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N. Jahrgang. d» LK Menü.Msgabe Freilag, «. August 19S> Gegründet 183« Dradlanlchrtfti »echrichl«» Lr«»,». A»rnlpr»ch»r-Samm»>numm»r> 2S 2^1 Au» lür Ni>chlg»lpri>ch»i S0V11. . t»ak,n^r vom l. dt» ls. r>»°. I92S d«l täglich Iw»>multg»k Juftellung tr»t Kau» l.so ward sezugs * weouyr P,ftd»tUg»pr»t, Nir Monat Auauil L ward adn» PoNtuli»llung»,»dIU>r. l» VI»»»>». Dt» Stn,»taw w»rd«n nach Soldmar» d»r»<dn«>: dt» »InInoMa« SV mm dr»ft» - »tr -u,wärt» -» Pt». yamilt,nan»,tg»n und SI»U»n-,»luch. okn» aukerdotb 20 Pl„.. dt, 90 mm vr,U» RU>tam»»»«l» IS0 Pia.. aus,»rda>b?!Xs PI» vff»rt,no»dtK>» 10 PI«. Äu,w. Aufträg» a»an> Darau,d»»adl. Anzeigen-Preise: vchrtfllrftung und Ftauptg»tchäft«>t»v »,rt«,Nr«I„ SS »S. Druck u. Vertag von Uteglch L Vetchardl in Dr»«drn- PoMcheck.ckantr 10SS Dresden. Jas Urteil im zweiten Bolksopser-Prozeß. Teilweise Milderung des Urteils der ersten Instanz. Die Urleilsverkün-igung. Freitag nachmittag lL2 Uhr erging im Zweiten Volks epscrprvzctz folgendes Urteil: Es werden kostenpflichtig ver- urteilt: . Dr. Meißner zu vier Jahren Gefängnis und drei jährigem Ehrenrechtsvcrlustr Löffler zu einem Jahr drei Monaten Gefängnis «ns eiujährigcm Ehrenrechtsvcrlustr Krün del zn drei Monate» Gefängnis. Bei Meißner und Löffler gelten je zehn Monate als dnrch tlc Untcrsuchnngshast verbüßt. Wir stellen in folgendem dem neuen Urteil« das erst instanzliche gegerrü-der. Es wurden am 7. April 1926 ver urteilt: Dr. Mcißner zu vier Jahren Gefängnis: Löffler zu zwei Jahren Gefängnis: Gr linde! zu acht Monaten Gefängnis: die La n g g u t h zu 7« Mark Geldstrafe. Bei Meißner wurde außerdem ans Aberkennung ter bürgerlichen Ehrenrechte auf fünf Jahre, kiLöffler aufdrei Jahre erkannt. Di« UnterfuchungS- halt würde bei beiden mit je fünf Monaten in Anrechnung ge- tttcht. Vei der Langguts) galten 35 Makk der Geldstrafe dnrch ist Untersnchnngöhaft als verbüßt. * Die Schlutzworl« -er Angeklaglen. Freitag um 12 Uhr begann dt< Schlußverhandlung im Lolksopscrprvzcß. Zunächst erhält das Wort der Angeklagte Meißner. -er etwa ansführt: Er habe schwer gefehlt, aber er habe es aus Vaterlands liebe getan. Es sei eine höhere Fügung, daß er in harter Schule die Bildung seines Charakters, die leider hinter seiner vielseitigen Bildung wesentlich zurückgeblieben sei, nachholen müsse. Aber was er getan habe, habe er nicht aus niedrigen Motive» getan. Das Gericht möge deshalb bedenken, daß er Mt ehrlos sei, und Milde walten lassen wenigstens hinsicht lich der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Dnrch diese Strafe würde ihm alles genommen, seine Prüfungen und die Tökiortitel. Er würde in dem großen Kreise seiner Be kannten, unter denen sich Herren des Auswärtigen Amtes, der Großindustrie >>.>>n>d der Hamburger Großkaufmannschaft be fänden, gerade durch Liefe Strafe verfemt sein und sich nt« mehr eine Existenz gründen können. Derziwciflung wäre sein Los. Nicht einmal durch Aenderuug seines Namens könnte er sich helfen, da er infolge seines ganz eigenartigen Gesichts schnittes sofort überall wiedcrerkannt werden würde. Er bitte deshalb, nicht auf Ehrenrcchtsverlust zu erkennen. Löffler sagt ganz kurz, -aß er bewußt nie ehrlos gehandelt habe. Auch das Volksopscr habe er nie bewußt geschädigt. Im Gegenteil, er sei stets ans Förderung des Volks-opfers bedacht gewesen. Wozu Meißner die Gelder verwendet habe, habe er nie ge wußt. Der Antrag des Staatsanwalts auf Verwerfnug feiner Berufung sei lhm unverständlich, da ihn Meißner in der Be rufung doch ganz entlastet habe. Mindestens insoweit müsse seiner Berufung stattgcgeben werden. Er habe körperlich nnd seelisch tief gelitten, seine Frau befinde sich mit seinen Kin dern in schwerster