst vor einem deutschen Urbrrfall verbreitet würde. Da hat der ,Vorwärts" ein andere« Beschwichtigungs mittel. Er schreibt: „Die Männer, die heute an der Spitze de« Lande« stehen, find zwar herzlich unbedeutende Leute, allein so dumm sind sie doch nicht, daß sie Frankreich und Rußland vereinigt für stark genug halten, Deutschland, Oesterreich, Italien und England (da« dann unbedingt (I) au unsere Seite sich stellen müßte (I)) mit Erfolg zu bekriegen. Wir haben im Gegentheil guten Grund, zu glauben, daß man in den maßgebenden Kreisen Frankreich« von der russischen Kriegsmacht eine recht mäßige Meinung habe". Welche Eonventionalstrafe England zu entrichten hätte, wenn e« sich nun doch nicht „auf unser» Seite" stellte, da« sagt Herr Liebknecht nicht, und über Vie Meinung der maßgebenden Kreise Frankreich« wird man nicht geneigt sem, sich bei ihm Informa tionen za hole«. Worüber er aber au« eigener Wissenschaft reden könnte, nämlich ÜbrrdieGtrllung drrsranzösischen Sorialdemo- krate» zu dem Zaren« «ad RuffencultuS, darüber schweigt sich der deutsch« „Genosse" au«. Sehr erklärlich, du Pariser Sorialisten waren in diesen Lagen ununterscheidbar in der Masse der Ehauvinistrn aufgegangen, und die« Angesicht« der frischen Pariser Berichte vor den deutschen Arbeitern zu bestreiten, findet selbst rin Liebknecht nicht den Math. Bi« man sich an die Entstellung der fran zösischen Vorgänge wagen kann, müssen die ohuehin durch den Liller Empfang tu puncto der „Internationalität" der französischen „Brüder" stutzig gewordenen Anhänger aus eine andere Weis« getäuscht werden. Auch wir fühlen un« im Vertrauen auf di« deutsch, Kraft frei von Furcht wesen de« Verhältnisse« »wischen Rußland und Frank reich, ft» Munde de« Herr» Liebknecht aber ist der HmweiS a«f die Stärk» Deutschland«, die er sonst verächtlich -Milita ri»««»" «Mut, und a«f den Dreibund, dessen Stifter und Träger er jederzeit mit Haß verfolgt hat, ein verächtliche« Brrlrgenheit-manöver. Deutsches Reich. * Berlin, 10. October. Die „Germania" hat sich wieder einmal besondere Mühe gegeben, die Pseudonymität ihre« Namen- zu beweisen, und zwar in einem Artikel über die polnische Frage. Da« ultramontane Blatt versichert, daß e« aut deutsch fühle, aber seine Ausführungen muthen wie eine Uebersetzung aus der polnischen Hetzpresse an. Die „Germania" ist gar nicht darüber im Zweifel, daß an den Hetzereien der Polen, die sie nach Möglichkeit zu beschönigen und zu vertuschen sucht, die sie aber doch nicht ganz leugnen ann, lediglich die deutsche Bevölkerung schuld sei. Dadurch, daß man „auch da« geringste Zuzestandniß, das in der Natur der Sache lag und durch höhere religiöse oder taatliche Motive gefordert war, den Polen mißgönnte", >at man die heftige Sprache und die Ausschreitungen der polnischen Presse herausgefordert. Also weil die Deutschen die höheren politischen Motive des PolenthumS, die darin bestehen, daß eine deutsche Provinz polonisirt werden soll, nicht anerkennen, deshalb tragen sie die Schuld an den polnischen Ausschreitungen. Ist es möglich, so fragt elbst ein freisinniges Blatt, die „Voss. Ztg ", die Thatsachen mehr auf den Kopf zu stellen? Aber die Deutschen mißgönnen den Polen nicht nur die geringsten Zugeständnisse, sie bauschen auch Kleinigkeiten auf. Zu diesen Kleinigkeiten rechnet das ultramontane Blatt die bekannten Ausschreitungen des polnischen Propste« SzadzinSki mit dem ehemaligen Namen Schade und de« polnischen