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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188408131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840813
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840813
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-08
- Tag 1884-08-13
-
Monat
1884-08
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.08.1884
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Erscheint täglich früh 6»/,Uhr. Redaktion und Expedition Iohanue-qasse 33. Lprechkunden der Redaktion: Vormittag- 10—13 Uhr. Nachmittags b—6 Uhr. Dt» X» SMS,-»« «tnartandtrr M-nuIcrtpt« „chl sich die «rd»cl>»n nicht »rrttndltch. «»»ah», der für di« udchftf«i,e»de R«««er dksttmnitcn Insera«, a« kSachentaarn bt« S Uvr Nachmttta,«, an kann- und Festtage» srüh dt» '/,S Uhr. 2u den Filialen siir 3ns.-Annah«e: Otto Klemm, UniversilätSstraße 31» Lauts Lösche, Kathariiienstroße 18, p. nur di» '/,S Ndr. Auflage 18,60«. Abonnemenlspreis oiertelj. 4'/, Mk. incl. Bringerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Ml. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne Poftbesörderung 3V Mk. Mt« Poftbesörderung 48 Mk. Inserate Kgespaltene Hetitzelle SO Pf. Größere Schristen laut unserem PreiS- verzeichniß. Tabellarischer n. Zifsernlatz nach höherm Laris. Reklamen unter dem Redartionojtrich die Lpaltzeile 50 Pf. Inserate sind stets an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruknmueruullu oder durch Pst- Nachnahme. L28. Mittwoch vm 13. August 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Gesucht wird der am 13. August 1848 bicrselost geborene Hand arbeiter Carl JultuS Ernst Just, welcher sich wieder- holt der Fürsorge für seine Fannlie entzogen hat und zur Erfüllung feiner Nährpsticht anzuhalten ist Leipzig, den S. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. (Arnienanit.) Schleißner.Drndt. erledigt hat sich unsere den Dachdecker Georg Heinrich Richard Mayer von hier betreffende Bekanntmachung vom 30. vor. MtS. durch Gestellung desselben. Leipzig, am 8. August 1884. Das Poltzriamt her Stadt Leipzig. I. V.: Junck, Pol.-Rath. Rfdr. Faidix. Snbmiskon. Die vmdeSun» eiueo LchiefcrVacheS soll au den Mindest- fordernden vergeben werden. Kostenanschlag und TontractSbe- dtngungen liegen an hiesiger Stelle znr Einsicht und Unterschrift auS. Verschlossene Offerten mit der Aufschrift: Dachdecker» dez. Klempner-Arbeiten" sind bis 2«. dss. vormittag IS Uhr porlosrei anher einzuienden. Leipzig, den 9. August 1884. Königliches Garnison-Lazarekb. Anction. Daauerftag. den 14. August 1884, vormittag« 11 Uhr sollen im AuctiouSlocale de- hiesigen Königlichen Amtsgericht ver schiedene P'änder, alS: Kleider- und Schreibsecretaire, Tische. Stühle, KüchenschrLnke, EopdaS, Betlen. Waarenschränke, Regale, ferner 1 Pianino, 1 Teigtheilmaschine, 1 Augsburger Schnellpresse, 1 Tiegel, druckpresse, 1 Schneidemaschine, ca. 500 Stück zur Verzierung von Blech- und Porzellan-Waaren sich eignende Abziehbilder (Meiachromatnpie, goldbedecki) «ristbietend gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Leipzig, den 11. ü'ugust 1684. Singer, Gerichtsvollzieher. Nichtamtlicher Theil. Deutschland und der Grient. ii. * von den jungen Brlkanstaaten beansprucht namentlich Serbien eine erhöhte politische und wirthschaftiich« Aufmerk samkeit. Mit wahrhaft bewundernSwerthem Heldenmuthe und zäher Energie hat da- serbische Volk die ihm verhaßte Türkenherrschast abgeschlittelt und seine nationale Selbst ständigkeit errungen. Ten Grundstein zu dieser legte Milosch