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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187705255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18770525
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18770525
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-05
- Tag 1877-05-25
-
Monat
1877-05
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1877
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Erscheint täglich früh e»/, Uhr. »ehattte» «t TrpebiNoa IohauaiSgaff« 8S. S-rrchßmüt» der Lrbartioa: AormittagS 10—12 Uhr. Nachmittags 4—k Uhr. Umrahme der für die nächst- folgende Nummer bestimmten Inserate an Wochentage« bis 8 Uhr Nachmittags, an Sonn- «ld Festtagen früh bis V.v Uhr. Z, bea Fittatt, für Zas.-Amuchme: Otto Stemm. Universttätsstr. 22. iiouiS Lösche. Katharinenkr. 18,p. nur dis V.3 Uhr. UchMtr.Tagtblall Anzeiger. OrW für Politik, Lokalgeschichte, Haudelr- md GeschästSvnkkhr. Auflage 15,1V-. Ldeaurmeawprri» viertelt- incl. Bring erloha b ML. durch die Post bezogen « «L Jede einzeln« Nummer 80 Pt Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage, ohne Postde'ördcruug 36 Ntl mit Postbefvrderuag 4b Mt Zierate taesp Bourgeois-. 2,» Pt Größere -schritten laut unsere» PreiSverzeichniß — Tabellarisa,«' Satz nach höherem Toris Neri««» »»Irr »r» ttrb«rN»»»-rm die Spaltzeile 40 Pf. Inserat« stob stets au d. LrpeRtt»* zu salben. — Rabatt wird Mckr gegeben. Zahlung pr»onnn>or»u«1« oder durch Postvorschuß. W 145. Freitag den 25. Mai 1877. 71. Jahrgang. Zur Aufrechlhaltung der öffentlichen Ordnung bei Gelegenheit der am 26. tswk und 27. d«. Mt». stattflnd nden -Re»«»» haben wir für nvthig erachtet, folgende Anordnungen zu treffen: 1) An diesen Tagen sind Nachmittag» von 12 — 6 Uhr der Scheivenweg vom Schleußiger Wege ab bi» zum Iohannaparkwege und der Schleußiger Weg von der Brandbrücke ab bi» zum Kirschwehr für den öffentlichen Fahr- und Reitverkehr, «gleichen der Scheibenweg vom Schleußiger Wege ad bi- zum Scheibengehölz auch für den Fußverkehr Gesperrt. 2) Wagen, die in die Rennbahn gelangen wollen, haben denHiuveg über die Branstraße und den Schleußiger Weg, den Rück weg durch da» Scheidengrhölz und den Johanna« Parkweg zu nehmen. 3) Diejenigen Wagen, welche nur bi» an den Eingang zur Rennbahn bei der Einmündung de» Schcibenweg» in den Schleußiger Weg fahren, haben den RUciweg ebenfalls über die Braustraße zu nehmen. 4) Auf der Braustraße und dem Schleußiger Wege haben alle Wagen recht» zu fahren und sich streng in der Reihenfolge zu ballen. 5) Aus dem Schleußiger Wege darf kern Wagen halten. Wir bringen diese Anordnungen hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, mit dem Bemerken, daß unsere Organe angewiesen sind, die Beobachtung derselben auf da- Strengste zu überwachen. Zuwiderhandlungen werden mit Geldstrafe bi« zu 30 oder Haft bestraft. Leipzig, den 24. Mai 1877. Der Rath ««d da» Poli;«ia»1 der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Or Rüder. Daegner, Secr. Bekanntmachung. Die neubegründete Stelle eine« Bice-Buchhalter» bei drr Stadt» Steuer »Einnahme baden wir dem zeitherigen königl. Vermessung» Ingenieur Herrn Gustav Julia» Koch übertragen und e» hat derselbe heute dieses Amt angetreten Leipzig, den 22. Mai 1877. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Leizyifti 24. Mai. Angesichts de» letzten Ministerwechsel» in Frankreich ist an die Austastung zu erinnern, welche Fürst BiSmarck in den bei Gelegenheit de» Arnim'schen Procrffe» an die Oeffentlich- keit gelangten politischen Aktenstücken über unsere Stellung zu einer den ultramontanen und den monarchischen Bestrebungen geneigten Regierung in Frankreich kund gab. Am 23. November 1872 schrieb der Reich-kanzler dem damal» al» Bot schafter in Pari» weilenden Grafen Harry d»n Arnim: „Ein monarchisch constituirtk» Frank reich