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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000702020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900070202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900070202
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-02
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentags um 5 Uhr. BezttßS-PrekS b« Hauptexpedition oder den im 8kM». ssezirk und den Vororten errichteten Aus» «pbrstellen abgeholt: vierteljährlich^ 4.50, vei zweimaliger täglicher Zustellung in» Haus 5.50. Durch die Post bezogen sür Deutschland und Oesterreich: vierteiiährlich 8.—. Direkte tägliche Kreuzbandsendung io» Ausland: monatlich 7.50. Urdaction und Lrpe-itioar AohanniSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag» ununterbrochen »eöffnet von früh 8 bis AbeudS 7 Uhr. Filialen: Vllfred Hahn vorm. v. Klemm'» Eortt«. Uuspersitätsstraße 3 (Paulinumz, Koni» Lösche, Kochortuachr. peat. uud König-Platz Abend-Msgabe. KlWAtr. TagMM Anzeiger. Ämtsölatt -es Königlichen Land- nn- ÄintsgerichteS Leipzig, -es Rathes nn- Volizei-Ämles -er Lla-t Leipzig. Auzeige«-PreiS die e gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactionsstrich (»ge spalten) bO^j, vor de» Familirnnachrichtr» (Ü gespalten) 40^. 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Juni in dem Augenblicke ermordet, als er sich nach dem Tsung li Namen begeben wollte. Gin Dolmetscher wurde verwundet, flüchtete fick aber in eine Gesandtschaft. Am 23. Juni waren nur noch drei Gesandtschaften un zerstört. Der „Daily Expreß" berichtet ferner aus Shanghai: Die dem dortigen Consular- eorps zugegangenen amtlichen Depeschen be sage», daß der deutsche Gesandte in Peking, als er die Gesandtschaftsstraße hinunterritt, von chinesischen Soldaten und Boxer« angegriffen, vomPferde gerissen und ermordet und die Leiche von den Sol daten mit Sabeln in Stücke gehauen worden sei. Die Gebäude der deutschen und sechs anderer Gesandtschaften wurden spater in Brand gesteckt, eine Anzahl eingeborener Gesandtschaftsdiener ermordet und die Leiche« tn die Flammen geworfen. Wenn auch „Daily Expreß" keine ganz zuverlässige Quelle ist, so türfte seine Darstellung doch ver Wahrheit nahe kommen. Eine Depesche der „Agenzia Stefan»" bringt ein Telegramm des Commandanten des Kriegsschiffes „Elba" auS Taku, nach welchem der deutsche Gesandte berichtet habe, daß alle Gesandtschaften mitAuSnahme der englischen, der fran zösischen und der deutschen niedergebrannt seien. Sämmtliche Mitglieder deS diplomatischen Corps hätten sich nach der englischen Gesandtschaft geflüchtet. Diese Nachricht ist natürlich durch die spätere überholt. lieber den Kampf um Taku meldet vom 28. Juni der Chef deS KreuzergesckwaderS: „Nachdem die Kanonen boote am 17. Morgens die Geschütze in den Forts zum Schweigen gebracht hatten, stürmten die vereinigten Reservelandungscorps — 300 Japaner, 150 Russen, 200 Deutsche, 300 Engländer — unter der Führung des Capitänö zur See Pohl, der selber einer der Ersten im Fort war, das Nordwest-Fort nach hartnäckiger Lertheidigung mit glänzender Tapferkeit. Dabei verloren die Japaner ihren Führer im Range eines StabsosficierS, viele Todte und Verwundete. Von den Unserigen ist nur ein Matrose leicht verwundet. DaS Nord-Fort wurde ver lassen gefunden. Darauf wurde mit unseren