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Müschen Behörden za Freiberg mb Brand UM Die Redaktion und Expedition des „Freiberger Anzeiger nnd Tageblatt" welche besonders diejenigen Eltern beherzigen sollten, die zwar in der Lage sind, die Kosten für dm höheren Unter richt ihrer Kinder zu erschwingen, die es aber nicht ver mögen, dem Sohne nach beendeten Studien auch noch außerdem ein genügendes Kapital zu gebm, von dem er in den ersten schlimmen Jahren nach der Universitätszeit noch zu leben vermag, bevor er sich eine Existenz gründet oder durch eine reiche Heirath auf dem nicht mehr unge wöhnlichen Wege zum gemachten Manne wird. Tagesschau. Freiberg, dm 29. September. Morgen am 30. d. M. begeht die deutsche Kaiserin ihren 76. Geburtstag und wird sich an diesem Tage da» ganze deutsche Bolt an die unendlichen Verdienste erinnern, welche die hohe Frau durch die verständnißvolle Förderung künstlerischer und wissenschaftlicher Bestrebungen, besonders aber durch die rege Theilnahme erwarb, welche unsere Kaiserin de« wohlthätigen Anstalten im ganzen Reiche zuwandte. Währmd der letzten Kriege wurde die hohe Gemahlin des Kaiser- Wilhelm der Mittelpunkt der zahlreichen Vereine, welche in großartiger Weise für die Verpflegung der Truppen und die pflege der Verwundeten sorgten und in den FriedenSjahrm ich rastlos für eine künftige erneute Wirksamkeit vervoll- ommneten. Gott erhalte, beschirme und segne die edle Frau auf Deutschland» Kaisrrthron! — In der deutschen Reichshauptstadt ist man der festen Ueber- zeugung, daß der Vorfall in Donon in befriedigender Weise beigelegt werden wird. Die offiziöse „Norddeutsche Allg. Ztg", welche einen vorläufigen Bericht des Oberstaats anwalts zu Kolmar über die Ergebmsie der ersten Unter suchung veröffentlicht, knüpft an denselben nur die folgende kurze Bemerkung: „Wir können uns dem allgemeinen Bedauern über die traurige Wendung, welche der Vorfall genommm hat, nur anschließen. Die gerichtliche Untersuchung geht ihren Gang und wird ergeben, ob ein Verschulden oder eine Ueber» eilung der deutschen Beamten vorliegt. Dies ist abzuwarten." Die „National-Zeitung" weist die Behauptung sranzöfischer Blätter zurück, daß die deutschen Maßnahmen die Schuld an den mißlichen Zuständen an der französischen Grenze trügen. Das Berliner Blatt schreibt: „Die seit so langen Jahren be triebene Hetze gegen Deutschland und die Deutschen hat schließ lich daS augenblicklich bestehende Berhältniß zwischen den beide» Ländern hervorgerufen, welche» sehr richtig als „Krieg in Frieden" bezeichnet worden ist. Trägt aber etwa Deutschland daran Schuld? Wird etwa in Deutschland der Revanchekrieg gepredigt, haben jemals Deutsche versucht, in Frankreich zu agitiren oder zu Hetzen, wie es seit sechszehn Jahren ohne Unterlaß in Elsaß Lothringen von den Franzosen geschieht? Deutschland hat lange Jahre Geduld geübt, bis es zu viel wurde und ein Einschreiten nothwendig erachtet worden ist. Daß die in Elsaß Lothringen in letzter Zeit ergriffenen Maß regeln für die Grenzbewohner unangenehm und lästig sind, läßt sich nicht leugnen, aber die Schuld daran tragen die jenigen, welche diese Maßregel nothwendig gemacht haben. Der traurige Vorfall vom letzten Sonnabend hat damit gar nicht» zu thun und hätte sich an jeder Grenze unter ganz normalen Verhältnissen ereignen können, aber die bei dieser Veranlassung von der Pariser Presse aufgestellte Behauptung, daß Einladung zum Abonnement. Indem wir das geehrte Publikum Freibergs, sowie der näheren und Weiterm Umgebung zum Abonnement auf unser täglich erscheinendes Organ „Ireiberger Anzeiger «nd Tageblatt" Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom-1 men und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle« I/ oder deren Raum 15 Pf. I v v * < Verantwortlicher Redakteur: Julius Brau« iu Freiberg. Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. '/«6 Uhr für den I Jahrgang. u Freitag, de» 30. September. s lichen Erwerbsleben. So sehr dieser von maßgebender Seite damit ertheilte Rath Beherzigung verdiente, würde diese Mahnung doch bei den landläufigen Ansichten über die Vornehmheit der Stände wahrscheinlich ungehört verhallen, wenn sich die finanziellen Rachtheile der Ueberfüllung der verschiedenen ge lehrten Fächer nicht bereits in gar vielen Familien peinlich fühlbar machten. Ein mäßig bemittelter Vater, der seinen ältesten Sohn der juristischen Laufbahn zugeführt hat und für den bereits dreißig Jahre alten Sohn weder die Aus sicht auf eine richterliche Stellung noch auf eine Praxis als Rechtsanwalt eröffnet sieht, dürfte es doch wohl mit Freuden begrüßen, wenn sich sein zweiter Sohn einem Be rufe zuwendet, indem derselbe weit früher erwerbsfähig werden kann. Ohne sehr bedeutende Anlagen und besonders glückliche Zufälle ist es heutzutage, besonders in größeren Städten, auch sür einen jungen Arzt außerordentlich schwer, eine einträgliche Praxis zu erlangen, so daß den Eltern die Sorge für den Sohn, der schon ein langes und kostspieliges medizinisches Studium hinter sich hat, noch keineswegs ab genommen ist. Wie ungünstig die Aussichten auf Er langung einer Anstellung im Baufach, im Forstfach rc. sind, ist hinreichend bekannt, dennoch scheint der Andrang zum Polytechnikum und zu den Forstakademieen noch immer sehr den ungünstigsten Verhältnissen Bahn und hat von dem Wettbewerb Minderbegabter nichts zu fürchten, um so schlimmer liegen aber Vie Dinge für die Letzteren, die Jahre hindurch das niederdrückende Gefühl haben, von den Eltern schwere Opfer fordern zu müssen, statt in die Lage zu kommen, die Sorgen der alternde» Eltem zu erleichtern, wie dies so manchem tüchtigen Handwerksmann noch zur rechten Zeit gelingt. Es ist eine Täuschung, daß in jedem Beruf dieselbe leidvolle Ueberfüllung vorhanden sei, vielmehr ist im Ge werbsleben für den jungen Nachwuchs noch ein bedeutender Raum vorhanden. Es ist sicher Platz genug für Alle, wenn immer nur der rechte Mann an die richtige Stelle gesetzt wird, wo er sich dem Staat und der Gesellschaft als nütz liches Glied erweisen kann. Wer bei nur mittelmäßigen Anlagen, nur durch den Willen und die irrigen Ansichten eitler Eltern gedrängt, einen höheren Bemf ergriffen hat, dem ist geringe Aussicht geboten, auf den rechten Platz zu kommen und ersprießlich zu wirken. Wie schmerzlich muß es aber für einen geistig regm Menschen sein, wenn er es selbst klar erkennt, daß er eine Stellung einnimmt, die nicht für ihn paßt oder für welche er sich nicht eignet! Wie Viele fühlen sich von dem erwählten Beruf unbefriedigt oder verkümmern geistig und körperlich in einer Stellung, die sie nur um des täglichen Brotes willen festzuhalten suchen! Solche Pein ist aber fast nur da zu finden, wo trotz der bekannten Ueberfüllung beinahe aller wissenschaftlichen Fächer und der immer mehr erhöhten Ansprüche an die geistige Reife vor der Berufswahl eine vorsichtige und strenge Prüfung der Befähigung unterblieben ist. Wie schade ist es um die vielen trefflichen Kräfte, die auf diese Weise alle Jahre dem Mittelstände verloren gehen, während sie in der schönsten Weise dazu dimen könnten, dem Handwerker stand durch ein höheres Geistesleben größeres Ansehen zu verleihen. Auch ohne diese hochgebildeten Elemente ist der deutsche Handwerkerstand auf die heutige erfreuliche Höhe gelangt durch praktischen und rechtlichen Sinn und eine sehr anerkennenswerthe Intelligenz. Wenn ihm aber künftig die für die so überfüllten wissenschaftlichen Fächer nicht verwendbaren Kräfte aus den hochgebildeten Gesellschafts klassen zuströmten, dann würde sich auch die Kluft leicht ausfüllen lassen, die noch immer zwischen den verschiedenen Pro viertes Quartal 1887 höflichst einzuladen uns erlauben, bittm wir, besonders die auswärtigen Abonnenten, die Bestellungen auf da- Blatt rechtzeitig machen zu wollen, damit eine Unterbrechung resp. verspätete Lieferung vermieden wird. — Nach wie vor werden wir bemüht sein, den Inhalt unserer Zeitung