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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.05.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19020530011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1902053001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1902053001
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-05
- Tag 1902-05-30
-
Monat
1902-05
-
Jahr
1902
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Für Dresden und Berlin führen die dortigen Hauptfiltalen des Leipziger Tageblattes Bestellungen au-, in Dresden, Strehlenerstr. 6, Berlin, Koniggrätzerst. 11k. Die Erfolge der zweijährigen Dienstzeit. 8. Als vor nunmehr neun Jahren die zweijährige Dienstzeit bei uns zur Einführung gelangte, platzten die Gegensätze mit vollem Ungestüm aufeinander und die Gegner der neuen Maßregel weissagten eine Schädigung der Manneszucht und der Ausbildung im Heere, deren nothwendige Folge eine starke Entwerthung unserer Lan- desverthcidigung sein würde. Die abgekürzte Dienstzeit wurde trotzdem gesetzlich bis zum 31. März 1904 festgestellt: es wird sich dann fragen, ob von dem bisherigen Versuche zur dauernden Einrichtung überzugehen sei. Daß diese anstandslos erfolgen werde, läßt sich ohne Weiteres an» nehmen, denn die Gegner derselben sind wohl ausnahmslos verstummt, abgesehen vielleicht von den unverbesserlichen Fanatikern, die sich von vergangenen Zeiten nicht frei machen können. Der wichtigste Factor unseres Heeres ist und bleibt die Infanterie: sie ist die im Kampfe ausschlag gebende Waffe, der sich alle anderen Waffen unterstützend, vorbereitend und ergänzend beigesellen müssen. Die Ber- suchszeit hat aber den Beweis erbracht, so weit dies im Friedensvcrhältniß überhaupt möglich ist, daß die kriegS- mäßige Ausbildung unserer Infanterie in keiner Weise ge litten hat und daß auch noch genügende Zeit vorhanden ge wesen ist, um dem nöthigcn Paradcdrill scinRccht werden zu lasten. Dies wurde zunächst durch Abschaffung mancher veralteter Formen, wie beispielsweise des Anlassens des Gewehres, sowie durch Vereinfachung derselben erreicht, womit man eine ansehnliche Zeitersparniß erzielte. Auch ergab sich an Stelle einer schädlichen Verbreiterung eine vortheilhafte Vertiefung der Ausbildung, die sich außer auf den Felddicnst auch auf das Schießen erstreckte; denn darüber konnte kein Zweifel anfkommcn, daß die Tactik eines zukünftigen Krieges vor Allem eine Feucrtactik sein würde und die Stoßtactik der Infanterie nur noch eine ganz untergeordnete Bedeutung haben könnte. Diese Erkcnntniß ergab sich ganz besonders aus den unablässigen Fortschritten auf dem Gebiete der Waffen technik, die unseren Infanteristen daS denkbar beste Gewehr in die Hand gab. Hier handelte cs sich nicht etwa allein mn die Erhöhung der Feuergeschwindigkeit, sondern namentlich um die Verbesserung der ballistischen Eigenschaften, wobei die gesteigerte Gcstrecktheit (Rasanz) der Geschoßflugbahn eine vermehrte Treffsicherheit gewährleistete. Die Ein führung des rauchlosen Pulvers führte ohnehin dazu, die Stoßtactik lahm zu legen und dem Feuergefccht eine erhöhte Bedeutung beizumessen, da die feindlichen Ziele durch Pulverdampf der Sicht fernerhin nicht mehr entzogen werden konnten. Schon bei den Friedensmanövern trat dies völlig