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Sr. LV5 Mittwoch ven L Dezember 7. ächstsche Notksffitm orderen«, der So,,,» und Festtage. Mtd I HO 4 (ohne Bestellgeld), für Oester- 2^.u,ummee a. Postanstallen l. ZettuiigSpreiritst« Nr.88bZ. chv>,U«ummer^Vf. — RedaMonS.Lbiecbltmide: »1—«»Nh» l rwtwch» WgkblM für DMtzrit, Acht «.MW I LMtMVMZM I QUI I V-2iLenkau8Ltrsb« 24 rmpilrkll moäerne pelrvoaren vom Äntsclirt«» dir Irlnrirn Srnrr. Omnrtxitunzrn jr^er ilrt ru dSSzrten ps^ren. ' Ildchl Miekmß porrellao ^sjo>il<3 -^.. . .. - lei-i-acottL Xn;,z» U ^el.« Dss -iaixaillkxc Rkgims-sixhiläum des Kaisers Km? I-sesjh I. Drr»de,. den 1. Dezember 1908. Die Habsburger Monarchie steht am Vorabende eines Fe,res, das in der Geschichte einzig dasteht. Außer der ver storbenen Königin Viktoria war es noch keinem Herrscher vergönnt. 60 Jahre lang das Geschick seiner Völker zu len ken, 60 Jahre lang an der Spitze eines großen mächtigen Reiches zu stehen unter Stürmen, die dieses in seinen Grund festen erschütterten, und unter Leiden, die selbst die nächste Nähe des Herrschers nicht verschonten, wie Kaiser Franz Joseph I. Trotzdem war seine auf das Glück seiner Völker gerichtete Lebensarbeit von großen Erfolgen gekrönt. Und diese sind um so höher anzuschlagen, als es ihm nicht vergönnt war, die Früchte seiner Vorgänger genießen zu können, sondern daß sie aus der Saat eigener Arbeit geern tet wurden. Ihm fiel nicht ein Reich als sicheres Erbe zu; er mußte erst das Erbe seiner Dynastie in blutigem Ringen erwerben, um es zu besitzen. Als Kaiser Franz Joseph am 2. Dezember 1848 die Zügel der Regierung ergriff, da krachte das Reich in allen Fugen. Die Ungarn standen in Hellem Aufruhr, das böh mische Staatsrecht bedrohte die Einheit, der Reichstag muhte aus dem aufständischen Wien nach Kremsier flüch ten; die Armee war der einzige unwandelbare Stützpunkt, auf den der Kaiser sich unbedingt verlassen konnte. Da mals dichtete Grillparzer mit Recht auf die in Italien unter Radetzky kämpfende kaiserliche Armee das Lied: „In deinem Lager ist Oesterreich." Die Lage war so düster, daß Kaiser Ferdinand, dem die Geschichte den Beinamen des Gütigen verliehen hat, sich derselben nicht gewachsen fühlte, und das Szepter dem Sohne des Erzherzogs Franz Karl übergab. Der erste Willensakt des 18jährigen Jünglings entsprang dem konstitutionellen Sinne, indem er vom Reichstage die Vorlage einer neuen Verfassung verlangte, und von dem gleich streng konstitutionellen Sinne ist auch noch der 73jährige Greis beseelt. Wir wollen heute keine Geschichte seiner Regicrungszeit schreiben, wir wollen nur die Vorzüge hervorheben, die den Jubelkaiser auszeichnen und ihn zum leuchtenden Vorbilde eines Monarchen machen. Die Untertanen der österreichisch-ungarischen Monar chie — welchen Glaubensbekenntnisses sie auch immer sein mögen — richten morgen dankerfüllte Blicke zum Herrn aller menschlichen Geschicke empor, nicht weil sich die Wie derkehr des Tages, an dem Franz Joseph den Thron be stieg, zum 50. Male jährt, sondern vielmehr deshalb, weil er ihnen in seiner unerschöpflichen Gnade einen Monarchen gegeben hat, der durch zwei Menschenalter in nie rastendem Eifer und in treuster und edelster Pflichterfüllung ihr herrliches weites Vaterland in jeder Hinsicht unter die ersten Staaten der Welt zu stellen gewußt hat, sei es auf dem Ge biete der Lösung großer Aufgaben der Wissenschaft und Kunst, der Belebung und Verwertung der reichen einheimi schen und