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BeMMMer und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen and städtischen Behörden zn Freiberg nud Brand. Verantwortlicher Redakteur: In Vertretung Ernst Mauckisch in Freiberg. - >1 > " , —» » - 40. Aabraana. » » » — -U/s 4» ü Erscheint jeden Wochentag Nachmitt.'/,«Uhr für den «L«. I SLL fÄRS'LL« Sonnabend, dm 17. September. August von Werver f. „Sein Grsblied ist gesungen; ihm gebührt ein größeres; es soll ihm werden!" Diese Worte aus „Mac beth" eignen sich so recht für den berühmten deutschen Heerführer August von Werder, der am 12. d. M. in Grüssow bei Belgard an seinem 79. Geburtstage starb und dessen hier bisher nur in Kürze gedacht werden konnte. Nächst unserem König und Herrn und dem deutschen Kron prinzen hatte der jetzt Dahingeschiedene das größte Verdienst um den glücklichen Ausgang des letzten deutsch-französischen Krieges. Die entscheidende Niederlage, welche er in diesem Kriege dem großen französischen Korps des Marschalls Bourbaki beibrachte, befreite Süddeutschland von der drohenden Gefahr einer Invasion und vor unermeßlichem Schaden. Deshalb war August von Werder sicher der jenige preußische Heerführer, welcher in Süddeutschland die meiste Zuneigung fand, der aber nicht nur dort unvergeßlich fein wird, denn seine Kriegsthaten stehen mit unverwisch- lichen Zügen in den Annalen einer hochdenkwürdigen Zeit verzeichnet. Als Abkömmling einer altadeligen Familie und Sohn eines wackeren Dragoneroffiziers zu Schloßberg bei Norkitten in Ostpreußen am 12. September 1808 ge boren, trat August von Werder im Jahre 1825 in die preußische Armee, wo er als Lehrer im Kadettenkorps und später im topographischen Bureau eine tüchtige militär wissenschaftliche Bildung bekundete. In den vierziger Jahren erbat sich Werder aber Urlaub, um den wirklichen Krieg kennen zu lernen, nahm im Kaukasus an dm Kämpfen der Russen gegen die Tscherkesfen und Tschetschenzen Theil und wurde bei einem Gefecht am Flusse Kefar am linken Arm so schwer verwundet, daß es beinahe zur Amputation gekommen wäre. In die Heimath zurückgekehrt, rückte der m den Generalstab berufene Hauptmann nach und nach bis zum Jakre 1866 zum Generallieutenant auf, als welcher er im böhmischen Feldzug die 3. preußische Division be- fehligte. Am 29. Juni 1866 griff diese von dem General- Lieutenant von Werder kommandirte pommerfche Division im Verein mit der von Tümpling geführten brandenbur gischen Division das Clam-Gallas'sche österreichische Korps an und zwang das Letztere nach sechsstündigem Kampfe zum Rückzüge. Mit der Einnahme von Gitschin schuf Werder die Grundlage für die Vereinigung der Heerestheile des Prinzen Friedrich Karl und des preußischen Kronprinzen und nicht geringere Dienste leistetm die von ihm geführten Pommem am 3. Juli, als sie die von den Truppen des öster reichischen Feldzeugmeisters Gablenz gehaltene Höhe von Lipa bei Königgrätz nach furchtbarem Kampfe erstürmten. Vier Jahre später, bei dem Ausbruch des deutsch-fran zösischen Krieges, wurde dem so bewährten General die Führung eines vereinigten württembergisch-badischen Korps anvertraut, das unter dem Oberbefehl des preußischen Kron prinzen bei Wörth zum ersten Male in Aktion trat und an dem Sturm auf Fröschweiler Theil nahm. In den ersten Augusttagen wurde Werder beauftragt, mit seiner badischen Division die von dem französischen General Uhrich wacker vertheidigte elsässische Hauptstadt zu erobern. Da die durch Ueberschwemmungen gedeckte Stadt sich als fast