Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1902
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020605024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902060502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902060502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-06
- Tag 1902-06-05
-
Monat
1902-06
-
Jahr
1902
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
,»4dör,^ «« Lo »v. 1S2S>ig »a. ak 97,39 180,SO >lL ld. it i. 101,88 r«. ,1», 22»/,. v"/u> 4»-^, 142, 174-i^ 149>t, L—«r. l484H9 ! 118,78 17,80 188,78 48,78 128,78 122,— 114,78 o- 197^8 tu 412,— i — L»»«0 90 >i» '0 SS 1L0>t, ir uv ooo § i l871 1148 !t. >4038 S«kr I so,so Li 80,4 V I .1368 >r daatireo wsovertUs vLt«r ck»m I», 6i» «ins i 8eUlu«s 197,88 117,33 240,37 W 117,38 234,— 102,28 816,— 1868 !ry. 828 287 492 »r« 100,19 198,10 rt» 90,89 98,75 193,28 de 99,60 dL 86,20 Ld. 67,90 in. 73,60 .Q 90,30 85,18 ,r.I 98^0 »Ilj SS,60 ,06), t L r: L»w- tted»rck r» 218,88 S8L0 218,28 !Lz.- 178,80 123,28 78,50 178,28 201 — 169.25 SS, 28 d. Ui it m .. 81,60 ti»" (36) ck«r Lld«. (3/8) voo oU S»iu- »cd 8Ück- Vlocsot, »iwrsi»», > llsa«»- eoo kort I. t» -- o. ck m w M- 92,92 200,40 44,'— 206,40 333,— 173,75 180^5 178,— 178AO 110,30 111,70 228,60 de. 21,80 I 111,75 . 14S.S0 sä 121,80 sd 121,78 it, 60,28 L., 130,50 110,90 ! IVO,— ISS,— K. 196,— L. 182,— ,r. 118L5 »1, 186,— 90,28 5.! 181,— 1L 177,80 d. S40L8 d. -u 99,10 OisLöris kiiolcxLoix n LsLlisi- orksdr in . Loarrao. It. Söscd io 2os»or- sxsoe ä«s Bezugs-PretS I» der Hauptexpedition oder den im Stad» be»i'! und den Bororten errichteten Au» Ladestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, — zweimaliger täglicher Zustellung ins HauS >4 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland u. Oesterreich vierteljährlich „F 8, sür die übrigen Länder laut Zeitungspreisliste. - -»->»— Redaktion und Expedition: JohanniSgaffe 8. Fernsprecher 153 und 222. Filiale»pediti»«en r Alfred Hahn, Buchhandlg., Universitätsstr. 3, L. Lösche, Kathariuenstr. 14, u. Königspl. 7. - Haupt-Filiale Dresden: Strrhlenerstraße 6. Fernsprecher Amt I Nr. 1713. -»>» - Haupt-Filiale Lerliu: Königgrätzerstraße IIS. Fernsprecher Amt VI Nr. 33S8. Abend-Ausgabe. UpMer TagMalt Anzeiger. Amtsölatt des königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6gespaltene Petitzeile L5 H. Reclamen unter dem Redactionsstrich (4 gespalten) 75 H, vor den Familiennach- richten (6 gespalten) 50 L,. Tabellarischer und Ziffernsap entsprechend Häher. — Gebühren für Nachweisungen und Offertenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—, mit Postbesörderung 70,—» Annahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an dle Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Nr. 281. Donnerstag den 5. Juni 1902. 96. Jahrgang. Der Friedensschluß. Krüger und seine Umgebung. * Brüssel, 4. Juni. Nach einer Depesche des „Petit Bleu" aus Utrecht ist Präsident Krüger recht unpätzltch und bettlägerig. * London, 4. Juni. Das „Reuter'sche Bureau" erfährt, die Amsterdamer Meldung, daß Lord Reay und Sir Coningham Greene, welche im Haag eingetroffen seien, von der britischen Re- giernng entsandt seien, um sich mit dem holländischen Ministerpräsi dent Kuh per in der Angelegenheit der in Europa befindlichen Boerrndelrgirten in Verbindung zu setzen, sei durchaus unbe gründet. Die Boerendelegirten in Europa