würde größere Gefahren für un» haben, al» die sind, welche Euer Excellenz in dem ansteckenden Einfluß der republikanischen Institutionen sehen. Das Schauspiel, welche» diese darbieten, erscheint eher geeignet, abschreckend zu wirken. Mit den Legitimisten könnten wir überdies unter keinen Umständen gehen, da sie immer päpstlich gesiniv fern werden So lange unser Kampf mit der Curie dauert, dessen Ende nicht abzusehen ist, können wir rin solche» Element nicht begünstigen Die Ansicht, Laß jede andere RegierungSform in Frankreich al» die republikanische für un» unannehmbar wäre, würde zu weit gehen und wird daher von »er inspirirten Presse auch niemals vertreten werden ; andererseits aber würden wir, wenn wir für irgend eine andere Regierung daselbst Partei nähmen, auch die gegen dieselben gerichteten Feindschaften erben." Aehnlich spricht Fürst BiSmarck sich wenige Wochen später in einem Erlaß vom 20. Decemder 1872 au», indem er dem Botschafter die stricte Weisung ertheilt, sich den Agitationen der Rechten vollständig fern zu halten. „Unser Bedürfviß" — heißt e» dort — „ist, von Frankreich in Ruhe gelassen zu werden und zu verhüten, daß Frankreich, wenn e» un» den Krisen nicht halte« will, Bundesgenossen finde. So lange e» solche nicht hat, ist nn» Frankreich nicht gefährlich, «nd so lange die großen Monarchien Europa» znsammenhalten, ist ihnen keine Republik gefährlich; dadurch wird aber eine französische Republik sehr schwer einen monarchischen Bundes genossen gegen un» finden. Diese meine Ueberzeugnng macht e» mir unmöglich, Sr. Majestät zu einer Aufmunterung der monarchischen Rechten in Frankreich zu rathen, welche zugleich eine Kräfti gung de» «n» feindlichen »ltramontanen Elemente» mvolviren würde." Schon wegen der Gefahren, welche an» der Bildung eine» streng konservativen »nd zugleich klerikalen Cabinet» — beide Ligen- schäften erschienen damal» »nd erscheinen auch »nter den heutigen Verhältnissen in Frankreich aus da» Engste verbunden — für di« Beziehungen der französischen RAerung zu Italien entstehen könnten, dielt der Reichskanzler da» vorwiegen de» Einflusses der entschiedenen Rechten für wenig ersprießlich. „Wir wünschen keineswegs", schrieb er dem Grafen Arnim unter de« 1». Januar 1874, „einen Eonflict zwischen Frankreich und Italien auSdrechen zu sehen, well wir bei einem solchen un» der Unterstützung Italien» nicht würden entziehen können. . . ." „Allerdings", fügte er bald darauf in einem Erlaß vom 2». desselben Monat» Hinz», „ist e» meine Ueberzeugnng, daß wir Italien, wenn e» von Frankreich ohne Grund, oder au» Gründen, die auch unsere Interessen berühren, angegriffen werden sollte, nicht hülflo» lassen kSnuten." Aller dings ist aber bei der Medergabe der obigen Auslassungen auch daran zu erinnern, daß ebenso ie der D»e de Broglie unmittelbar nach An tritt seines Amle» sich veranlaßt gefühlt hatte, am 16 Oktober 1873 über die von seinem Cabinet zu beobachtende auswärtige Politck be ruhigende Erklärungen abzugebev, so auch die positive Erklärung de» Marschall-Präsibenten in dem Schreiben an den im Amte verbleibenden Minister de» Auswärtigen, Herzog Decaze», »nd in der Botschaft ^.n Li: Kammer, daß in der auswärtigen Politik Frankreich-, in den guten Beziehungen zu allen Mächten in keiner Hinsicht eine Blenderung ekttreten solle, nicht zu über sehen ist. Professor Jürgen Bona Meyer in Bonn erstattet in dem von den Professoren von Holtzendorff und Brentano herau-gegebenen „Jahrbuche für Gesetz gebung. Verwaltung «nd Bolftwirthschaft' einen interessanten Bericht über die Thätigkeit der im März 1871 gegründeten Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung. Wir entnehmen demselben, daß die Zahl der beige- tretmen persönlichen und körperschaftlichen Mit glieder von 1425 im Jahre 1871 allmülig bi» auf 4761 im Sommer 1876 gestiegen ist. Bei