und englischen Booten über den Fluß gesetzt und daS Süd-Fort ohne Wider stand besetzt. Ich habe erst jetzt diese Einzelheiten feststellen können." Weitere Nachrichten über den Kamps bei Peking liegen nicht vor. Dagegen wird aus amtlicher Quelle vom „Reuter - schen Bureau" gemeldet, daß die Chinesen zwischen Shanghai und dem Arsenale vonKiangwan Torpe dos gelegt, die Forts von Iangtschiang zwischen Nanking und Wusung in Stand gesetzt hätten und den Fremden Widerstand leisteten. — Im gewissen Gegensatz hierzu steht eine Depesche aus Petersburg: * Petersburg, 1. Juli. (Meldung der „Russischen Telegraphen- Agentur".) An amtlicher Stelle eingetroffenen Nachrichten zufolge stellte sich die chinesische Bevölkerung an mehreren Orten unter russischen Schutz, La sie nicht mit dem Boxer- aufstand sympathisirt. Aus Ostasien wird ferner berichtet, daß der Boxeraufstand nicht mehr weiter um sich greife, sondern daß die Bewegung Nachlasse und sich gegenwärtig in der Provinz Petschili halte. An leitender Stelle hegt man die Ansicht, Laß der Boxer- ausstand bei friedlichem Vorgehen der Mächte und gutem Willen der chinesischen Regierung in kurzer Zeit beigelegt werden würde. WaS man mit dieser Depesche will, ist klar. Man will Propaganda für die Uebertragung des Beruhigungswerkes an Rußland machen, das auf „friedlichem Wege" zu erreichen hofft, was jetzt nur mit viel Blut als erreichbar angesehen wird. Dieses ofsiciöse Telegramm aus Petersburg ist ein Versuchs object erster Ordnung. Tie schwer verwundeten deutschen Sccofficiere deS Vxpc-ttionScorpS. 6. H. Außer dem Capitänleutnant Schlieper sind bekannt lich noch die Oberleutnants von Krohn (kleiner Kreuzer „Gefion"), Lustig (ebenfalls „Gefion") und Leutnant Pfeiffer (Franz) vom großen Kreuzer „Hertha" schwer verwundet worden, v. Krohn (Hans) ist am 14. April 18-0 in die Marine ein getreten und am 22. Mai 1893 Leutnant zur See geworden, hat, wie üblich, die Marineschule besucht, dann Dienst auf dem Panzer „Bayern" gethan, wurde sodann zur ersten Werft division versetzt, kam dann auf das Schulschiff „Moltke" (vorübergehend Mittelmeerstation). Am 12.Octobcr 1896 wurde er Oberleutnant, kam zur ersten Matrosendivision auf das Küstenpanzerschiff „Hagen" zur ersten Matrosen-Artillerie- Abtbeilung und dann nach Ostasien zum kleinen Kreuzer „Gefion". Er war auf demselben zweiter Oberleutnant, dritter Oberleutnant war der ebenfalls schwer verwundete Lustig; derselbe ist am 9. April 1892 in die Armee ein getreten und am 15. September 1895 Leutnant zur See ge worden, er wurde zur I. Matrosendivision commandirt, dann zur I. Werftdivision, darauf zum Hafenschiff „Friedrich Carl". Nachdem er am 14. Juni 1898 zum Ober leutnant befördert worden war, that er zumeist Dienst auf dem neuesten großen Panzer „Kaiser Friedrich III", dann auf dem Küstenpanzer „Odin" und schließlich Kreuzer „Gefion". Lt. Pfeiffer (Franz), von der „Hansa" war der zweitjüngste Ofsicier dieses Schiffes. Er ist erst am 2. April 1895 in die Marine eingetreten und am 2. Dccember 1898 Osficier geworden und zwar mit Pfeiffer (Adolf und Walter); seinen ersten Dienst hat er auf „Oldenburg" gethan. Die chinesischen Wirren haben nun also schon 3 Officieren das Leben gekostet (Corvettencapitän Buchholz, Oberleutnant Hellmann und Leutnant Friedrich), fünf sind schwer verwundet, 1 