Propste« mit dem deutschen Namen Bartsch. Die „Germ." fragt: „Sind daS wirklick so schwere Vergehen, daß damit da« ganze Vaterland in Aufregung versetzt werden muß?" Die Thatsache, daß jene Aufregung vorhanden war und noch ist, sollte die „Germ.", wenn sie e« nicht selbst fühlt, belehren, daß e« wirklich schwere Vergehungen sind, wenn wlnische Geistliche Pie Imponderabilien deS deutschen«,Ge fühl« verletzen, ob die „Germ." die« auch al- „viel leicht bedauerliche, an und für sich aber geringfügige Vor kommnisse" bezeichnet. Betrachtet bi« „Germ." diese Vor kommnisse al« „vielleicht" bedauerlich, so ist e« ihr dagegen ohne Weitere« klar, daß die Vorgänge in Opalenitza gar nicht bedauerlich sind. Da« Blatt erklärt zwar an anderer Stelle, da« Schlimmste sei, daß nie die amtlichen Fest stellungen abaewartet werden, da« hat e« aber nicht gehindert, mit seinem Ürtheil über den Vorfall in Opalenitza von An fang an fertig zu sein und die Schuld den Deutschen in di« Schuhe zu schieben. Da« Blatt hat die Kühnheit, »u fragen, wa« denn dir mit dem Vorfall sich so eifrig beschäf tigenden Blätter dirVisitationSreisen de« Erzbischof« angingen. Die Antwort auf diese Frage ist leicht gegeben. Diese Visitation-reisen de« polnischen Erzbischof« gehen die deutsche Presse deshalb srhr viel an, weil hierbei unter der Matzke der Religiosität polnische Propaganda ge trieben und der Fanatismus de« Polenthum« gegen die deutsche Bevölkerung aufgestachelt wird, wa« dem, der e« noch nicht wußte, gerade durch die Vorgänge in Opalenitza deutlich vor Augen geführt wurde. Daß die „polnische Be wegung" im Wesentlichen von der Geistlichkeit gemacht wird, di, sie, unbekümmert um dir Folgen, für ihr« ultramontanen Zirl« auünützen will, dafür lieftrt die warm« Bertheivigung drr polnischen Umtriebe durch da« Organ der Ultramontane» einen neuen Brwei«. * verlt«, 10. October. Zu der Affaire Hammerstein hatte im October v. I. im Breslauer freisinnigen Volksverein „Franz Ziegler" der Vorsitzende Rechtsanwalt Feige Mit- theilungrn gemacht, au« welchen hervorging, daß der ehemalige Ehefredaetrur der „Kreuzzeitung" Freiherr v. Hammerstein schon vor sechs Jahren al« Vorsitzender, bezw. AufsichtSrathSmitglied, der HagrlversicherungSgesellschaft „Borussia"sich Unregrlmäßigkeiten zu Schulden kommen ließ, welche nur die Entlassung Hammerstein'« al« Mitglied« de« AufsichtSrath« dieser Gesellschaft zur Folge gehabt, aber mit Recht vor den Staat-anwalt gehört hätten. Bon diesen Unregelmäßigkeiten — r« handelte sich u. A. um die Entnahme von 15 000 ^tk ohne die Hinterlegung der ent sprechenden Sicherheit und um die Aufstellung falscher Bilanzen — hätten zwölf Personen Krnntniß gehavt, die alle zu der Partei de« Herrn v. Hammerstein gehörten und von denen Über die Hälfte Grafen und Barone wären. Die Direetorra der „Borussia" Eck und Krüger stellte» gegen Rechtsanwalt Feige und Vr. Stanjek, den verantwortliche» Redacteur der „BreSl. Ztg", dir zene Mittheilungen über nommen hatte, Strafantrag wegen Beleidigung, welchem die königlich« Staatsanwaltschaft in BreSlau auch Folge gab. Recht-anwalt Feige stellte der Staatsanwaltschaft ein um fangreiche« Material zum Beweise seiner Behauptungen zur Verfügung. Jetzt, neun Monate nach Einreichung de« Acten- matirial«, hat, wie drr „Niederschl. Änz." berichtet, der Erste Staat-anwalt v. Rosenberg in BreSlau de» Herren Feige und Stanjek mitgrtheilt, daß da« gegen fi« eiagelritet« Ver fahr«, »egen Beleidigung eingestellt sei. 1k. Ber»«, 10. Oktober. (Trlearamm.) Der Kaiser kehrte vorgestern erst uach v Uhr Abend« au« dem Groß- Schönebecke» Revier »ach Jagdschloß Hubertusstock zurück. Di, Pürschfahrt de« Kaiser« war den ganz«, Lag über vom herrlichsten Wetter begünstigt und di« Streck, wie« auch an diesem Lage ein erhebliche Resultat auf. D Berlin, 10. Oktober. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" veröffentlicht heute di« amtliche Bekanntmachung, daß anläßlich der Verabschiedung de« Bürgerlichen Gesetz buches dem Geh. Rath KüNtzel drr Stern zum Rothen Adler-Orden 2. El. mit Eickenlaub, dem Geh. Hofrath Prof. Vr. Eatz« in Leipzig der Roth« Adler-Orden 2. El. mir Eichenlaub, de« G«h. Iustizratb Börner und dem Pros. Mantzrtz der Rothe Adler-Orden 2. El. verliehen worden sind. Berlin, 10. Oktober. (Telegramm.) Der „Nordd. Allgrat. Ztg." zufolge beruht die Nachricht drr „Tägl. Rund schau", daß der Netch-Isnzter und drr Minister «es Innern nochmal« »ach Hub«rr»«st»ck zum Vortrag« befohlen »orden wär«, auf Erfindung. S. Berlin, 10. October. (Privattelegramm.) Zu dem Passus in dem vom Aaren in Cbalons ansgedrachten Toaste: „Ebenso besteht zwischen unseren beiden Heeren ein tiefes Gefühl derWaffenbrüderschüft", bemerkt die „Nat.- Ztg.": „DaS Wort „Waffenbrüderschaft" könnte auf den ersten Anblick überraschen, wenn es auch durch den Ausdruck „tiefes Gefühl der Waffenbrüderschaft" vorsichtig „verinnerlicht" wird. Aber betrachten wir e« einmal auf seinen möglichen Inhalt: Auf eine längere Vergangenheit kann es sich nicht beziehen, denn von den Tagen Suwaroff'S an, der am Ende des vorigen Jahrhundert« die Franzosen in Italien und der Schweiz be kämpfte, bi« nach dem Krimkrieg und später herrschte zwilchen beiden Armeen etwa« ganz Andere«, als ein „tiefe« Gefühl der Waffenbrüderschaft". In unserer Zeit änderte sich das Verhältniß der beiden Mächte in der bekannten Weise, da Rußland mit Recht annabm, eS werde über daS in Sehn sucht nach einem Freunde sich verzehrende Frankreich ganz anders verfügen können, als etwa über die im Dreibunde vereinigten Regierungen, und von da an entwickelte sich allerdings jenes tiefe Gefühl der Waffenbrüderschaft. Der französische Flottenbesuch in Kronstadt hat dasselbe schon 1891, der russische Gegenbesuch in Toulon und Paris 1893 deutlich zum Aus druck gebracht. Es hat sich also, indem der Zar auf dieses Gefühl hinwie«, schwerlich etwa« Erhebliche« geancert. In Deutschland hat man keinen Grund, die Lage beschönigen zu wollen. Unsere Rüstungen und unsere Bündnisse sind auf keine „schöne Lage" berechnet; ruhig und festen Muthcs sind wir auf alle Zukunftsmöglichkeiten gefaßt; eben darum aber können wir die Dinge gelassenen Sinne« so betrachten, wie sie sind, und brauche» keine auf die Farbe des Wunsches ge stimmten Gläser, wie die Franzosen." ö. Berlin, 10. October. (Privattelegramm.) Die „Nat.-Ztg." schreibt: „Ein hiesige» Blatt brachte die Nach richt, daß der stellvertretende Gouverneur Oberstlieutenant von Trotha den Wah ehe eine schwere Niederlage bei gebracht und sie au« Ügogo zurückgeworfen habe. Wie uns 'in Ber chsksstatter meldet, ist über einen Kamps, demgemäß auch über' einen Sieg de« Herrn von Trotha über die Wabehe an maßgebender Stelle nicht« bekannt. Dagegen ist nach dem Auswärtigen Amt ein günstiger und friedlicher Bericht de« Compagnirführer« Prinee eingegangen. Derselbe hat bei Quiranga eine Station errichtet und ist an