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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188405145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840514
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840514
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-05
- Tag 1884-05-14
-
Monat
1884-05
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.05.1884
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Erscheint täglich früh SV,Uhr. U«ü«U«» «ad LrpedMs« gohauaeSqaffe SA. HPrech-»aden der Kkdaclio»: Bormttta,« 10-1» Uhr. Rachmtttn-« 5—8 Uhr. »W»»«e her fll, »ie «»»fts,l,e«se R»»»er »eftt««ten I ns« rate «» >»che»ta,e» «« S Uhr Nach»tttan«, «« G«», »»h Kefttase« früh dt»'/»v Uhr. 2» de» Filiale« für 2ns.-Anna>i«e: Vtta Ale»«. Universtlät-straße »1. L«l»t» Lisch«, Katyaxiqmstxaße IS, P. «»r dt» '/.S Uhr. ewMer Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. MeH-Auflag» 1S,S00. AbiM»e»ent,prri» viertelt. 4'/, Md. incl. Beingerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Stummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gefalzt) ahne Postbesürderung 39 Mk. »tl Postbesürderung 48 Mk. Inserate 6aespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- vrrzeichniß. Labellartfcher a. Zifferujatz nach höherm Tarif. Lrrla»ea nntrr^em Uedartion»ftrich die Spaltzeile 50 Pf. Inserate find stet- an die Vxpeditian zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prneuumernnöo oder durch Post» uachuahme. 135. Mittwoch den 14. Mai 1884. 78. Jahrgang. . Amtlicher Theil. Velnmitlmichmir. ^ der Auffüllung einer Elsterlache, westlich der Lkaldstrag« und nördlich der Sedanstraße gelegen, werden dom 12. ds». MtS. qn. Fuhren mit Erde, Bauschult (au» Gtei«, Gand, Kalkmörtel und Erde bestehend), Sand und Kit» gegen Gchuttmarken ü KO Pfennige angenommen. Du Anfuhr geschieht von der Waldstraße und Sedan- -raße au». Leipzig, a« 8. Mai 188«. Der Rath der Stadt Leipzig. Eicho vr. Georgi. soriu». WaldgrSstrei-verpachlLllg. 2« Forstreviere Lonuewitz soll Moutag, de» IS. Mat er. di« diesjährige GraSnutzuug unter den im Termine »och näher bekannt zu gebenden Bedingungen und gegen sofortige verahlung de» Gebote» nach dem Zuschläge Parzellen- weise meistbietend verpachtet werden. 8»sa««eakunst: L vormittag» 9 Uhr am Streitteiche bei Tonuewitz, II. vormittag» 11 Uhr au der weiße» Brücke aus der Louuewitzer Linie. Leipzig, am S. Mai 188». De» Slath» Forst. Deputation. Veklmitmichmlz. Die Herstellung vou Erdarbeiten in den Straße» an dem Platz« L de» nördlichen Bebauungspläne» und auf dem Platz« selbst soll an einen Unternehmer tn Accord verdungen werden. Die Bedingungen für diese Arbeiten liegen in unserer Nestau-Verwaltung, Rathhau«, Zimmer Nr. 14. au» und klimm» daselbst eingeschen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Erdarbeite» a«f de», Elatz« L!" versah« ebendaselbst und zwar di» zum IS. lausende» Monat» Nachmittag» 5 Uhr rinzureichen. Leipzig, de» 1». Mai 188«. De» Math» der Stadt Leipzig Straße»ba»>Dep»tatto». Vekanntmachung. Nach ß. 7 de» Gesetze- über die Ausübung der Fischerei in fließenden Gewässern vom 15. Oktober 1868 muß Jeder, welcher dre Fischerei ausübeu will, ohne an der Stelle, wo «r die» vorzunehmen beabsichtigt, entweder als Fischerei» berechtigter, oder als Pächter, oder al« angrstellter Fischer i»r Ausübung der Fischerei befugt zu sein, mit