Corvetten capitän LanS, Capitänleutnant Schlieper, die Oberleutnants v. Krohn, Lustig und Leutnant Pfeiffer (Franz). Die Bereitstellung unserer Marinetruppen geht planmäßig und schnell von Statten. ES wird uns darüber berichtet: I-. Kiel, 1. Juli. Gestern trat der neue Panzerkreuzer „Fürst Bismarck", das größte Schiff, welches jemals zum ständigen Dienst im Auslande stationirt gewesen, die Ausreise nach China an. Heute Nachmittag erfolgte der Ausmarsch des ersten Seebataillons. Bis 12 Uhr Mittags waren sämmtliche Mannschaften in der Stadt beurlaubt gewesen. Reichlich eine Stunde später stand das kriegsstarke Bataillon feldmarschmäßig mit Fahne und Musik auf dem Casernen- hofe. Die Mannschaften trugen die übliche Uniform mit der Mütze. Tie Helme wurden zurückgelassen, doch führte jeder Soldat in seinem Gepäck einen ganz leichten Tropenhelm, wie er in der Schutztruppe üblich ist, mit sich. Compagnieweise wurden die Mannschaften dann zu einer letzten Jnstruirung zusammengerufen. Dann wurde den anwesenden Angehörigen noch die letzte Gelegenheit zum Austausch eines Abschiedswortes gegeben. So bemerkte man mehrere Eltern, die erst Mittags mit dem Zuge angekommen waren, mit Hilfe des Adjutanten deS BataillonScommandeurs ihre Söhne zum letzten Abschied suchen. 20 Minuten nach 1 Uhr erfolgte dann in Compagien der Abmarsch vom Casernenhofe. In den Straßen der inneren Stadt bildeten Tausende von Menschen Spalier. Das Bataillon marscbirte unter Führung des Majors v. Madai durch den Garten des königlichen Schlosses und den Schloßhof, wo die Prinzessin Hein rich von Preußen, umgeben von ihren Söhnen und dem Hofstaat, daS Bataillon desiliren ließ. Als die Truppen — 1162 Mann stark — am Bahnhof anlangten, hatte jeder Mann ein Blumensträußchen oder ein Nosenbouquet erhalten. Der Generalinspecteur der Marine, Admiral v. Koester, winkte dem Bataillon von einem Fenster des Hotel Holst Abschied zu; ofsiciell batte er das Bataillon bereits gestern entlassen. Auf dem Bahnhöfe sprach eine Deputation der Stadt Kiel, an deren Spitze Oberbürgermeister Fuß stand, dem OfficiercorpS die Segenswünsche der Stadt vertretung aus. Auf den Bahnsteigen und den angrenzenden Straßen standen ebenfalls Tausende von Menschen, darunter auck die Frauen der Ofsiciere und Unterofsiciere. Die Beförderung der Mannschaften ging flott von Statten. Der 93 Achsen starke Zug führte zahlreiche Personen wagen dritter Classe, während der Nest der Mann schaften in mit Bänken versehenen Güterwagen bequem placirt wurde. Immer und immer wieder »wurden Abschiedsgrüße gewechselt. Manch' Scherzwort mit Bezug auf die in China bevorstehende Aufgabe flog hiuüber und herüber. Dann schlug die Musik an: „Muß i denn, muß i denn". Ein Hurrah aus tausend Kehlen, ein Hüteschwenken, Tücherschwenken und langsam setzte sich, 3 Uhr 10 Minuten, der schier endlose Zug in Bewegung. Die Musik wird bald von den Hoch- und Hurrahrufen übertönt und dann braust es zum letzten Mal für lange Zeit hinaus: „Wenn i komm', wenn i komm', wenn i wiederum komm' ". Ja mögen sie Alle gesund und munter wiederkehren. V. Wilhelmshaven, 1. Juli. Heute Nachmittag nahm der Chef der Marinestation der Nordsee, Admiral Thomsen, die Parade über das mobile II. Seebataillon» die reitende Feldartillerie-Batterie und das Pionier-Detachement auf dem Exercirplatz der