würden von der britischen Regierung nicht als solche anerkannt. Wenn sie nach Südafrika zurückzukehren wünschten, müßten sie in aller Form um die Erlaubniß dazu rinkommen, dann werde ihre Sache in Er wägung gezogen werden. Lord Kitchcner, der bisher den Rang eines Generalleutnants bekleidete, ist zum General befördert worden. Die Kriegslasten. * London, 4. Juni. Im Laufe der heutigen Berathung im Untrrhause stellte Claude Lowther die Frage, ob der Artikel 9 des mit den Boeren geschlossenen Abkommens, welcher bestimmt, daß aus den Grundbesitz in Transvaal und der Oranje-Fluß-Colonie zur Bestreitung der Kriegs kosten keine spcciellen Steuern gelegt werden sollen, auch eine specielle Besteuerung von Bergwerkseigen- thum in beiden Colonien zu dem gleichen Zwecke verbiete. Chamber lain erwiderte Nein. * London, 4. Juni. Das Unterhaus trat im weiteren Ver laufe der Sitzung in die dritte Lesung der Kriegsanleihe.Bill ein. Hicks-Beach führt aus, die Lage habe sich ja seit dem Tage, wo er das Budget vorlegte, glücklicher Weise geändert, er halte jedoch au seiner ursprünglichen Schätzung der Ausgaben, nämlich an der Summe von 176 369 000 2, fest. 40 Millionen Pfund davon seien für die Ausgaben im Kriege bestimmt und für die Aufrecht- erhaltung der vollen Stärke der Feldarmee für acht Monate vor gesehen. Zwei Monate seien bereits verstrichen. Jetzt müsse für Gratificationen an die Truppen, sür Transportkosten und sür die Erhaltung der zahlreichen Bevölkerung in den Concentrationslagern gesorgt werden, bis eine andere Unterkunft für sie beschafft sei. Auch müßten die Ausgaben für die Unterhaltung der Garnisonen in Südafrika bestritten werden. Es wäre ver früht, wenn er schon jetzt ein Urtheil abgeben wollte über die er forderliche Stärke dieser Garnisonen, aber mit Rücksicht auf die jüngst zn Tage getretene freundliche Haltung der Leute, die England als Feinde gegenüberstanden, glaube er, die Hoffnung auSdrücken zu können, daß eS nicht nörhig sein werde, sehr große Garnisonen dort zu lassen. (Beifall.) Mit der Zu- schlagssteuer werde sich ein Ueberschuß von etwa 10'/- Mill. Pfund Sterling ergeben; der Ueberschuß sei durchaus nothwendig, er werde zur Wiederherstellung des Schuldentilgungsfonds und zur Herabsetzung der schwebenden Schuld verwendet werden. Zum Wiederaufbau und zur Neuausstattung der Farmen in Südafrika dürsten temporäre Vorschüsse erforderlich sein; sobald aber eine Civil- regierung in den erworbenen Colonien eingesetzt sei, werde die Re- gierung das Parlament um seine Mitwirkung bei der Angelegenheit ersuchen, dahingehend, daß die Anleihen garantirt würden, die die Colonien zu den genannten und zu ähnlichen Zwecken, wie zur Convertirung der Schulden und zum Erwerbe der Eisenbahnen, auf- zunehmen hätten. * London, 4. Juni. Das Unterhaus nahm mit 216 gegen 49 Stimmen die dritte Lesung der Anleihe-Bill an. Im Lause der Debatte erklärte der Schatzkanzlec Hicks-Beach, daß es einer der ersten BerathungsgegenstänLe sein müsse, wie es einzurichten sei, über die aus Len kleinen von Transvaal fließenden Staats- einkünfte so zu verfügen, daß damit die Zinsen eines Theiles der Kriegsschuld gedeckt werden. In einsamer Größe. Dem alten schwergeprüften Expräsidenten Krüger widmet die „Chemn. Mg. Ztg." folgende treffende und ergreifende Worte: Während in London toller Liegesjubel durch die Straßen schallt, die