Obrcnowitsch in dem Leitraume von 1817 bi» 1839. Don gesetzgeberischer und administrativer Theorie verstand der all dem Volke hervorgeganqene Fürst absolut nichts. Er besaß aber guten Willen, scharfen Blick. verstand und Thatkrast. sowie eine gründliche Kenntniß feinet Laude« und Volkes. Er regierte auto- kratisch und patriarchalisch, berücksichtigte aber stet« die Sitten und Gewohnheiten de« Lande«. Bon einem bureaukratischcn Lerwal- tuna-apparat wollte er nicht- wissen und noch weniger von ge wissen finanziellen TranSactionen, m >t denen der im österreichischen Solde stehende Bontoux das Land s. Z. heimgesucht hat. Bei den Ausgaben richtete sich Milosch Obrenowitsch stet« nach den Kräften de« Lande« und hütete sich ebenso sehr vor UeLersiürzungen wie vor gewissen Paradeeinrichtungen, welche ja nur den Zweck verfolge», dem Au-lande Gand in die Augen zu streuen. Der einsichtsvolle Fürst sorgte vor Allem für Volksschulen, so daß seit drei Jahrzehnten die Zahl der de« Lesen« und Schreiben« Unkundigen sich im Lande sehr vermindert hat. Besonders befähigte Jünglinge schickte er zur Ausbildung nach dem Auslände, ermahnte sie aber nach ihrer Rückkehr zur Bewahrung der schlichten Sitten ihre« Vaterlande-. Seither sind viel« andere Reformen eingeführt worden, da« überaus fruchtbare Land mit seinen intelligente« Be wohnern geht immer rascheren Schritte- einer gedeihlichen Entwickelung entgegen, für welche durch einen auf glnchmäßiaer Bertheilung de» Grundbesitze« zur Wohlhabenheit aelanaten Bauernstand die günstigsten Vorbedingungen vorhanden sind. Für die Volksbildung wird viel yethan, der Schulunterricht ist durchweg unentgeltlich und die öffentliche Sicherheit läßt wahrhaftig nicht« zu wünschen übrig. Da« Land besitzt über dies ein wohlerhaltenes Straßennetz, zu dem schon Fürst Milosch vor vierzig Jahren den Grund gelegt hat. Die fortschrittlichen Bestrebungen der serbischen Bevöl kerung gehe» schon au- den vielfachen Wünschen hervor, welche sich aus den möglichst raschen Ausbau der Eisenbahnen beziehen; ernstlich wird daran allerding« erst nach Vollendung der Hauptbahnen gegangen werden können. Gelegentlich der Berathung de« deutsch-serbischen Handel-vertrage« im Früh- linge 1883 ist im deutschen Reichstage bedauert worden, daß über Serbien» Außenhandel im Allgemeinen und im Besonderen mit Deutschland nähere Angaben nicht vorlieaen. Im Durchschnitt der Jahre >871 bi« 1878 ward di« Einfuhr Serbien« auf 32, seine Ausfuhr auf 29 Millionen Mark veranschlagt, woran Deutschland mit 1, be»iehnng«weise 3.l Millionen Mark betheiligt gewesen sein soll. So viel steht aber jedenfalls fest, daß der deutsche Waarenverkehr nach Serbien noch einer großen Entwickelung sähip ist. Wesentlich ander« und weniger günstig liegen die Dinge in Rumänien, testen volkscbaraktrr dem serbischen oder süd slawischen überhaupt entschieden nachstebt. Der ans seine angeblich lateinische, s<I ost. „römische" Abstammung nicht wenig eingebildete Rumäne ist nicht so arbeitsam und thätia wie der Slawe, sondern überaus bequem, fall« man mit diesem Ausdrucke die richtige Bezeichnung „faul" umschreiben will. Dieser unvortheilhaste Eharaklerzug der Rumänen ist natürlich ei» große-Uebel, a» dem da« ganze öffentliche, politisch« und wirthswafkliche Lebe» de« Landes krankt. Darauf hat erst unlängst der rumänisch« Ministerpräsident Bratiano in sehr drast scher Weise hingewiesen. „Wir wüsten e« dahin bringen", äußerte er in der Kammer, „daß die Rumänen von nun an koppelt so viel arbeiten als bisher, mindesten« aber eben so