II. Torpedo-Abtheilung ab. Mit klingendem Spiele wurde die Fahne der Truppe vom StationSchefgebäude geholt und auf dem Platze Auf stellung genommen. Sämmtliche Ofsiciere und Mann schaften trugen den Khakianzug mit dem blendend weißen Tropenhelm, dessen Vorderseite ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln ziert. DaS Commando führte Major v. Kron- helm. Admiral Thomsen schritt zunächst die in drei Gliedern stehende Front ab und ließ dann daS ganze Bataillon im Kreise rechts und links schwenken, um etwa folgende Ansprache an daS Bataillon zn halten: Er sei gekommen, um sich von ihnen zu verabschieden und glückliche Reise zu wünschen. Sie, die sie aus allen Theilen der Armee auf Wunsch deS Kaisers zusammengetreten seien, um in der Ferne für Deutschlands Ehre zu kämpfen, sollten stets ihres Eides eingedenk sein und ihre Pflicht als deutsche Soldaten thun. De» alten Ruhm und Glanz der deutschen Armee sollten sie vermehren helfen, und die Fahne deS II. Seebataillons möge wie sie Alle mit Siegeslorbeer bedeckt heimkehren. Sie möchten versichert sein, daß Alle, die daheim blieben, stets im Geiste bei ihnen sein würden. Unserem Wunsche und Ihrem Willen geben wir Ausdruck, indem wir rufen: Se. Majestät der Kaiser Hurrah! Hurrah! Hurrah! Dann folgte ein Parademarsch, welcher ausgezeichnet verlief. Obwohl das Bataillon doch zur Hälfte aus Dispositionsurlaubern und Soldaten der Armee besteht, herrscht eine Einheitlichkeit in der ganzen Truppe, die bewunderungswürdig ist. Nachdem versammelte Admiral Thomsen noch die Ofsiciere um sich und hielt eine längere herzliche und zu beherzigende Ansprache an dieselben, worauf die Mannschaften nach der Marschmelodie „Muß ich denn zum Städtelein hinaus" abrückten. Die Mann schaften der Feldbatterie sind bis zur Einschiffung an Bord des CasernenschiffeS der II. Torpedoabtheilung, Hulk „Gazelle", untergebracht und fühlen sich in ihrem ungewohnten Caserne- ment äußerst wohl. Man stelle sich nur vor: Reiter an Bord! Nach den neuesten Bestimmungen sollen beide Bataillone morgen früh um 3 Uhr, zu welcher Stunde das Kieler Bataillon hier eintrifft, gleichzeitig an Bord der beiden jetzt hintereinander liegenden TranSport- dampfer eingeschifft werden. Am Nachmittage findet die Vorführung des ganzen Expeditionscorps vor dem Kaiser, welcher gegen 4 Uhr »m Hafen landen wird, durch den Chef des Corps, Generalmajor v. Höpfner, statt. Nach Verab- slbiedunz deS Kaisers von den Truppen werden diese sofort wieder eingeschisit uud beide Dampfer aller Wahrscheinlichkeit nach zur selben Stunde den Hafen verlassen und die Reise nach Ostasien antreten. * Wilhelmshaven, 2. Juli. (Telegramm.) Das erste Seebataillon traf mittels Sonderzuges aus Kiel am Hafen ein, wo der Zug bei dem Transportdampfer „Witte kind" hielt. Die Einschiffung der Truppen begann sofort. * Taulon» 2. Juli. (Telegramm.) Eia Transportdampser ist mit Verstärkungen nach China abgegangen. * Washingtons 30. Juni. Der Staatssekretär des Aus- wärtigen Hay, der Sekretär deS Krieges Long und der Sekretär der Marine Root entschieden sich in einer heute stattgehabten Con- ferenz dahin, daß neue Instructionen sür den amerika nischen Befehlshaber in China nicht erforderlich seien und daß Verstärkungen nur auf Verlangen gesandt werden sollen. Politische Tagesschau. * Leidig, 2. Juli. Als würdiges