unangreifbar erwies, schr-tt Werder, um die Bevölkerung zu einem Druck auf den zähen Kommandanten zu veran lassen, am 24. August 1870 zu einem dreitägigen Bom bardement, welches aber den Zweck verfehlte und ihm nur den Vorwurf einer „barbarischen Kriegführung" zuzog. Nun ging Werder mit rastlosem Eifer zur regelmäßigen Belagerungsarbeit über und ließ trotz des heftigsten Ar tilleriefeuers und mehrerer Ausfälle der Belagerten bis zum 12. September drei Parallelen fertig stellen. Schon war Alles zum Sturm fettig und in den Hauptwall Straßburgs Bresche geschossen, als am Abend des 27. Sep tember die Uebergabe der Stadt erfolgte, für welchen Erfolg Werder zum General der Infanterie befördert wurde. Nach dem Fall von Straßburg trieb seine badische Division die Freischärler und Mobilgarden vor sich her und rückte nach Vesoul vor, wo Werder von dem General stabschef Moltke telegraphische Anweisung erhielt, den Feind bis Besancon zu verfolgen und über Dijon nach Bourges zu marschiren, wo damals sich die Arsenale befanden, durch welche Gambetta die Nationalvertheidigung ausrüsten ließ. Werder gehorchte, rückte vor, besiegte am 22. Oktober den französischen General Cambriel am Ognonfluffe, drängte ihn bis nach Besancon zurück und zog selbst über die Saane nach Gray weiter, als er Befehl erhielt, von dem Unter nehmen gegen BourgeS abzustehm, nach Dijon zu gehen, und dort die linke Flanke der zweiten Armee zu decken. Etwa 22 OM Mann statt, nahm das Korps Werder am 31. Oktober 1870 auf der Lime Vesoul-Dijon Aufstellung, um etwa 60 OM Feinde (darunter das Korps des Generell Michel und die Fremdenlegion Garibaldis) in Schack zu halten. Zu den Widerwärtigkeiten, die dort der Feind be reitete, gesellten sich nun diejenigen der Natur, aber die Zähigkeit Werders und die heldenhafte Entschlossenheit der wackeren Badenser und der an ihrer Seite kämpfenden preußischen Landwehr trotzten jeder Unbill. Anfangs November unternahm Werder einen erfolgreichen Vorstoß auf Düle und am 18. Dezember warf der von ihm mit der badischen Division vorgeschickte General Glümer bei Nuits die von Cremer geführten französischen Truppen und er oberte diesen Platz nach ruhmvollem Kampfe. Da nahte um Weihnachten daS große Korps des Marschall Bourbaki von Bourges aus, weshalb Werder rasch die durch v. d. Golz geführte preußische Brigade von Langres heranzog und wieder bei Vesoul Stellung nahm. Am 9. Januar 1871 kam es bei Villersexel zu einem der erbittersten Kämpfe des ganzen Krieges, der 16 Stunden währte, aber eS den Deutschen ermöglichte, ohne Verlust den Rückzug auf Belfort zu bewerkstelligen und dort den Anprall der weit überlegenen französischen Ostarmee in der dreitägigen Schlacht bei Belfort (15. dis 17. Januar) standhast und energisch zurückzuweisen. Werder leistete bis zum 17. Januar auf hartgefrorenem Boden dem furchtbarsten Sturm des an Zahl weit überlegenen Feindes unter den ungünstigsten Verhältnissen erfolgreichen Widerstand. Daß ihm dies gelang, hat der Kaiser selbst in seinem Glückwünsch an Werder als eine der größten Waffenthaten aller Zeiten bezeichnet. Mit der badischen Brigade Keller rang Werder selbst am 17. Januar im blutigen Kampfe dem General Cremer die Stellungen bei Farlier und Chenebier wieder ab, von welcher er die ostpreußischen Landwehrkompagnien am Tage vorher zurückgedrängt hatte, und am 18. Januar begann das Bourbakische Korps, welches 3M0 Mann in diesen Kämpfen verloren hatte, den Rückzug. General Manteuffel, der indessen herangerückt war, wußte nun den