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MkeMMMer o und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd stüdtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julis» Brauu iu Freiberg. jedm Wochentag Abend« '/,7 Uhr für dcn 9»brga»«. Inserate werden btS Bormtttag 11 Uhr angenom- F 219. ALLkL'-WSLLLM Sonntag, den 2». Septvr. 1885. .... ' .. > - - ' - - — -- » — und Sängergelellschaften Spalier. Auf dem Schloßhose war eine Kompagnie des 120. Regiments aufgestellt. Nachmittag- 5 Uhr sand Familiendiner statt, Abends 8 V, Uhr war ein großer Fackelzug unter Betheiligung der gesammten Bevölkerung. Der dortige „Staats-Anzeiger" sagt: Die patriotische Begeisterung geht durch die gesammte Einwohnerschaft. Tausende und Aber tausende strömen herbei, ihren Kaiser zu schauen, in dessen starker Hand Deutschlands Ehrenschild makellos ruht, der im Kriege wie im Frieden des Vaterlandes Macht und Größe mannhaft und erfolgreich gewahrt und in schwerer Zeit Deutsch lands Heere als unvergleichlicher Sieger geführt hat und da- Deutsche Reich als Hort des Friedens glanzvoll auferweckte. Alle Herzen schlagen einmüthig ohne Unterschied dem achtund achtzigjährigen Helden entgegen. Begeistert begrüßt ihn Schwabens Jugend: „Heil dem Kaiser, hochwillkommen im Schwabenland." — Dem Bundesrathe ist seitens deS Reichsversicherungsamts eine Denkschrift betreffs des Jnsleben- tretens der Unfallversicherung zugegangen. Dieselbe giebt eine Uebersicht über die erfolgte Organisation der Berufs genossenschasten und die der Vertretung der Arbeiter. Ende September werden sämmtliche noch rückständige Organisationen beendet sein. Bezüglich der Organisation der Schiedsgerichte wird mitgetheilt, daß deren Sitze, soweit die Bezirke über die Grenzen eines Bundesstaates hinausgehen, was bei dm meistm der Fall ist, im Einvernehmen mit den betheiligten Zentral behörden unter dem 12. September 1885 bestimmt wordm. Auch die Sitze der übrigen innerhalb der Grenzen eines Bundesstaates sich haltenden Schiedsgerichte sind von dm be theiligten Zentralbehörden entweder bereits bestimmt worden, oder werden in allernächster Zeit bestimmt werden. Die Ernennung der Vorsitzenden kann dann ebenfalls, soweit dieselbe noch nicht erfolgt ist, sofort vorgmommen werden. Dadurch würde die ungehinderte Wirksamkeit des Z 62 gewährleistet sein, wonach die Berufung in Betreff der Entschädigungsansprüche binnen vier Wochen nach der Zustellung des Bescheides der Organe der Berufsgenossenschaft bezw. der unteren Verwaltungs behörde bei dem Vorsitzenden desjenigen Schiedsgerichts zu erheben ist, zu besten Bezirk der Betrieb, in welchem sich der Unfall ereignete, gehört. Freilich wird eine schiedsgerichtliche Entscheidung auf die Berufung so lange nicht erfolgen können, als nicht auch die Beisitzer seitens der Vertreter der Arbeiter gewählt sein werden. Eine Schädigung der Interessen der Verletzten oder ihrer Hinterbliebenen wird indessen dadurch insofern nicht herbeigesührt, als der Verletzte durch die Erhebung der Berufung bei dem Vorsitzenden des Schieds gerichts seinen Anspruch wahrt und die Berufung keine auf schiebende Wirkung hat, vielmehr der von den Genosten schastsorganen angewiesene Entschädigungsbetrag ohne Weiteres erhoben werden kann. Eine sofortige schiedsgerichtliche Ent scheidung über alle Berufungen wird sich auch später nicht immer herbeisühren lassen; dazu sind die Kosten einer Gerichts sitzung in der Mehrzahl der Fälle zu groß. Vielmehr werden die Sitzungen nur von Zeit zu Zeit