wirtschaftlicher Not. Er bitte um Frei sprechung, oder mindestens um Haftentlassung. Gründel betont mit gebrochener Stimme, -aß er die Langguts) nie zu den Fälschungen veranlaßt habe. Nie habe er Beträge -es Bolksopfcrs für sich verwendet. Von den Unterschlag',mgcn habe er erst Kenntnis erhalten, als die Revision begann. Er habe durch den Prozeß große Ausgaben gehabt. Unter anderem sagte er, daß er sich habe einen Rechtsbeistand nehmen müssen lwobci sein Rechtsanwalt Dr. Hippe dazmischcnrust: „DaS ist eine Frechheit!"), seine Familie leide Not, noch lange werde er daran zn kauen haben. "-Pserän-s-zogM - zur Be schlnßfassung über das Urteil zurück. Schröder widerruft sein Geständnis. Berlin, K. August. Ans Magdeburg wird gemeldet, daß Untersuchungsrichter Landgerichtsrat Dr. Kölling gestern nachmittag die sofortige Zurückftthrnng Schröders in daS Untersuchungsgefängnis anordnete. Im Magdc burgcr Polizeipräsidium sträubte man sich zunächst da gegen, mußte aber doch schließlich dem richterlichen Befehl Nachkommen nnd Schröder unter ausrcichender Be wachung ins Untersuchungsgefängnis zurücksühren. Hier stellte der Untersuchungsrichter ein neues BerhSr mit Schröder an, in besten Verlauf Schröder, wie die „Magdeburger Zeitung" meldet, das Geständnis, daß er einen gemeinen Ranbmord begangen habe, widerrufen hat. Der Verteidiger von Rudolf Haas hat bei der Beschwerde kammer des Landgerichts beantragt, seine Haftbeschwerbc so fort zu beraten, da weiteres Entlastnngsmaterial nach dem ersten Geständnis Schröders überflüssig sei. Die Beschwerde kammer wir- heute »der morgen zusammentreten. Jas neue deutsch-französische tzandelsprovisorium Die -rutsche Deurlellung. Berlin. 6. A»g. Zu dem deutsch-französischen Handels »loviioriiim erfährt die T.-U. noch folgende Einzelheiten: In dem Abkommen ist ungefähr die Hälfte der Fragen geregelt, die in den fast zweijährigen Verhandlungen zur Sprache gekommen sind. Es ist das erste Abkommen, das auf Grund des Ermächtigungsgesetzes zum Abschluß von Handelsverträgen zustande gekommen ist. Es wird am Mon iagabend im „Netchsanzeigcr" veröffentlicht werden und dann kn gesetzgebenden Körperschaften, dem Reichsrat und den Reichsarbcitsausschüssen, zugeleitet werden, lo daß. wenn nicht besondere Schwierigkeiten etntrcten, das Abkommen am A>. August in Kraft treten kann. Das Provisorium gilt aus sechs Monate. Wichtig ist in dem Abkommen eine gewisse intnmatischc Sicherung gegen französisch« Zollerhöhnngen. Danach können die französischen Zölle um 10 Prozent nur kn» erhöht werden, wenn der französische Großhandelsindex eine Steigerung »in 3« Prozent ausmcist, und um 2ü Prozent, venu der Index eine Steigerung von 50 Prozent ausweist. Ge «gelt sind ferner Fragen des Reiseverkehrs und der i!,cdc r l a s » » g auf der Grundlage der Meistbegünstigung kie Zulassung non Aktiengesellschaften, soweit dies überhaupt erforderlich ist. geschieht vollkommen paritätisch. Ans viilschastlichen Gründe» dürsten solche Zulassungen nicht ab selehnt werden. Für die französischen Ma ndatSgeblete selten mit Ausnahme der Kolonien Marokko nnd Jndochina dieselben Abmachungen wie mit dem Mutterlanbe. In Kolo nie» mit eigenen Zolltarifen genießt Deutschland die Meist- ikgiinstigiing. In der Niedcrlassungvfrage konnte endgültiges Ml abgemacht werden. Deutschland hat sich mit der Zusage des möglichsten Wohlwollens begnügt. Es ist aber kein Zweifel striiber gelassen worden, daß dieser Znstand nur während der Monate des Provisoriums erträglich ist. Auch auf dem -eiiete der k o n s u l a r t s ch e n V e r t r e t u n g e n besteht die *«titbeaiinstigung. Dentkchr Generalkonsulate sind für Mar- lkile »nd Algier vorgesehen. Die deutsche Delegation glaubt, ^ Interessen der