einer von der Polizeibehörde beglaubigten Aischkartr versehe» sei». Der Betreffend« hat diese Karte bei Aus übung der Fischerei stet» mit sich zu führen und darf dieselbe tiner anderen Person ,u gleichem Behuf« nicht überlasten. Zuwiderhandlungen werden mit Geld bi» zu 15 oder ent sprechender Hast bestraft. Die von der hiesigen Fischer - Innung für di« fließenden Vaster in der Stadt und in der Umgegend, soweit derselben da» Fischrecht darin zustrht, ausgestellte», aber nur zum Angeln und unter Ausschluß de« Gebrauch« vou Hechthaken berechtigenden, für da« lausende Jahr giltigea Fischkarten werden in unserem Paß-Barea« an, -caschaearfte Nu. I, I., gegen Erlegung von Fünf Mark au«gegeben. Leipzig, am 12. Mai 1884. Da» Poltzeiaaet der Stadt Letpztg. Bretschneider. Daeg»er, "" Vrkmmimch»«. In Folge anderweiter Festsetzung der Dienststuuden an den Ganotage, »ud gesetzlichen Feiertagen sind die Postaustolte« in Leipzig für den Verkehr mit dem Publicum an diese« Tagen nnr »o» 7 (bez. ü» Dimer von 8) bi» 9 Uhr und von 5 bt< 7 Uhr Nachmittag» geöffnet. Uebereinstimmend mit den Postdieuststnnden aade» bei den Postämtern 2—8 und 11 auch die Dienststuade» für den Telegraphenverkehr abgehalteu. Do» Haupt-Telegraphenamt im Pestgebäude a« Suaustu-platz« ist auch an Sonn- und Feiertagen nnmurrtzrochen am Tage «nd wahrend der Rächt für de» Verkehr mit dem Pnbltcnm geSffnet. Lei de» Paftamt 1 a« Angnstnsplatze findet überdte» a» den Smmtaae« nnd gesetzlichen Fmertagr» auch in der Stund« van 11—1» Var«, eine «utaabe von Briefe» an regelmäßig« Abholer statt. Leipzig, 10. Mai lös«. Der Kaiserliche Vber-Paftdireetar. Walter. Rch. Nichtamtlicher Theil. Jur Lage in Siebenbürgen. * Di« gemäßigte Opposition im ungarische» Reichstag«, Walch« sich gegen d,r gewaltsamen Magyarifiruugs-Tendenzen des Ministerium« Ti«za kehrt, hat jetzt an dem „vudapester Tageblatt" ein neue» Organ erhalten, da» »»mal die historisch V>d gesetzlich berechtigte» Forderung«» der Eießenbürger Sachsen vertritt. Da» genannte Blatt bringt »an di« Nach tlicht, daß der Superintendent der evangelisch«« LaudeSkirche i« Siebenbürgen, vr. Tautsch, «»d Obergaspan Vreunerberg vb« »iingen Lagen in der »naarische» Hauptswdt aewesen sein,. M hart mit der ungarischen Regier»»« aewist«. zwischen »b den Viebenbürzrr Sachsen schwevend« Frage» zu ». Superintendent Tautsch. heißt «» weiter. habe D»al die Eorrectur de, zur Regelung d«, Maturität»« ßrüs. »^«rlaIeuen verordnuug zum Skit «gekung der Maturität»« » Mittelschulgesetze anae- »ug auch nnig« Erfolg« wtfilchlich« Verständigung . lafleu »nd in diese, LÜcktnua « ^ trzielt. Va« aber eine wirklich,, ttzatstzchlich« verständig der ungarische« Negier«,« «»d der sächsisch«, »Universität betreff,. erAllrt da« ..Budapest«, weiter, mit der« Herstellung di. Na« de» Lame« vrenuerbera ,» Pest i» ver stand. so sei i« dieser Beziehung gegenwärtig weniger Hoffnung vorhanden al» jemak«. Da wolle von einer Verständigung mit den Sieben« n auf Grund ihrer bisherigen Fordernd gen ab« i» wärr immerhin möglich, daß rin« neu«, nach »att wem N,7>L'n» ML!'