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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 21.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140221014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914022101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914022101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-21
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe kür Leipüa u»0 Vorort» Sur» unfrr« rrSa«» V»IUAVs?» . u»» SprSitrur« rmaltägU» tu, Hou» g»bra»tr »»»atlich l.iS M., vlrrtrllährUch ,.7S M. Sei S»r »»schüftost.U», unser» -Uialeu u»S Nu»-ab«si«U»n adgrkolt: monatlich IM., vlrrtetjährUch Z M. Lnrch dl« p»str lnarrhald vrutschlanS» und S«r ürutfchru Kolonir» »ouatUch t^o M., »t»rt»l>ShrNch ».so M., aooschlirhUch postbrsteUgrlö. do» L»i»ziU»r<agediatr »rschrlnt wrcNag« rmal. Sonn» u. Zrirrtagotmal- 2« Letpzl«, -rn Uochdarortrn unS Sr» Grien mit riara«» Zlllolrn wird öi« pb«»-au«gadr »och am hdenS Seo <rsch»in«n» in» Hau» grlirsert. 0»rli»«r «»Saktion: 2» Sr» Zelte» >7, Z«rn>pr,»,ünschluft: Moabit Nr.447. Nr. S4. /fintsblaü des Rates urrd des potrreüunLes der Stadt Lrrpzur NrSaktioa uuS SeschLstostell«: 1»ha»»t»,ag» Ur.». o Zrrafprrch-Aaschluy Ur. >4S4i, 14S4Z uoü 14444. Sonnavrnü, Sen 21. Februar. 10S. Jahrgang 1S14 kür Znsrrat« au, L»ip,i» ua» Um-ebun« «» /LNAeigenprei^e. ,fpaiüg»p,tn„n.ezp,.,»>,n»klom»'.n«,m., von au»w«trt» ro Pf., Neklameo i.rs m., lllrin» n»)«>-«» Sl»p»tttrril« nur 2vpf.d.wt«S«rb»l.kab.,I»s»rote vonSrhSkSra im amNIchrniril S>» Petit- z»u» SS Pf. SrschSftsaurrigrn mit playoorschrift in Preis» erhöht. Nabatt »ach Lartf. Veilag«»: S»lamtaufI.SM.Sa»rause»S au,schl.p»sts»dühr. M»z»igrn-U»»ahm»: Johonaiogalfe», d»t sämtliche» kiliairn Se« Leipziger LagedtaU«, »öS alle» fl»»»»««»-4»prSiti»a»u »es 2»- »»S ituri-nSe». «»schaft.steU» für Veriin u.Sie pr. Vraaöenburg: dirrktio» Walter ZUegei, Sertla w IS. Margorethenstrahe ». Zerasprech^Hnlchluh: Lünow »S7> Vas lvicfftigstr. * Die Weltausstellung für Buch» gewerbe und Graphit Leipzig 1914 wird am 8. Mai vormittags i/s12 Uhr durch den König von Sachsen eröffnet werden. Der König nimmt hieraus an einem Frühstück und einem Rundgang durch die Ausstellung teil. * Der Reichstag beendete am Freitag oie allgemeine Aussprache über den Marine etat und trat in die Lpezialberatung ein. (S. Art. und Ber.) * In Baden-Bade n sand am Freitag die Beisetzung der Prinzessin Aril Helm von Baden statt. (S. bes. Art.) * Bei einer furchtbaren Explosion in Ar de er bei Glasgow wurden sieben Per sonen getötet und eine Anzahl verletzt. (S. Nachr. v. Tage.) * Kardinal Dr. .Kopp ist in Troppau plötz lich erkrankt. Bei der gestrigen R e i ch s t a g s fti ch - wähl in Jerichow erhielt Rittergutsbesitzer Schiele-Schollene c.Kons.) 1.6 625, Expedient Haupt-Magdeburg (Soz.) 15 259 Stimmen. (S. Letzte Dep.) Im Kampfe für öie Sittlichkeit. L Berlin, 19. Februar. Es soll in deutschen Landen etwas für die Sittlichkeit getan werden. Daß solchem Unter fangen es an Anlaß fehlte, wird kein sorgender Beobachter unseres Volkslebens behaupten dür fen. Freilich liegt das Uebel kaum da, wo in den letzten Tagen im Reichstage wie im preu ßischen Abgeordnetenhause unterschiedliche es ge sucht haben. Am allerwenigsten kann inan, wie der neuerdings mehrfach erwähnte Herr von Kardoff, den Beweis für die Verderbtheit Berlins schon in einer Handvoll unsauberer Postkarten sehen. Der Artikel gedeiht aller orten. Man muß doch ein wenig tiefer schürfen und muß dabei auch zu unterscheiden wissen. Nicht alles, was wir selber