der Küste glücklich angekommen. Vorläufig liegt nur diese knappe Nachricht über die erzielten Erfolge vor. In etwa vier Wochen wird der ausführliche Bericht hier anlangen." — Die Vertreter drr GaSanstaltSarbetter berichteten gestern in einer zahlreich besuchten Versammlung über da« Resultat der Verhandlungen vor dem Gewrrbrgerlcht. Weiterhin wurde die Frage erörtert, wa» zu thun sei, um die Errungenschaften des Streiks sestzuhalten. Von allen Rednern wurde die Organi sation alter in Betracht kommenden Arbeiter al« drin- gend« Nothwendigkrit hingestellt, nm gerüstet zu sein, falls drr Einigungsvorschlag dadurch außer Kraft gesetzt werde, daß die höhere Verwaltungsbehörde da» Gesuch de» Magistrats, betreffend Arnderung drr Bestimmungen über die Sonntagsruhe, ablehnend beantworte. Wenn diese Eventualität «intritt, soll sofort «ine Ber- sammlung «inbrrufrn werden, welch« sich über di» dann zu unter nehmenden Schritte schlüssig macht. — In ihrer geheimen Sitzung am letzten Donnerstag hat die Stadtverordneten-Versammlung die Glückwunsch- Adresse an die Kaiserin au» Anlaß ihre» bevorstehenden Geburts tage» frstgrstrllt. Ferner hat die Versammlung beschlossen, ihr Mitglied, den Ehrenbürger Virchow, zu seinem 7V. Geburtstage, am iS. d. M., durch eine Deputation beglückwünschen zu lassen. — Eia lungenleidender Maurer hatte einen Betriebsunfall erlitten, durch dessen Folgen er monatelang an da« Bett gefesselt wurde; nach neun Monaten starb er. Sein Lungenleiden war durch den Unfall erheblich verschlimmert und der Tod dadurch wesentlich beschleunigt worden. Die Brruf«genossrnschaft qr- währt« zwar den Hinterbliebenen Renten in drr gesetzlichen Höhe, jedoch nur auf di« Dauer von vier Jahren, weil der Arzt begutachtet hatte, der verunglückte wäre wohl auch ohne den Unfall in etwa vier Jahren an dem Lungenleidrn zu Grunde gegangen. Dies« Begrenzung der Renten hat da» ReichSvirstcherungS- amt für unstatthaft erklärt und nach der„D. au«g«führt: In dem Unfallversicherungsgesetze ist Höhe und Dauer de« Schaden ersätze« durch positiv« Bestimmungen festgesetzt. E« ist d,«halb im Falle der Tödtung einer versicherten Person, die — wir dir« vorliegend der Fall ist — Frau und Kinder hinterläßt, gemäß g 6 de- Gesetze« di« Hinterbliebenenrente bi« zum Tode oder der Wiederverheirathung der Wittwe und bi« zur Erreichung de« fünfzehnten Lebensjahre- der Kinder zu zahlen, wenn sich auch bis zur größten Wahrscheinlichkeit Nachweisen ließe, daß der Getüdtete auch ohne den Unfall in kurzer Frist und lange vor jenen Terminen gestorben wäre. ID Rordhausen, 10. October. Die Strafkammer verurtheilte den au« Prag gebürtigen Steindrucker Ferdinand Glückselig wegen Majestät-beleidigung zu S Monaten Gesängniß. Der Ber- urtheilt« hatte die beleidigende Arußrrung bet seiner Verhaftung, dir wegen Vetteln« erfolgte, gethan. * Ersfeld, 9. October. Die hier seit einigen Jahren be stehende, au« Mitgliedern der städtischen Verwaltung und drr Handelskammer zusammengesetzte sociale Eom Mission hat beschlossen, hier beschästigungSlo« werdenden Ar beitern die Bortheile de« Krankenversicherung-gesetzt« dadurch zu erhalten, daß sie ihnen au« einem zur Verfügung stehenden Fond« die vollen statutarischen Krankencassen- Bei träge zum Zwecke drr freiwilligen Wettervrrflchrrung gewährt. (F.Z.) tz Gtfexch, 10. Oktober. Der Ausschuß für da- kauf männisch« Fvrtbildun-Sschulwesen m Deutschland trat am 7. und 8. df«. Mt«. zu einer Eonferenz