einwandfrei in die Erscheinung, und hieraus entsprang insbesondere die Förderung des Schießwesen» unserer Infanterie. Alle diese verschiedenen Verhältnisse drängten sich aber den Führern, wie den Untergebenen in so clcmcntarisch zwingender Weise auf, daß nicht ein Sinken des militärischen Geistes, das wohl Mancher befurchtet hatte, sondern ein Wachsen desselben cintrat. Der Soldat wurde sich bewußt, welche Stärke er in seiner vorzüglichen Waffe und in dem mit ihr erreichten Grade der Ausbildung besitzt. Die Kämpfe in China, die keineswegs so minder- wcrthig waren, wie Einige glauben machen wollen, haben dies hinlänglich bewiesen; denn unsere Soldaten der zwei jährigen Dienstzeit haben sich nicht nur in allen Gefechten durchweg brav gehalten, sondern sich auch im Ertragen von Anstrengungen und Entbehrungen auf einer Höhe gezeigt, die von den fremden Heeren rückhaltsloS anerkannt worden ist. Für beide Fälle ist aber das Vorhandensein eines un- tadclhaftew militärischen Geistes unerläßliche Borbc- bingung. Auch bei den übrigen Fußtruppen, wie fahrende Feld, artillcric, Fußartilleric nnd technische Truppen, hat die ab gekürzte Dienstzeit keine sichtbaren Nachtheile gezeitigt, was namentlich bet den technischen Truppen durch eine zweckmäßige Thcilung der Arbeit erreicht wurde. Der Pioniertruppc wurde der gesammte militärische Eisen bahn- und Telcgraphendtenst durch Vermehrung und Neu aufstellung bei den Verkehrstruppen genommen, was eine bedeutende Entlastung hcrbciführte. Bet der Fußartilleric wurde eine große Vereinfachung aller Vorschriften vor genommen, und auch die Fcldartillcric wußte sich trotz der Einführung eines neuen Geschütze», der leichten Feld haubitze, durch Einschränkung einzelner, nicht mehr zeit gemäßer Fcucrartcn, wie Wegfall des Kartäschschufles, mit Erfolg in der zweijährigen Dienstzeit zurecht zu finden. Die Befürchtung, daß der Ersatz an Unterofftc irren auf große Schwierigkeiten stoßen würde, ist ebenfalls nicht ein getreten und an Eapitulanten ist durchschnittlich bet keinem Trnppenthctlc Mangel. Das Offi, ciercorps erscheint dagegen durch die abge kürzte Dienstzeit eine Ueberbürdung erfahren zu haben, die sich in einer vorzeitigen Abnutzung de» zum ausschließlichen Frontdienste verwendeten Personals kennt, lich macht. Zwar brachte die Ausbildung der Ersatzrescrven auch eine gewisse Ueberbürdung mit sich, aber von ihr wurden immer nur Einzelne betroffen, während jetzt das ganze OffictcrcorpS dcS TruppenthetleS tn Mitleidenschaft gezogen ist. Als Beweis dafür kann daS Streben angeführt werden, daß jeder Officier auf kürzere oder längere Zeit von dem Frontdienste loszukommen sucht, waS früher nicht in dem gleichen Maße in die Erscheinung trat. Nur durch den Frontdienst in höhere Stellungen zu gelangen, erscheint heute nahezu ausgeschlossen, denn in diesem verbrauchen sich die Körperkräfte rascher, al» tm Dienste bei den Stäben und den hohen Behörden: diese werden so gut wie niemals einen Ersatz zu -en BezirkSofftciercn u. f. w. geben, diese Kopf stationen der militärischen Beförderungsart sind dem Front- officter Vorbehalten, der sich rascher verschleißt. Es wird daher Bedacht darauf genommen werden müssen, in diesen Verhältnissen bet der dauernden Annahme der zweijährigen Dienstzeit, die durch die bisher