abziehenden Bourbaki von Süden her zu fassen und General Werder folgte dem Feind von Norden, eine Ope ration, die glänzend glückte und das Schicksal des nach der Schweiz hinübergedrängten französischen Korps Bourbaki besiegelte. Eine unermeßliche Gefahr für Süddeutschland war damit beseitigt durch die Entschlossenheit des wackeren Generals Werder und seiner braven Truppen, was all gemein jubelnd anerkannt wurde. Der Kaiser ehrte den siegreichen Feldherrn durch das Generalkommando der 14. badischen Division, indem er ihn zum Chef des 4. Rheinischen Infanterie-Regiments machte und das Fort Nr. 11 in Straßburg nach seinem Namen nannte; das badische Land zeigte sich aber seinem Retter gegenüber nicht minder erkenntlich, denn außer durch zahlreiche Ehren geschenke, zeichneten ihn viele badische Städte durch die Ehrenbürgerschaft aus; die Stadt Freiburg z. B. setzte ihm ein Denkmal und die dortige Universität machte ihn zum Ehrendoktor. Im April 1879 wurde August von Werder unter Erhebung zum Grafenstand zur Disposiion gestellt und lebte seitdem still auf seinen Gütern, wo ihn letzt ein sanfter Tod ereilte. Sein Name wird aber als derjenige eines der tüchtigsten deutschen Heerführer für alle Zeiten unvergeßlich bleiben. Tagesschau Freiberg, den 16. September. Dem Hoch, welches der deutsche Kaiser vorgestern in Stettin bei dem Diner der Zivilbehörden auf die Provinz Pommern ausbrachte, schickte derselbe etwa folgende Worte voraus: „Er freue sich, daß eS ihm vergönnt sei, die Provinz wieder zu begrüßen, mit welcher er als deren früherer Statt halter speziell verbunden sei. Er habe seltener, als sein hoch seliger Bruder König Friedrich Wilhelm IV. dar Glück gehabt, in Stettin zu weilen, habe aber bei den Pommern stets einen treuen und zuverlässigen patriotischen Sinn gefunden. Der herzliche und freudige Empfang, den er jetzt wieder gefunden, habe ihm in höchstem Maße wohlgethan; er danke dafür mit dem Wunsche, daß die patriotische Treue in der Provinz Pommern stets erhalten bleibe" Am Schlüsse dieses Diners wurde der greise Monarch aber plötz lich u n w o h l. Es war ein leichter Ohnmachtsanfall, her- vorgerusen durch die drückende Hitze. Der Kaiser entfernte Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder deren Raum 1k Pf. sich, ans den Letbjäger gestützt. Der Leibarzt, Professor vr. Leuthold, leistete Beistand. Gestern befand sich der Kaiser wieder gut, doch blieb der Besuch des Rennplätze» wegm de» sehr warmen Wetters ausgeschlossen. Auch da» auf zwei stündige Dauer veranschlagte gestrige Ständesest mußte ab gekürzt werden. Prinz Wilhelm und die ganze Hofgesellschaft waren bei dem Rennen anwesend, bei dem Zehntausende ahnungs los sür den Kaiser Spalter bildeten. Gestern hatte sich der Kaiser soweit erholt, um Nachmittags an dem selten- des Provinzial« Verbandes gegebenen Diner theilnehmen zu können. — Die Kaiserin Augusta empfing gestern Vormittag 11 Uhr im Schloff« zu Stettin die Vorstände und Delrgitten aller dortigen Wohl- thiittgkeitSanstalten. Die Prinzessin Wilhelm saß dabei neben der Kaiserin. Die Vorstände und Delegtrten wurden Ihrer Majestät einzeln vorgrstellt und mit huldvollen Ansprachen beehrt. Die Kaiserin erkundigte sich nach dem Ergehen der einzelnen Anstalten und sprach ihr lebhasteS Interesse für die selben und die besten Wünsche für deren ferneres Gedeihen au». Die hohe Frau empfing gestern Mittag auch die beiden Schülerinnen, welche beim Einzuge Bouquets überreicht hatte», und beschenkte dteselben mit prachtvollen