Vrüderpaar finden sich „Freisinnige Zeitung" und „Vorwärts" zusammen, um über uns und die übrigen deutschen Blätter herzufallen, welche die Be rechtigung des Kaisers, das deutsche Heer nöthigenfalls auch bei überseeischen Unternehmungen zu verwenden, verfochten Fenilletsn. Diana. Roman von Marian Comyn. Nachdruck verboten. Diana war "bestürzt, eine leidenschaftliche, unterdrückte Heftigkeit lag in seinen Worten, obgleich er nur mit gedämpfter Stimme gesprochen. Und nicht minder bestürzt war sie darüber, daß er Das in Worte kleidete, «was in der letzten Zeit wie ein Alp auf ihr gelegen hatte. „Bin ich zu rauh gewesen?" 'fragte er, als sie ihm nicht ant wortete. „Glauben Sie mir, Diana, nur die dringendste Noth- wendigkert, nur die triftigsten Gründe konnten mich veranlassen, hinter dem Rücken eines Menschen so zu sprechen unv gewisser maßen den Stab über ihn zu brechen. Aber wenn Sie mich ihm gegenüberstellen wollen, so will ich Wort für Wort wiederholen, was ich soeben gesagt Habel Und noch viel — viel mehr will ich sagen!" „Das ist durchaus nicht nothwendig, ich bedarf dessen nicht", entgegnete Diana in ruhigem, fast würdevollem Tone, indem sie Philipp zum ersten Male wieder fest anvlickte. Mr. Beau- champ ist mein Vetter und wird niemals etwa» Andere» für mich sein!" Philipp blickte sie ernst an, bann schüttelte er den Kopf. „So denken Sie jetzt, aber ich sage Ihnen, Sie kennen die Macht dieses Manne» nicht. Trauen Sie seinem ein schmeichelnden, liebenswürdigen Wesen nicht! Es gab eine Zeit, wo ich ebenso vertrauensvoll war, wie Sie eS heute sind. AntoniuS Beauchamp war mein Freund —. Aber wozu die Vergangenheit aufrllhren, «» bedarf dessen nicht" — er zuckte di« Achseln —, „wir haben nur mit der Zukunft zu thun, «» ist Ihr« Zukunft, um di« e« sich handelt, und der Gedanke daran bat mich veranlaßt, so zu Ihnen zu sprechen, wie ich die» gethan habe. Sie find jung, und Sie find sehr schön — e» ist nur natürlich, daß er Sie lieben wird; aber der Himmel selbst würde «» nicht zulassen, daß Sie ihn heirathen!" Er hatte sich wieder in «in« heftige Erregung hineingeredet, seine Augen blitzten und ungeduldig war er mehrere Male aus- und abgegangen. „Ich bitte Sie um Verzeihung", sagte er einige Augenblicke später, beschämt über seine Heftigkeit. „Ei kommt nicht oft vor, daß ich mich von meinen Empfindungen so hinreißen lasse; aber gleichviel, mögen Sie mich immerhin in meiner ganzen Schwach. heit sehen, wenn es mir nur gelingt, Sie zu überzeugen, daß ich di« besten Absichten habe." ,-Es thut mir furchtbar leid, daß Sie ein solches Dorurtheil gegen meinen Cousin haben, aber ich bin überzeugt, daß nur Ihre Güte gegen mich Sie veranlaßt hat, zu mir zu sprechen, wie Sie es gethan haben." Seine Brauen zogen sich zusammen. Er war kein Freund von höflichen Redensarten. „Das klingt viel zu höflich, Miß Beauchamp, anders, als ich es bei Ihnen gewöhnt bin. Sie sprachen sonst freier, offener zu mir. Doch gleichviel, ich glaube nicht, baß ich ein Recht habe, mich zu beklagen — im Gegentheil, ich bin Ihnen zu Dank ver pflichtet, daß Sie mich überhaupt angehört haben. Es war eine sehr unangenehme Aufgabe für mich, aber Sie haben mir die selbe leichter gemacht, als ich erwarten durfte." Er stand vor ihr, als wenn er sich verabschieden wolle. Aber er ging nicht. Er blickte auf das junge