erzielten Erfolge geboten erscheint, eine Aenderung und Verbesserung ctntreten zu lassen. Der Krieg in Südafrika. ArtedenSvcrhandlungcn. * Lands», 29. Mai. (Reuter'» Bureau.) Der Cabinet«, rath, der noch gestern Abend auf da» Eiligste einberufen worden war, trat beut« Morgen zu einer Sitzung zusammen. Auch der Colonialmintster Chamberlain war anwesend, obwohl er an einem Gichtansalle leidet. * Lands«, 29. Mai. (Telegramm.) „Daily Mail" er fahrt, daß die Regierung gestern etwas hoffnungsvollere Berichte aus Südafrika empfangen habe. In wenigen Tagen wird die endgiltig« Entscheidung der Boerendelegirten in Bereeniginadarüber erwartet, ob sie einstimmig oder der über- wiegenden Mehrheit nach die Friedensbedingungen annehmcn, welche die allgemeine Unterwerfung und de» Verlust der Un abhängigkeit umfassen. „Daily Chronicle" will wissen, Balfour werde im Unterhaus« erklären, daß der Friede ge- sichert ist. Es verlautet, den Boerrn werde in dea neuen Colonien gestattet werden, ihr« Schußwaffen zum Schutz« gegen Käftern und wilde Thier« unter gewissen Beschränkungen zu behalten. (Boss. Ztg.) Die Streitkrdfte der Boer«. 6. N. Nach Kitchener's Wochenzetteln hätten sich die Verluste -er Boeren in den vier ersten Monaten dieses Jahres belaufen auf: im April: ergeben: gefangen : getödtet : verwundet: 1— 7.: 31 107 17 g 7.-14.: 5 1S7 55 43 14.-21.: 10 325 18 19 21.-28.: 25 78 25 —- 71 S77 931 115 88 März: 2.-10.: 3S 88 s 2 10.-17.: 126 158 11 7 17.-24.: S8 95 5 —- 24.-31.: 49 201 23 3 274 542 878 45 12 Februar : 452 2105 2818 204 55 Januar: 281 958 1388 118 51 vom 1. Januar bis zum 28. April 1902, also zu- sammen: SMS Mann. Ein Rapport Kitchener's vom 8. Juli 1901, veröffentlicht im englischen Staatsanzeiger, der »London Gazette", vom 20. August 1901, schließt bekanntlich: „Ich bin sicher, daß im Transvaal, der Oranje-River-Colontc und der Cap-Colo- nte nun nicht mehr als 18 500 Boeren im Felde stehen." An der Hand einer die angeblichen Verluste der Boeren vom 8. Juli 1901 bis zum 24. Februar 1902, nämlich 13 878 Boeren, umfassenden Zusammen stellung der amtlichen englischen Angaben haben wir be reits Ende Februar nachgewiesen, daß die Engländer in dem genannten Zeitraum 373 Boeren mehr gctödtet, verwundet, gefangen genommen haben, als überhaupt noch tm Felde standen. Diese 878 Minus-Boeren haben sich nun im März und April um 1804 Mann vermehrt, und trotzdem holten sich die rund 200 000 Engländer in Süd afrika in jener Zeit noch Schlappe auf Schlappe, trotzdem »örten die Nachschübe auS dem Muttcrlande und den Co- onien nicht auf, trotzdem unterhandelt man mit „dem chäbigen Nest" wegen Waffenstreckung, trotzdem sind die üdafrikonischen Republiken immer noch selbstständig und rei! Mag auch der Zuzug der Aufständischen au» der Cap- colonie stetig und noch so ergiebig sein, die englische Rech nung kann trotzdem unmöglich stimmen: die militärischen Erfolge der Boeren allein schon werfen sie unerbittlich über den Haufen. Und die Zumuthung, zu glauben, daß die eben tn Berecntgung versammelten k>3 Dclcgtrtcn nur Mtnus- boeren und nicht viel mehr eine entsprechend große Zahl von Commandos nnd eine ansehnliche Macht von Vecht- boeren vertreten, können die Chamberlain und Consorten im Ernste doch nur an ihre blindgläubige, fanatische Ge- folgschaft