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Verordnungsblatt der Kreishauptmannschaft Bautzen als Konsistorialbehörde der Oberlausitz. Amtsblatt der Amtshauptmannschaften Bautzen und Löbau, des Landgerichts Bautzen und der Amtsgerichte Bautzen, Schirgiswalde, Herrnhut und Bernstadt, de- Hauptzoüamts Bautzen, ingleichen der Stadträte zu Bautzen und Bernstadt, sowie der Stadtgemeinderäte zu Schirgiswalde und Weißenberg. Organ der Handels- nud Gewerbekammer z« Zittau. Erscheinungsweise» Täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feierlage. Echristleitung und Geschäftsstelle: Bauten, Innere Lauenstrahe 4. Fernsprecher: Nr. 51. — DrahMachrich!: Amtsblatt, Bautzen. Bezugspreis» Monatlich 1 Mark. GiuzelpretS: 10 Pfennige. Anzeigenpreis: Die kaespaliene Petttzette oder deren Raum lb Pfennige, in geeigneten Fällen Ermäßigung. Schwieriger Satz entsprechend teurer Reklamen» Die Zgefpaltene Petttzeile 50 Pfennige. Mittwoch, de» 2 Miirz I9ltt, abenüs. 12^. Jahrgang. Tas Wichtigste vom Tage. König Friedrich A u g u st ist gestern, Diens tag, in Korfu eingetroffen. * Herbert Gladstone, der erste Eeneralgouverneur der südafrikanischen Union, erhielt die Würde eines V i s- count (Vizegrafen). * Der Präsident von der Republik Panama, Domingo de Obaldia, ist aestorben. Sein Nach folger wird der Vizepräsident Mendoza. * Die Präsidentenwahl in Brasilien ver läuft normal. Der Marschall da Fonseca erhielt bis her eine bedeutende Mehrheit von Stimmen gegenüber dem Gegenkandidaten Barbosa. Drei Frauenmorde wurden gestern, Diens tag, in Görlitz, in Weihenfels und in Donau wörth entdeckt. * Die Flüsse Rhein, Maas und Seine führen Hochwasser. * Wetteraussicht für Donnerstag: Heiter, nachts kälter, trocken. * Ausführliches siehe au anderer Stelle. Die Umwandlung der indirekten Steuern in direkte. In der gegen den Konservatismus gerichteten Agi tation der Sozialdemokratie wie des Links- liberalismus haben seit jeher und besonders scharf in den Tagen der Neichsfinanzreform, die Angriffe gegen die von konservativer Seite vertretenen Anschauungen über die Berechtigung und die Vorzüge der indirekten Steuern stets im Vordergründe gestanden und in den über den Wesensunterschied der direkten und indirekten Be steuerungsart nicht so unterrichteten Vevölkerungskreisen teilweise Zweifel über die Volkstümlichkeit und Mittel standsfreundlichkeit konservativer Politik hervorgerufen und die von der Sozialdemokratie programmatisch ver tretene Forderung nach Beseitigung aller indirekten Steuern zu einem bei gewissenloser Verwertung gefähr lichen Kampfesmittel gemacht, obwohl diese Forderung, die in ihrer historischen Entwicklung keineswegs als ein fach aus der sozialistischen Theorie von der gleichen Be lastung jedes einzelnen der Eesamtbeoölkerung sich er gebend, angesehen werden darf, als im höchsten Grade mittelstandsfeindlich bezeichnet werden muh. Prüft man die sehr instruktiven Zahlen der Steuerstatistik, z. B. in Preuhen aus den Jahren 1905/06, unter Nichtberück sichtigung der Steuerzuschlägc des vergangenen Jahres, die das Bild nur zugunsten der Beweisführung modifizieren könnten, so betrug danach die Zahl der physischen Per sonen 4 393 219; mit Einkommen über 3000 .ll 501 437, d. h. 1,4 v. H. der Bevölkerung oder ein Neuntel der physischen Personen. Das Gesamteinkommen betrug 9668 Millionen, das Eesamtsteuersoll 188 Millionen. Davon zahlten die Zensiten über 3000 Einkommen (gleich der Einkommensteuer) 131 Millionen. Das Gesamtein kommen dieses