möglichst mannigfaltig, gediegen und interessant zu gestalten. Bei wichtigeren Vorkommnissen geben wir sofort Kunde durch telegraphische Depeschen. Bei den Nachrichten aus dem Königreich Sachsen sollen hauptsächlich die Ortschaften des Landgerichts- und amtshaupt- mannschaftlichen Bezirks Freiberg, sowie insbesondere die des Erzgebirges Berücksichtigung finden. Regelmäßig erscheinen auch die Schwur gerichts- und sonstigen Verhandlungen beim Landgericht Freiberg, sowie die Obst- und Gartenbauzeitung. Um auch dm unterhaltenden Theil unseres Blattes möglichst interessant und mannigfach zu gestaltm, bringt das tägliche Feuilleton nur ge diegene Novitäten anerkannt tüchtiger Schriftsteller. In der werden die Preisräthsel während des Winterhalbjahrs fortgesetzt. Der vierteljährliche Abonnementsprers beträgt 2 Mark 25 Pfg. Inserate, pro gespaltene Zeile 15 Pfennige, finden bei der großen Auflage des Blattes die weiteste und zweckentsprechendste Verbreitung. Bestellungen nehmen sämmtliche kaiserlichen Postanstalten, sowie die bekannten Ausgabestellen entgegen. Der Zudrang zu den akademischen Berufen. Die Ueberfülle de» jungen Nachwuchses in den akademi schen Berufen ist jüngst von der als Organ des deutschen Reichskanzlers geltenden „Nordd. Allg. Ztg." zum Gegen stand einer sehr ernsten Betrachtung gemacht worden. In dem betreffenden Artikel wurde darauf hingewiesen, daß der starke Zudrang zur juristischen und medizinischen Laufbahn, zum Baufach, Forstwesen u. s. w. das Bedürfnis bei Weitem übersteige. Das offiziöse Blatt folgert daraus, daß man einen jungen Mann nur dann sich einem ge lehrten Berufe zuwenden lassen sollte, wenn seine Veran lagung für denselben eine ganz zweifellose sei. Keinesfalls sei es rathsam, jeden Abiturienten, nur weil er einmal das Examen gemacht habe, ohne daß er für einen bestimmten Beruf Anlage oder Neigung verräth, auch zur Universität zu schicken. Bei der heutigen allgemeinen Ueberfüllung arbeitet sich nur noch das entschiedene Talent durch, wäh rend junge Männer, die sich nur einer Durchschnittsbildung erfreuen, sehr lange auf Anstellungen warten müssen und dabei der Unzufriedenheit verfallen. Die „Nordd. Allg. Ztg.", welcher dabei wohl russische Verhältnisse vorzu schweben scheinen, erkennt eine Gefahr für die Zukunft darin, wenn sich in Deutschland in Folge des übermäßigen Andranges zu den Universitäten ein gelehrtes Proletariat ausbilden sollte, das wegen des Gefühls des Zurückgesetzt seins unserer heutigen Gesellschaftsordnung den Krieg er klären und in Verbindung mit anderen auf den Umsturz abzielenden Elementen im Staate an dem Untergange desselben arbeiten könnte. Das Regierungsblatt empfiehlt deshalb allen Eltern dringend, genau zu prüfen, ob ihre Söhne auch wirklichen Beruf zum Studium haben, vor Allem aber die falsche Ansicht zu überwinden, daß das Studium ehrenvoller sei als eine Thätigkeit im wirthschaft- Ständen gähnt. Jetzt oder nie ist die Zeit da zu einem Aufschwung im gewerblichen Leben. Staat und Gemeinde, Reichsregierung und Reichstag unterstützen die dahin gerichteten Bestrebungen mit dankenswerthem Eifer und die Innungen und Kor porationen selbst sind rastlos thätig durch die Verbindung von Handwerk und Kunst, Gründung von Fachschulen, von Fachschriften, durch küllstlerische Vorlagen, Ausstellungen u. dergl. m. das Gewerbe zu fördern und zu veredeln. Hier ist frische Werdelust, Aussicht auf erfolgreiches freu diges Schaffen und ehrenvollen Erwerb und wenn auch hier der Kampf um's Dasein mitunter schroffe Formen an nimmt, so ist er doch lange nicht so verbitternd als das jahrelange Warten auf eine Anstellung, bei dem in an deren Kreisen mancher nicht ganz starke willensfeste Charak ter zu Grunde geht, als die Sorgen, mit welchen Viele zu kämpfen haben, deren Besoldung mcht in Verhältnissen zu groß. Ein entschiedenes Talent bricht sich wohl auch unter! den Kosten der Repräsentation steht. Es sind das Dinge, und Tageblatt. Amtsblatt für dir kmiglichtn