stellen! Da jedoch das englische Kricgsamt durch Zahlen zu ver blüffen sucht, wollen wir ihm mit den gleichen Waffen ent gegentreten, indem wir nochmal» auf die amtlichen Boeren- rapporte verweisen. Nach der Statistik de» VurstandcnS de» tran-vaalschen JdentitätS-DcpartementS, H. I. Oster hagen, haben dieVerlusteberTranSvaalrrvom 1. September 1900 btSzum80. September 1901, also während voller 18 Monate, an Tödten nur rund 400, an Verwundeten nur rund 700 betragen, von denen die Letzteren fast Alle längst wtederhergestellt sind. General DelaRey gtebt in feinem Rapport vom December 1901 feine Verluste vom 7. Juli 1900 bi » zum 4. No- oember 1901, also während voller 18 Monate, mit 170 Tobten und 880 verwundeten an. Der StaatSprocurator der Südafrikanischen Republik, General-Commanbant- Assistent I. C. Smuts, führt tn seinem von der Einnahme Pretorias bis Mitte Januar 1902 reichenden Bericht an den Präsidenten Krüger den Nachweis, daß die Boeren im Transvaal und tm Oranje-Freistaat allein noch über mindestens 20 000 Plan« verfügen, die überdies die Elite der früheren Kriegsmacht von 82 000 Mann darstellen. Diese Zahl gewinnt noch höhere Bedeutung durch die Be rechnungen, die Smuts über die Streitmacht der Engländer anstellt. „Die Erfahrung hat uns gelehrt", so schreibt Smuts, „daß jeder kämpfende Boer ungefähr den gleichen Werth hat, wie fünf englische Soldaten, so daß der Feind eine Streitmacht von ungefähr 100 000 Berittenen ins Feld stellen muß, um sich gegen eine Boercnmacht von 20 000 Reitern zu behaupten". Die 100 000 Mann, die die Eng länder nöthig haben, um die Eisenbahnlinien und die wich- tigsten Plätze zu besetzen, bezeichnet Smuts als „todtc Zahl", da diese Truppen nicht fechten können. Wie ihre eigenen Verluste zu niedrig, so geben die Eng länder die der Boeren stets viel zu hoch an, um die Wahr heit über die tatsächliche Lage in Südafrika zu verschleiern und damit die allgemeine politische Lage zum Nachthcile der Boeren zu beeinflussen. Neben dem eben erwähnten Be richte des Staatsprocurators Smuts könnten wir un zählige Belege, auch aus englischem Munde, dafür an führen, daß die englischen Verantwortlichen wie Unver antwortlichen fortgesetzt falsche Berichte über die Zahl der gefangen genommenen, gctödtcten, verwundeten und sich freiwillig ergebenden Boeren veröffentlichen. Unter den Gefangenen, über die Kitchener wöchentlich berichtet, befinden sich in der Regel zum größten Theil Greise, Frauen und Kinder. Außerdem kommt cs häufig vor, daß eine englische Colonne, die Boeren zu Gefangenen gemacht hat, dies an Kitchener meldet, die Gefangenen aber anderen Colonnen zum Weitertransport übcrgiebt, und diese noch mals Meldung über Gefangene machen, so daß die Ge fangenen in den Berichten zwei und drei Mal aufgeführt sind. StaatSprocurator Smuts berichtet, daß sich im Be sitze eines der Bocrcngcncralc ein Brief befindet, in dem ein Stabsofficicr des Generals Frerich einem Kriegs kameraden als Schnurre mittheilt, daß eben ein Gefecht stattgefunden habe, von dem die Verluste des Feindes vffi- cicll mit so und so viel Todten, Verwundeten und Gefangenen (eine hohe Ziffer) angegeben werden, während er bestimmt wisse, daß nicht ein einziger Boer auch nicht einmal verwundet worden ist. Mit den sogenannten Eapitulanten, d. h. jenen