industriellen und wirtschaftlichen Kräfte, des Aus baues der Verfassung, der Modernisierung der Gesetzgebung und Verwaltung, sei es auf dem Gebiete sozialpolitischer Einrichtungen zur Hebung des Volkswohlstandes — kurz auf jedem Gebiete, wo es sich um geistigen, sittlichen und materiellen Aufschwung und Fortschritt handelt. All dies war nur möglich, weil Franz Joseph es am ersten Tage seiner Regierung für seine oberste Regenten pflicht ausah, seinen Völkern die Segnungen des Friedens angedeihen zu lassen. Doch die Kriegsjahre 1869 und 1866 griffen mit rauher Hand in diese friedliche Arbeit hinein und zwangen ihn. das Schwer! zu führen. In einer Großmut, die ihresglei chen in der Weltgeschichte nicht zu finden vermag, reichte er als Sieger 1869 dem Gegner, der ohne Veranlassung in das Reich mit Hecrcsmacht eingefallen war, aufrichtig die Hand zur Versöhnung, ohne sich die Gewähr gegen Wiederholun gen ähnlicher Ereignisse auszubedingen: er brachte dem Frieden das Blut zum Opfer, das von seinem Heere für Oesterreichs Recht und Ehre vergossen war. Nur um das kostbare Gut, den Frieden, seinen Völkern und Europa zu erhalten, begegnete Kaiser Franz Joseph auch weiteren An feindungen mit Geduld, die erst erschöpft war, als der Gegner immer dreister wurde und für die Aufrechterhaltung des Friedens unannehmbare Bedingungen stellte. Oesterreichs Armee vermochte in dem darob ausgebrochenen Kriege nicht den Sieg an ihre Fahnen zu fesseln: in zwei Schlachten ist der Gegner siegreich, es sind aber Siege, von denen er selbst sagt: Noch einige solche Siege und wir kehren ohne Armee nach Frankreich zurück. Ungebrochen an Kraft und mit Freude und Mut sieht die Armee der Fortsetzung der Kämpfe entgegen: aber um seinen Völkern den Frieden zu sichern, und die innere Wohlfahrt und äußere Macht des Reiche? durch zweckmäßige Entwickelunug seiner reichen gei stigen und materiellen Kräfte, sowie durch zeitgemäße besserungen in Gesetzgebung und Verwaltung dmiernv zu gründen, nimmt der Monarch den angebotenen Frieoen . Trotz der heldenmütigen Tapferkeit der österreichi,cy Armee und Kriegsflotte wurde dem Reiche die Lomvar entrissen. . Mitten in dem nach 1859 unternommenen dahmgeyen- den Werke des Friedens: die Grundlage zu ^e- fassungsreform zu legen, welche die Machtstellung de-, ' samtreiches festigen, den einzelnen Ländern und Vot er aber ihre freie Entwickelung sichern sollte, gebot 18b l Ehre und Stellung Oesterreichs, nicht aber die Sucht nacy Eroberungen oder das Streben, Vorteile aus dem Buno- nisse mit Preußen zu holen, das Schwert zu ziehen, galt, vertragsmäßige Rechte zu wahren, einen bedroicn deutschen Volksstamm zu schützen, das Unheil eines unver meidlichen Krieges auf seine engsten Grenzen einzuschranren und in der innigsten Verbindung der zwei mitteleuropäi schen Großmächte — denen vorzugsweise die Aufgabe der Erhaltung des europäischen Friedens zu teil geworden zum Wöhle Oesterreichs, Deutschlands und Europas eme dauernde Friedensgarantie zu gewinnen. Mit berechtig tem Stolze konnte der Kaiser auf die raschen und glanzen den Erfolge an dem Gestade der Nordsee Hinweisen, die zeigten, daß Oesterreich in seiner verjüngten Gestalt den Franz Joseph I. Kaiser"»»» Oesterreich, Apoft. König von Ungarn alten guten Geist bewahrt und in die neuen freiheitlichen Bahnen seines staatlichen Lebens das Erbteil seiner Kraft und seines Ruhmes mitgenommen hatte. Die Hoffnung, daß nun der Frieden auf lange Zeit gesichert sei, und daß somit