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Intelligenz- unkt Wochenblatt für - . ^. ^ . .. . !l,' Frankenberg mit Sachsenburg und Umgegend. KA. Sonnabends, den 4. Juli. ' 1887^ Ausruf zur Errichtung eines Denkmals für Philipp Melanchthon an alle Evangelische in und außerhalb Deutschlands. Als am I. November des Jahres 18 k7 der Grundstein zum Denkmal Hr. Martin Luthers in unserer Stadt gelegt wurde, da waten noch Aster Herzen voll von DankeseMpfindungen für Vie durch Gött ge wordene Befreiung der lheuern Heimath; und zwar eine zwiefache Befreiung: denn mit der Unabhängig keit der deutschen Vatererve kehrte auch der alte Väterglaube wieder ein; allenthalben im Lande hob man bankende und betende Hände empor zu dem lange von Vielen vergessenen König aller Könige und Herrn aller Herren. Lebendiger und inniger darum versenkte sich nun die Erinnerung aller Evangelischen in die Thaten jener gewaltigen Reformationszeit: noch einmal durchlebte man Mit jenen GotttSmännern den Jubel, der so viel tausend suchende Seelen durchdrang, als Luther das so lange verhüllte Evaii- gelium wieder an's Helle Licht zog und durch die Predigt von der alleinigen Rechtfertigung dutch den Glauben das Losungswort zur Befreiung von Bann und BandeN gab; noch einmal das Toben deo Feinde, aber auch die nach langem Ringen von Gott geschenkten Siegestage. Wir haben dann die großen Erinnerungstage der Freude und der TraUer gefeiert, den dreihundert jährigen Gedächtnißtag des Bekenntnisses von Augsburg, und den Todestag deS nach vielen Siegen immer noch zu früh entrissenen Reformators. Und das geistige Auge, wenn es nur sehen will, gei wahrt leicht den Segen, den alle diese Feier- und Ehrentage auch dem innern Leben unserer Kirche ge^ bracht haben. Jetzt aber gehen wir mit schnellen Schritten der Gedächtnisfeier eines Sterbetages entgegen , der jene ganze Glaubensblüthezeit schloß; und in Vielen wird die Frage laut: durch welche Feier, welche Stif tung, welches Denkmal begehen wir im Jahre 1860- Philipp Melanchthon's TodeStag auf die würdigste Weise? Auf dem Marktplatze zu Wittenberg hält Luthehs Grzbild jedem Vorübergehenden das offen»Bibelbuch entgegen; in Worms bereitet man ihm ein zweites, die Ltuherstiftung, die Lütherschule, der Luthers- brunnen, die Lulherseiche nennen seinen Namen bei uns, in Erfurt das Martinstift, in'Wsleben das Lutherhaus, nicht zu reden von Mansfeld und der Wartburg und anderen Städten. — Und Melanchthon? — Eine eiserne Gedenktafel an dem Hause, das er als° unser Mitbürger ikne hatte,, eine längst nicht mehr als würdig ekkannte Porcellanbüste in dtr Kirche seiner GebUrlsstadt, eiü Erinnerungsmal endlich vor der Gelehrtenschule zu Nürnberg — das sind, »penn wit von den Gemälden nicht sprechen wollen, die geringen äußeren Zeichen, die bis jetzt den Wanderer an Deutschlands größten Lehrer erinnern. Er selbst freilich mochte nichts wissen von eigenen Verdiensten. „Ja; ich habe Einiges deutlicher gemacht als eS zuvor war" — mehr hat er den Fragenden und Rühmenden nie von sich gegeheti. Ho ren wir aber Doctor Martittum selbst über seinen bescheidenen Mitstreiter urtheilen. Den ,,hohen" Mann nennt er ihn in einem vertrauten Briefe, den „Unentbehrlichen", den „Reinen, Unschuldigen", an dem fast nichts sei, das nicht übermenschlich wäre. Und die erbittertsten Feinde schrieben: „Nicht Luther, sondern der glatte und gewandte Magister hat die Ration geblendet und verjährt." Ja Phi^ lippus war eS, des berühmten Waffenschmieds Schwarzerd echter Sohn, der dem Bergmannssohne Lu ther das edelste Erz an den Tag fördern half und ihm die rechten Waffen daraus schmiedete zu Schutz.