deutschen Landwirtschaft und Industrie a»S- dtlsnctert z» haben. Die sranzvsischcn Wünsche ans Znlasinng »1 ^ ip und Aepfel sind nicht durchgedrungen. Kür die Ein- fuhr französischer Weine und Aepfel gilt also der autonome deutsche Zolltarif. (TU.) Berlin, 6. N»g. DaS neue deutsch-französische Handels Provisorium wird auch in landwirtschaftlichen Kreisen ver schieden beurteilt. Aus der einen Seite sagt man. daß es auf Kosten der Landwirtschaft abgeschlossen sei, aus der an deren, baß cs nicht wieder eine einseitige Belastung der Land wirtschaft zugunsten der deutschen Exportindustrie darstelle. Jedenfalls ist der Wein nicht Gegenstand von Frankreichs Ausfuhr nach diesem Abkommen. Er ist ausdrücklich dem cnd gültigen Abkommen Vorbehalten geblieben, für bas bereits Im September die Verhandlungen beginnen sollen. Einige landwirtschaftliche Konzessionen sind den Franzosen jedenfalls gemacht worden. Sie betreffen Gemüse, Obst und Weintrauben. Ferner ist der französischen Industrie ein Zugeständnis in der Einräumung der Meistbegünstigung für Seife, ParsümS, Automobile und Konfektionen gemacht worden. Die Liste der Einsiihrerlaiibnts für deutsche Waren nach Frankreich umfaßt Artikel faßt aller wesentlichen Industrien Deutschlands, so weit sie für den Export in Frage kommen, mit Ausnahme der Textilindustrie. S'.'i den Vcrlzandlnngen war ans deutscher Seite der Ge danke maßgebend, im Hinblick aus die große Arbeitsnot, die sich im Winter voraussichtlich noch verschärfen wird, denscnigcn Industrien neue Absatzmöglichkeiten zu erschließen, ble am stärksten vom Export ablzängig sind nnd unter der Stockung des Auslandsabsatzes am meisten leide«. Eine besondere Klausel im Abkommen schützt »»s gegen französische Einfuhr verbote. Schließlich bat Frankreich nach langem Widerstand die von »ns geforderten Zollbindungen übernommen, die im ersten Provisorium enthalten waren nnd die einen wichtigen Teil de» deutsch-belgischen Handelsabkommens bildeten, d. h. die Zölle können während der Dauer des Vertrages nur im Maße der Steigerung deS Großhandelsindex erhöht »erde«. Der Vertrag tritt am 2ll. Aiigust in Kraft. Keine Der'aNunnefeier in Bayern. Blättermeldnngen a»S München zufolge wird auch in diesem Jahre eine amtliche VersasiungSfeier in Bauern nicht tattftnden. A» der VerfassungSseicr der republikanischen Parteien in München und im Lande wird die Regierung ofsi- ziell nicht vertrete» sein. Bolschewistische Propaganda unter dem chinesischen Landvolk. Kürzlich sind aus Kwantung in Snbchina einige Plakate nach Deutschland gelangt, die deutlich zeigen, wie die B o l s ch e- w isten es verstehen, unter der chinesischen Landbevölkerung Propaganda zu machen. Sie tragen alle die Aufschrift: „Heransgegebcn von der Kantoner Bauern- und Arbeiter- Vereinigung." Diese Aufschrift ist aber nur ein Deckname, denn eine Bauernvcreinigung mit ausgesprochen bolschewistischer Tendenz gibt es in China nicht. Dagegen sind die Arbeiter der Stadt Kanton wohl durchweg Bolschewisten, ebenso auch die Studenten und Schüler. Die bolschewistische Propaganda wird von der gegenwärtigen radikal-sozialistischen Kantoner Regie rung getrieben. Die Plakate werden dnrch die Garnisonen vermittelt und zum Anschlag gebracht. Daß als Herausgeber der Bauernbund Kantons angegeben wird, hat nur agitato rische Bedeutung. Man möchte eben die Bauern zum Anschluß bewegen. Doch ist die Unterschrift „Bauernbund" insofern richtig, als die meisten Arbeiter der Stadt zugleich auch Bauern sind und in der Provinz ihr kleines Hans oder Feld haben. Die Plakate richten sich gegen die Militaristen, Imperialisten» Großgrundbesitzer und Stadtverordneten. Unter Militaristen versteht man hauptsächlich die Pekinger Negierung und ihren