viel al« die Fremden, weil wir noch viel zu thun haben, um den Concurrenzkamps mit unseren Nachbarn ausnehmen zu können. Misten Sie, warum bei unS Jeder mann bemüht ist. ein öffentliches Amt zu erhaschen, seine Güter zu verpachten und statt deren Selbstbewirthscbaslung «inen schlecht bezahlten Posten anrunehmen? Weil wir uns daran gewöhnt haben, möglichst wenig zu arbeiten. Be trachte» Sie beispielsweise die Cast«, oder wie man sie jetzt nennt: Elub« oder Casino«, und fragen Sie sich, wer in den selben zu allen Tages- und Nachtstunden zu finden ist. I», Winter begegnet man dort wohl einigen Gutsbesitzern oder Pächtern, aber im Sommer liegen dort ausschließlich die Beamten herum." Den rumänischen Großhandel beherrscht noch zumeist die griechische, seit dem Phanariotenthum begründete Colonie, während der Kleinhandel fast ausschließlich von den ver haßten Juden betrieben wird. In den Hafenstädten haben sich die Engländer festgesetzt, deren Ausfuhr« und Einfuhr handel ein ungemein lebhafter ist. Unmittelbar nach diesen müssen die Franzose» genannt werden, die namentlich in der Hauptstadt de- Lande- stark vertreten sind, wo sic fast alle größeren Actiengesellschasten und noch mancherlei andere Unternehmungen gegründet haben. Biel zahlreicher als die Griechen. Engländer und Franzosen sind die Deutschen. Oesterreicher und Ungarn, aber leider von nur geringem Einflüsse. Die österreichischen Staatsangehörigen sind vor wiegend Juden und al« solche in Rumänien, wie bekannt, nicht wohl angesehen, während die ungarischen Untcrthanen, Magyaren, Deutsche, Slawen und Rumänen, zumeist als Dienstleute Verwendung finden, aber al- solche gesellschaftlich nicht« zu bedeuten haben. Die Deutschen dagegen sind, von einzelnen Aerzten, Lehrern und Technikern abgesehen, vor wiegend Kleingewerbetreibende und erfreuen sich alS solche großer Anerkennung. Wenn sie zu einigem Wohlstand gelangt sind, verlassen sie nicht, wie die Engländer, Franzosen und Griechen daS Land, sondern bleiben ihm treue und tüchtige Angehörige. Deutsche Aerzte, Tech niker, zumal Baulccbniker, deutsche Handwerker finden in Rumänien noch immer »in weite«, lohnende« Gebiet für die Verwerthuna ihrer Kemitnissc. So heißt e< auch in dem B»- richte dek österreichisch-ungarischen Generalkonsul« zu Bukarest vom Jahre l382. daß „die Nachfrage nach deutschen Erziehe rinnen in Zunahme begriffen sei. weil daS deutsche Element trytz mancher Hindernisse und Verurtbeile an Boden gewinne." Zu dem Aufschwünge de- Lande« hat also deutsche Arbeit mit bekannter Uneigennützigkeit wirksam mitgeholfcn, weshalb es ebenso natürlich alS billig ist. wenn die deutschen Elemente Rumänien«, nachdem sie sich seit der Wiepererhebung Deutsch, land« ihrer nationalen Zusammengehörigkeit bewußt gewor den. auf die stete Vermehrung der wirkhfchaftSpolitischcn Be ziehungen mit Deutschland bedacht sind. Schließlich wäre noch die jüngste staatliche Schöpfung im europäischen Osten, da» Fürstenthum Bulgarien, zu erwähne». Dasselbe scheint aber auS mancherlei Gründen noch allzu lckr ein politisch-nationale- Provisorium zu sein, um an seine wirthfchaftliche Entwickelung einen zuverlässigen Maßstab anlegen zu können. Ueberhaupt darf nicht vergessen werden, daß die nationale Bewegung auf der Balkanyalbinftl noch keineswegs ihren enkgiltigen Abschluß erreicht hat. Welche Veränderungen aber dort noch eintrelcn mögen, dem politische» Interesse Deutschland« können sie nicht zuwiderlaufen und noch weniger seiner WirthfchaftSpolitik im Orient. Leipzig, 13. August 1884. * Die .Nationalliberale Corrrspondenz " schreibt zur Par teilage: Ja charakteristischer Weise wendet sich die deutschfrei- sinnige Presse der Betrachtung der kirchenpolitischen Lage zu. Indem sie sich der Auffassung anschließt, daß sich eine Wendung In dem Verhältnisse zwischen der preußischen Regierung und der Turie zu vollziehen scheine, drückt sie die entschiedensten Zweifel an der Nachhaltigkeit dieser Wendung au«. Wir wollen in diesem Punct« nicht widersprechen, können aber nicht umhin, die aul langer Hebung gewonnene Gewandtheit zu bewundern, mit welcher die UnkSliberale Presse auch diese Betrachtung zu einem Ausfall« gegen di« »attonalliberalePartei zuzuspitzen versteht. Während die „kreuzztg." au« dem Mißerfolge der Schlözer'schen Mission womöglich eine nationalliberale Erfindung machen möchte, um daS Bünd- niß mit dem Tentrum ungestört weiter pflegen zu können, kommen ihr die deutsHfrelstunigen Blätter, die „Liberale Torrelpondenz" voran, zu Hüte. indem sie versichern, eine etwa in der nächsten Zeit hervortretende Spannung zwilchen der Regierung und den Ultra montanen werde, sobald die Wahle» Vorüber seien, wieder einem freundschaftlich«, Verhältnisse Platz machen; man werde vielleicht wieder eine lebhafte Kanonade zwischen den Osficiösen und dem Len- trum vernehme», dieselbe habe Indessen nicht« auf sich, sie solle nur die Nationalliberale» für die Wahlen in guter Stimmung erhalten. Daran wird dann der Vorwurs gegen die Nationalliberale» geknüpft, sie seien eS, welche eine unzweiselhaft sichere und seste liberale Mehrheit im nächsten Reichstage und damit eine Kircheupolitik im Sinne der Liberalen verhinderten. Wir wollen aus den alten Streit darüber nicht eingeben, wer di« Spaltung innerhalb de« Liberalismus erweitert und daS Zustandekommen einer liberalen Mehrheit bisher hauptsäch lich verhindert Hai. Es wäre nachgerade überflüssig, darzuthun, wie die ganze Taktik der Secession wkniger aus ein« Ausdehnung als aus eine LinkSichiedung de« Liberalismus hinouSlies, und wie diese Be- wegung, deren Tendenz in der Bildung der deutschsrrisinnigen Partei endlich »nverhüllt zur Erscheinung kam. die intensive gegenseitige Vefthduaa der liberalen Parteien und die zunehmende Einsiußlosig. keil de« Liberalismus verschuldet hat Derartige Vorwürfe sollte «an sich »»» bald auf jener Seite sparen, wo sie noch Eindruck machen könne«, wissen wir nicht; jedenfalls werden sie die national- liberale Partei in ihrer Haltung nicht irre mache,. Di« Aussicht, in Gemeinschaft mit Herrn Richter dt« „Kircheupalttik im Sinne der Liberalen" durchzusuhren, hat für uns nicht so viel verlockende«, als dte „Liberale lorrespondena" vielleicht alanbt. So gern wir aus anderen Gebieten die deutschfrristnntge Parte, al« »nsere BundeSaenossl, an unserer Sette seht», gerade auf dem kircheapolitisckcu bat sie ,,< nicht daS erforderliche Vertrauen elnzuslößea vermocht. Wenn wir fragen, wa« denn heute eine „Ktrchenpvlitil t« Sinn« der Liberalen" ist, so vermnth«» wir, daß selbst tanerhald der dentschsrrisinnigea Partei die Antworte« verschiede» kante, «erden. Wir wollen an- aehmeu, daß die kirchenpolitischrn Anschanungen de« Herrn Hänel sich heute nicht mehr in einen, so unbeauemrn Gegensatz« za den aut- lchlaggebeade» de« Herrn Richter befinden, »i« noch vor wenigen Jahren; wenn wir un« aber erinnern, daß dir Seceisiou mit der Anklage gegen die Freunde de« Herrn von Bennigsen eingeleitet wurde, sie hätten d»rch zu große Nachgiebigkeit im Kirchencoiiflicte die „Würde der Nation" geschädigt, dann vermögen wir »nS trotz