?, weniger dem Opportunismus al» de« Rechte huldigende ungarische Regierung eine Versöhnung mit den Sachsen nicht abweiscn würde. In dieser Richtung müßten nun letztere mit den übrigen Oppositionsparteien Fühlung nehmen, die sich ohnedie- fortwährend beträchtlich verstärken und dem Ministerium TiSza schon ziemlich unbequem geworden seien. Eine Reihe überaus interessanter Hinweise aus die großen Kosten der ReichStagSwahlen in Siebenbürgen und Ungarn überhaupt finden wir gleichfalls in dem neuen Opposition»- organe. Wir batten erst unlängst an dieser Stelle Gelegen heit, in drastischer, aber durchaus zutreffender Weise die Wahlbestechungen zu schildern, welche gerade in Ungarn ganz offen, ja ostentativ betrieben werden und ohne die eine ungarische Wahlbewcgung sich gar nicht denken läßt. Ta» „Budapester Tageblatt" bringt in dieser merkwürdigen Be ziehung förmlich statistische Daten, welche ganz geeignet sind, aus da» politisch-parlamentarische Leben linaarn» die stärksten Schalten zu werscn. Selbst eine Wahl, die „gar nicht»" kosten soll, heißt er da, kommt, sobald sich zwei Candidaten um dieselbe bewerben, auf mindestens 6000 Gulden zu stehen. Theuerere Wahlbezirke seien nicht unter 10,000 Gulden zu haben; diese Summe steige dann bi» aus 20—30,000 Gulden, ja c» habe sogar Fälle gegeben, daß ein durchgefallener Candidat seine Niederlage mit 80,000 Gulden bezahlen mußte. Im Durchschnitt könne deshalb jede» Mandat, gering gerechnet, aus 10,000 Gulden veranschlagt werden, wa» bei den 4l3 Mandaten de« ungarischen Reichstage» eine Ge- sammtsumme von 4,l00,000 Gnlden ergirbt; danach kommt der einzelne Wähler, deren Gesammtzahl mit 800,000 angenommen werden kann, den Candidaten aus 5 Gulden zu stehen. Da nun seit dem Jahre 1860, sammt der im Zuge begriffenen Wahl, neun Reich-tag-wahlen stattaefundcn haben, so haben die Ausübung de» wichtigsten verfassung-rechte» dem Lande nur seit jenem Zeitpunkte die kolossale Summe von rund 36 Millionen Gulden gekostet! — Und da wundert man ich noch und zerbricht sich di« Kopie über deo wirth- chastlichen verfall der ungarischen Nation und die bei- piellose Unordnung, welche in den Staat»« und Privat- eaffen herrscht. Wer aber Ungarn und die dortigen durch die Herrschaft de» Magyari»muS großgezogenen wahr haft asiatischen Verhältnisse nur einigermaßen kennt, der wird unschwer begreife», daß ein« Besserung, zumal de» widerlichen Kreb-scvadcn» der Wahlbestechungen, gar nicht zu erwarten ist. Diese Zustände, welche i» jedem anderen europäischen Staate unmöglich wären, haben sich in Ungarn im Laufe der Jahrhunderte förmlich eingelcbt, ja, sie werden dort sogar al» ein Specisicum der magyarischen „Freiheit" betrachtet und gepriesen. Auch die Rumänen Siebenbürgen» rüsten sich gegen da» Cabinct TiSza ganz energisch zum parlamentarischen Kampfe. So hat vor einigen Tagen in Karlsburg eine sehr zahlreiche rumänische Wählerversammlung stattacsunden. m welcher die gegenwärtigen Regicrung-leute in Pest wenig angenehme Dinge zu hören bekamen. In jener Versammlung wurde der alte Rumänensührer Axentin Severu, der schon im Jahre 1848 an der Spitze der rumänischen Frcischaaren gegen die Magyaren gestanden und diesen wiccerholt blutige Niederlagen beigebracht hatte, mit großem Jubel empfangen. Severu erklärte, er - würde sich die-mal gerne wählen lasten, um den Herren in Pest nachdrücklich zu beweisen, daß ihr ganze» politische» System in Siebenbürgen nicht» tauge, ja geradezu gefährlich sei. Siebenbürgen muffe vollständig autonomistisch-national organisirt werden, damit auch die Rumänen und Sachsen zu ihren zweifellosen Rechten gelangen können. So lange die» nicht