Broschen. Die Prinzen Wilhelm und Leopold begaben sich gestern Vor mittag nach der Werst de« „Vulkan", um dieselbe unter Führung der Vorsitzenden deS AussichtSratheS, KommerztenratheS Schlutow, in Augenschein zu nehmen. Die Prinzen wohnten später dem Rennen deS Pasewalker Renuverein» bet. — Das Antwort-Telegramm unseres Kaiser- an die Hauptversammlung deS Gustav-Adolf-BerrinS in Nürn berg hatte folgmdm Wortlaut: „Tief gerührt von der Hul digung, welche mir von der Hauptversammlung durch da- gestrige Telegramm in so warmen Motten dargebracht wurde, spreche ich Ihnen mit dem Wunsche, daß Ihre Verhandlungen unserer evangelischen Kirche zum Segen gereichen möge», meinen aufrichtigsten Dank dafür aus, wie nicht minder für die Fürbitte, welche Sie, meinem Herzen so wohlthuend, um die baldige volle Geneiung meines Sohnes zu Gott erheben.* Die Hauptversammlung deS Gustav-Adolf-Veretns in Nürnberg war gestern von weit über tausend Theilnehmern besucht, vr. Fabri auS Godesberg behandelte daS Thema „der Gustav- Adolf-Beretn und dte überseeische Diaspora". Hofprediger Rogge au» Potsdam berichtete über die für die große Liebes gabe vorgeschlagenen Gemeinden Elvrrtberg, Hayinge», Algringen und Ramsau in Steiermark. — Die „Nordd. Allg. Ztg." bezeichnet die Nachricht vom Tode des Geh. LegationS- ratheS v. Bülow in Stettin als völlig unbegründet. — Dte „Nattonal-Ztg." meint in Bezug auf die vielverbrettete An nahme, daß dte Regierung abermals eine Verlängerung der Etats- und der LegiSlatur-Periode zu beantragen beabsichtige, zweijährige Etat-Perioden seien gänzlich zu verwerfen und aus sichtslos; dagegen werde ein Anttag auf Verlängerung der Legislatur-Pertode deS Reichstages wohl eine national liberal « konservative Mehrheit finden. Die „National- Zeitung" befiirwortet fünfjährige Legislatur-Pertoden. — Von den verschiedensten Seiten gehen jetzt bei dem deutsche» BundeSrath Vorstellungen gegen den Entwurf der Ausführungs bestimmungen zum Branntwetnsteuergesetz ein. Neuerdings haben eine Anzahl hervorragender Breslauer und Posener Spritfabriken dargelegt, daß dieser Entwurf vielfacher Abände rung bedürfe, wenn nicht dte Produktion und der Handel gleichmäßig geschädigt werden sollen. — Gestern wählte dte in München tagende baierische Kammer der Abgeordneten mit 155 Stimmen Baron von Ow (Zentrum) zum Präsidenten, Oberamtsrichter Alwens (liberal) mit 154 Stimmen zum Vize präsidenten, LandgerichtSrath Geiger (Zentrum) mit 154 St. zum ersten und vr. Eugen Buhl (liberal) mit 152 St. zum zweiten Schriftführer. — Dte in Stuttgart versammelt« wütttembergisch« Kammer der StandeSherren genehmigte gestern daS Branntwetnsteuergesetz einstimmig, nachdem der Erbgraf Neipperg sein Bedauern darüber ausgedrückt hatte, daß damkt ein weiterer Fortschritt der Reichseinheit verwirklicht werde. — Di« L«tche de- in Gmunden verstorbenen AcsthettkerS Professor Vischer wird nach Stuttgart überführt werden. Friedrich Theodor Vischer war geboren am 3O.Junt 1807 in Ludwigs burg, ward 1837 Professor der Philosophie in Tübingen, 1848 Mitglied der deutschen Nationalversammlung, 1855 Pro fessor am Polytechnikum in Zürich, 1866 Professor der Aesthetik an der Universität zu Tübingen und am Polytechnikum zu Stuttgart. Vischer entfaltete neben seiner höchst erfolgreichen Lehrthätigkeit auch eine sehr umfangreiche schriftstellerische Thätigkeit. Nach der Beendigung der Manöver des 6. Armeekorps reiste der Kaiser von Oesterreich vorgestern von Töke« Terebes nach Dova ab. Aus diesem Anlasse war Obergespan