in Eisenach zusammen. Bride Avtheilungen de« Ausschüsse«, sowohl die der Vertreter der Kaufmannschaft al« jene der Handel-lehrrr, waren au« allen Theilen Deutschland« beschickt, in«gesammt mit etwa 70 Delegirten. Den Vorsitz führte Or. Stearmanu- Braunschweig. Drr wichtigste Beschluß betraf die allgemeine Organisation von Unterverbanden für da« ganze deutsch« Reich, welchen die Hebung de« kaufmännischen Unterricht-Wesen« in ihrem Bezirke übertragen wird. Gleichfalls von principirller Bedeutung ist der weitere Beschluß, daß nicht nur die kauf männischen Fortbildungsschulen, sondern überhaupt alle nicht al« Privatunternrhmen charaktrriflrten kaufmännischen Unter- richt-anstalten in den Kreit der Betrachtung herangezogen werden sollen. Im Juni 1897 wird drr allgemein« verband nach Leipzig einberufen werden. Von dem Ausschüsse wurde eine Reihe von BerathungSgegenständen für diese» nächst jährigen allgemeinen VerbandStag festgesetzt, so insbesondere über die Frage der Vorbedingungen für die Einjährig-Frei willigen-Prüfung, ferner über Handelshochschulen, Frauen handelsschulen, Abganzsprüsungen und Abgangszeugnisse der Handelsschüler. * Gotha, 9. Oktober. Die vereinigten bürgerlichen Parteien im VI. Landtagswablbezirke (Stadt WalterShausc») haben die Wahl männer-Wahl angefochten und zwar mit der Begründung, daß die Wahl in dem für diesen Zweck unzureichenden Sitzungszimmer des Rathhause- anberaumt worden sei und deshalb viele Wähler, deS langen Wartens müde, ihr Wahlrecht nicht au-geübt hätten, daß die Socialdemokraten während der ganzen Wahlhandlung mehrere Sitzplätze, ja ganze Tische im Wahllocal besetzt gehalten und dadurch den Wählern der Gegner Hindernisse und Schwierigkeiten bereitet hätten, und daß die Auszählung der Stimmzettel nicht fortlaufend erledigt, sondern unter brochen worden sei. * Darmstadt, 10. October. (Telegramm. Ausführlichere Meldung.) Zum Empfang des Kaiser- und der Kaiserin von Rußland sind die Straßen und Plätze der Stadt prachtvoll geschmückt. An dem ehemaligen Rheinthore ist eine Ehrenpforte errichtet, deren Kuppel eine große Krone trägt, unterhalb deren sich das russische Wappen mit dem russischen Adler befindet. Von der Ehrenpforte bis zum Residenzschlosse ist eine imposante Via TriumpbaliS mittels venetianischer Masten und mit Guirlanden verbundener Fichtenbäume er richtet. Besonders reichen Schmuck trägt das große herzogliche Palais, auch das Stadthaus, sowie ber Bahnhof sind sehr geschmackvoll decorirt. Die Privathäuser tragen reichen Flaggen- und Blumenschmuck. In den Straßen wogt eine überaus zahl reiche Menschenmenge. Da« Wetter ist prachtvoll. Um 9 Uhr trafen drr Kaiser und die Kaiserin mittels Sonderzuges auf dem Main-Neckarbahnhofe rin. Nach überaus Herzlicker Begrüßung durch die großhrrzoglichen Herrschaften fand großer militairischer Empfang statt. Hierauf wurde die Fahrt nach dem Palais angetreten. Im ersten vierspännigen Wagen saß der Kaiser und der Großherzog, im zweiten die Kaiserin und die Großherzogin, es folgten der Großfürst und die Großfürstin Sergius, die Prinzessin Battenberg sowie Prinzessin Olga und die Prinzen Heinrich und Wilhelm von Hessen. Den ersten Wagen ritt eine Escadron des Garde- Dragoner-Regiment« Nr. 23 voraus, während hinter denselben eine Escadron deS Leib-Dragoner-Regiments Nr. 21 folgte. Bei der Ehrenpforte am Rheinthore wurde das Kaiserpaar von dem Oberbürgermeister Mvrneweg mit einer Ansprache be grüßt, in