englische Rcgierungspressc im höchst geschraubten Tone den britischen veldcnmuth, die llnüber- windlichkeit der englischen Armee und noch einiges Andere lobpreist, die gesammte eioiiisirte Welt wie nach schwerem, jahrelangem Albdrücke wieder aufathmet, lenken sich die Blicke aller Boerenfreunde dem Manne zu, welcher an der Spitze des jetzt ausgelöschten, dem englischen Seepter unter worfenen Staatswesens gestanden hat, jenem seltenen Manne, der wie ein Fels in tobender Meeresbrandung seit langen Jahren allen Anschlägen, die man in London gegen die Freiheit des Boerenvolkes schmiedete, in schlichter Größe, mit unbeugsamer Willenskraft, mit nie versiegen dem Gottesvcrtranen getrotzt hat. Der greise ehemalige Transvaalpräsident, der Flüchtling auf gastlichem nieder ländischen Boden, der sein Theuerstcs, Familie, Hab und Gut dahingab am Altäre des Vaterlandes, über dessen greises Haupt hinweg nun fern in der von der Brandfackel des Krieges vernichteten, verödeten Heimath Andere den Frieden schlossen. Ohm Krüger zählte zu Denen, welche nicht daran glauben konnten, daß Gott das wackere Boeren- volk im Stiche lassen würde; unentwegt, wie die Helden der ältesten Ehristenzcit, verharrte er auf seiner frommen Einfalt und Zuversicht, ob auch des Schicksals schwerste Prüfungen ihm nicht versagt blieben, die Söhne und Enkel im schrecklichen Kriege dahinsankcn, die treue, langjährige Lebensgefährtin von seiner Seite gerissen wurde, zur bitteren Flucht aus dem Baterlande noch die Gefahr der Erblindung trat — der alte, verchrungswürdige Präsident von Transvaal blieb sich und seinem Glauben treu. An einen Untergang der südafrikanischen Freistaaten ver mochte er nicht zu glauben, der endliche Sieg und Triumph der Bocrensache war ihm Gewißheit und diese übcr- zcugungsvolle Hoffnung hielt ihn aufrecht, machte den Hoch betagten widerstandsfähig gegen die Unbilden der Zeit und des Alters. Und nun ist Alles aus! Umsonst der zwcieinhalbjährigc hcldcnmüthige Widerstand, die entsetzlichen Leiden des Boerenvolkes, umsonst die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, umsonst alles Hoffen und Harren auf den Lieg des Rechtes und der Vernunft! Das ist wohl der härteste Schlag für den armen, einsamen Greis, der so lange die eigentliche Seele und der geistige Mittelpunkt des Heldcn- kampscs um die politische Freiheit des Boerenvolkes war, der das Schwert geschmiedet und geschliffen hatte, mit wel chem der heimische Herd gegen den übermächtigen Unter drücker vcrthcidigt wurde, der nicht geruht und gerastet, bis sein Volk in eherner Wehr und Rüstung auf Jahre und aber Jahre hinaus dem Feinde die Stirn bieten konnte. Ohm Krüger war der Organisator dieses viel bewunderten Volkswiderstandes, der Repräsentant, die Personificirung dieser gewaltigen Kraft und Zähigkeit, mit welcher die niederdeutschen Bauern seit dem Herbste des Jahres 1809 einer Viertelmillion britischer Soldaten kühn und nicht ohne Erfolg getrotzt haben. Ihm wendet sich deshalb am Tage des britischen Siegesjubels und der tiefsten Roth und Bekümmerniß der Boeren warme, herzliche, mit ernster Wehmuth gemischte Theilnahme zu. Wie immer die den Boeren mühsam abgerungenen FriedenSbcdingungen lauten, ob die belebenden Strahlen der Friedenssonne all' das greuelvolle Leid des Bocrenlandes auch heilen mögen und die heutige und kommende Generation sich mit