der Rede von OelS und trotz zahlreicher widersprechender Rede» und Abstimmungen noch nicht vorznstrllen, daß jene Hüter der staatlichen Würde gegen ultramontane Ansprüche bereit« Herrn Richter daS unbeschränkte Mandat erthcilt hiben, in ihrem Namen einer gelegentlichen deatschfreistnuig-klertkalrn Loalition an Stelle der conservativ-klerikalen die Wege zu ebnen. UnS ist jeden- fall- nicht Nar, wa« wir an- unter einer Kirchenpolitik „im Sinne der Liberalen" nach den Erfahrungen der letzten Sessionen vor- zustellea haben. Suchen wir Bundesgenossen für eine unsere Auf fassungen entsprechend« Kirchenpolitik, daun suchen wir sie nicht bei den Deutschfreisinnigen, und wir begreifen e- vollkommen, wenn die klerikale» Blätter erklären: „DaS Centrnm wird, vor die Entschei dung zwischen einem Nationalliberalen und einem Dcutschfreisinnigen gestellt, niemals zu Gunsten des Ersteeen entscheiden." Wenn ein« kilcheiipolitiiche Phase eiatretea sollte, welche dem Eentrum eine veränderte Stellung in den Berechnungen der RegierungSpolitik an- weis», io werden wir allerdings adzuwarten baden, ob nicht über kurz oder lang wieder in die traurigen Bahnen de- DiplomatifirenS ein gelenkt wird. Bor übergroßer Vertrauensseligkeit in dieser Beziehung sühlen wir un» sicher. Andererseits ist unS um daS Ende der conservativ-klerikalen Politik nicht bange. Alle Anzeichen deuten daraus, daß wir uns bald mitten in dem angedrvhten Kampfe ui» die Schule befinden werden, und die Schule ist der Punct, in welchem für den preußischen Staat jede Möglichkeit eine» schwäch liche» Rachgeben- gegen ultramontane und orthodoxe Herrsch ittS- gelüste aushört. Dieser Kamps w»rd hoffentlich nicht nur zwischen Eentrum und Regierung, sondern auch innerhalb der conservaliven Partei eine heilsame Scheidung und Klärung bewirken. Die Leute der „Kreuzztg." werden dann in ihrer Stellung zwischen Staat und Kirche Farbe bekennen müssen. Wa- aber die gegenwärtige Lage anbelangt, so werden diejenigen BevölkerungSkreiie, welche die ein flußreiche Stellung einer römische» Interessen dienenden Partei i» eer deutschen Volksvertretung beklagen, sich vergegenwärtigen müssen, daß diese ausschlaggebende Stellung wesentlich ein Product der Hin. neigung der politischen Parteien zum Extrem und ganz besonder» der Oppositionsmacherci ist, in welcher die deimchfreisinnige Partei da» Heil de» Liberalismus sucht. Nur eine Mehrheit, weiche ent schlossen ist. der Regierung die nothwendigen Mittel zum Sch»'.,e unsere» nationalen StaatSweienS gegen äußere vnd innere Feinde zu gewähren und sie bei aller Wahrung der politischen Ueberzeiigung den unaufschiebbaren Reformen ehrlich zu unterstützen, wird die Regierung in die Lage bringen, ans die Hilfe de« TentrnmS zu ver zichten und dem Staate die /Opfer an Rechten und an seiner Würde zu ersparen, durch welche diese Hilft allein ertönst werden kann. Die extremen Richtungen auf der Rechten «ft aus der Linken haben in dieser Mehrheit keinen Platz. * Die nationalliberale Partei hat im Meininger Wahlkreise, der durch die von gegnerischer Seite betrieben« Agitation mehrfach die allgemeine Aufmerksamkeit aus sich gelenkt hat, einen schwierigen Stand, zumal sie dort der Unterstützung durch ein eigene«, nachdrücklich für sie ein- trcrende« Organ entbehrt. Wie un« mitqetheilt wird, steht die baldige Abstellung diese« Mangel- in Aussicht. * Die vorbereitenden Schritte, welche für die Bildung und Abgrenzung der Unfall-Beruf« genossen- fchaften eingeleitel werben müssen, sind in vollem Gange. In Folge der Anregung, welche