Neuntels betrug 4459 Millionen. Rechnet man dazu die kommunalen Zuschläge, so erhält man an direkten Kommunaleinkommensteuern über 200 Millionen: dazu die Ertragssteuer mit über 110 Millionen, die Ver mögenssteuer mit über 40 Millionen, die Erbschaftssteuer mit rund 10 Millionen, so ergibt sich eine annähernd direkte Gesamtsteuerlast des preußischen Mittelstandes von etwa 660 Millionen Mark gegen 450 Millionen vor 12 Jahren. Dagegen leisteten über 63 v. H. der preußischen Bevöl kerung gar keine direkten Steuern. Außer den direkten Steuern werden aber noch 580 Millionen Mark indirekte Steuern in Preußen, einschließlich an Reichssteuern er hoben. Nimmt man nun an, diese indirekten Steuern würden abgeschafft und sie nach dem Einkommensteuerfuß auf die Steuerpflichtigen verteilt, dann kämen auf das Mtttelstandsneuntel wieder 75 v. H. gleich 435 Millionen, d. h.: die direkte Steuerlast müßte nahezu verdoppelt werden auf rund 1023 Millionen Mark. Nun hat dieser Mittelstand aber laut Steuerstatistik ein Einkommen von Insgesamt 4'/-! Milliarden, er müßte also durchschnittlich rund ein Viertel seines Einkommens als Steuern ab liefern, bei den höheren Steuersätzen infolge des Pro- gressivsteuerfupes noch mehr. Damit würde also die Um wandlung de« indirekten Steuern in direkte die sofortige finanzielle Vernichtung der produzierenden Stände des «deutschen Volpes bedeuten. Aber damit noch nicht genug. Außer diesen zwangs weisen Beiträgen, wobei die jährlich 300 Millionen Mark der Arbeitgeber für die Arbeiterversicherung gar nicht in Rechnung gestellt werden sollen, zahlt der deutsche Mittel stand nach den Berechnungen eines Züricher Gelehrten frei willig jährlich noch etwa 200 Millionen Mark für Wohl fahrtseinrichtungen, Spenden usw. zu gunsten der von der direkten Steuer befreiten Bevölkerungsteile. Geht man nun weiter von der Annahme aus, das Neuntel der hier berücksichtigten Steuerzahler, das beinahe die Hälfte des Volkseinkommens versteuert, verzehre dementsprechend auch die Hälfte der durch Zoll und Steuer belasteten Konsum produkte, so kämen auf Preußen allein über 220 Millionen, während der Zensttenziffer nach nur etwa 48 Millionen auf den Mittelstand kommen sollten. Die erstere Zahl ist sicherlich noch zu tief gegriffen. Denn an vielen Kon sumartikeln wie Kakao, Tee, Wein, Drogen, Seidenwaren usw. dürfte der Zensit des Mittelstandes mit Familie und etwaigen dienenden Gliedern das Doppelte der ärmeren Bevölkerung verbrauchen, was sich auch bei einer Ver gleichung der verschiedenen Haushaltungsbudgets als Tat sache herausstellt. Nach einwandsfreien Berechnungen dürfte der preußische Mittelstand beinahe 200 Millionen indirekte Steuern zahlen, mit den direkten zusammen da her etwa 1080 Millionen Mark, also weit über eine Mil liarde bei einem Einkommen von — wie schon betont — 4l4 Milliarden: das macht ziemlich genau ein Viertel seines Einkommens aus. Diese ungeheure Summe bringen 12 v. H. der Steuerpflichtigen auf, mährend die preußische Be völkerung mit einem Einkommen von unter 3000 an in direkten Steuern 250 Millionen Mark und etwa 60 Millionen Mark direkte Staatssteuern mit 150 v. E. Kom munalzuschlag, im ganzen etwa 190 Millionen direkte Steuern aufbringt, von dieser aber 62 o. H. überhaupt keine direkte Steuern zahlen. Die Beseitigung aller indirekten Steuern und ihre Ersetzung durch direkte würde demnach mit einem völligen Steuerraube, ja einer staatlichen Konfiskation des Einkommens der einzelstaatlichen Steuer zahler gleichbedeutend sein