geschehe, werben Rumänen und Sachsen stet» gegen die Dergewalliguug seiten« der ungarischen Regierung protestiren. Die Rede Severu'» Wurde mit großem Beifalle auch von zahlreichen in der Ver sammlung anwesend gewesenen Sachsen ausgenommen, die überhaupt zu de« Rumänen in freundlichem Verhältnisse stehen. Leipzig, 14. Mai 1884. * Der Alp der drohenden Auflösung ist jetzt nach endgiltiger Annahme de» Soeialistengesetzc» vom Rcich»tag genommen, und die noch rückständigen Geschäfte werden nun mehr in Ruhe abgewickelt werden können. Zunächst wird e» die Ergänzung des Socialistenaesetze», di« Sprengstoffvorlag« sein, welch« den Reichstag beschäftigen wird, um nach der ersten Lesung voraussichtlich in eine Commission verwiesen zu werden. Im klebrigen liegt außer dem Material von An trägen au« dem Haus« vorläufig nicht» mehr von großer Bedeutung vor. Die Unfallversicherung-Vorlage ist für die Behandlung im Plenum noch lange nicht reis; ebenso wenig die PenstonSgesetze. Man wird daher erwarten dürfen, daß demnächst in den Plenarsitzungen wieder eine längere Unter- brechung eintritt. An die Unsallvorlage wird da» Plenum vor Psingsten keinesiall« herantreten können. Wenn der Reichsrag wird geschloffen werden können, entzieht sich noch jeder Berechnung. * Die „Natioualliberale Correspondenz" schreibt zur Partei läge: „Ein erbaulichere» Schauspiel de- hellsten Zwiespalte« in einer hochwichtigen Principiensrage >st nie gegeben worden, al» e» soeben da» Ceatrum und die deutsch-freisinnige Partei bei ver Entscheidung über da» Soeialistengesetz ausführten. Welcher Hohn pflegte sich sonst zu erheben, wenn einmal die Nationailiberale» zwiespältig stimmten! Wie lebhaft wurde einst über deu Mangel an Einheit geklagt, al» diese Partei gesprengt werden mußte! Welch« Mühe giebt man sich noch heute, in deren Reihen verschiedene Strömungen zu entdecken! Und jetzt bei der ersten entscheidende» praktischen Probe auf den ersten und fundamentalsten Satz de« Programm» geht durch di« deutsch-freisinnige Partei ein klaffender Riß und wir werden noch dazu belehrt, eben dir» Au-einanderfallen zeige, daß sie Zeug zu einer wirklichen großen Partei habe und nicht n»r zu einer kleinen Fraktion! Demnächst wird der kirchen politische Antrag Windthorst zur Verhandlung kommen, da wird wieder auf einem anderen Gebiete der gänzliche Mangel an Uebrreinstimmung zu Tag« treten. Und da» Erntrum? Wie pflegte e» sonst mit seiner durck Ge schlossenheit und Einigkeit ausschlaggebenden Stellung zu prahlanl E» ist freilich ein in den letzten Jahren regelmäßig DNdvodene» Schauspiel, die Partei bei allen außerhalb de» Nrchenpvlitifchrn Gebiet» liegenden wichtigen Fragen au»« «inandrrfallen, den aristokratisch-rcactionairen gegen den demo kratischen Flügel stimmen zu sehen. Aber «I» so klägliche« Schauspiel der Seldstvernichtung hat diese Partei doch noch nicht gegeben wie jetzt, wo sie in fast gleiche Hälften zerfiel und genau die Wirkung erzielte, al» ob sic überhaupt nicht vorhanden wäre. Herr Windthorst verdankt seine mächtige parlamentarische Stellung dem noch immer nicht ganz zer störten Phantom, daß er an der Spitze der größten geschlossenen Partei von mehr al» hundert Mitgliedern stehe. In Wahr heit steht er an der Spitze einer Partei, die sich in säst allen nichtkirchlichen Fragen selbst nullisicirt. Die Abstimmung Uber da» Soeialistengesetz wird dazu