abgehaltm werden können, weshalb eben die Bestimmung in das Gesetz ausgenommen wurde: „die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung." DaS »uv» —j Reichsvcrsichernngsamt stellt für den Fall, daß durch kaiser- iemüther beruhigen könne und steht angeblich ein von> liche Verordnung die Unfallversicherung mit dem 1. Oktober Unser Kaiser hat das Großherzogthum Baden verlassen, wo er unter fortwährenden enthusiastischen Kundgebungen der Bevölkerung mit seltener Rüstigkeit den Uebungen des 14. Armeekorps gefolgt war. Der greise Monarch schrieb an seinen Schwiegersohn, dm Großherzog von Baden: „Ich scheide mit dem warmen Wunsche von dem Armeekorps, daß dieser vortreffliche Zustand für alle Zeiten erhalten werden möge und scheide aus Ew. königlichen Hoheit Lande auch diesmal mit dem Gefühl des wärmsten Dankes nnd der herzlichsten Befriedigung für die mir von Ew. königlichen Hoheit und dem ganzen Lande gewordene überaus freund liche Aufnahme und die mir auf jede Weise bethätigten Gesinnungen." Außerdem erging an den kommandirenden General v. Obernitz eine kaiserliche Ordre, welche demselben unter Verleihung des Schwarzen Adlerordens wärmste An- Aennung für die Leistungen des 14. Armeekorps aussprach. Der Empfang des Kaisers in Stuttgart hat dem in Karls ruhe wenig nachgegcbcn und ist cs besonders hoch zu vcr- Spanier auf's Tiefste verletzt, auch noch angezweifelt wip so ist der von de Courcy in Huö bewirkte gewaltsam Thronwechsel, der leicht neue Konflikte mit China herbei führen könnte, fast noch weniger im Sinne Clömenceau's. Nur zwischen diesem Letzteren und dem auch die jetzig französische Regierungspartei beeinflussenden Staatsmann Ferry muß es bei den nächsten Wahlen zur Entscheidung kommen, da die Monarchisten und Bonapartisten jetzt nu geringen Anhang haben. würdig zu empfangen. Trotz der Begeisterung, mit welcher die kroatische und ovenische Bevölkerung den Kaiser von Oesterreich an- äßlich der Heeresübungen bei Pozega umjubelte, hat der- elbe dort die Zusammengehörigkeit Kroatiens und Ungarns wiederholt sehr scharf betont, waS man freilich auf Rech nung des ungarischen Ministerpräsidenten Tisza setzte, welcher den Monarchen beständig begleitete. Die huldvolle Art, auf welche der Kaiser Franz Josef der großen bosnisch-herzegowinischen Deputation in Pozega versprach, die okkupirten Provinzen baldmöglichst zu besuchen, machte auf alle Anwesenden einen so tiefen Eindruck, daß an der Stelle im Komitatsgebäude, wo der Kaiser die Deputation empfing, eine Marmor-Gedenktafel errichtet wird. Hoffentlich haben die Worte des Kaisers an den Bonus von Kroatien und den Präsidenten des kroatischen Landtages dazu gedient, die Illusionen zu zerstreuen, welche durch das Emporkommen der czechischen Bewegung in Böhmen und Mähren auch in jenen verfassungsmäßig zu Ungarn gehörigen Ländern großgezogen wordm sind. Thatsächlich hat dort das Phantow der slovenischen Krone St. Zwonimirs die Köpfe ebenso verdreht, wie in Böhmen die Begeisterung für die Wenzelskrone. Die ezechisch- slovenische Agitation hat in Oesterreich neuerdings Dimen- ionen angenommen, welche zahlreiche klerikale und polnische Reichsrathsmitglieder befremdet und dieselben veranlaßt, auf eine Sonderstellung loszuarbeiten, bei welcher die jetzige Mehrheit des österreichischen Reichsraths arg ge- ährdet würde, wenn nicht auf der linken Seite die gleiche Uneinigkeit und Verwirrung herrschte. In Folge der drohenden französischen Neuerwerbungen an der algerischen Grenze läßt die spanische