der Eentralverband deutscher Industrieller gegeben yat, sind die Mitglieder de« Verein« der süddeutschen Baumwoll-Jndustriellen auf den l8. d. M. nach Stuttgart zu einer Versammlung einberufen, um die Frage zu erörtern, in welchem Umfang« für die Baumwoll- Industrie die UnsallSgenossenschaft beantragt und in« Leben gerufen werden soll; am IS. d. M. tritt der Ausschuß de« Verein- zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen zu einer Beralhung zulammen, und am 1. September findet in Folge eines Aus rufs, welchen der Vorsitzende ddS EentralvereinS der deutschen Wollenwaaren-Fabrikante» erlassen hat. eine große Versamm lung der Woll-Jndustriellcn in Leipzig statt; am 4. Sep tember wird eer Berein der deutschen Leinen-Industriellen zu einer Sitzung zusammentreten, der Berein zur Wahrung der Interessen der chemischen Industrie wird im September wie cS heißt, in Dresden tagen, und der Berein deutscher Papier- sabrikantc» hat bereit« einleitende Beschlüsse für die Bildung eines einheitlichen Verbände- durch ganz Deutschland gefaßt. Für die übrigen Industriezweige, welche im Centralverbande deutscher Industrieller vereinigt sind, find gleichfalls Cou- serenzen inAuSsicht genommen, und voraussichtlich am 15. Sep tember findet die Versammlung der Delegirten aller Vereine des Centralverbande- in Franks,irt a. Di. zum Zwecke der Ausstellung eine« allgemeinen Tableau« statt. Auch mit Ver einen, welche nicht zum Centralverbande aehvren, sind Ver handlungen eingeleitet und insbesondere ist auch bei einigen Berliner Großindustriellen die Anreguna dafür gegeben, wie die Bildung der UnsallSaenossenschast für die Stadt Berlin in« Werk gesetzt werden soll. * Der Ernennung de« Herrn vr. Schweninger zum außerordentlichen Professor i« der «edicinischen Facultät der Berliner Universität ist «ine andere gefolgt, die allerdings nicht ebensoviel Staub in der TageSprefse aoswirbeln dürste. Or. Mendel, der lange Zeit eine stark in Anspruch genom- mene Privatirrenanstalt «n dem Berlin benachbarten Pankow ge leitet und zugleich al« Privatdocent an der Universität über Psychiatrie gelesen hat, ist außerordentlicher Professor ge worden. In wissenschaftlichen Kreisen ist man mit der Be förderung vollkommen einverstanden, hat sie sogar schon seit geraumer Zeit erwartet. Nur die antisemitischen Blätter werden rin Geschrei erheben, weil Herr Mendel erstens Jude und zweitens ein sehr freisinniger Mann ist, der bei allen Wahlen für seine Ucberzeugung agitatorisch thätig war. Dem Reichstage gehörte er während der dritten und vierten Legis laturperiode al« Mitglied der Fortschritt-Partei für ven Wahlkrei« Nieverbarnim an. auch saß er im KrriSlagr der selben Kreise«. Er ist etwa zehn Jahr« älter al« Herr Schweninger. Gemeinden. Sobald ein polnische« Rittergut in deutschen Besitz übergegangen Ist oder sobald in Kirche und Schule, namentlich in sprachlich gemischten Gemeinden, der deutschen Sprach« ein größere« Feld einaerämnt wird, versäumen die polnischen Organe niemal», diese Thatsachen al» fortschreitende Germanisirung der ebemal« polnischen Landestbeile zu kenn- zeichnen. So schrieb vor Kurzem der „Dziennik PoznanSky" Über den Krei« Flatow in wesipreußen: „Still und un- bemerkt vollzieht sich hier das traurig« Drama der Ger- manisirung der polnischen Bevölkerung. Die Hauptursachen dieser Erscheinung sind einerseits in dem Mangel an polnischen Gutsbesitzern, andererseit« in der passiven oder vielmehr fried« fertigen Haltung, welche die hiesige Geistlichkeit in polnisch- nationalen Dinge» beobachtet, zu