vom Standpunkt unseres verfeinerten Geschmacks, unserer gereif ten persönlichen Kultur als unzüchtig empfin den, braucht es das schon für andere zu fein. Alle Dinge hier unter dem wechselnden Mond sind wandelbar: auch die Sittlichteitsbegrifse sind's. Es gibt — zumal in zurückgebliebenen ländlichen Bezirken — eine naive Verderbtheit, die sich selber für das schlechthin Natürliche hält. Und cs gibt, den jedem Nationalökonomen be kannten „Bedürsnisverschiebungcn" verelich- bar, Verschiebungen auch in unseren mora lischen Ansckmuungen. Weniger umständlich aus gedrückt: mit der Zunahme der erwerbenden Frauen haben in manchen Schichten die An forderungen, die man an die in die Ehe tre tenden stellt, abgenommen. Es steht nicht mehr ganz so wie zu Meister Antons Zeiten, daß ' über gewisse Dinge „kein Mann hinwegkommt." Es kommen sehr viele über sie hinweg. Aber auch, wenn inan sich vor Verallge meinerungen und falscher Prüderie hütet und an sich durchaus dazu neigt, das Weltgetricbe mit Augen, die begreifen und verzeihen wollen, anzusehen, wird man doch sagen müssen: unser Volk ist sittlich gefährdet. Wenigstens unser Großstadtvolk ist's. Wir hören ja neuerdings von allerlei verstiegenen Leuten, daß wir bei den Schuljungen in die Lehre gehen müßten, um uns mit den großen Problemen des Da seins abzufinden. Von solchem Standpunkt mag es vielleicht in der Ordnung sein, daß, wie das leider in Berlin der Fall ist, nahezu jeder vierzehnjährige Laufjunge seine „Braut" hat, mit der er Sonntags auf den Tanz geht; daß Abend für Abend ArbcitSburschen und Lehrmäd chen, die doch wieder früh heraus müssen, sich bis Mitternacht zwischen den Greueln der so genannten Rummelplätze herumheyen. Wer alt- modisckier empfindet, den jammert des Volks. Der sicht mit Entsetzen, wie hier ein Geschlecht heranwächst, dem der Begriff der Ehrfurcht fremd wurde; das, in allen Lüsten früh erfah ren und dennoch im tiefsten Grunde unreif, keinerlei göttliche und irdische Autorität mehr über sich anerkennt und nur . noch von derber Genußgicr sich auf des Lebens Pilgrimschaft beraten läßt. Von hier aus droht unserem Volke die Gefahr der dauernden Zerklüftung in die DiSraelischen „llvo n-ttiovs". Gefährdet ist — zumal in den Großstädten — ja auch die Jugend der höheren Stände. Aber sic ist zu gleich doch auch mehr geschützt. Die elterliche Gewalt ist stärter, sck>on weil man bis weit in die Zwanzig hinein von der Eltern Portemon naie und gutem Willen abhängig bleibt. Und dann leiht doch auch die höhere Bildung selbst dem Gestrauchelten die Möglichkeit, sich eher wie der zurecht zu finden und von neuem sich auf zurichten. Schon mancher, der als Student dicht am Verbummeln war, hat hinterher noch An sehnliches leisten gelernt. Das alles fehlt in den breiten Massen und darum würde, wer diese Halbflüggen, die ja nicht schlecht sind, die es aber unter den Einflüssen (das Wort ist so sck>euß- lich, wie die Sache selbst), des „großen Betriebs" von heute werden können, bei der Hand nähme und sie in den Jahren, da sie ain leichtesten zu erliegen vermögen, über alle Fährnisse hin- wegführtc, sich Gottes Lohn verdienen. Ob zu solchem Werke der etwas dürftige Entwurf über die Schaufensterauslagen genügen wird, kann freilich zweifelhaft erscheinen. In des mag man ihn als einen ersten Versuch, wenigstens einmal Hand anzulegen, immerhin willkommen heißen. " Skeptischer wird man sich zu den Versuchen stellen, Groß-Berlin von Polizei wegen zu ver sittlichen. Gewiß, das Berliner Nachtleben ist berühint oder auch berüchtigt (wie man