Regierung in aller Eile die Chafferinen-Jnseln an der marokkanischen Küste befestigen. Die militärischen Kreise Spaniens dürften durch den betreffenden Zwischenfall vollständig von dem Karolinenkonflikt abgelenkt werden. In den Arbeiterkreisen aber herrscht gegen Deutschland eine förmliche Kriegslust, da die republikanischen Agitatoren denselben vorschwatzen, daß der energisch für den Frieden eintretende König Alfons für den Verkauf der ungeheuer werthvollen Karolinen von > Deutschland einige Millionen erhalten habe. Allgemein glaubt man, daß nur ein Kabinetswechsel die aufgeregten I Gemüther beruhigen könne und steht angeblich ein von In Belgien hat der ungeahnte Erfolg der Ant werpener Ausstellung den politischen Zwist einstweilen in )en Hintergrund gedrängt. Am Montag wurden die Namen >er auf der Ausstellung Prämiirten in Gegenwart des Königs und der Königin der Belgier feierlich verkündigt, ne auf ihrem nachherigen Rundgang durch die Ausstellung )ie bei derselben betheiligten Oesterreicher wiederholt be- onders auszeichneten. In den letzten Tagen drängte sich n der Scheldestadt Fest auf Fest, doch nahm der Hof daran keinen Anthell, da das belgische Königspaar nach Ostende zurückgereist war. Immer höhere Wogen treibt die Wahlbewegung iu Frankreich, seit die Aeußerungen der Minister Brisson und Allain-Targö den radikalen Führer Clemenceau und seinen Anhang überzeugten, daß die jetzige Regierung genau denselben Weg innehält, wie das eigentlich ganz unnü verdrängte Kabinet Ferry. Auf Madagaskar sind di Feindseligkeiten gegen die Howas wieder eröffnet, in Os asten wirthschaftet General de Courcy ohne besonder Rücksicht auf den ehemaligen Zusammenhang zwischen Anam und China und in Nordafrika soll die französische Regierung von Marokko die an Algerien grenzende werthvolle Oas von Figuig erworben haben. Wenn dieser letztere Vorgan der die mit den französischen Radikalen so eng befreundete Der Familienkreis am dänischen Hofe war in dm letzten Tagm im Schlosse Fredensborg ein vollständiger, nachdem dort auch der Prinz von Wales sich eingefunden wtte. Der russische Kaiser verkehrt besonders viel mit dem Zrinzen Waldemar von Dänemark, der mit einer Tochter es Herzogs von Chartres verlobt ist. Die französische Zraut gefallt den Dänen sehr gut und wurde dieselbe in Kopenhagen herzlich begrüßt, aber der Gedanke, daß deS länischen Prinzen Söhne katholisch werden sollen, findet dort keine gute Statt. Tagesschau. Freiberg, den 19. September. Der deutsche Kaiser verließ gestern Vormittag 11 Uhr Karlsruhe und traf, um 1 Uhr in Stuttgart rin. Der König von Württemberg, die dortigen Minister, die preußische Ge sandtschaft, die Generalität sowie die Behörden hatten sich zum Empfang auf dem Bahnhofe ringefunden. Auf dem Perron war eine Ehrrnkompagnie des Grenadierregiments Königin Olga mit Musik und Fahne aufgestellt. Se. Majestät der Kaiser wurde auf der Fahrt nach dem Residenzschloß von der Bevölkerung stürmisch begrüßt; auf dem Wege bildeten die Geistlichkeit, die städtischen Beamten, zahlreiche Korporationen, die Feuerwehren, Kriegervereine, Schützengilden, Turnvereine Allgemein fällt die späte Anberaumung des Termins der preußischen Landtagswahlen auf. Da diese Abgeord- netmwahlen erst am 12. November erfolgen, ist eine Kollis- sm mit dem deutschen Reichstage, der Mitte November zu- swmentritt, fast unvermeidlich, denn bis zu der im Januar M zu erwartenden Einberufung des preußischen Land- wges lassen sich die Reichstagsarbeiten unmöglich erledigen. Es