und nicht nur den sicheren finanziellen Untergang der wirtschaftlichen und geistig führenden Klaffen des preußischen und der übrigen deutschen Staaten, sondern den Zusammenbruch Preußens und Deutschlands selbst herbeifllhren. Politische Nachrichten. Deutsches Reich. Nachklang zum parlamentarischen Abend am 26. Ja nuar. Herr Abg. Vogel, Präsident der Zweiten Kammer, berichtigt im „Vaterland", daß der parlamentarische Abend am 26. Januar nur zufällig auf diesen Tag verlegt, also nicht als Vorfeier von Kaisers Eeburts - t a g von ihm geplant worden sei. Wie früher seien die Einladungen an alle Mitglieder des Hauses ergangen. Verhandlungen darüber, ob ein Hoch ausgebracht werden solle oder nicht, hätten nicht stattgefunden und brauchten nicht stattzufinden, da Trinksprüche an parla mentarischen Abenden von alters her nie üblich gewesen. — Mit Genugtuung wird man von dieser Richtigstellung in einer Angelegenheit Akt nehmen, die auf konservativer Seite peinlich berührt hatte. Schuld an dem Mißverständ nis trug die sozialdemokratische „Leipz. Volksztg.", die geschrieben, die sozialdemokratische Fraktion hätte die Teilnahme am parlamentarischen Abend beschlossen, nach dem sich ihr Vorstand vorher bei dem Präsidenten gesichert hätte, daß keine Hochs ausgebracht würden. Verschwiegen sei freilich nicht, daß allerdings, nachdem nun einmal der parlamentarische Abend auf den Vorabend von Kaisers Geburtstag verlegt worden war und im voraus feststand, daß er sich bis nach Mitternacht ausdehnen würde, viele nationale Abgeordnete bestimmt und mit Ungeduld ein Kaiserhoch erwartet haben. Ueber zweierlei Recht beklagt hatten sich die sächsischen Freisinnigen, weil der Präsident der E r st e n Kammer zwar den Konservativen sogar denSitzungs- saal der Zweiten Kammer bewilligt, den liberalen Par teien aber den Erfrischungsraum des Ständehauses zu einer Parteisitzung verweigert habe. Es wird jetzt vom Kammer präsidium offizell verlautbart, daß aber weder der Sitz ungssaal noch der Erfrischungsraum jemals irgend welcher Partei zur Verfügung gestellt worden ist. Das Verhalten des Präsidenten der Ersten Kammer entspricht also der bis herigen Gepflogenheit und von zweierlei Recht kann keine Rede sein. Nur in ihren Fraktions zimmern haben Konservative und Liberale früher Aus- schußsitzungen abgehalten, aber auch das ist seit Beginn dieses Landtages aufgehoben. Die angebliche Photographie des erweiterten konservativen Landesvorstandes, der sich auf den Plätzen im Sitzungssaale der Zweiten Kammer breit gemacht habe, existiert nur in der blühenden Phan tasie sozialdemokratischer Reporter. Eine Verständigung über die Schissahrtsabgaben? Der „Lokalanz." in Berlin erfährt zur Frage der Schifs- fahrtsabgaben von gutunterrichtctcr Seite, daß dieV er handln n gen derBun des st aaten auf dem besten Wege zur Verständigung sind. Trotz der starken Abwei chung, die besonders zwischen Preußen einerseits und Sachsen und Baden andererseits in die Erscheinung trat, dürfte eine Einigung auf folgender Basis zustande kommen: Der anfangs in Erwägung gezogene Zwangsbeitritt zu den Zweckverbändcn wird durch einen selbständigen, von der Mitwirkung des Bundesrates vollständig losgelösten Zweckverband der Uferstaaten ersetzt. Die Frage der Stromunterhaltungskosten, die teilweise aus den Kaffen für die Schiffahrtsabgaben bestritten werden sollen, ist noch nicht vollständig erledigt, wird aber eine einmütige Ant wort in kurzem finden. Das größte Hindernis stellt die Tariffeststellung dar. Hier