dieser Gesammtzahl der Mitglieder stieg die Zahl der beigetretenen Vereine von 158 im Jahre 1871 auf704 im December 1876, die Zahlderbeigetreteuen Zweigvereine stieg von 6 im Jahre 1871 auf 21 im December 1876, die Zahl der eine verschiedene Anzahl von Vereinen umfassenden Provinzial- und BezirkS- verbände stieg von 6 im Jahre 1871 aus 9 im December 1876. Die Gesammtzahl der mit der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung unmittelbar »nd mittelbar in Verbindung stehen den. nach dem gleichen Ziele einer freien Volks bildung strebenden Mitglieder wird auf etwa 200,000 Personen veranschlagt. Da» ist im Ber- hültniß zur Bevölkerung Deutschland» sicherlich noch keine entsprechend große Zahl. Nach einer Berechnung vom Jahre 1873, in welchem die Gesellschaft 3123 persönliche »nd körperschaftliche Mitglieder umsaßte, kam 1 Gesellschaft-Mitglied auf etwa 13.000 ReichSangehöriae. Nach der Zählung von 1873 gab e» in Preußen 1289 S ädte. die Gesellschaft umschloß aber nur 377 Vereine, von denen mitunter mehrere in einer Stadt sich befanden. Die größere An zahl preußischer Städte war als» noch gettiz un- vertreten. Genauere Mtttheilungen über Bestand »nd AuSbreituug der Gesellschaft brachte die von derselben im Jahre 1875 herausgegebene „Statistik der mit der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung in Verbindung stehenden Vereine für Bolk-bildunaSzwecke nach dem Stande de» ver- waltungSjahre» 1874/75 " Diese Statistik ergab, wenn man mit Zugrundelegung der Ergebnisse der Volkszählung von 1871 die Bevölkcr»ng»zahl Deutschland» mit der Zahl der BildungSverem»- Mitglieder verglich, die Lerhältnißrahl von 1000 zu 2. Die größte Zahl der Vereine hatte nächst dem Königreiche Preußen da» Königreich Sachsen. Nach, einer ungefähren Schätzung für da» Ber- waltungSjahr 1874/75 beliefsich diegesammteSelbst- besteuerung de» Volke» für diese Bildungszwecke in ganz Deutschland auf die Summe von 413,364 23 ^s, wovon 362,306 ^ 4» ^ im Laufe diese» VerwaltungSjahre» wirklich zur Verwendung ge- langten. Da» Verein-Vermögen belief sich »« Jahre 1876 auf 74.LS7 Im Hinblick auf diese kurz fltzzirte Statistik darf «an wohl sagen, daß der Stand der Gesellschaft, wenn derselbe auch hinsichtlich der Theilnahme de» Volke» »nd der Bereitwilligkeit der Bemittelten zu materieller Unterstützung noch lange nicht den berechtigten Erwartungen entspricht, doch darthut, ein wie wichtiger und von allen Seiten beachtenSwerther Bildung-factor in unserem Volke diese Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung bereit» ge- wordm ist. Zeitungsnachrichten zufolge ist seitens de- Reich»- kanzleramt» ein Gesetzentwurf behus» Revision de- UnterstützungSwohnsitzgefetze» auSge- arbeitet worden, und zwar in der Richtung, daß der Beginn der Frist für den Erwerb bezw. den Verlust de» Unterstützung-Wohnsitze- mit dem voll endeten 21. Lebensjahre, statt, wie bisher, mit dem vollendeten 24. Leben-jahre eintreteu, und daß die Dauer dieser Frist von zwei Jahren ans ein Jahr herabgesetzt werden soll. Ein solcher Ge setzentwurf würde einem von den verschiedensten Seiten anerkannten Bedürfniß entsprechen. Um so mehr erstaunen wir, ihn auf jene Zeitungs nachricht hin von einem süddeutschen Blatte als doctrinaire Gesetzmacherei bekämpft »nd alS eine au» übertriebener Humanität geforderte Erweiterung de- Rechte- auf Unterstützung betrachtet zu sehen, welche in ihren Conse« quenzen in Bälde zu dem „Recht auf Arbeit" und den „Nationalwerkstätten" führen würde. Man kann Sinn und Tragweite der beabsichtigten Neuerung nicht ärger mißverstehen, al» eS in solchem Vorwürfe geschieht. Von einer Er weiterung de» Rechte- auf Unterstützung, zu dessen Erwerbung schon jetzt die kürzeste Lebens dauer genügt, ist gar nicht die Rede; e» handelt sich lediglich um eine gerechtere Regelung der Unte-stützungSPf