Boeren, die sich freiwillig ergeben, wird dasselbe frivole Spiel getrieben. Typisch dafür ist die für den gegenwärtigen Augenblick selbst verständlich noch besonders aufgeputzte Depesche des „Reuter'schen Bureaus" vom 24. Mai, in Balmvral sei am 23., Abends, ein Theil eines Commandos cingctrosfcn, um sich zu ergeben: die Ankunft des Restes des Commandos werde für Mitternacht erwartet. Die be stimmten Behauptungen der englischen Presse, daß der Friede unzweifelhaft gesichert sei und der Friedensschluß jeden Augenblick verkündet werden könne, werden durch diese Meldung gerade nicht unterstützt. Denn das „Com- mando" hätte sich jedenfalls nicht gerade vor dem Friedens schlüsse noch „freiwillig zu ergeben" gebraucht. Was ist aber überhaupt das thatsüchlich Wahre an der so gewichtig vermeldeten Uebcrgabc? Am 21. Mai haben sich zu Bal moral Feldcornct — nicht Commandant, zu dem ihn aus sehr durchsichtigen Gründen die Engländer machen — Fcld- cornct Bisagie ergeben, und unabhängig von ihm drei Mann des Piet Uys'schen Commandos; weiter am 26. Mai 25 Familien des Visagie'schen „Commandos". Das Visagie'sche „Commando" ist aber nichts weiter als ein Francn- und Kindcrlagcr unter dem Schutze von etlichen nicht streitbaren Männern, das sich augenscheinlich nur von dem Winter auf dem Veld hat in die Flucht jqgen lassen. Der Unverfrorenheit Rcutcr'scher Berichterstattung wird aber die Krone aufgesetzt durch die weitere Meldung, daß sich auch Capitän Mackenny, „das Haupt des Moll'schcn Burghcr-Frciwilligencorps", und sein Aidc-dc-camp Pot- gictcr ergeben haben. Das Moll'schc Burgher-Frciwilligen- corpS ist eines der seit Langem in englischem Solde stehen den Verräthercorps, die ihre Uebergabc doch längst in ge meinem Vcrrathe bcthätigt haben. Oder sollten sich die genannten Herren am Ende den Boeren ergeben haben? Wir wollen uns, was die noch im Felde stehende Zahl der Boeren anbclangt, nicht auf Zahlen versteifen, aber daß können wir versichern, daß die noch kämpfende Streitkraft der Boeren genügt, um trotz dem Aufgebote von Kaffcrn und Hcttentottcn, trotz Panzerzügen, Blockhäusern und Drahtzäunen jederzeit und überall, wenn auch nicht über legen an Zahl, so doch mit Aussicht auf Erfolg aufzutrctcn und die vielfache Uebcrmacht Les Gegners tm Kleinkrieg aufzureiben. Deutsches Reich. * Berlin, 29. Mai. Artikel 42 der Reichs- Verfassung verpflichtet bekanntlich die Bundes regierungen, die deutschen Eisenbahnen im Interesse dcS allgemeinen Verkehrs wie ein ein heitliches Netz zu verwalten und zu diesem Bc- hufc auch die neu hcrzustcllendcn Bahnen nach einheitlichen Normen anlegcn und auSrüsten zu lassen. Hieraus wird nicht selten geschlossen, der Paragraph lege den deutschen Etscnbahnvcrwaltungcn die Verpflichtung auf, den Güterverkehr stets über die kürzeste Linie zu letten. Gegen diese Auffassung wenden sich die „Bcrl. Pol. Nachr." in einem zweifellos offictösen Artikel, in dem cs heißt: „Zunächst wird übersehen, daß in den nachfolgenden Artikeln 48 bis 45 die näheren Bestimmungen darüber ent halten sind, was die Rcichsverfassung unter der Verwal tung der norddeutschen Eisenbahnen als ein einheitliches Ney tm Interesse bcö allgemeinen Verkehrs versteht. Wie in der RcichStagssitzung vom 18. März d. I. von der be- rufendsten Seite