der ge waltsamen Neuordnung der Dinge aussöhnt, — ein Herz wird darunter brechen, das des alten, einsamen Mannes im Exil, dessen Glaube brach, der sein stolzes, festgefügtes Lebenswerl in Trümmer gehen sah. In den wilden Jubel, der Großbritannien durchzieht, mischt sich der stumme, gewaltige Schmerz dieses einen, bis lang ungebeugten Helden, Ehrfurcht gebietend, die Welt anklagend, die Macht vor Recht gehen und ein Volk unter gehen ließ, welches zum politischen Leben, zur Freiheit ge boren war. Der entsetzliche Krieg hat diese Anklage mit unauslöschlichen Flammenzeichcn in die Geschichtstafeln eingcgrabcn; die Proklamationen Eduard's VII., die Jubelfanfarcn der englischen Presse täuschen nicht über das begangene Unrecht hinweg. Und das stolze britische Heer, welches 250 000 Köpfe stark gegen das kleine, aber unver zagte Bocrenvolk zu Felde zog —, cs kehrt, fast wie einst der Rest des großen Napoleonischen Heeres aus Moskau — schier aufgcriebcn und zertrümmert in die Heimath zurück. Die einstigen Vocrcnrcpubliken werden als britische „Do minions" langer Zeit bedürfen, um die wirthschastlichc Existcnzfähigkcit wieder herzustellen, das siegeSstolze Eng land aber wird nicht weniger Zeit brauchen, die in Süd afrika erlittenen Einbußen an materiellen und ideellen Wcrthen, sowie besonders am militärischen Ansehen Halb wegs wieder cinzubringen. Das ist immerhin eine, wenn auch nur schwache Gcnugthuung für die Boercu uud sür ihr schwergeprüftes einstiges Staatsoberhaupt, den greisen Präsidenten Krüger, um welchen cs so einsam wurde, der Alles verlor — nur die Ehre nicht. politische Tagesschau. * Leipzig, 5. Juni. Im Reichstag ist es gestern der Coalition, die sich zu Gunsten des neuen B r a n n t w c i n st c u e r g e s e tz e s geblidet hat, gelungen, die dritte Lesung dieses Gesetzes zn Ende zu führen. Nur die Gcsammtabstimmung steht noch ans und wird nach der Vereinbarung des Senioren convents bekanntlich erst in derselben Sitzung stattfinden, in der die über die Znckersteuervorlagc erfolgt — damit die Anhänger beider Vorlagen in Berlin bleiben. Die gestrige Berathung erstreckte sich noch über eine ganze Fülle von De tails und die Freunde und Förderer des Gesetzes hatten noch einen ganzen Berg von Abänderungsantrügcn, natürlich sämmtlich von freisinniger nnd soeialdcmokratischer Seite hcrrnhrcnd, zu überwinden. Aber man vereinfachte die Sache. Bei den meisten Anträgen ließ man die Antrag steller Monologe halten. Vom Ccntrum sprach in der einen großen Debatte nur Herr Speck, und auf den konser vativen Bänken beschränkte man sich gänzlich aufs Zuhören. Erst im Laufe einer Debatte von relativ geringerer Wichtig ¬ keit erhob sich wenigstens ein Mitglied der Reichspartci, Herr Holtz, um das Brenustcuersystem als solches zu ver- theidigen. Das somit beinahe völlige Schweigen der Eon- servativen von Anfang bis zu Ende der Sitzung war um so auffälliger, als es an starken Anzapfungen derselben von Seiten der äußersten Linken nichts weniger als mangelte. Namentlich nahmen die freisinnigen und socialdemokra- tischen Redner kein Blatt vor den Mund, insoweit es sich darum handelte, die aus den Eommissionsbeschlüssen drohenden Nachtheile für die zumeist bäuerlichen land- wirthschaftlichen Brennereigenossenschaften zu beleuchten. Wenn die Rechte jede Antwort darauf verschmähte, so hat sie damit zwar ermöglicht, daß