Mädchen, welches mkt gesenktem Kopfe vor ihm saß. Das frische grüne Laub des Hasel nußstrauches, unter dem sie saß, fiel auf ihr kastanienbraunes Haar und umspielte <die zart gerötheten Wangen. Die weißen Hände lagen ineinandergefaltet in ihrem Schooß. Es war ein liebliches Bild, «welches Diana in diesem Augenblicke bot. Philipp seufzte. Warum hatte dieses Mädchen seinen Pfad kreuzen müssen, fragte er sich verwundert, warum mußte sie Wünsche und Hoffnungen in ihm wachrufen, welche er längst erloschen 'wähnte? Warum? Wenn er auch ein furchtbar ver einsamte» Leben geführt, so hatte er sich doch endlich damit aus gesöhnt, er hatte in der Arbeit Befriedigung und Ruhe gefunden und war viel zu beschäftigt gewesen, um müßigen Träumereien nachzuhängen. «Sein Haus, seine Hunde, die Jagd waren seine Zerstreuungen am Tage, und de» Nachts saß er ost bis nach Mitternacht über seinen Büchern, die ihn von allem Unan genehmen ablenkten, ihn alle» Unrecht, das die Menschen ihm an- gethan, vergessen ließen. Aber in der letzten Zeit war eS anders gewesen, seine Gedanken waren nicht wie sonst von seiner Be schäftigung auSgefüllt worden. Zwischen ihm und seinen Büchern hatte sich da» süße Antlitz eine» Mädchen» erhoben, zwei glänzend« Augen, voll von himmlischem Mitleid, tauchten vor ihm auf. wenn er einsam tn seinem mit Tcrbcrkdampf an gefüllten Studirzimmer saß, und der Klang einer süßen Stimme tönte unaufhörlich in seinen -Ohren wider. Diana blickt« plötzlich auf, sie war so in ihr« Gedanken ver- tirst gewesen, daß sie gar nicht wußte, wie lange sie vor sich hin gestarrt hatte. Ihr« Stimme zitterte leise, al» sie jetzt sagte: „'Gehen Sie noch nicht fort; ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Obgleich ich Ihnen für die Warnuna, die Sie mir in Bezug auf . Antonius Beaucha/mp haben zugehen lassen, dankbar bin, so glaube ich doch nicht, daß es gerechtfertigt ist, ihn ungehört zu verdammen. Ich irre mich vielleicht, aber es will mir scheinen, als ob Sie entweder zu wenig oder zu viel gesagt hätten. Er ist bis jetzt gegen meinen Bruder und mich die Freundlichkeit und Güte selbst ge wesen, während man es ihm doch gewiß nicht hätte verdenken können, wenn er diese Rücksicht gegen uns nicht gezeigt hätte." „Was meinen Sie?" fragte Philipp verwundert. „Nun, er mußte doch natürlich erwarten, daß er der Erbe von Crowhurst sein würde!" Philipp Heathcote lachte spöttisch. . „Wer hat Ihnen das gesagt?" fragte er dann. „Es war gar nicht nöthig, daß uns daS erst gesagt wurde, die Thatsachen sprechen doch für sich selbst." „Dann lügen die Thatsachen, wie dies ja so häufig der Fall ist", entgegnete er bitter. „Aber ohne Zweifel ist es Antonius Beauchamp selbst, der Si« dies hat vermachen lassen!" „Wenn er es gethan hat, so ist es nicht in beleidigender Weise geschehen." „O nein, das -ist seine Art nicht! Er ist der scheinheiligste Schurke, der jemals gelebt hat! Sie sehen, ich verfalle schon wieder in meinen alten Fehler, starke Ausdrücke zu gebrauchen, aber ich fürchte, diesmal sind Sie selbst dafür zu tadeln, Miß Beauchamp. Ich habe mich, so viel ich nur konnte, gemäßigt, so lange ich mit Ihnen sprach, aber jetzt kann ich nicht mehr länger für mich einstehen. Ich bin, wie Sie wissen, heftig, ich bin rauh, reizbar, ich habe kein« gesellschaftlichen Formen — ganz das 'Gegentheil von Ihrem