beitragen, daß die politische Bedeutung und Macht de» CentrumSführerS künftig gerechter beurtheilt wird. Gespannt aber sind wir. ob au» den beiden genannten Parteien noch Jemand fernerhin den Muth haben wird, nach Keimen de» Zwiespalt» bei den Nationallibcralen zu forschen." * Tie Aetiengesetzcommission de» Reichstag» hielt am Montag vormittag wieder Sitzung. E» zeigt sich beim Fortgang der Bcrathungcn immer mehr, daß die Con- servativen und da» Centrum, welche die Mehrbeit in der Commission haben, geschlossen für die Regierungsvorlage ein- treten und alle sachlichen Abänderungsvorschläge, welche von Seiten der liberalen Mitglieder gemacht werden, ablehnen. ES ist sehr bedauerlich, daß dadurch auch dieser Gesetzentwurf, welcher mit politischen Parteibestrebungcn an sich gar nichts zu thun hat. zur Parteisache gemachl wird. BemerkenSwerth erscheint auch die Hast, mit der da- Gesetz offenbar durch die Commission gejagt werden soll. Man scheint zu bofse», die CoilimissionSberathnngcn so rasch beendigen zu können, daß noch cine Erledigung deS Gesetze- im Plenum möglich erscheint, da im gegenwärtigen Reichstage die verbündeten Conservativen und Klerikalen eine Mehrheit für dasselbe würden bilden können, während aus eine gleiche Mehrheit im nächsten Reichstage nicht mit Sicherheit gerechnet werden kann. Ob diese Speculation einschlägt, wird wesentlich davon abhänaen, ob im Hochsommer noch rin beschlußfähiger Reichstag zu haben sein wird, der geneigt wäre, nach Erledigung de» Unfallvcrsicheruiiglgesetze» nocb in die langwierige und für die große Mehrzahl der Mitglieder uninteressante Verhand lung über va» Actieugrsetz einzutrrten. Wahrscheinlich er- scheiut diese Annahme auch dann nicht, wen» es ver Regierung und der CommissionSmehrheit gelingen sollte, die Commission»- berathungen noch bi» Pfingsten zu beendigen. Die Berathung begann am Mon tag mit Art 2l 3 », welcher von der Haftpflicht der Gründer haudelt. Der Artikel wurde nach Ablehnung eine» vom Abg. Meyer-Halle gestellten Antrag», welcher die Beweis last ander» zu regeln und unter Umständen die solidarische Verantwortlichkeit ausschließen will, angenommen. Art. 2l3d betrifft di« Haftung der Emission-Häuser. Auch hierbei wurde ein vom Abg. Beisert gestellter Antrag, welcher die I Haftung auf ckolu, und culp» 1»t» beschränken will, abge- lchnt und nur ein Antrag de» Abg. BUsing angenommen, wonach ausdrücklich in den Artikel ausgenommen wird, daß die BewciSlast den Kläger trifft, also den in Anspruch genommenen EinissionShäusern nicht der ErculpationSbewei« obliegt, lieber den Art. 2>3o, welcher von der Haftung de» Vorstände» und AussichlSralhe» für die Prüfung de» Gründung-Hergänge» handelt, entspann sich eine längere Debatte. Aba. Büsing beantragte, den Artikel ganz zu streichen, um den (Gegenstand in zweiter Lesung in Verbindung mit Art. 209 k anders zu regeln, und führte zur Begründung au«, daß die zu Art. 209k gefaßten Beschlüsse im Zusammenhänge mit Art. 2l3c keinerlei Gewähr für eine ordentliche Prüfung de» Gründung»- hergang» böten, daß sie mit größter Leichtigkeit umgangen werden könnten nnd daß die Prüfung nur dann einen wirk lichen Erfolg verspreche, wenn man den Vorstand der neuen Gesellschaft, welcher mit der Gründung derselben an sich gar nicbt» zu thun habe, von der Prüsung-psticht befreie und dem AujsichtSrathe in jedem Falle die Verpflichtung