Anhang. Imperialisten sind sozusagen alle Ausländer, außer Rußland. Der Hauptangrifs richtet sich gegen Japan» EnglandundAmerika. Das Wort „Großgrundbesitzer" müßte eigentlich heißen: „Kapitalisten": denn es gibt In China keinen Großgrundbesitz in unserem Sinne, da das ganze Land in kleine Parzellen aufgetcilt ist. Die Parzcllenbesitzer haben aber ihr Land sehr oft verpfändet, wodurch die Parzellen in die Hände weniger Gcldlcnte gekommen sind, die das Land ander weitig verpachten oder verkaufen können. Daher der obige Name. Bis setzt sind die von den Soldaten ausgehängten Plakate von der Landbevölkerung wieder abgerissen worden, ein erfreuliches Zeichen dafür, daß die Bauern nicht die Herausgeber sind und auch nichts davon wissen wollen. Aber es ist doch zu fürchten, daß die Plakate mit ihren auf- peitschende» Unterschriften bei vielen, die in verzweifelter Lage sind, Wirkungen zurücklassen. Von den zehn etngcsandten Plakaten seien nur drei kurz beschrieben: Bild 1. Ein übergroßer chinesischer Soldat steht mit er hobenem Säbel vor zwei kümmerlichen Landarbeitern. Der zum Schlachten bereite Soldat, seiner Uniform nach ein Ossi zier, ist der Typus des chinesischen Militaristen. Zu seinen Füßen liegt ein Sack Mohnsamen, und die Worte, die er drohend den Bauern zuruft, lauten: „Ihr sollt keinen Reis mehr pflanzen. Ich habe für euch Mobn zur Aussaat. Wenn ihr den anbant, dann habe ich viel Opium zu rauchen und behalte noch viel übrig, um von dem Erlös Kriegsmaterial zu kaufen. Bild 2. Das Bild zeigt zwei Militaristen, auf einem Landmann hcrumspringend. Mit gezogenem Säbel ruft der eine: „Schlagen, schlagen", und der andere: „Morden, mor den". Daneben steht der wohlgenährte Imperialist, ein Aus länder. Zu seinen Füßen eine Reisetasche, aus der zwei Kriegßwasfen hcranslngen. Die Inschrift auf der Tasche be sagt: „Anleihen und Waffen". Mit erhobenen Händen ruft der Imperialist den Militaristen ermunternd zn: „Schlagt nur zu, fehlt euch das Geld, ich kann eS borgen, fehlen euch die Waffen, ich kann sie liefern. Die Hauptsache ist, ihr vernichtet den Rauer, dann ist alles gut". Bild 3. Einem chinesischen Landarbeiter, der auf dem Rücke» bereits eine übergroße. Last zu tragen hat, packt soeben ein Soldat noch einen Sack mühsam dazu. Es sind die Lasten, die der Landmann zu tragen hat. Die Ballen tragen folgende Bezeichnungen: Landpacht, die dem Verpächter zu zahlen ist: OrtSsteuer: Allerlei Zuschlagssteucrn. Auf dem neu ausgelade nen Ballen steht geschrieben: „Die Militaristen verstehen eS, immer neue Bezeichnungen zu erfinden, um neue Steuern aufzulegcn". Diese drei Proben mögen genügen, nm zu zeigen, wie ieht in China das Bvlk vom Bolschewismus beeinflußt wird, und wie wünschenswert es deshalb ist, daß hier die Einflüsse von der anderen Seite — vom Christentum her — nicht fehlen möchten. Klnrlchfuny eines rbtnesttchen Be-akkeurs. Peking, «. Aug. Ein Redakteur einer chinesischen Zeitung wurde gestern abend verhaftet und heute früh hin- gerichtet, wie man annimmt, weil er einen Schmähartikel gegen den augenblicklich in Peking weilenden Gouverneur von Schantung Tschantsungtschang verfaßt hat. lW. T. B.) «in Austtand in Indien. Simla, 6. Aug. Nachrichten aus Goa (Port-Indien) zu- olge hat dort ein« örtliche Erhebung stattgefunden. Der Generalgouverneur ist von der Armee abge» ctzt worden. Unruhen sind jedoch nicht vorgekommen. Bole Aronkb«mpfer bedrohe» die Kettsarmee. Berlin, «. August. Gestern abend wurden auf dem Helm» holtzplatz Im Nordwesten von Berlin Anhänger der Heils armee. die einen Vortrag hielten, von Mitgliedern des Roten Frontkämpferbundeö belästigt. Als Polizei- beamte einen Ruhestörer festnehmen wollten, griff die Menge den Beamten an und befreite den Arrestanten.