suchen. Die.Herrschast Flatow mit Krcjanke fiel bekanntlich nach der Tbeilung Polens der preußischen Krone zu und gegenwärtig bezieht die Einkünfte derselben der Prinz Friedrich Karl von Preußen. Zu dieser Herrschaft gehören 18 Domainen, ebenso viele Förstereien Im Besitz von Polen befinden sich nur wenig Güter und noch weniger sind sie von Polen gepachtet. Wie wir ver nehmen, soll in diesen Tagen wieder ein polnisches Gut von mehreren Tausend Morgen in deutschen Besitz übergehen. Die Sachen stehen bei un« schlecht, um so schlechter, als manche polnische Gutsbesitzer durch eigene Schuld, nämlich durch schlechte Wirthschast und durch ein zu luxurivsce Leben, unser Vaterland verkürzen und dadurch zugleich die Grundlage ihrer Existenz vernichten. Unsere Geistlichkeit verhält sich, wie die« in Wesipreußen bei den meisten pol nischen Geistlichen der Fall ist, den Germanisiruugs- bestrebungen gegenüber entweder gleichgiltig oder bilsl sic wohl gar fördern. So bat neuerdings in einer Parochie ein neu angestellter Organist angesangen, bei den an den Wochentagen abgehaltrnen M ssrn den Gesang deutscher Lieder einzufübren. Der polnische Geistliche bedauert diele Neuerung, aber schweigt, weil er seinerseits nicht Energie genug besitzt, um dem Organisten sein willkürliches Bcr- sahren zu verbieten, andererse.k« nicht al« polnischer Agitator auSgeschricn sein will, wa- ihm die Feindschaft seine» Kircheu- patronS zuzieben würde. Da der Geistliche den deutschen Kirchengesang schweigend duldet, so verhalten sich auch die polnischen Parockiauen ruhig u. s. w." Diese Schilderung der Verhältnisse im Kreise Flatow mag ganz zutreffend sein, nur muß man dabei im Auge behalte», daß dieser Kreis überwiegend deutsch ist und seit Jahrhunderten schon von Deutschen besiedelt wurde. Ganz verfehlt aber wäre e», wollte man von der Lage de- DeutschthumS in dem eine» Keeise auf die Lage de- deutschen Elemente- in ganz West- Preußen und Posen schließen. Tort, wo an der Sprachgrenze das deutsche Element mit dem polnischen zusammenlriffl, mag daS Deutschthum vielleicht beute noch Fortschritte machen und kicr und da den polnischen Gegner verdrängen. In den Kreisen Posen» und Westpreußen» aber, wo sich Deutsche und Polen die Waage halten, oder wo daS Polentbum gar überwiegt, haben die Deutschen stark an Terrain verloren. Wahrscheinlich baden dort in den letzten 35 Jahren mehr alS 50,000 Deutsche ihre Muttersprache mit der polnischen vertauscht. Diese That- sache ist den polnischen Blättern sehr genau bekannt, aber sie Küken sich ängstlich, dieselbe zuzuzestchen. Im Gegentheil suchen sie dieselbe zu verschleiern, dadurch, daß sie immerfort von Grrmantsation der Polen reden und sich über da« an- gebliche Anwachsen der Deutschen und ihres Einflusses in Posen und Wesipreußen bitter beklagen. Zu bedauern bleibt nur, daß ein großer Theil de« deutschen Volke« und der deulscken Presse den heuchlerischen Klagen der Polen glaubt und sich der Thatsache verschließt, daß gegenwärtig nicht der Pole, sondern der Deutsche im Osten de« deutschen Reiche« de« Schutze« seiner Nationalität bedarf. * AuS Hamburg, 10. August, wird der „vossischen Zeitung" geschrieben: „Wie ich Jknen bereit« telegraphisch mittheilte, glaubt die Polizei am Freitag Abend einen guten Fang gemacht zu haben. Der Altonaer Polizeicommiflar Engel, der mit der Ueberwachung der Bestrebungen der Sceialistcn für ganz Nordwestdeutschland betraut ist, hatte längst den verdacht, daß der Import von verbotenen Druck schriften, von Eorrespondenzen zwischen den