will) und es ist auch vom Uebel. Hauptsächlich, weil es in Berlin den dauernden, bis sechs, mit unter auch vor acht Uhr früh nicht aussetzcndcn Nachtrummcl gibt. Im übrigen — wer nicht vom Hörensagen redei, sondern sich Mühe gab, durch eigenen Augenschein die Dinge kennen zu lernen — ist es nicht schlechter als anderswo. Eine kleine harmlose Maßregel, die Festsetzung der Polizeistunde sagen wir auf vier Uhr mor gens, von der nur em paar ernsthafte Eafö- hüuser und Bahnhofrestauranls auszunehinen wären, würde sogar allen wesentlichen Beschwer den abyclfen. Wer aber meint, er könnte durch eine allzufrühe Anberaumung der Polizeistunde die Leute in einer Millionenstadt schon um 11 Uhr ins Bett scheuchen, kennt die mensch liche Natur schlecht, oder aber er ist ein Heuchler. Wir haben ja diese frühen Polizeistunden in London, und wir haben sie, dank dem letzten klerikalen Ntinistcrium, auch in Holland.- Der Erfolg sind die Nachtklubs, die unschöner, aber dasür auch erheblich eindeutiger sind, als alle Berliner Nachtbars zusammen. Im Haag wird man aus den besten Lokalen der istadt um V»1 Uhr vertrieben. Wer sich aber einem kundigen Kutscher anvertraut, kann im Laufe der Nacht gegen Erledigung je eines Guldens noch in fünf bis sechs Nachtklubs wohlbestalltes Mitglied werden. Im übrigen vergesse man nicht: überall da, wo man eine frühe Polizei stunde einführte, besteht als Ergänzung das In stitut der Klubs, wohlverstanden der anständigen, aber ausdauernden Klubs. In Berlin aber Pflegt in den Klubs, wo nicht gerade gespielt wird, um die mitternächtige Stunde kaum noch ein Gast zu sei«. Woraus sich wieder einmal er gibt, daß sich in diesen Dingen nicht generali sieren läßt . . . Vie Seisetznng -er Prinzessin Wilhelm v. Süden. Die Ueberführung der Leiche der Prinzessin Wil helm von Baden nach dem Bahnhofe in Karlsruhe und von dort nach Baden-Baden fand am Freitag mittag 1 Uhr statt. Hinter dem sechsspännigen, mit kostbaren Kranzmenden geschmückten Leichenwagen schritten Prinz Max von Baden, der Groß herzog, der Herzog von Anhalt mit Gefolge, die Abgesandten ber fremden Fürstlichkeiten und das diplomatische Korps. Verschiedene Vereine bildeten Spalier. Die fürstlichen Damen hatten sich vom Palais direkt nach dem Bahnhofe begeben. Der Extrazug mit den fürstlichen Leidtragenden und der Leiche der Prinzessin Wilhelm von Baden traf um 3 Uhr auf dem Hauptbahnhofe in Baden- Baden ein. Zum Empfange hatten sich der Groß herzogliche Landeskommissär, der Amtsvorstand und der Oberbürgermeister von Baden-Baden eingefun den. Nachdem die Leich« auf den am Bahnhofe stehenden, wiederum mit sechs PferkKn bespannten Leichenwagen gebracht worden war, setzte sich der Zug nach der Kapelle in der Licht enthaler Allee in Bewegung. Die Straßen, die der Zug passierte, waren mit halbmast gehißten Fahnen und Traueremblemen geschmückt. Eine zahlreiche Men schenmenge begrüßte auch hier den letzten Gang der in Baden-Baden sehr beliebten Fürstin mit ehr furchtsvollem Schweigen. Nach Ankunft in der russischen Kapell« wurde der Sarg unter Vorantritt der Geistlichkeit vor den Altar gestellt. Die Kammerhcrren stellten sich zur Seite des Sarges auf, vor ihm der Trauermarschall sowie der die Orden der verstorbenen Prinzessin tragende Kammer- Her». Nachmittags 4 Uhr fand in der von der ver storbenen Prinzessin Wilhelm von Baden seinerzeit dem Russischen Staate geschenkten russischen Kapelle ein feierlicher Gottesdienst statt, an dem die fürstlichen Anverwandten, das Eroßherzogspaar von Baden, das Prinzenpaar Max von Baden, Groß