welcher er dem Kaiser im Namen der Haupt -und Residenzstadt den Willkommengruß darbrackte, für die wieder holten Beweise des Wohlwollens des Kaiser« gegenüber der Stadt den Dank derselben und den Wunsch aussprach, es möge dem Kaiser am Ende seiner langen AuSlandSfahrt be- schieden sein, in Darmstadt reine Freude und Erholung zu finden. Dann begrüßte der Oberbürgermeister die Kaiserin, die jetzt zum ersten Male nach zweijähriger Abwesenheit an der Seite eines durch vortreffliche Eigenschaften ausgezeichneten Gemahl in die alte Heimathstadt zurückkehre, al« erhabene Kaiserin und glückstrahlende Mutter. Dir Ansprachen schloffen mit einem begeistert aufgenommenen Hoch. Auf ber ganzen Fahrt begrüßte eine dichtgedrängte Menschenmenge die hohen Herr schaften mit begeisterten Iubelrufen. * Nürnberg, 8. October. Der evangelische Sckul- verein hat in seiner hier abgehaltrnen Hauptversammlung auch Stellung genommen zu dem Beschlüsse des bayerischen Lehrrrverein«, wonach Lehrer, die irgend einem con- fessio nellen Verein angehören, nicht in den bayerischen Lehrrrverein ausgenommen werden. Nach längerer Besprechung wurde eine Erklärung beschlossen, worin ausgesprochen wird, daß der bayerische Lehrerverein durch jenen Beschluß gegen seine seitherigen Grundsätze der Duldsamkeit verstoßen habe. * Metz, 9. October. Große Verstimmung, besonders in den Subaltern- und Unterbeamtenkreisen, hat eine Veröffent lichung des statistischen Bureau« in Straßburg über die Verleihung von Pensionen an hilfsbedürftige Invaliden au« dem deutsch-französischen Kriege 1870/71 hervorgerufen. Es sind bi» jetzt in ganz Elsaß-Lothringen 411 solcher Pensionen bewilligt worden, davon entfallen 31 l auf solche Invaliden, dir im französischen Heere gedient, und nur 70 auf solche, dir der deutschen Armee angcbört 1 haben. Der Grund für diese« auffällige Verhältniß liegt nicht allein darin, daß die Zahl der französischen Invaliden in Elsaß-Lothringen größer ist als dir drr hier ansässigen Deutschen, sondern er wird hauptsächlich, der „V. Z." zufolge, darin gefunden, daß bei Bewerbung um diese Pension die Bürgermeister ein Bedürftigkeit-rrugniß und die Pfarrer einWürdigkeit-zrugniß «»«stellen müssen. Während nun den Invaliden deutscher Nationalität die Bei bringung dieser Zeugnisse von den französisch gesinnten Aus stellern ganz außerordentlich erschwert wird, gelingt r« den alten französischen Soldaten sehr leicht, sich diese Papiere zu verschaffen. Oesterreich-Ungar«« * Wie«, 9. Oktober. In der heutigen Club ob - männer-Eonferenz wurde der Ministerpräsident Badeni wegen der Gerüchte, betreffend die Auflösung de« Abgeord netenhauses, interpellirt. Er erwiderte, die Regierung habe durch die frühzeitige Einberufung de- RrichSratbe« und die sofortige Vorlage deS Budget- iyren Unzweideutigen Willen kundgegeben, daß diese- HauS noch daS Budget erledige, was ihm wohl bi» zum Iahre-schluffe möglich Warr. An Vieser Absicht halte dir Regierung nach wie vor fest, und er finde keinen Anlaß, sich heute sch»n darüber zu äußern, wa- zu ge schehen hätte, w«nn da- Budget nicht rechtzeitig fertiggestellt werden sollte. * Wie», 10. October. (Telegramm.) Di« fast in jeder Sitzung de- Wiener Gemeindrrath« vorkommend . Skandale erreichten gestern ihren Höhepunkt. Der Antisemit Gregor ig sagte, d,e liberale Minderheit habe kein Scham gefühl. D,e Liberalen verlangten hierfür den Ordnungsruf.
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