das vom Kaiser begonnene Reformwerk im Innern des Staates mächtig vorwärts schreite, erwies sich als trü gerisch. Der Bundesgenosse von 1864 und Italien suchten Oesterreich in seiner europäischen Machtstellung zu erschüt tern, ohne daß ihnen ein Anlaß zum Kriege gegeben war. Schweres Unglück traf Oesterreich in dem Doppelkriege von 1866. Um dem Blutvergießen und den Verheerungen des Krieges ein Ziel zu setzen, war der Kaiser zu einem Frieden unter ehrenvollen Bedingungen geneigt: er wurde zu Prag geschlossen, um bis zum heutigen Tage zu bleiben. Trotz- dem die österreichischen Waffen zu Wasser und zu Lande in Italien siegreich waren, verlor es an dieses Venezien. Hart war damals Oesterreich mitgenommen worden, auf allen lastete ein gewisser Druck, ungebeugt stand nur einer, von dem festen Willen beseelt, auf der Bahn des Friedens Oesterreich neu zu gestalten, auf daß es den ihm gebührenden Platz im „Konzerte der Mächte" einnehme: cs war sein Kaiser. Nur um das Wohl seiner Völker be sorgt, erklärte er wenige Monate nach dem Prager Frie den offen vor aller Welt in der Thronrede vom 22. Mai 1867, den Schleier des Vergessens über die nahe Vergangenheit werfen zu wollen: nicht der geheime Ge danke der Wiedervergeltung sei es, der seine Schritte tn Zukunft lenken werde. Wie ernst ihm diese Worte waren, zeigte er bald durch die Tat. Seinen einstigen Gegner König Viktor Emanuel besuchte er tn der nun diesem „ge- treuen Stadt" Venedig und dem sieggekrönten Hohen- zollernkaiser Wilhelm I. reichte er die Hand zum Bruder bünde, die dieser freudig erfaßte. Der alte Zwist zwischen den beiden deutschen Vorstaaten hatte damit für immer ein 7aclello5e5i leint Deutschen leinlu/asciipulverz urxi preis je 1 killt. flüssig-lemtpi-äpai-sles -rm unck 4 /isst. - - 0r«4«n-K ru erverben irt leickt mit Hüte öes Leit lstir- rebnten bevZbrten, giänrenö degutsckt. (RemIrckeL vaborstorium vn bepotr In Dresden Sülms ttsrreLtrsk« 1. >, tterm. Kock, KItmsrstt. 4eorze ksunumn, prszvSv^tzL Ende gefunden, die künstlich genährten, durch eme verfehlte Politik vergröberten Gegensätze wurden zuruckgestellt. Der weisen Staatskunst Bismarcks und Andrassys war es ge- langen, die letzten Hindernisse zu beseitigen und d,e Gegner von 1866 zu vereinigen, ja enger, als es lenmls der Fall war, miteinander zu verbinden. Dieser Friedensbund wurde 1881 durch Beitritt Italiens zum Dreibunde ausge- staltet. Er hat nicht nur Oesterreich, Deutschland und Ita lien, sondern auch Europa den so oft bedrohten Frieden er halten Die Seele desselben ist Kaiser Franz Joseph, dev von allen Monarchen, besonders von unserem edlen Kaiser, verehrte Senior aller Fürsten Europas, dessen wohlmei- nenden Rat sie gern einholen und hören. So ist Kaiser Franz Joseph der Friedensfürst. der Friedenskaiser geworden: in Erfüllung gegangen sind jene Worte der Thronrede von 1867, in welcher der Kaiser die Hoffnung anssprach, daß „Ungunst und Feindschaft sich in Achtung und Freundschaft verwandeln" werden. So oft sich die Der- treter seiner Völker um ihn versammelten, konnte er kon- statieren, daß „unsere Beziehungen zu allen auswärtigen Staaten fortwährend die freundschaftlichsten" sind. Möge es nun cmch seiner bisherigen Herrscherweisheit gelingen, die jüngste Vergrößerung der Monarchie in Frieden durck)- zuführcu: in Aufträge Europas ließ er vor 30 Jahren die beiden verwahrlosten türkischen Provinzen Bosnien und Herzegowina besetzen: in stiller, aber desto rastloserer Ar- beit sind