müssen wahrlich schwerwiegende, wenn nicht unüber windliche Schwierigkeiten sein, welche die Reichsregierung abhalten, den in den Parlamenten so lebhaft betonten Maschen nach der Verhütung des lästigen Nebeneinander tagens Rechnung zu tragen. Der deutsche Bundesrath, der am Dienstag seine erste Plenarsitzung nach den Sommer ferien hielt, ist seitdem stark mit den Vorarbeiten für den nächsten Reichstag beschäftigt. Die braunschweigische An gelegenheit dürfte denselben nach nicht beschäftigen, wohl aber wird diese durch eine demnächst in Berlin stattfindende Konferenz zwischen dem deutschen Reichskanzler und dem braunschweigischen Staatsmimster Graf Görtz-Wrisberc weiter gefördert werden. Den deutsch-spanische Konflikt sieh man in den deutschen Regierungskreisen als durchaus un- bedenllich an, trotzdem die vom Grafen Benomar im deut schen Auswärtigen Amte abgegebene spanischen Note die Karolinenfrage gänzlich unberührt lassen und nur Aus drücke lebhaften'Bedauerns über die in Spanien vorge kommenen deutsch-feindlichen Demonstrationen enthalten sol Die Note liegt jetzt dem Kaiser vor und erst, wenn dieser darüber einen Beschluß gefaßt hat, wird über den genauen Inhalt derselben Authentisches verlauten. Die Woche. Durch den Reichstag ist die Bedeutung der deutschen Knzellandtage nicht so sehr herabgemindert worden, als man anfangs befürchtete. Den Letzteren liegen noch immer sehr wichtige Aufgaben ob und die Vorgänge innerhalb derselben wirken auch stets auf die Verhandlungen der Ge- fammtvertretung des deutschen Volkes mehr oder minder zurück. Wie sehr davon die einzelnen Parteien überzeugt sind, beweisen die krampfhaften Anstrengungen der Ultra montanen, ihre einflußreiche Stellung im preußischen Abge- ordnetcnhaufe zu bewahren, und diejenigen der Sozialdemo kraten, sich einen größeren Einfluß in der sächsischen zweiten Kammer zu erwerben. Das erwähnte sozialdemokratische Sweben hätte völlig aussichtslos sein müssen, wenn nicht bisher an einzelnen sächsischen Orten ein Zusammengehen der Ordnungsparteien durch lokale Verhältnisse vereitelt worden wäre. Die am Dienstag stattgefundenen Wahlen veränderten im Ganzen den Besitzstand der Parteien nur venig, indessen haben es die Sozialdemokraten, trotzdem ihr eigentlicher Führer Liebknecht überall in der Minder heit blieb, doch dahin gebracht, fünf Vertreter in der sächsi schen Kammer zu haben, nämlich Bebel, v. Vollmar, Stolle, Ayer und Kaden. Der Letztgenannte ist in Dresden- Neustadt durchgedrungen und es fehlte wenig, so hätte Dresden- Autonstadt, Dank der Zersplitterung der Kandidaturen, ebenfalls einen sozialdemokratischen Vertreter erhalten. Im Chemnitzer Landkreise wurde der Sozialdemokrat Geyer ge- vahlt, aber in dem städtischen Wahlkreise Chemnitz erhielt der nationalliberale Stadtrath Clauß zweitausend Stimmen mehr als sein Gegenkandidat Liebknecht. Die am Dienstag gemachten Erfahrungen werden aber nicht verloren sein und ist bei künftigen Wahlm in Sachsen schon deshalb überall ein korrekteres Vorgehen der Ordnungsparteien zu erwarten, als das Organ des Reichskanzlers jetzt sehr verständliche Fingerzeige giebt, w o künftig die Konservativen ihre Bundes genossen zu suchen haben. anschlagen, daß der schon seit längerer Zeit leidende König l Sagasta und Moret zu bildendes liberales Ministerium von Württemberg, trotzdem er in den letzten Tagen wieder l ziemlich nahe in Aussicht. in Friedrichshafen von einem fieberhaften Katarrh befallen' war, nach Stuttgart eilte, um dort seinen kaiserlichen Gast