auserlege, für eine Prüfung de- GründungShergana» durch zuverlässige Per sonen Sorge zu tragen. E» sei durchau« unbillig, Mitgliedern de» Vorstände» und AufsichtSrathe». die häufig gar keine Gc- schäst-leute» sondern Techniker und Specialisten seien, nicht blo» ein« eigene Prüfung de» GründungShergang», sondern bei dieser Prüfung auch noch di« Sorgfalt eine» ordentlichen G«schäst»manne», also eine kaufmännische Sorgfalt, zur Pflicht zu machen. Bei Beginn der Plenarsitzung wurde, entgegen dem versuche de» Vorsitzenden, den Schluß der TiScussion zu proclamiren und die Abstimmung vorzunrhmen, die weitere Berathung de» Artikel» vertagt. * Di« socialdemokratischen ReichStag-abgeord« »eten, unterstützt von dem Aog. Köhl von der BolkS- partei und dem ehemal» fortschrittlichen Abg. Lcnzmann. haben ihren angekündigten Antrag aus unverzügliche Vor legung eine» Gesetzentwurf» «ingehracht. durch welchen da« in der ReichStagSsitzuna vom 9. Mai dom Reichskanzler pro- clamirte Recht aus Arbeit zur Verwirklichung gelangen soll. E» ist von Interesse, nach dem stenographischen Wort laut die bezüglichen aussehenerregenden Bemerkungen de- Reichskanzlers sich zu vergegenwärtigen. Sie lauteten: „Gebe« Sie dem Arbeiter da- Recht aus Arbeit, so lange er gesund ist: geben Sie ihn, Arbeit, so lange er gesund ist: sichern kl« ihm Pfleg«, wenn er krank ist; sichern Sie ihm Versorgung, weun er alt ist, — wenn Sie da« thun und dl« Opfer nicht scheuen »nd nicht über Staat-sociali-mu- schreien, sobald jemand da- Dort „Altersversorgung" au«spricht. wenn der Staat etwa» mehr christliche Fürsorge für den Arbeiter zeigt, dann glaube ich. dak die Herren vom Vqd-ner Programm ihre Lockpseise vergeben- dlase« »erden, daß der Zulans zu ihnen sich sehr vermindern wird, sobald die Arbeiter sehe», daß es den Regierungen und den gesetz gebende» Körperschaften mit der Sorge für ihr Wohl ernst ist," und dann etwa» einschränkend: „Ich erkenne rin Recht aus Arbeit un- bedingt an and stehe dafür em. so lauge ich aus diesem Platze lein werde. Ich bestud« mich dabel nicht aus dem Boden de- Sociali-mo-, der erst mit dem Ministerium Bismarck seinen Anfang genommen haben soll» sondern aus dem Boden de» preußischen Landrechte«. Ist aicht da» Recht aus Arbeit zur Zeit der Publikation de» Land- recht» offen prorlomirt? Ist r» nicht in unseren ganzen sittlichen Verhältnissen begründet, da» der Mann, der vor seine Mitbürger tritt uad sagt: ich bin gesund, arbeit-lustig, find« aber keine Arbeit — berechtigt ist, zu sag«»: Gebt mir Arbeit! und daß der Staat verpflichtet ist. ihm Arbeit zu -eben!? Der Herr Vorredner hat gesagt, der Staat würde grob« Unternehmungen machen müssen. Ja, da- hat er schon arthan ln Zeiten der Noih. wie 1848, wo in Folge de- damaligen Urberschäumen» der sartschrlttlichen Bewegung die »rbeit-laflgkeit «nd der Geldmangel groß waren. Weun ihn- lich« Rothständ« einte,trn. so glaub« ich, ist der Staat auch noch heute verpfl'chlet, and der Staat hat so weitreichende Ausgaben, da» er dieser seiner Verpflichtung, arbeitslose» vürgrru. die Arbeit nicht finden können, solche zu verfassen, wohl Nachkomme, kan«. Er läßt Ausgaben ou«sühren, die sonst au- finanziellen Bedenklichkeiten vielleicht nicht au-gesuhrt werden würden; ich will sagen, groß: Lanolbavtea oder wa» dem analog ist. S- giebt ja eiue Menge außerordentlich nützlicher Einrichtungen