die dritte Lesung der Braunt- wcinsteucrnvvcllc gestern zum Abschluß gelangen konnte, aber ob sie damit thatsächlich irgend etwas erreicht hat, ist noch sehr die Frage. Denn die Annahme des Gesetzes in der nunmehrigen Fassung durch die verbündeten Regie rungen unterliegt starkem Zweifel. Namentlich rvegen des 8 41, dem die Commission eine Besteuerung neu eingcführt hatte, welche namentlich den kleineren land- wirthschaftlichcn Genossenschafts-Brennereien das Dasein sehr erschweren muß. Gewisse Vortheilc, welche das Gesetz allen landwirthschaftlichen Brennereien gewährt, sollen den neu eutstchenden Genossenschafts-Brennereien vorcnthaltcn bleiben, falls bei ihnen nicht der Anthcil der Genossen schafter an den Lieferungen des abzubrennenden Rohstoffes und zugleich der Antheil an dem Bezüge der Brennerei rückstände sich mit dem Antheil an der Brennerei selbst deckt. Auch sotten die neu (nach dem 1. Juli 1902) entstehen den landwirthschaftlichen Brennereien an jene Vortheile überhaupt nur ein Anrecht haben, falls die Rohstoffe voll den Genossenschaftern selber gewonnen sind. Nur für Ge nossenschafter, die Roggen, Weizen, Hafer und Gerste liefern, soll diese Bedingung ausscheiden. Besonders hier von betroffen und benachthekligt erscheinen die vielen klein bäuerlichen Geuossenschaftsbrennereien im Süden, in Württemberg und Baden, die nun einmal, wie die Ver hältnisse dort sind, sich zu großem Theilc mit Maisbrand behelfen und deshalb nach dem Willen der Commission nicht als „landwirthschaftlichc Brennereien" in dem hier in Rede stehenden Pnnctc würden angesehen werden können. Es war daher auch nicht weiter verwunderlich, daß erst der Württemberaische Ministerialdirektor v. Schneider und nach ihm der badische Ministerialdirektor Scheercr ent schieden Stellung gegen die betreffenden Vorschläge der Commission nahmen. Das Wort „unannehmbar" fiel zwar nicht. Aber nachdem die Majorität des Hauses, trotz des Widerspruches der beiden süddeutschen Herren am Bnndes- rathstische, den betreffenden Beschluß der Commission in namentlicher Abstimmung mit 201 gegen 71 Stimmen gut geheißen hatte, konnte man sehr bald im Foyer erzählen hören, daß damit das Schicksal der Branntweinsteuer-No velle besiegelt sei. Was gestern noch weiter verhandelt und beschlossen wurde — es wurden sämmtlichc Anträge der Linken abgelehnt — kann danach kaum noch interessiren. Heute steht auf der Tagesordnung die internationale Vogel schutz-Convention (die freilich mangels des Beitritts von Italien kaum Werth hat), ferner der „Toleranzantrag" des Centrnms in dritter Lesung und zum Schluß eine lange Reihe von Petitionen. Unter der Ucbcrschrift „Ein Wort zur Verständigung" veröffentlicht heute die „Nationalliberale Cor- re spvn de nz" folgende Auslassung: „Im Zusammenhang mit Betrachtungen über die Ab weisung des agrarischen Vorstoßes im Ab Feuilleton. 