amerikanischen und irländischen Führern der anarchistischen Partei und den Führern der deutschen Anarchisten und Sendungen von Sprengstoffen Über Hamburg geschieht. Vor Ankunst de« englischen Dampfers „Elizabeth", Capitain Turney, der zwischen Hüll und Hambnrg fährt, war Engel unterrichtet worden, daß mit demselben ein solcher Transport zu erwarten stehe. In Begleitung deS Criminal- beamten Gätgtn« begab sich daher am Freitag Abend Engel, al« der Dampfer „Elizabeth" in den hiesigen Hafen einlausen wollte, an Bord desselben und nahm, nachdem am Sandthorquai noch zwei Hamburgische Pclizeiossicianten hinzu gezogen Worten waren, einen längst verdächtigen Matrosen in Hast, dessen Effecten in den Koic» dann durchsucht wurden. E» wurden ganze Ballen de» „Rebell", der „Freiheit" und anarchistischer, in Rußland und Polen gedruckter Schriften gefunden. Eine gleichzeitig bei drei anderen Matrosen vor genommene Durchsuchung ihrer Effecten hatte ebenfalls über- raichende Erfolge. E« sollen ei» MitgliedSverzeichniß von Gruppen der anarchistischen Partei in Deulichtand und Oesterreich und verschiedene Briefschaften beschlagnahmt worden sein. Man läßt sogar Packete mit Dynamit und Sprengbomben gefunden sei». Wie viel Wahre«, wie viel Uebertrcibung in diesen Angab» ist. wird abzuwarten sein. Während ein Ertrablatt der hiesigen „Tribüne" von gestern einen solche» Fund behauptet, sagt ric beutige „Reform", daß die Besprechung über EonfiScatie:, anderer gefährlicher Sachen vorläufig auS begreiflichen Gründe» unterbleiben muß, während die „Hamburger Nachrichten" über diese Angelegenheit gänzlich schweigen. AuS den ge fundenen Schristen soll hervorgehcn, daß die vier Matrosen, die verhaftet und nach Hamburg eingeliesert wurden, von wo sie der Altonaer Polizei werden zugefübrl werden, einem in Hnll bestehenden Anarchistenbunte an gehören. Tie Arrestatcn sind auS der Gegend von Stettin, und werden wahrscheinlich in Altona abgcnrtheilt werte!'. Man nimmt an, daß der Capitain Turney, der von de!» Besuch der Polizei am Bord höchlichst überrascht war, von dem Treiben seiner Leutc Nicht- gwußt bade. Der gan:c Vorfall erregt, wie begreiflich, in der Statt großes Aus- seken." — (Au-London wurde telegraphisch gemeldet: der „Daily Teleqrapb" bestätigt, daß die in Ottensen verhafteten vier Matrosen eine» englischen Dampfers Mitglieder eine? in Hnll durch einen Zweigvercin vertretenen commiinistisck en Arbeite verein» seien. Die Hüller Polizei hätte bereit- seit geraumer Zeit daS Treiben diese- an» zahlreichen Mitglieder» bestehenden Berein« überwacht, jedoch bisher keine Veranlassung gesunden, gegen denselben cinzuschreiten.) * Die in der letzten Session de« bayerischen Land- tage? beschlossene Reorganisation de« bayerischen Forstwesen» ist gegenwärtig in Durchführung begriffe» Eine der wichtigsten Neuerungen betrifft die subalterne Forst- branch«. Dieselbe recrutirte sich bisher zu einem großen Tb-.il au« jungen Leuten, welche in den Schulen soweit fortznkoni- inen trachteten, daß sie den Berechtigungsschein zum Einzährig- Frriwilligenkienst bekamen, um nach ihrem Militairtien't >n die niedere Forstbranche einzutreten, oder auS Leuten, welche nicht einmal soweit kamen, sondern welche fanden, daß sie ihre Studien nicht weiter führen konnten, dieselben unterbrachen und in der Forslbranchc ein Fort kommen suchten. E« ist selbstredend, daß diese« Material nicht immer ein dem Zweck entsprechcndeS war, daher da« Streben der Forstbebörde denn auch dabin geht, sich
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