herzogin Luise von Baden und das Herzogspaar von Anhalt nebst den Hochwürdenträgern, denen sich in Baden Baden noch der frühere russische Gesandte Freiherr von Knorring anschloß, teilnahmen. Der Sarg wurde nach beendeter Trauerfeier von den Kammcrherrcn in die an die Kapelle angedaute Gruft getragen und dort beigesetzt. politileke UeberlieM Der jüngste Zwischenfall in -er Zweiten Kammer regt zur Erörterung der Frage an, ob ein Abgeord neter Zitate aus Werken bedeutender Periönlich- keitcn anführen darf, wenn Inhalt und Wortlaut des Zitats von irgend einem Teile der Volksver tretung als Verletzung empfunden werden können. Aus unserem Leserkreise erhalten wir folgende interessante Zuschrift, dle einen ähnlichen Vorfall, der sich in der Zweiten Kammer ereignete, aus der Vergangenheit ins Gedächtnis zurückruft: „Württembergs Bundestags-Gesandter, Freiherr von Wangen heim, hatte sich infolge seiner politischen Anschauungen und Absichten die Feind- ichaft der konservativen Vormächte im Bund zugezogen, und sie führten im Jahre 1825 seinen Sturz herbei. Nun hatte er >m besonder» ihren Aerger erregt, indem er sich in der Bundes versammlung auf den berühmten ^lacnsrechts- iehrer Klüber berief, mit dessen Ansichten jene Reaktionäre nicht einverstanden waren. Um der gleichen künftig vorzubeugen, bewirkten Oesterreich und Preußen in der Bundesversammlung am 11. Dezember 1823 den Beschluß, daß diese „in ihrer Mitte jenen neuen Bundeslehren und Theorien teine . . . Autorität gestatten und keiner Berufung auf selbe . . . Raum geben" werde, und daß es den Einzelstaaten anheimzuftellen fei, „daß nicht auf ihren Schulen und Universitäten jene Lehren Eingang finden ..." Trett, chte lagt zu diesem „rn der Geschichte der gesitteten Völker beispiel losen Beschluß": „Somit ward der Wissenschaft feierlich verboten, klärend und mäßigend einzu wirken ... So frech hatte sich in diesem Gelehrten volk der Haß gegen die Bildung noch nicht hervor gewagt." — Haben etwa heute bestimmte Kreise die Absicht, jenem Beschluß ein würdiges Gegen st ück zu schaffen, indem sie die Berufung auf große Gelehrte und Schriftsteller, die irgend verletzen tonnte, aus jeder Erörterung verbannen wollen?" vom Wahlkampf in Sorna-Pegau erhalten tvir folgende Zuschrift: „Dhr K-udidat der nationalliberalen Partei, Landtagscrbgcordneter Nitzschte, hat in den letzten Wochen eine so große Anzahl von Ver sammlungen in allen Teilen des Wahlkreises abgchalten, daß man sich überall von seiner Persönlichleit und seiner politischen Auffassung ein eindrucksvolles Bild hat machen können. In fast allen diesen Versammlungen traten ihm Geg ner gegenüber, da die Rechtsparteien einen gro ßen Apparat aufgeboten haben, um den national liberalen Kandidaten zu betämpfen. Nicht im mer wurde dabei mit der wünscl;enswerten Sach lichkeit und Objektivität verfahren. Um so an erkennenswerter ist es daher, daß Abgeordneter Nitzschkc auch in der Polemik nie die Grenzen überschritt, die einem aussichtsvollen Politiker im Verkehr mit Gegenrednern gezogen sind. Seine Ruhe und Ucverleacnheit sicherten ihm überall eine aufmerksame Zuhörerschaft und die Anerkennung seiner Gegner; sicherlich haben sie ihm auch zu den alten Anhängern eine große Anzahl von neuen hinzugeführt. Ucber das Verhalten der Nationalliberalen in wirtschaftlichen Fragen sind in den ländlichen Bezirken zum Teil geradezu unglaublich An sichten verbreitet. So mußte Abg. Nitzschte sich mehrmals die Prophezeiung gefallen lassen, daß er gleich Hestermann aus der nationalliberalen Partei