4, Verfehlte Liebe. Roman von E. Hein. Nachdruck verböte«. Sein eigener Vater war natürlich, als er hiervon erfuhr, sehr aufgebracht und machte ihm über seinen Leichtsinn die schärfsten Vorwürfe. Max vertheidigte sich, ein Wort gab das Andere, und als er schließlich hitzig wurde und in sehr unkind licher Weise auf sein mütterliches Erbe pochte, hatte ihm der Vater, auf seine Autorität eifersüchtig, die Thüre gewiesen. Unter Drohungen war Max gegangen. Er hatte den Wechsel bezahlt — sich Geld bei einem Wucherer geliehen und diese Summe, das wußte Friedrich, war durch weitere leichtsinnige Schulden zu einem großen Betrage angeschwollen. Friedrich hatte durch seinen Rechtsanwalt, Justizrath Baumert, genaue Er kundigungen «ingezogen. Dann war er in den letzten Monaten des Jahres 1896 oft von dem Wucherer behelligt worden, und schließlich hatte er den Mann auch hinausgcworfen. Anfang Januar waren die großen Summen, gegen «lftausend Mark, fällig. Im Stillen hatte er gehofft, baß sich Max an ihn wenden würde, das war aber nicht bei Fall gewesen. Als der Diebstahl bei ihm geschehen war, hatte er sich verschieden« »Gedanken ge macht, und dies« Gedanken ärgert«» ihn, daß «r den Diebstahl an gezeigt hatte. Er wollte nicht glauben, daß sein eigenes Fleisch und Blut «in Verbrecher sein könnte, und doch kamen diese dumm«n Gedanken immer wieder. Nun überlegte «r, daß, wenn sich di« Polizei hinter den Di«b hermachte, vielleicht gar sein Max entdeckt würde. Natürlich würde er niemals Strafantrag stellen, aber die Zukunft des jungen Mannes, der auf «iner landwirth- schaftbichen Schule gewesen war, wäre doch z«rstört gewesen. Mit seiner Tochter wollte er nicht sprechen, sie hielt zu Max, und wenn er gar den Verdacht äußerte, mußte er gewärtig sein, daß er auch sie verlor. Sie hatte nun einmal einen Bauernstolz, der in dr« Stadt geschliffen und polirt, sehr leicht verletzt werden konnte. Daher sehnte er sich aus den Verhältnissen in Oelz her aus. Zu Ostern kam Max vom Militär frei. Wenn Friedrich mit seiner Tochter ausging und auch sonst, machte er eine gute Figur. Er hielt sich aufrecht, ging immer mit einer bescheidenen Eleganz gekleidet, svrach wenig, aber gut, und schien sich in der Rolle des reichen Rentiers zu gefallen. Zu weilen nahm Minna seinen Arm, und dann glaubte Jedermann, Kn älteren rüstigen Gatten einer jungen, schönen Frau vor sich zu haben. Das Verständniß für die leichtere Art Musi! und Theater ging ihm durchaus nicht ab, nur das lange Ausbleiben am Abend war er nicht gewöhnt — und deshalb bekam er die Vergnügungen bald überdrüssig, Minna hi«lt sich tapferer als er, aber Ende Februar erklärt« sie auch, daß sie jetzt die Geschichte satt habe, allein wolle sie nun auch nicht mehr gehen. So schien die Langeweile, der man entrinnen wollte, hier auch einzuziehen. Minna that daher den schweren Schritt und suchte «ine alte Freundin auf. Sie führt« einen Zufall herbei und erreichte ihren Zweck. Die Frau Rechnungsräthin Keller, so las sie in der Zeitung, hatte ein Zimmer zu vermiethen, und Minna ging hin, es für ihren Bruder anzusehen. Ernst war es ihr natürlich nicht mit dem Miethen, dann, als sie dort war, gab «in Wort das andere; man stellte sich vor, man erkante sich wieder, man erneuerte die alte Freundschaft. Zwar ein bischen armselig sah es bei Keller s aus. Die Leute mußten sich wohl sehr cinschränken. Eine kleine Wohnung von drei Stuben und zwei Kammern mußte für Herrn und Frau Keller, sür die jüngere Schwester der Frau Keller, Fräulein Clara Heger, für den 2öjährigen Sohn, Kaufmann Hugo Keller, und für Fräulein Mathilde Keller reichen, und da bei wurde noch eine Stube vermiethet. Minna l«gte sich erst eine gewisse Zurückhaltung auf. Sie prüft« erst. Die kleine blonde Mathilde nahm die alte Freundschaft in Erinnerung der vielen Beeren, Aepfel und Birnen, der guten Milch und der