schönen Vetter." „Ich sehe nicht recht ein, was das mit der Sache zu thun hat!" bemerkte Diana ruhig, während ein leises Lächeln ihre Lippen umspielt«. „AntoniuS' Liebenswürdigkeit ist doch sicher lich nicht etwas, was gegen ihn spricht?" Doch Philipp war durchaus nicht zum Scherzen aufgelegt. Sein Gesichtsausdruck war düsterer al» jemals, al» er sich jetzt zu dem jungen Mädchen wendete. „Hören Sie mich an, Miß Beauchamp. Ich bin in der Lage, Ihnen auf» Bestimmteste versichern zu können, daß Ihr Groß onkel durchaus nicht die Absicht gehabt hat, AntoniuS seine Be- sitzthümer zu hinterlassen. Es gab eine Zeit, ich gebe daS zu, wo er die Absicht gehabt hat, aber einige Jahre vor seinem Tode traten gewisse Ereignisse ein, welche ein ganz neue» Licht auf den Charakter Antonius' warfen, und der alte Herr zer stört« in Folge dessen da» Testament, da» er zu Gunsten seine» Neffen gemacht hatte. Ich bin selbst Zeuge gewesen, als dies ge schah. Und mehr als das, ich weiß sogar, daß Ihr Großonkel an Antonius geschrieben und ihm von Dem, was er gethan, Mittheilung gemacht hat." „Und welche Gründe hatte er zu dieser Handlungsweise?" . Philipp's Antlitz wurde, wenn möglich, noch finsterer. War es bloße -Liebe zur Gerechtigkeit, die sie zu dieser Beharrlichkeit des Fragens veranlaßte? Oder hatte sie nähere und mehr per sönliche Gründe, die sie wünschen ließen, sich ihren Glauben an Antonius zu erhalten? Freilich hatte si« erklärt, sie seien „Ver wandte — nichts Anderes"; aber es giebt Gelegenheiten im Leben einer Frau, wo es die wahrheitsliebendste für gerechtfertigt hält, zu Ausflüchten zu greifen. Gehörte Diana zu diesen Frauen? Er blickte sie ungewiß an, wuPe er doch aus eigener Erfahrung, wie schwer es war, dem Zauber von Antonius' Liebenswürdigkeit zu widerstehen. War er nicht selbst diesem Zauber zum Opfer gefallen? Und war wohl anzunehmen, daß das junge Mädchen demselben nicht erliegen würde? „Ich kann Ahnen die Gründe nicht sagen", sagte Philipp zur Erwiderung auf ihre Frage, „aber es sind sehr schwerwiegende." „Wahrscheinlich dieselben, die Sie" veranlaßten, mich vor meinem Vetter zu warnen?!" Er nickte beftäiigend mit dem Kopfe. „Und Sie sagen, AntoniuS weiß, daß sein Onkel das Testa ment vernichtet hat?" fragte Diana weiter. „Ja wohl, er weiß es." „Und kennt er die Gründe seines Onkels?" „Ja. -Deswegen lebte Antonius ja in der Verbannung. Glauben Sie denn, daß er alle diese Jahre hindurch in Süd afrika geblieben wär«, wenn er der Erbe gewesen?" Das war ein Punct, der auch Diana schon aufgefallen war. Antonius' eigene Erklärung lautete auch nicht ganz zufriedenstellend, aber Diana hatte bisher kein besondere» Ge wicht darauf gelegt. — Wie verwirrt Alles war! Immer wieder neue Geheimnisse, wohin sie auch blicken mochte. Wann würde sich endlich einmal Alles ausklären?" „Ich selbst habe Friedrich Beauchamp über die Schurkerei dieses Mannes aufgeklärt", fuhr Philipp fort, „mir verdankt es Antonius, daß er enterbt worden ist." „Und so verdankt Ihnen also mein Bruder seine jetzige Stellung?" „Nur indirekt; da» konnte ich damals nicht in Betracht ziehen, da ich keine Ahnung davon hatte, daß Robert Beauchamp Kind«r hinterlassen hab«. Mich leitete nur der Wunsch, Rache an Antoniu» Beauchamp zu üben — und e» ist mir gelungen,
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