festgestellt worden ist, wird mit der Er füllung der dort vorgesehenen Verpflichtungen der im Ar tikel 42 enthaltenen Forderung der Reichsvcrfassung Ge nüge geleistet und cö kann von Rcichswcgen Weiteres von den deutschen Eisenbahnen nicht verlangt werden. Da» erhellt sowohl au» dem Wortlaute, wie aus der Ent- stehungsgeschichtc der bezüglichen Verfassungssätze. Aber auch abgesehen davon liegt cs keineswegs immer im Interesse des allgemeinen Verkehrs, daß der Güterverkehr unter allen Umständen über die kürzeste Linie geleitet wird. Im Interesse des allgemeinen Verkehrs liegt vielmehr die Beförde rung der Güter über diejenigen Linien, auf welchen die schnellste und regelmäßigste Beförderung statt findet. Für die Schnelligkeit der Beförderung ist es von wesentlicher Bedeutung, daß die betreffenden Güter so wenig wie möglich Ucbergang von einer Linie auf die an dere zu vollziehen haben, weil mit jedem Uebergauge ein beträchtlicher Zeitverlust verbunden ist. Unter diesem Ge- sichtspunctc liegt cs im Interesse des allgemeinen Verkehrs, daß die Güter möglichst lange auf derselben Bahnlinie ver frachtet werden. Es kommt hinzu, daß sowohl für die Schnelligkeit wie für die Regelmäßigkeit des Güterver kehrs die Einrichtung, Leistungsfähigkeit und Ausstattung der verschiedene» Eisenbahnlinien von größter Bedeutung ist. Leistungsfähigere und unter günstigeren Betriebsver- hültnifsen arbeitende Linien bieten in dieser Hinsicht dem Güterverkehr in der Regel Bortheile, welche die etwas größere Transportcntfcrnung mehr als aufwiegen. Wird daher für die Wahl einer weiteren Route dem Verfrachter regelmäßig die Transportgcbühr für die kürzeste Verbin- dungSstrccke auferlcgt, so liegt die Leitung des Güterver kehrs über eine etwas längere, aber einheitliche und leistungsfähigere Strecke häufig direct im Interesse des all gemeinen Verkehrs und steht daher nicht im Widerspruche mit der Absicht der Reichsvcrfassung, entspricht vielmehr dieser Absicht ungleich mehr, als die Direktion über eine kürzere Linie, auf der gleichwohl die Beförderung nur langsamer und weniger regelmäßig vor sich gehen könnte. Aber auch volkswirthschaftlich verdient unter Umständen die Wahl einer längeren Linie den Vorzug, weil bei Ver frachtung auf einer leistungsfähigeren Strecke mit günsti geren Betricbsvcrhältnissen die Selbstkosten der Eisen bahnen sich niedriger stellen, als bei einer kürzeren die Selbstkosten bei schwierigeren Betricbsvcrhältnissen. Dieses für die Beurtheilung vom volkswirthschastlichcn Gesichts- pnnct erhebliche Moment fällt schließlich auch für die wirth- schaftliche Verwaltung eines Eisenbahnsystems selbst ins Gewicht, und es leiten daher die großen deutschen Eisen- bahnverwaltungen auch im internen Verkehre die Güter im Interesse des allgemeinen Verkehrs, im Interesse der Bolkswirthschaft und ihrer eigenen ökonomischen Ver waltung häufig lieber über die weiteren, aber unter gün stigeren Betriebsvcrhältnisscn arbeitenden Linien, als über kürzere Strecken." * Berlin, 29. Mai. Diefreiwilligen Spenden deutscher Arbeitgeber für ihre Angestell ten und Arbeiter haben, wie der „Arbeiters!." fest stellt, im letzten Jahre trotz des wirthschaftlichen Drucks nnd der geschäftlichen Stauung in Deutschland eine Höhe erreicht, wie nie zuvor. Obschon die Ermittelungen