Honig- semm«ln, die sie in Oelz genossen, mit großer Freude wieder auf und auch Fräulein Heger war nicht unfreundlich. Am freund lichsten war freilich die Frau Rechnungsräthin. W«nn der junge Friedrich zu ihnen zöge, dachte sie, könnt« sich etwas mit Mathilde anspinnen, und für ihren Hugo war Minna wie geschaffen, um so mehr, als sie sich erinnert«, gehört zu haben, daß in Oelz die Bauern reich wären. So einig« zwanzigtausend Mark Mitgift könnten seinem Geschäft nicht schaden. Minna blieb nicht lange, die jungen Mädchen verabredeten, an einem der nächsten Tage sich in «inem Caf6 zu treffen. Als am Abend der kleine Herr Rechnungsrath nach Hause kam, mußte er rin« halbe Stunde die Vorzüge der Familie Friedrich loben hören. Endlich kam «r auch einmal ans Reden und fragte, ob das dieselben Friedrichs seien, denen Anfang Januar eine große Summe, so an die dreißig tausend Mark, grstohlen worden sei. Das hatten sie vergessen zu fragen, das mußte nachgeholt werden. Recht leid that der Frau Rechnungsräthin der Diebstahl, die Summe mußte doch, wenig stens zur Hälfte, ihrem Sohne verloren gehen. Da sie der Ge wandtheit ihrer Tochter nicht allzu sehr vertraute, ging sie mit zum Stelldichein. Zwischen Chocolave und Nußtorte fragte sie theiln«hmend nach dem Diöbstähl, und wie der alte Herr Friedrich wohl den Verlust getragen hab«. „Ach daran denkt mein Vater gar nicht mehr", «rwiderte Minna aus vollem Halse lachend, protzig und doch natürlich. Mutter und Tochter machten große Augen. Mathilde hatte wohl von einem großen Garten erzählt, der in Oelz war, hatte aber mit Schaudern an das kleine Häuschen gedacht. Und die Erbin dieses kleinen Häuschens lachte jetzt über eine Summe, die ihren Bruder zu einem wohlhabenden Kaufmann gemacht hätte. „Fürchten Sie sich nicht jetzt da draußen?" „Gott bewahre, wir wohnen ja in der Stadt, Schillerftraße 4. Besuchen Sie mich doch einmal, ich freue mich so sehr, wenn ein mal Besuch kommt. Und bringen Sie Ihr Fräulein Schwester mit, Frau Rechnungsräthin." Das wurde zugesagt. Schon der nächste Montag sollte sie bei Minna sehen. Pünctlich um halb vier Uhr erschienen die drei Damen. Man nahm im mittleren Zimmer Platz. Der Kaffee war ausgezeich net, der Kuchen sehr schön, das aufwartende Dienstmädchen aller liebst, die Unterhaltung im Flusse, trotzdem war es der Rech nungsräthin nicht behaglich. Sie brannte vor Neugierde, die Wohnung zu sehen. Natürlich merkte das Minna, aber sie kannte den Werth der Steigerung von der Pension her. Dort hatte man ihr gesagt, daß man eine neu eingerichtete Wohnung im vollen Lichte zeigen müsse, jetzt im Zwielicht eines trüben Märztages konnte die Wohnung keinen Effect machen. Es war fünf Uhr. Zweimal schon hatte Minna den Wunsch, die Wohnung zu sehen, überhört. Dann bat sie für einen Augenblick um Entschuldigung und entfernte sich. Die Rechnungsräthin konnte sich nicht ent halten, ihrer Schwester zuzutuscheln, daß es doch «igenthümlich sei, daß Fräulein Friedrich die Wohnung nicht zeige, da kam auch schon Minna wieder herein, drehte einen kleinen Hebel an der Wand herum und im Nu verbreiteten zwölf Glühlampen ihr Helles Licht über den Raum. „Nun, meine Damen, wenn Sie erlauben, zeige ich Ihnen die Wohnung." Sie machte die hohe Flügelthür auf. Ein dreifaches Ah! er tönte. Minna's reizendes Zimmer, Alles rosa, rosa Tapete, rosa Polster, rosa Glühlampen und