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Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend 75. Jahrgang. Dienstag, den 10. August 1909. Rr.91 gekehrt durch die Ortschaften in ihrer ganzen Ausdehnung auch soweit nur auf einer in Betracht kommenden Strecke Kipsdorf bis zum Kilometerstein 5,7 in Unterbärenburg mit einer Geschwindigkeit von höchstens 15 km in der Stunde und bei gröberer Staub- Zuwiderhandlungen werden nach 8 28 der eingangserwähnten Verordnung bestraft. Amtsblatt für die Königliche Umishauptmannschast, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Dippoldiswalde. Mit achtsettigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtfchaftlicher Monats-Beilage. Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und an bestimmten Tagen wird keine Garantie übernommen. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jehnr. — Druck und Verlag von Carl Jehnr in Dippoldiswalde. Königliche Amtshauptmannschaft und Stadtrat zu Dippoldiswalde, am 7. August 1909. rrlcheim wöchentlich oret- Ml: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird anden vorhergehen- denAbendenausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 85 Pfg., -zweimonatlich», 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. - Alle Postan- jtalten, Postboten, sowie ANsereAusträgernehmen Bestellungen an. Inserate «erden mit lit Pfg., solch« au» unsere» Amtshauptmamlschaft mit 12Psg.die Spaltzeile oder deren Raum berech net. Bekanntmachungen auf der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei- gespaltene Zeile 35 bez. ZV Pfg. - Tabellarische und komplizierteJnserate mit entsprechendem Auf schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Teile, di« Spaltenzeile 30 Pfg. PMmkW WMMW kr WWjM bck. .-7 7- Nachdem die zufolge vieler Klagen angestellten Erörterungen ergeben haben, daß Seite der Straße Hauser sich befinden, sowie auf der für die Sommerfrischler besonders bei dem Verkehr mit Kraftfahrzeugen auf der Dresden-Altenberger Staatsstraße von den meisten Führern die Vorschriften der Verordnung vom 10. September 1906 nicht beachtet werden und durch die Ortschaften, die wegen ihrer Lage im Tale durch die entwickelung von höchstens 12 Icm gefahren wird. Staubentwickelung besonders zu leiden haben, in rücksichtsloser Weise und zum Teil mit einer Stundengeschwindigkeit von 70 km gefahren wird, bestimmen die unterzeichneten Verwaltungsbehörden hiermit, daß von Dippoldiswalde bis Unterbärenburg und um ¬ zu feiern sei, muß daher in Westeuropa noch mit allge meinem Kopfschütteln ausgenommen werden, vor allen Dingen muß man abwarten, ob die jüngste Reise des Zaren und zumal sein Besuch in England wirklich dazu führen wird, konstitutionelle Verhältnisse, dH. eine Regie rung, die Recht, Freiheit und Gesetz zu ihren Grundsätzen macht, in Rußland einzuführen. der Nachsteuer unterworfen sind, scheint in weiten Kreisen die irrige Vorstellung zu herrschen, als ob die zu gewerb lichen oder zu öffentlichen Zwecken beschafften Vorräte von Die neue politische Entdeckung in Rußland. Die politischen Kreise Rußlands, zumal die Dumamit glieder, welche der liberalen Richtung angehören, sind ent zückt über die Rede, welche der Zar Nikolaus in England gehalten hat, sie rechnen es dem Zaren hoch an, daß er in seiner Rede den Besuch der Dumamilglieder in Eng land erwähnt hat, und alle russischen Zeitungen schwärmen förmlich davon, daß sich der russische Kaiser durch sein Auftreten in England der ganzen Welt zum ersten Male als konstitutioneller Herrscher vorgestellt habe. Den west europäischen Empfindungen über die Politik eines großen und freien Landes hat der Zar Nikolaus während seines Besuches in England allerdings Rechnung zu tragen ge< sucht, denn er hat nicht nur von dem Besuche der Duma- Mitglieder in England gesprochen und dadurch die Be deutung der russischen Volksvertretung anerkannt, sondern er hat auch für gut befunden, gerade während seines Be suches in England einige hundert politische Verbrecher zu begnadigen. Sollte sich in der Umgebung des Zaren während seiner jetzigen Auslandsreise wirklich eine politische Wandlung noch weiter im Sinne der Notwendigkeit der einen Richtung einer konstitutionellen Regierung in Ruß land vollzogen haben, so wäre dies nicht nur im Inter esse der allgemeinen Kultur, sondern auch für den Fort schritt und die Wohlfahrt in Rußland mit großer Freude zu begrüßen, denn die wirklichen Zustände in Rußland sind immer noch echt russisch und despotisch und lassen von der Wirkung einer freien und humanen Regierung noch wenig spüren. Die politischen Leidenschaften und die Wildheit und Roheit in vielen russischen Bolkskreiscn mögen ja bei Einführung der konstitutionellen Negierungs weise zu vielen Verirrungen und Mißverständnissen Anlaß gegeben haben, aber trotzdem ist die Art und Weise, wie in Rußland bisher regiert worden ist, mit einer konstitu tionellen Regierung unvereinbar Oder sollten die Russen über eine konstitutionelle Negierung ganz andere Ansichten haben, als das westliche Europa! — In Rußland haben nämlich bis in die letzte Zeit die blutigen Hinrichtungen wegen politischer Vergehen nicht aufgehört, und es sind in diesem Jahre in Rußland aus politischen Gründen bereits gegen 1000 Todesurteile gefällt worden und jeden Tag fanden in Rußland Hinrichtungen wegen politischer Vergehen statt. Sicher wird dabei mancher Russe vom Leben zum Tode gebracht, der es nicht verdient, wegen seiner politischen Ueberzeugung hingerichtet zu werden, es geht dies schon ganz deutlich daraus hervor, daß in Ruß land schon wiederholt zum Tode verurteilte sogenannte politische Verbrecher freigesprochen worden sind, wenn sie das Glück hatten, daß ihre Sache einem anderen Gerichte zur nochmaligen Urteilssprechung unterbreitet wurde. Es gilt also in Rußland auf politischem Gebiete noch immer in der Praxis der Behörden das unverschämte und unge- rechte summarische Verfahren, man denkt also, daß cs in Rußland immer noch am besten ist, wenn unruhige Elemente schleunigst gehängt oder nach Sibirien verbannt werden. Fast noch schlimmer als wie die vielen Ver urteilungen zum Tode wegen angeblicher revolutionärer Gesinnung ist aber in Rußland die Unterdrückung dr Presse wegen freier Meinungsäußerungen. Fast jeden Monat müssen in Rußland eine Anzahl Zeitungen auf Befehl der Regierung ihr Erscheinen einstellen, manchmal werden sogar die Redakteure und Verleger der betreffenden Zeitungen samt und sonders nach Sibirien verbannt. Ferner hageln große Geldstrafen bei einfacheren politischen Vergehen auf die russischen Zeitungen nur so herunter, und was das Schlimmste bei diesen Maßregeln ist, das besteht darin, daß gegen die russische Presse meistens nicht auf Grund eines richterlichen Urteiles vorgegangen wird, sondern daß die Bestrafung lediglich als Verwaltungs maßregel der russischen Regierung beschlossen wird. Die neue politische Entdeckung, daß Rußland eine konstitutionelle 1 Regierung habe, und der Zar als konstitutioneller Herrscher Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Ein schreckliches Unglück passierte am Sonnabend abend in der neunten Stunde in der.hiesigen Pappenfabrik. Bei Reparaturarbeiten an einem Treib riemen durch 2 Personen geriet der 17 jährige Arbeiter Gärtner aus Ulberndorf in die gehende Transmission, wurde mehrmals von der Welle herumgeschleudert und geradezu in Stücke gerissen. Knochensplitter usw. waren im ganzen Arbeitsraume verstreut. Der Anschlag des Körpers an die Wand war so heftig, daß Ziegelsteine herausgeschlagen wurden. Der Tod des Bedauernswerten muß auf der Stelle eingetreten sein. Der alte Vater des Verunglückten verliert in ihm seinen ältesten Sohn und eine treue Stütze. — Theater. Eine, wie das ausverkauste Haus be wies, dankbar aufgenommene Abwechslung bot am Frei tag die Theaterdirektion durch das Gastspiel der Eolo- tänzerin und Ballettmeisterin Emmy Schneider-Hoffmann vom Stadttheater in Chemnitz Der hier naturgemäß seltene Kunstgenuß hatte auch viele „faule Theaterbesucher" auf die Beine gebracht, und die Leistungen der Künstlerin ernteten rauschenden, und uns dünkt ungeteilten Beifall. Von der musikalischen Begleitung der Tänze kann man leider ein gleiches nicht behaupten. Auch die drei flott gespielten Einakter fanden laute Anerkennung. Nur die auf dem Theaterzettel avisierte Stadtkapelle war nicht zu finden. — Heute Montag kommt das Lustspiel „Renaissance" zur Aufführung. — Der in einer hiesigen Fabrik beschäftigte Feuer mann Z. ist angeblich wegen Sittlichkeitsverbrechens ver haftet worden. — Auf dem Obertorplatz scheute am Sonnabend vor mittag vor einem dahersausenden Automobil ein vor einen Jauchenwagen gespanntes, aber unbeaufsichtigt gelassenes Pferd und ging durch. Außer mehreren angerannten Gartenzaunsäulen und einigen Defekten am Wagen ging aber die Sache noch gut ab. — Die Ziehung der 3. Klasse der 156. Königlich Sächsischen Landeslotterie findet bekanntlich am Mittwoch und Donnerstag, den 11. und 12. August statt. Die in dieser Klasse zur Ausspielung kommenden höchsten Haupt gewinne sind je ein 50000-, 40000-, 20000 und 10 000- Mark-Gewinn. — Die Abnahme des Tageslichtes ist schon recht deutlich zu bemerken, denn es ist gegenüber dem Höhe punkte des Jahres im ganzen schon um etwa eine Stunde zurückgegangen. Abends nach 8 Uhr kann man, zumal bei bedecktem Himmel, nur unter Benachteiligung des Augenlichtes die gewohnte Tageslektüre zu Ende bringen, und die Lampe muß zur Ausführung der nachfolgenden Pflichten ihre Unterstützung leihen. Schon ist also wieder die Zeit da, wo man nicht ohne sie den Werktag beenden kann, und bald wird wieder die Fürsorge um sie im Mittelpunkte der hauswirtschaftlichen Tagesordnuug stehen. Schmiedeberg. Theater. Heute Dienstag wird hier „Renaissance" und Donnerstag der Schwank „Loreley" gegeben. Börnchen. Die 3 wöchigen Sommerferien beginnen an hiesiger Schule am 9. August. Der Schulvorstand hat sich bei dem Ferienanfang mehr nach dem Beginn der diesjährigen Getreideernte gerichtet. Auf die Michaelis- ferien kommen dann 2>/2 Woche. Dresden, 7. August. Das König!. Journal schreibt heute: Ueber den Umfang, in dem die am 1. Oktober bei Konsumenten vorhandenen Vorräte an Beleuchtungsmitteln der Nachsteuer frei seien. Nach 8 39 Absatz 2 des Leucht mittel-Steuergesetzes bleiben nur die zu privaten Haus- haltungszwecken dienenden Beleuchtungsmittel von der Nachsteuer befreit. — Der König hat dahin Bestimmung getroffen, daß die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses eine Standarte aus gelbem Fahnentuche zu führen haben, die in der Mitte den schwarzen (Meißner) Löwen trägt. Die Standarte des Kronprinzen erhält außerdem in den vier Ecken goldene königliche Kranen. Die Fahnenstangen der Standarten sind in den Landesfarben (weiß-grün) ge ringelt. — Der Hauptausschuß für das Deutsche Bundes- schießen in Hamburg hat für die durch das Brandunglück auf der Vogelwiese Betrosfenen an den Vorstand der Vogenschützengesellschaft 5000 Mark telegraphisch anweisen lassen. Er hat weitere 5000 Mark zur Verfügung ge stellt, falls die Notlage größer sein sollte, als bisher be kannt geworden ist. — In der unweit Dresden gelegenen Gemeinde Otterndorf-Okrilla sind seltsame Dinge in der Ge meindeverwaltung aufgedeckt worden. Der dortige Ge- meindcvorstand Pirnbaum ist von der vorgesetzkn Kreis- hauptmannschast seines Amtes enthoben wordcn. Nach Len bisherigen Feststellungen scheint das Gemeindeober- haupt eine eigenartige Wirtschaft betrieben zu haben. Durch eine Revision sind mancherlei Unregelmäßigkeiten festgestellt worden. Die Erregung der Bevölkerung über die Vorkommnisse spiegelte sich in einer Einwohnerver- sammlung wieder, in der die Verhältnisse in der Ge meinde gründlich untersucht wurden. Die Einwohner nahmen nach einer erregten Aussprache folgende Ent schließung an: „In Erwägung, daß die Vorkommnisse innerhalb unserer Gemeindevertretung direkte Pflichtver letzungen darstellen, spricht die Einwohnerversammlung ihre Mißbilligung darüber aus und fordert die Entfernung aller derjenigen Personen, die als Beteiligte in Frage kommen, aus den öffentlichen Aemtern. Der Gemeinderat wird aufgefordert, eine gründliche Revision vornehmen zu lassen und bei der Neubesetzung des Gemeindevorstands postens nur solche Personen ins Auge zu fassen, deren Tüchtigkeit, Energie und Reife eine einwandfreie Amts tätigkeit gewährleisten. Die Versammlung verurteilt auf das entschiedenste die unwiderlegt gebliebene Behauptung, daß die Kirchenväter 50 Pf. für jeden Kirchgang erhalten haben, und erwartet, daß dieser Mißstand beseitigt wird. — Der städtische Schulgeldeinnehmer R. in Vorstadt Plauen hat sich nach Unterschlagung von 18—19000 Mark Schulgeldern der Königlichen Staatsanwaltschaft selbst gestellt. R. hat seine Unterschleife dadurch längere Zeit verdeckt, daß er die Lieferungsbücher gefälscht hat. Die Gründe zu der unredlichen Handlungsweise sind voll ständig unbekannt, da er ein auskömmliches Gehalt bezog und demnächst seine Sekretärsprüsung ablegen sollte, wo durch sein Gehalt abermals gestiegen wäre. Seine Frau befindet sich in günstigen Vermögensverhältnissen und ver steuert ein ansehnliches Einkommen. — Aus Teplitz wird unter dem 5. August gemeldet: Gestern traf der älteste Kurgast von Teplitz-Schönau, Pfarrer Schmidt aus Borsdorf bei Leipzig, zum 60. Male zum Kurgebrauche hier ein. Diese seltene Gelegen heit nahm die Gemeinde zum Anlässe einer Ovation für den treuen Kurgast. Als Pfarrer Schmidt heute vormittag im Schlangenbad erschien, wurde er dort von Herrn Bürgermeister Husak erwartet, welcher ihn in Begleitung der Verwalterin des Bades in die mit Blumen geschmückte Badezelle geleitete. Dort richteten Bürgermeister Husak und die Badeverwalterin kurze Ansprachen an den Jubilar, welcher in herzlichen Worten für die Aufmerksamkeit dankte.