hat Preußen, obwohl es in der Abstimmung durch seine Uebermacht leicht seine Wünsche hätte durchdrücken können, ein Opfer für die Versöhnung gebracht, indem es dem Staffeltarif grundsätzlich seine Zu stimmung erteilte. Durch diesen Tarif kommen die Binnen staaten mit billigeren Sätzen fort, obwohl die Strombau- und Unterhaltungskosten für diese Flußteile nicht geringer sind als für die unteren Gebiete. — Hiernach scheint Preußen seine Forderungen allerdings um ein bedeutendes zurückgeschraubt zu haben. Daß dieses Nachlassen der preußischen Wünsche allein allerdings die Regierungen von Sachsen, Baden, Hessen und Reuß veranlassen wird, nunmehr begeistert den Schiffahris- abgaben zuzustimmen, darf selbst Preußen nicht erwarten. Auch ist mit diesen Zugeständnissen, selbst wenn die genann ten Staaten sich schließlich dem Zwange fügen sollten, die Frage ja noch nicht erledigt. Es ist noch die Zustimmung Oesterreichs und Hollands nötig. Und die zu erlangen, wird auch nicht gerade leicht sein. Der nationalliberale Landesoercin für das Königreich Sachsen hält am nächsten Sonntag in Chemnitz seine diesjährige Hauptversammlung ab. Früh 1411 Uhr tagt der Landesvorstand: die öffentliche Hauptversamm lung findet vormittags '/-12 Uhr im großen Saale des Kaufmännischen Pereinshauses, Moritzstraße 1, statt. Nach Erstattung des Jahresberichtes wird der bekannte natio nalliberale Führer, der Reichstagsabgeordnete und würt- tembergische Landtagsabgeordnete Professor vr. Hieber über „PolitischeTagesfrage n" sprechen. Für die Anhänger der anderen bürgerlichen Parteien sind die Tri bünen reserviert. Sonntag nachmittags U3 Uhr findet im Börsensaale der „Linde", Neustädter Markt 18, die Sitzung des Landesausschuffes statt, zu der nur die von den Partei organisationen gewählten Mitglieder, die sächsischen Ab geordneten und die Obmänner der Neichstagswahlkreise Zutritt haben. In dieser Sitzung wird u. a. der Landtags abgeordnete Seminardirektor vr. Seyfert einen Bericht über die Arbeiten des Landtages erstatten. Der Sächsische Landesverband für staatliche Pensions versicherung der Privatangestellten veranstaltet bekanntlich am Sonntag, den 6. März 1910, vormittags 11 Uhr im großen Saale des „Tivoli" zu Dresden einen Allgemei nen Sächsischen Privatbeamtentag als Protest kundgebung gegen die jetzige Stellungnahme der Reichs regierung zur staatlichen Pensions- und Hinterbliebenen- Versicherung der Privatangestellten. Redner sind die Herren: Landgerichtsdirektor vr. Heinze, Reichstags abgeordneter für Dresden-A., I. Reif-Leipzig, Vorsitzender des Hauptausschusses für staatliche Pensionsversicherung der Privatbeamten im Deutschen Reiche, vr. Thissen, Direktor des Vereins für Handlungs-Kommis von 1858 in Ham burg, Eauvorsteher Wege-Leipzig vom Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband, Werkmeister Karl Biebrach- Dresden, ferner Frl. Andres-Dresden und Frau I. Waescher-Kassel: außerdem werden noch Vertreter von technischen und anderen dem Landesverband angeschlossenen Berufsverbänden zum Wort kommen. * * * Der neue Reichstagspräfident. In der gestrigen Sitzung des Reichstags wurde der Abgeordnete für den ersten Stettiner Wahlkreis Graf Schwerin-Löwitz (Kons.) durch Akklamation zum Präsidenten gewählt. Graf Schwerin-Löwitz nahm die Wahl an. Die „Alldeutschen Blätter" für den Reichskanzler. Das Organ des Alldeutschen Verbandes schreibt: „Auch jetzt wieder geht der Ruf von der Reichsverdrossen heit durchs Land, und selbst hervorragende Volksvertreter