ausgeschlossen tverden würde, wenn er wagen wollte, für die heutigen Schutzzölle ein zutreten! Auf wen diese Irreführungen zurück gehn, ist nicht schwer zu erraten, wenn man weiß, daß verschiedene Agitatoren im Wahl kreise umhrziehn und „Oefsentlich Versamm lungen" abhalten, die in keinem Blatte ange- zeigt werben! — Um so erfreulicher ist es, daß die Landwirte sich zu den Nitzschke-Vcrsamm- lungen stets in reichlicher Zahl cinstellen und dem Redner gern und aufmerksam zuhören. Viele Anzeichen und Berichte lassen darauf schließen, daß die allzu „intensive" Arbeit der Konserva tiven auf dem Lande an der gesunden Urteils fähigkeit unserer Landbewohner Schiffbruch leiden wird. Daß Abg. Nitzschte den sozialdemokratischen Rednern mit Entschiedenheit entgegenzutreten weiß, wird wohl von keiner Seite bezweifelt werden. Hierin stehen ja die bürgerlichen Par- teien Seite an Seite. Die Situation im 14. Reichstagswahlkreise ist jedenfalls derart, daß die Nitzschke-Anhänger dem 17. März mit großen Hoffnungen entgegengehen. Es wird und muß gelingen, den Kreis dem Bürgertum zu er halten; hoffentlich aber auch, ihn für den Libe- ralismus zu erobern." Zum Wahlkampf in Srostsihönau-Ebersbach wird uns geschrieben: „Der 'Wahlkampf im 2. ländlichen Landtags Wahlkreise wird von den beiden liberalen Par teien für die natioualliberale Kandidatur Rückert mit ruhigem sachlichen Ernste und Nachdruck weiteraesührt. In gutdcsuchtcn Ver sammlungen stellte sich der Kandidat in den letzten Tagen den Wählern in Walddors, Ebersbach und Seifhennersdorf vor. Ueberall fanden seine Ausführungen reichen Bei fall. Gleichfalls mit starkem Beifall wurden belohnt die sortscheikllicheu Redner, die mit warmen und überzeugenden Worten ihe Partei freunde zur geschlossenen Stimmabgabe für Herrn Rückert ausforderteu. Das waren in Waldüorf Generalsekretär Ehrich, in Ebers bach La.ldtagsabgeordueter S ch wage r und in Seifhennersdorf Landcagsaogeoroneter Bro daus. In Walddorf sprachen ferner der na tioualliberale Partcisetrelär Krüner und von der fortschrittlichen Volkspartei Popfelretär Wünsche ans Neugersdorf, der mir rammen den Worten für die Wahl Rückerts eiiurar und seine Parteifreunde auch zur energischen Agi tation ftir bi.'seu Kandidaten aufsorüer.e. Das selbe tat für die fortschrittliche Vollspur.ei in Ebersbach noch Herr Hosrichter und in Seif Hennersdorf Oberlehrer Ilgen. Das Wahtbud zeigte auch in den genannten Versammlungen das einträchtige Zusammenarbeiten der beiden liberalen Parteien. Gehörig auseinanoergenom- men wnrde von, den fortschrittlichen Rednern in Walddorf ein Sozialdemokrat. Der war näm lich so ungenügend orientiert, daß er allen Ern stes die natioualliberale Partei für verschiedene Acußerungen des konservativen Herrn Landtags abgeordneten Geheimrat Opitz, des Vizepräsi denten der 1. Stündctaminer, verantwortlich ma chen wollte. Die auch im „Leipziger Tage blatt" zurückgewiesenen Aenßernngen des offi ziellen konservativen Parteiorgans, des „Vater landes", prallen nicht nur an den fortschritt lichen, sondern allem Anscheine nach an den konservativen Wählern des 2. Landtagswahl- kreises ab. Man darf nämlich anueh.uen, daß auch die konservativen Wähler so ziemlich rest los für den nationalliberalen Kandidaten ein treten werden, um eben die Wahl eines Sozial demokraten zu verhindern." Vir Vün-trr imö -er Zolltarif von Herr Dr. Diedcrrch Hahn Hal sich in der diesjähri gen Zirtus-Lujch-Leriammluug des Lundes der Land wirte darüber beklagt, daß es immer noch jo böse Menschen gibt, die die Haltung des Bundes