sie zu blühenden Ländern geworden, die freilich den Neid irregeleiteter Nachbarn erregen mögen. Der neue Besitz ist nicht nur geeignet, den stets unsicheren ita- lienischen Besitz aufzuwicgen, sondern durch dessen Einver- leibung hat auch das Reich den einstigen Umfang des Habs burgerreiches Karls VI. wieder voll erreicht. Dadurch hat der greise Kaiser im Jahre seines 60jährigen Regierungs- jubiläums auch die Schicksale Oesterreichs in der weiteren Zukunft vorgezeichnet: die Sicherung der österreichischen Stellung auf dem Balkan. Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die innere Entwickelung der Monarchie. Der oben geschilderte traurige Ausgang der äußeren Kämpfe äußerte auch im Innern unheilvolle Folgen. Um diese wenigstens teilweise zu paralysieren, wurde zu dem bedauerlichen, heute mora lisch bereits abgewirtschafteten Dualismus zwischen Oester reich und Ungarn gegriffen. Um so unermüdlicher widmete sich der Kaiser dem Wohle seiner Untertanen, der Hebung von Handel, Gewerbe und Landwirtschaft. Und wie früher bereits das Prinzip der gleichmäßigen Besteuerung, der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze, die Auf hebung drr bäuerlichen Hörigkeit und die Ablösung seiner mitverbundenen Lasten die Ziele des Kaisers gekennzeichnet hatten, so entstanden nun ein neues Wehrgcsetz, das Reichs- volksschulgesch und das allgemeine Wahlrecht für den Reichsrat, welches dem neuen Parlamente einen katholischen! Abgeordneten als Präsidenten brachte. In sozialer Beziehung wurden zahlreiche Gesetze ge schaffen, wir wollen einige andeuten: 1848 Kinderschutzge setz in der Industrie, 1870 Aushebung des Koalitionsver botes, wodurch die Schaffung moderner Arbeiterorganisa tionen ermöglicht wurde. 1883 Gesetz der staatlichen Ge- werbeinspettiou, 1885 Arbeiterschutzgesetz und llstüudigec Marimalarbeitstag in Fabrikbetrieben, 1887 Unfallver sicherungsgesetz, 1888 Krankenversicherungsgesetz, 1895 ge werbliche Sonn- und Feiertagsruhe, 1896 Gewerbegericht. 1897 Gew"rbcgesetznovelle. Die folgenden Jahre der na- tionalcn Kämpfe und Wirren und die durch sie herbeige führte Lahmlegung des Parlamentarismus hatten einen Stillstand der sozialen Gesetzgebung zur Folge. Nur der große Bcrgarbeiterstreik vom Jahre 1901, der wie ein mah- nendes Gewissen an die Tore der Volksvertretung pochte, vermochte die gesetzliche Festlegung der Neunstundenschicht im Bergbaue zu erzwingen. Dem neuen Volksparlamente ist cs Vorbehalten, dem Wunsche von Millionen Rechnung zu tragen und den Gesetzentwurf über die Sozialversiche rung zur Tat werden zu lassen, um Hunderttausenden, die sich ihr Leben hindurch ehrlich gemüht, einen sorgenfreier» Lebensabend zu sichern. Wie das politische Leben des Monarchen, so ist auch dessen Familienleben reich an Freuden und Leiden. Mit unbeschreiblichem Jubel empfingen die Völker Oester- reichs im Jahre 1854 die „Rose vom Bayernland" als Kai serin Elisabeth, mit unsagbarer Trauer trugen sie mit rhrem Herrscher das Leid, als im September des Jahres 1898 in Genf der Dolch eines verruchten Anarchisten dem Kaiser die treue Gattin raubte. Mit brausendem Jubel begrüßten am 21. August 1858 die Völker Oesterreichs die Geburt emes Kronprinzen, der am 30. Januar 1889 ihnen """de. In gleicher Weise half die Trauer des Volkes dem Kaiser die anderen schmerzlichen Familienlebens ertragen, den Tod seines Bruders Maximilian in Mexiko, seiner Schwägerin Sophie, Herzogin von Bayern, die am 4. Mai 1897 in Paris beim