anderer An." * Tie »Rheinisch-Wcstphälische Post" veröffentlicht folgende Erklärung: Ja der am Freitag, den S. ds»., in Düsseldorf statjgehobten Sitzung de- Vorstände- de- Verein- der Eoaservativen der Rheinprovinz, in welcher die Herren Freiherr v. Plettenberg- Mehrum (Vorsitzender), Pastor Müller-Barme» «nd H. v. RoguL- Barmen (stellvertretende Vorsitzende), vr. jur. C. Feriü-Barmeii (Schrijlsührer), Freih. v. Diergardt-Mor-broich, Direktor Engelbert- DuiSburg, Hauptlehrer Kremcr-Rhrydt, H. Melchior-Barmen, Divi- sionSpsarrer Or. Rocholl-Köln, R. Schumacher-Wermelskirchen, A. Vowinkel-Düsseldors und Conimerzienrath R. Weyermann-Leichlingen anwesend waren, wurde einstimmig beschlossen, die nachstehende Erklärung zu veröffentlichen: „Die Conservativen der Rhetnproviuz, tiefdnrchtwungen von der Wichtigkeit, welche die zur Entscheidung stehenden Fragen der Gesetzgebung sür die Zukunst de- engeren und weiteren Vater landes besitzen, erblicken ihre vornchmlichste Aufgabe darin, dem Fürsten Reich-kanzlcr behufs Durchführung seiner Reform pläne ihre Unterstützung voll und ganz zu leihen. Zur Erreichung diese- Zieles halten sie e« in Anbetracht der gegen- wärtigea Parleiconstellation sür angezeigt, rin Zusammengehen mit den für das Heidelberger Programm rintreckeuden Nationalliberalen bei den bevorstehenden Wahlen aa- zu bahnen, wo ein solches nach den Verhältnissen der einzelnen Bezirke geboten und möglich erscheint. Die augenblickliche Situation erfordert diese Stellungnahme um so mehr mit zwingender Roth- wendigkeit, al- die Eouservativeu der Rheinprovinz durch ihre Taktik lediglich zur Verwirklichung ihre« unter der Devise „Mit Gott sür Kaiser »ud Reich" aus dem erste» Parteitage am 16. August 1882 augcuommenea Programm« beittagen werde», in welchem „die Förderung der durch die kaiserlich« Bot schaft vom 17. November 1881 ln ihren Zielt» dargeleaten Reformpolitik" ausdrücklich proclamirt ist." , * Ei» Koustantinopeler Telegramm brachte die Nach richt von dem Tode Midhat Pascha». Mit dieser Per sönlichkeit scheidet einer der bekanntesten modernen türkischen Staatsmänner au» dem Leben. Midhat Pasckm (geb. 1824) spielte seiner Zeit eine hochbedeutsame Rolle in den iaaerrn Angelegenheiten der Türkei. Er galt für da» Haupt dar so genannten Jungtürkrn «nd außerdem sür den ganz besonderen Frrund England», namenttich in der Zeit, al» Lord Beaco»»- sield die Orientpolitik feine» Lande» jettete. Al- talentvoller Politiker und Anhänger einer gründlichen Reform de» otto- manischen StaatSwesen» entging auch Midhat dem Schicksal nicht, wegen angeblicher hochverräterischer Umtriebe denuncirt, processirt, verurtheilt und deportirt zu werden. Damit war seine Laufbahn vorläufig abgeschlossen. Da« nunmehrige Hinscheiden de« Manne« macht sein provisorische» Verschwinden von der politischen Bühne zu einem definitiven. * Die belgische Deputirtenkammer hat, wie schon kurz erwähnt, den Antrag, eine Enquete Uber da» vermögen der tobten Hand zu veranstalten, abgelehnt. Der Antrag ging zwar nicht vom Ministerium au», allein der Minister präsident selbst hatte da» Wort zu seinen Gunsten ergriffen und eine Untersuchung darüber für nothwendig erklärt, wie die kirchlichen Orden in den Besitz ihrer Güter gekommen sind, obgleich da» Gesetz den Besitz der tobten Hand ver- horrescirt. Der Kammerbeschluß ,st soinit eine Niederlage