der Land wirte denn Zolltqrij pon, 1P02 verlästern. „Als ob wir etwas Zuwellgreijendcs gefordert hättenj als ob wir demagogisch ausgetreten wären! Weit gefehlt! . . . Das war eine taktische Maß regel damals im Kainpse für die Landw.rrschast," So Herr Hahn nach dem offiziellen stenographischen Bericht. So unangenehm es auch dem Bunde und seinem Direktor sein mag, die Wahrheit erfordert es, daß wir dem schwachen Gedächtnis der Uebcc- agrarier etwas aufhelsen. Schon in den Jahren l'.kOO und 1U01 drohte die „Deutsche Tageszeitung", die „königstreuen" Bauern würden für den Fall, Laß die Forderungen des Bun des nicht erfüll! würden, „in das Lager der unbe dingten grundsätzlichen Opposition übergehen". Es ip bctannt, welche Hetze dann ee. Bund nach Veröffentlichung des Tarifs im Zull 19VI gegen alle Parteien, die konservative nicht ausgenom men, sowie gegen die Regierung betrieb. Es ist die Zeit, da das Organ des Bundes der Landwirte Lei» satz prägte, daß „die Throne nur solange je st steh en, als sic in dem gewacb,enen Boden des Bauerntums und des Mittelhände-, wurzeln". Im gleichen Sinne sprach Freiherr vonWangcnbcc m auf der Lundesgsneralverjaminlung von I!ll2: „Es wäre furchtbar, wenn jemals das Verirauen per deutschen Landwirtschaft aufhörte, daß unser Kaiser seine Bauern auch hören wrrd." Eine „taitifchc" Maßnahme leitet niemand mit derartigen echt Lcmo gogischen Drohungen ein. In Wirllichlcit ist es auch Len Bllndlern um alles andere, als um taktiuhe Maß nahmen zu tun gewesen. Im Reichstag hat damals derselbe Herr Diederich Hahn, der jetzt Len Harmlosen markiert, die ^unheilvollen Folgen' des Zolltarifs nicht schwart genug malen können. Da sagte er: „Der Antrag Ka'rdorft wird in seinen weite ren Konsequenzen, da er keine guten Handclscerträge zuläßt, nur Millionäre und Proletarier züchten." Und in einer Erklärung an die Konser vativen vom Dezember 1W2 hieß es: „Nicht wir, die wir gegen diesen Antrag Kar- dorff stimmen, „lassen das deutsche Tkitertand in schwerer Stunde schmählich im Stich", wie vor einigen Tagen die „Kreuzzeituna" behauptet hat. sondern die tun es, die gegen ihre seit 16 Jahren selbst vertretene wirtschattspolitische Ucderzeugung nun einer Regierungsvorlage zustimmen wollen, die eine dauernde Schwächung des Bauern- st a n d e s und oes Mittelstandes in Stadt und Land bringen würde, und die . . . bei der heute schon so geschwächten wirftchaftlichen Lage ter Bauernstandes auch in diesem einen Jahrzehnt das Schicksal des Ba u e r n st a n d e s s ii r immer besiegeln würde." Waren diese Prophezeiungen auch „taktische" Maßnahmen? Die angeführten Stimmen zeigen deutlich, daß die damalige Führung des Bundes nur das eine Ziel im Kopfe hatte. den Zolltarif zu Fall zu bringen. Verlangte doch auch die Deutsche Tageszeitung" ausdrücklich, man solle das Gesetz zum Scheitern bringen, damit Vic Zollfrogc die Wahlparole werde Dabei war es kaum wahrscheinlich, daß ein neugcwählter Reichstag auch nur den Tarif von 1W2 bewilligen würde. Deshalb jagt auch FürstBülow in seiner „Deutschen Poli tik'' mit Recht: „Km unerreichbarer Vorteile willen w u r ü e d e r erreichbare Nutzen aufs Spiel gesetzt. Der ganze Zolltarif, der bestimmt war, der Land wirtschaft aus langem Skotstandc zu helfen, sollte verworfen werden weil er nicht alles gab, was ge fordert wurde. Man hat wohl gesagt, die Oppo- jitkon des Bundes der Landwirte habe der Negie rung gegenüber dem Auslände sowohl als anch gegenüber den Parteien den Rücken gestärkt und
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