dazwischen Helle Möbel, und um den Contrast zu bilden ein dunkler Teppich, dunkle Nippsachen hohe Blattpflanzen. Natürlich Rococo. „Ach wie schön", riefen alle drei Besucherinnen aus. Minna lächelte befriedigt und öff nete die andere Thür. Ein großer dreifenstriger Salon mit Balcon, rein englischer Geschmack, «in prächtig«! Flügel stand darin. Sie konnten sich nicht satt sehen. Und wieder öffnete sich die Thür und sie ftanven im Halbdunkel gehaltenen Speisezimmer, Eiche. Und noch «in Schritt weit«r und sie befanden sich im Herrenzimmer, ganz dunkel, tabakbraun mit bequ«men Asseln. „Hinken hinaus liegen Vater- Arbeitszimmer, unser« Schlaf ¬ stuben und die Wirthschaftsräume", erklärte Minna und schnitt damit gleich den Wunsch der Frau Rechnungsräthin, mehr zu sehen, ab. Die Damen konnten sich gar nicht genug thun in Aeußerungen des Entzückens. Eine reichliche halbe Stunde gönnte ihnen Minna, dann bat sie, wieder Platz zu nehmen. „Oder wollen Sie uns etwas singen, Fränkin Heger? Ich weiß ja, daß Sic einen schönen Alt haben. Kannst Du begleiten, Mathilde?" Die Damen erklärten sich dazu bereit. „Dann bitte ich, noch einen Augenblick zu warten, ich will den Vater holen, er hört auch gern Gesang." So neugierig war Lot's Weib nicht gewesen, als wie diese drei Damen auf den Herrn Friedrich. Nun kam er herein, ruhig, freundlich. Er begrüßte die Damen in einfacher Weise mit einem „Guten Abend, habe mich gefreut, daß Sie meine Tochter besucht haben. Bitte, lassen Sie 'sich nicht stören, ich höre gern zu." Und nun sang Fräulein Heger mit recht wohlklingender Stimme, und Mathilde spielte. Da ertönte die elektrische Klingel und das Dienstmädchen meldete, daß Herr Rcchnunzsrath Keller seine Damen abholen wolle. Minna ließ den Herrn hereinbitten, man stellte sich vor, die Herren kamen in ein Gespräch über den Unterschied der Luft in Dorf und Stadt, es wurde Bowle ge reicht, kurz, man war recht heiter. Minna verschwand manchmal auf Augenblicke, das fiel nicht auf. Als die Uhr s-8 Uhr schlug, wollten Kellers aufbrechen, doch dem wehrte Minna. Sie müßten Abcndbrod mit essen; lange ließen sie sich nichl nöthigen. Das Dienstmädchen erschien und meldete, daß der Tisch geveckt sei. Die Flügelthürrn wurden geöffnet und ein Tisch mit deli katem Aufschnitt zeigte sich. Es war «in sehr animirtes Abend brot). Friedrich würde gesprächig, er erzählte von der Land- wirthschaft mit «inem gewissen Feuer, lobte in auffallender Weise Fräulein Heger's Gesang, daß sie roth wurde, erkundigte sich nach dem Herrn Hugo Keller, von dem die Mutter nur das Rühm lichste erzählte. Bei einer Frage der Frau Rechnungsräthin nach seinem Sohne fiel Minna sofort ins Wort, daß sich das Miethen des Zimmers leider zerschlage, da Max noch in Berlin bleibe. Sie sah dabei ihren Vater an, so daß dieser nicht weiter fragte. Als Friedrich Herrn Keller eine Cigarre aus seiner Tasche an bieten wollte, ließ das Minna nicht zu, sondern präsentirte zur größten Verwunderung ihres Vaters «ine neue Kiste Cigarren, Henry Clay stand darauf, von der Herr Keller zwei rauchte, Vater Friedrich die seinige bald mit einer aus seinem Etui ver tauschte. Nach zehn Uhr Kennte man sich. Die Familie Keller schwamm in Wonne. Fräulein Heger lächelte vor sich hin. Wenn sie Herrn Friedrich -eirathete? Er hake doch ihren Gesang g«-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite