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Inserate .'den dir Brr- Amtsblatt für die könialichen und städtischen Behörde» z« Freiberg und Brand. Mittwoch, de» 29. Dezember. 302 Emilie Heinrichs aufmerksam: r«ftihrex werde. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger". Den Nekaunlmacknuaeu «ud Inserate« ist bei der große« verbreit«»« des „Freiberger «»zeiger" (»so» Exemplare) die entsprechendste Wtrk- sanüett aeiickert Das Abonnement betrögt pro O«artal 2 Mark 25 Pfennige. Bestellungen nehme« sömmtliche kais. Postaustalte», sowie die ««terreich- «ete Expeditio«'entgegen Wir gebe« ««S somit der Hosf««ng hi«, daß das «e«e Jahr ««S nicht n«r unsere alte« Freunde erhalte«, sonder« auch recht viel neue „Die blinde Gräfin". Abonnements-Einladung. Jahreswechsel führt auch eium Abschluß im Abouuemeut dieser Zeitschrift herbei und bitte« wir nufere geehrte» Leser, ihre Be- «eNxnae» d!s «^ I« der erfreulichen Wahrnehmung, daß die Anflage pes ist, erblicken wir nicht «nr den Beweis einer «uerleunnug «nserer Bestreb«»ge«, sonder« zugleich die a« u«s tretende Antt-r»^.» i« K.üÜtt weder «oste« «och Anstrengung z« scheue«, «m das Blatt i« immer weitere Kreise als ger« gesehene« Familieafre««d ei»t«Mtzre«. Die mtrd daber bemüht sei«, «ebe« de« politischen Zeitfrage« auch die wichtigste« Multurausgaben der Eegeuwart a«f wirthschaftlichem, und ttrcklich m GE- tög ich i« populärer Weise zu behandel«, dabei aber a«ch de« Begebeuheite» «nd Ereig«iffe« d-S Ort-S, des H-imathSkreises M Km-itt-»»> s»»s »ümi »»» wir mach!» ,«I, »,s°n»-rs »»! «- mit »IM l. z«»«ar s«k-r» »»» »Freiberger Anzeiger» sindet sich Rinnen- Handlung, »u seude». ' und Tageblatt. (Krotscher'sche Bnchhaudluug.) Rückblick auf 1875. i. Ein Jahr des Friedens liegt wieder hinter uns. Wohl dürfen wir dies als eine der höchsten Genugthuungen, nach denen ein gebildetes Volk aus sittlichen Gründen begehrt, zuerst hervorheben. Freilich ist hier nur der äußere, nicht der innere Friede gemeint, denn dieser soll noch einkehren. Der Kampf zwischen Staat und Kirche wogte da» ganze Jahr hindurch ununterbrochen fort. Zur Würdigung dieses Kampfes sei hier nur auf ein Beispiel verwiesen. Die katholische Klerisei wird nicht müde, über die Ver folgung ihrer Kirche zu schreien. Was es aber mit dieser Verfolgung auf sich hat, geht recht klar aus einem Ver gleich zwischen Württemberg und Preußen hervor. Während in Preußen erst durch die neuere Kirchengesetzgebung der Jesuitenorden und dessen Verwandte verboten wurden, was in Württemberg längst der Fall gewesen, dürfen dort außerdem andere Orden nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Staatsregierung eingeführt werden; auch ist die Ge nehmigung jederzeit widerruflich. Als Preußen dies eben falls verlangte, da war dies eine Verfolgung der Kirche, in Württemberg nicht. Es existirt ferner in Preußen nicht das Placet (die königliche Zustimmung zu bischöflichen Erlassen) wie in Württemberg; dort hat sogar daS Ein spruchsrecht des Staates bei Anstellung der Geistlichen einen weiteren Umfang, als selbst die Maigesetze für Preußen erstreben. Das kirchliche Gemeindevermögen wird in Württemberg vom Gemeinderathe verwaltet und von blos weltlichen Organen beaufsichtigt; bei den Jnterkalarfonds und dem Pfründenvermögen hat der Staat ein Mitver- waltungs- beziehungsweise Mitaufsichtsrecht. Solche ein greifende Befugnisse hat Preußen nicht. Betreffs des Religionsunterrichts ist in Württemberg ausdrücklich das staatliche Oberaufsichtsrecht gewahrt, in Preußen nicht. Seit mehr als einem halben Jahrhundert leitet ferner in Württemberg der Staat die Erziehung der katholischen l Geistlichen, während Preußen dieses Recht ebenfalls erf der neueren Gesetzgebung verdankt. Und überdies ist zu ! bedenken, daß in Württemberg diese Gesetze besonders für die katholische Kirche gegeben find, während sie in Preußen für beide Kirchen gelten. Eine Verfolgung der katholischen I Kirche in Württemberg hat aber trotzdem noch Niemand behauptet. Es liegt also auf der Hand, daß die streitlustige I Opposition der römischen Hierarchie gegen die neuere deutsche I Gesetzgebung in Kirchensachen aus einem feindseligen Sinne > hervorgeht, daß sie den Bischöfen von Rom aus vorgeschrieben I worden ist. Man hoffte, im größten protestantischen Staate I religiöse Wirren herbeizuführen, bei denen der JesuitiSmuS im Trüben fischen könne. Diese Hoffnung ist nun freilic nicht in Erfüllung gegangen, denn trotzdem der Staat mi Schärfe des Gesetzes gegen renitente Bischöf »n Priester vorging, sie in« Gefängniß sperrte oder der ^nve» verwies, blieb die Bevölkerung selbst hervorwiegend katholischer Kreise mit kaum erwähnenswerthen Ausnahmen ruhig und ließ diese Herren selbst aussuppen, was sie in ihrer Halsstarrigkeit sich tingebrockt. An einen religiösen Bürgerkrieg in Deutschland glauben heute wohl selbst die Jesuiten nicht mehr; ja man bemerkt schon ein Einlenken der Kurie, um zum Frieden mit dem Staate zu gelangen. Sind diese Versuche auch noch verschämt und schüchtern, tragen sie noch den Schein römischer Dünkelhaftigkeit und Herrschsucht an sich, so ist doch keine Frage, daß bei kon ¬ sequenter Aufrechterhaltung der staatlichen Gesetze und Autorität wir am Schluffe des nächsten Jahres, wenn nicht den Frieden erreicht, so ihm doch ein gutes Stück näher gekommen sein werden. Die jetzige Generation wird damit das große Werk, was einst Luther begann, dem erwünschten Abschluß zuführen. Lassen wir den Blick vom kirchlichen Gebiet aufs praktische Leben schweifen, so stehen wir leider vor ge täuschten Erwartungen. Im Vorjahr hoffte man von Monat zu Monat, daß nach der schweren Erschütterung aller wirthschaftlichen Verhältnisse endlich eine Besserung eintreten werde. Dies ist nicht geschehen; die industrielle und kommerzielle Thätigkeit liegt noch immer darnieder und es ist selbstverständlich, daß, je länger dieser Zustand dauert, desto mehr der Gewerbestand und schließlich das wirthschaftliche Wohlbefinden Aller darunter leiden muß. So ist denn die Situation nach dieser Richtung hin heute unbedingt schlimmer, als sie Ende 1874 war. Deutschland, Oesterreich, so ziemlich ganz Europa kann die gleiche Klage ühren. Wollen wir aber ehrlich sein, so müssen wir ge sehen: die Schuld an dieser Krisis trifft uns Alle! Nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges hatte bekanntlich ein wahres Geldfieber, eine wahre Sucht nach raschem und leichtem Gewinn alle Kreise der Gesellschaft ergriffen. Keiner schloß sich gänzlich von Spekulationen aus, weder Adel, noch Mittelstand, noch die große Masse des Volkes. Wir lebten alle gut, erwarben auch vielleicht Reichthümer oder träumten von künftigen Schätzen. Allein die Tugend der Selbstbeherrschung fehlte uns. Dieser Mangel mitten im Ueberfluß führte unsere Niederlage herbei. Wir waren blind gegen die Gefahren, welche in unserem Eigennutz wurzelten. Der Begriff des Spiels hatte den der ehrlichen Arbeit überwuchert und war zu einem geistigen Geschwür herangewachsen. Da« Geschwür ist aufgegangen; die Stimmen aus dem Volke mehren sich, daß nur in der Selbsterkenntniß, in der Rückkehr zur ehrlichen Arbeit die Heilung des Uebel» liege. Allerdings fehlte eS auch »icht, daß Industrie und Handel ihre Hilfe in schutzzöllnerischen Einrichtungen suchten, aber mehr noch verwies man au das allein richtige Prinzip der Selbsthilfe. Und so hoffen wir denn, daß diese Bestrebungen im nächsten Jahre zum Vortheil unsers Handels, unserer Industrie und unserer gesammten VolkSwirthschaft vollständig zum Durchbruc kommen mögen. Einen wesentlichen Fortschritt hat das ablaufende Jahr <aber dennoch zu verzeichnen und zwar in Durchführung verschiedener wirthschaftlicher Gesetze, die sich weit über die Grenzen Deutschlands hinaus fühlbar machen »erden. Die Umgestaltung unseres Münzwesens, die Regelung der Bankfragt und die Gründung der deutschen Reichs bank — das sind Reformen so großartiger Natur, daß die Geschichte der National-Oekonomie gewiß sehr wenige. Beispiele anzuführen hat, in denen gleichbedeutungsvolle Veränderungen auf einen ebenso kurzen Zeitraum zusammen- gedrängt waren. Diese Reformen sind in ihren wesent lichsten Theilen jetzt als beendet zu betrachten und wi^ glauben, daß die mit ihrer Durchführung, wie mit jeder UebergangSperiode verbunden gewesenen Mißstände auch der Hauptsache nach überwunden sind. Kommen wir schließlich noch auf die Bestrebungen der Sozialdemokratie zu sprechen, so dauert trotz der scheinbaren Trennung, welche im Lager derselben auSge- brochen war, die zersetzende Agitation derselben ungeschwächt fort. Ein Beweis hiervon ist das fortwährende Wachsen der sozialistischen Stimmenzahl bei eintretenden Wahlen. Man ist in diesen Kreisen zwar vorsichtiger, nicht aber muthloser geworden; die Agitation wird mit weniger Lärm, um so mehr aber mit konsequenter Energie betrieben. Wer da glauben wollte, die Bewegung der sozialistischen Geister sei ins Stocken gerathen, den werden die nächsten Reichs- tagswahlen eines Besseren belehren. Tagesschau. Freiberg, den 28. Dezember. Nachdem die türkischen Reformpläne ihrem Wortlaute nach bekannt geworden sind, zeigt es sich, daß dieselben doch mit den Vorschlägen der Großmächte zum Theil sehr kolii- diren. Während die Mächte die namentlich durch Steuer bedrückungen zum Aeußersten getriebene Rajah dadurch zur Ruhe bringen wollen, daß sie auch Nichtmuhamedaner zu den Stenereinschätzungs-Kommissionen heranzuziehen Vor schlägen, glaubt der Divan schon genug zu thun, wenn er Christen das Amt der Steuereinnehmer überläßt. Der Unterschied liegt auf der Hand. Nach dem türkischen Plane würden Muhamedaner nach wie vor die Abgaben vertheilen, o daß es mehr als zweifelhaft bliebe, ob diese Hauptursache der Unruhen in Zukunft beseitigt wäre. Dabei sollen die Christen die odiose Aufgabe der Eintreibung der Steuern erfüllen. Sie trügen auf diese Weise, wenigstens in den Augen der Rajah, die Verantwortung für die rein türkische Kommission. Der Haß, der sich in erster Reihe gegen den Exekutor kehrt, fiele auf den Christen, während dieser als Organ wiederum nur der türkischen Behörde für die Ein gänge verantwortlich wäre. Hierin kann nun aber unmög lich eine „Konzession" gesehen werden, es ist, um den Be schwerden wirklich gerecht zu werden, nothwendig, daß der Christ selbst auch die Steuern abschätzt. Diese Gegensätze führen aber auch das türkische Programm »6 »bsurä»!», denn sie weisen auf das Schlagendste nach, daß es der Pforte mit allen den schönen Worten noch immer nicht Ernst ist. Nach einer österreichischen Militärzeitschrist haben die europäischen Staaten folgende KriegSbudgetS: Oesterreich- Ungarn bei 11,000 Quadratmeilen Flächeninhalt und 35Millionen Einwohnern 108 Mill. Gulden; das deutsche Reich bei 9000 Quadratmeilen Flächeninhalt und41 Millionen