nicht vollständig sind, weil viele Arbeitgeber, insbesondere Actiengesellschafteu, die Spenden für ihre Arbeiter nicht getrennt von anderen Wohlthätigkeitsausgabcn buchen, hat doch im vergangenen Jahre die Feststellung der Spen den der Arbeitgeber für die Angestellten und Arbeiter oder für die unteren Volksclassen eine Höhe von insgesammt 80-s^ Millionen Mark ergeben, während im Jahre 1900 nur 60>/2, im Jahre 1899 39 und im Jahre 1898 27 Mil lionen Mark ermittelt worden sind. In den letzten vier Jahren sind also außer den regelmäßigen Opfern von jähr lich 180 Millionen Mark, die die staatliche Arbciterversichc- rung den Arbeitgebern seit 1884 aufcrlegt hat, noch mehr a l s 200 Millionen M ark an außerordentlichen frei willigen Spenden für die Wohlfahrt von Angestellten, Ar beitern und den unteren Volksclassen aufgebracht worden. Von den 80,74 Mill, des letzten Jahres entfallen 38,32 Mill, auf die gemeinnützige Fürsorge für weitere Kreise und 42,42 Millionen Mark auf die dircctc freiwillige Fürsorge für die Angestellten, Arbeiter und deren Angehörige. Den Pcnsions- und UnterstützungSfonds, sowie Stiftungen für Angestellte und Arbeiter sind allein 15,58 Millionen Mark zugeflossen, der Krankenfürsorgc sind gewidmet 4,50, der Wohnungsfürsorgc 5,72, Bildungs- nnd Bercinszwccken 4,28 und Erziehungs- und Untcrrichtszwecken 3,27 Millio nen Mark. Auf Preußen allein entfallen über 51 Millionen Mark, also ^4 des Gcsammtbetragcs, davon allein über 18 Millionen Mark, d. i. ' z des Gesammtbetragcs, auf Berlin, was sich allerdings zum Theil daraus erklärt, daß viele Reichs- und Landcsvcreine ihren Sitz in Berlin haben. Sachsen ist mit 11 Millionen Mark, Bayern mit 8 Millionen Mark bethciligt. * Berlin, 29. Mai. Betreffs der neusprachlichen Studien hat der Unterrichtsminister den Universitäten eine Zuschrift zugehen lassen in der «S u. A. heißt: „Die Akademie für Social- und Handelswissenschaft in Frank furt o. M. hat die Einrichtung von Cursen zur Pflege der fr an- zösischen Sprache für Studirende in Aussicht genommen. Die Theilnehmer an diesen Cursen sollen auf der Akademie theoretisch und praktisch unterwiesen, daun «ine Zeit lang in Frankreich untergebracht werden und nach dem Aufenthalte in Frankreich noch einmal zur Akademie zurückkehren, damit hier bet der Fortführung der CursuS die im Ausland« ge- sammelteu Kenntnisse verarbeitet, befestigt und zu freiem Gebrauch nutzbar gemacht werden. Außer den ausschließlich dem Studium der französischen Sprache dienenden Veranstaltungen hat die Aka demie noch einig« Borlesungen allgemein bildenden Inhalt» ein« zurlchten sich verpflichtet, so daß eS unter Umständen möglich sein würde, die Zeit d,S Besuches der Akademie, sofern die Len Theilnehmern an den Cursen am Schlüsse derselben ausgestellten Bescheinigungen den gewünschten Erfolg bezeugen, auf dir für di« Zulassung zur LrhramtSprüfuug er- forderliche Studiendauer anzurechuen. Ich bin b«r«kt, dahin gehende Anträge von llandidaten, welche behufs Aus bildung für die Lehrbefähigung in den neueren Sprachen einen AkademiecursuS in Fraiikfort a. M. ordnungsmäßig durchgemacht haben, eb«nso zu behandeln wie diejenigen Anträge, welche auf »rund d«r Bestimmungen in 8 S, 4 der Ordnung d«r Prüfuug für
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