de» liberalen Ministerium» und um so auffallender, al» die liberale Partei über die Majorität verfügt. Sie zählt 7l Mit glieder, während die klerikale Partei bereu nur 59 hat. Len den Liberalen fehlten bei der Abstimmung 17, darunter sogar der Minister Olie» von den Klerikalen nur 3; dazu kam noch, daß 4 Liberale mit den Klerikalen stimmten, und somit wurde die sür Belgien nothwendig« Enquete mit 60 gegen 50 Stimmen verworfen. * Die italienische Regierung hat die literarische Con vention zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien ge kündigt, wie sie die» auck in Betreff der gleichen Conventionen mit anderen Staaten theil» bereit» gethan hak, Il-ril- zu tbun beabsichtigt. Da» italienische Cabinet verfolgt den Zweck, die noch au» der Epoche de« Königreiches Sardinien stammenden Conventionen mit den veränderten Gesetzgebungen Italien- und der anderen Staaten über das geistige Eigen thum in Einklang zu setzen. Die austrv-italicnische Convention wurde immer von 4 zu 4 Jahren verlängert und läuft noch 6 Monate, während welcher Zeit über den Abschluß der neuen Convention unterhandelt werden wird. * Der Pariser „GauloiS" weiß von einer angeblichen Unterredung de» französischen Ministerpräsidenten Ferry mit dem französischen Gesandten in Tanger, Ordega. zu berichte». Dem genannten, bekanntlich nicht sehr zuverlässigen Blatte zufolge hatten alle anderen Diplomaten »i Marokko, mit Ausnahme de» deutschen Gesandten, „Trinkgelder in Gestalt von Bergwerken und Landgütern" angenommen und sich in Schwindel mit den marokkanischen Ministern ein gelassen, namentlich der englische, Sir Jobn Drummond. Der eine habe Militairlicserungen, andere liefern Möbel und Weine sür den Hof. Ta Ordega nun nicht in diese Geschäfte eingetreten sei. so habe er sich den Haß Drummond'» zu- gezogen, der jüngst die falschen Nachrichten über den Abbruch de« diplomatischen Verkehrs zwischen Frankreich und Marokko habe verbreiten lassen. * Da» Ministerium Jule» Ferry operirt in der aus wärtigen Politik mit entschiedenem Glücke. Tie Nachricht de» in Tientsin erfolgten Frieden-schlusses mit China verleiht dem intellectuclle» Urheber und materiellen Förderer de» Unternehmen» gegen Tonkin ein Relief, welche» dem Selbstgefühle der ganzen französischen Nation schmeicheln muß und ganz gewiß nicht danach angethan ist. dem fatalistischen Zuge, womit man sich der Führung de» Cabinete« Ferry hingab, Abbruch zu thun. Der Erfolg wirkt überall be stechend, aber nirgend» mehr al» in Frankreich. Nun Ehina in der Hauptsache nachgiebt und Frankreich» Ansprüche auf Anam und Tonkin bedingungslos anerkennt, ja sooar seine eigenen drei wichtigsten Süvprovinzen dem Händel»v«rlehr erschließt, ist die Opposition gegen da« Programm der aus wärtigen Politik Ferry'» bi- auf Weitere» lahm gelegt, und der Regierung eine Perspective eröffnet, welche >,ch in hohem Grude verlockend anläßt. Gelegenheit zum Erwerbe weiterer Lorbeeren auf diesem Gebiete ist in Hülle und Fülle vorhanden. In grellen, Üontrast zu dem flotten Geschäfts gänge der sranfösischea Aktion steht die Versumpfung her egyptiscben Frage. Au» Kairo treffen fortgesetzt mißlich lautende Depeschen in London ei», aber Mr Gladstone zögert und zögert, ohne zu einem festen Entschlüsse kommen zu können. Da» Proj«t einer Eipetition zum Entsatz Gordon »
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