licht. Nach dem Gesetz vom 6. Juni 1870 wird der UnterftützungSwohnsitz in einem OrtSarmenverbande erworben, wenn der Beireffende innerhalb desselben narb zurück gelegtem 24. Lebensjahre zwei Jahre lang ununielbrochen seinen gewöhnlichen Aufenthaft gehabt hat. Desgleichen wird der Unter stützung-Wohnsitz. sowohl der durch Aufenthalt wie der durch Abstammung e, wordene, verloren durch zweijährige ununterbrochene Abwesenheit nach zurückgelegtem 24. Lebensjahre. Hierau» er hellt, daß, da die Kinder den UntcrstützungS- wohnsitz de- Vater» theilen, bi» sie denselben ge mäß den erwähnten Bestimmungen verloren haben, die Unterstützungsbedürftigen unter allen Um ständen bi» zum vollendeten 26 Leben-jahre ihren alten HeimathSgemeinden zur Last fallen. ES kann also Vorkommen, daß ein Arbeiter, der be reit» al» Knabe von 14 Jahren in die Stadt gewandert ist, noch 10 —12 Jahre später im ÜnterstützungSfalle dem ländlichen OrtSarmen verbande zugewiesen wird, au» welchem er her stammt. Wenn über ein solche» Mißverhältniß von ländlicher Seite schon lange bittere Klage geführt wird, so kann Da« nicht Wunder nehmen; diese Klage bildet vielmehr einen derjenigen Puncte de» Programm« der Agrarier, welchem auch der entschiedenste Gegner der Letzteren ein gut Theil Berechtigung nicht absprechen kann Ihr will man gerecht werden, indem man da» Gesetz vom 6 Juni 1870 in der oben angegebenen Weife ändert. Da» vollendete 24 Lebensjahr al» Be ginn der Frist bi« »um Verlust de» angestammten Unterstützung-Wohnsitze» hat keinen Sinn mehr, seitdem der GroßjährigkeitStermin auf da« voll endete 21. Lebensjahr geleat ist; die Herabsetzung auf da» 21. Lebensjahr ist eine logische Eonse quenz. gegen welche Niemand ankämpfen kann Ueber die Beschränkung der Dauer de» Erwer- bungStermine» von zwei Jahren auf ein Jahr läßt sich freilich eher streiten. Von ländlicher Seite wird sie eben so sehr gewünscht, wie sie auf städ tischer Seite Widerstand findet. Uebrigen» ist daran zu erinnern, daß die einjährige Aufenthalt«, dauer früher in Preußen schon bestand und daß die zweijährige Dauer in de» Gesetz vom 6. Juni 1870 nur ein E»mpr»miß mit der namentlich von kleinstaatlicher Seite festgehaltenen Anschauung ist, welche 3 Jahre für nothwendia hielt. Die Er fahrung hat gezeigt, daß die Freund« der Hei- math-aemeinde, welche damal» mit besonderem Eifer für die längere Dauer eintraten, derselben damit im Allgemeinen einen schlechten Dienst ge- leistet haben. Welcher Ansicht man aber auch immer über die Verkürzung der Frist sein mag, ganz unver ständlich ist, wie jene» süddeutsche Blatt verlangen kann, daß die Erwerbungsfrist nicht allein nicht verkürzt, sondern verlängert und den Heimath»- gemeinden die Verpflichtung auferleat werde, auch selbst bei anderwärts erworbenem Unterstützung»- Wohnsitz noch V» »der '/» der UnterstützungSkosteu zu tragen. Wer Solche» fordern will, muß zu- nächst va» Recht der Freizügigkeit beseitigen und den Gemeinden Mittel in die Hand geben, ihre Angehörigen von der Auswanderung zurückzu hallen. Derartige reactionaire Jveen wird heute kaum Jemand zu denken, geschweige denn auSzusprechen wagen. Al»dann bliebe nur übieig. den Grundsatz auszustellen, daß zur Unterstützung nicht derjenige Ort verpflichtet fei, welchem die Arbeitskraft de- Unterstützungsbedürftigen zu Gute gekommen, sondern derjenige, in welchem er zu fällig geboren »nd ausgewachsen ist. Thatsächlich würde daran» für die Landgemeinden in unzäv ligeu Fällen einfach die Aufgabe folgen, Arbäter für die Städte m ihren Schulen zu erziehen und nachher, wenn die Arbeitskraft m den Städten verbraucht, auf ihre Kosten zu unterhalten Weiter kann man den Widersinn unmöglich treiben. Tagesgeschichtliche Arberficht. Leipzig« 24. Mai. Fürst BiSmarck erhielt am Montag Abend in Berlin den Besuch de- Kronprinzen, welcher mit ihm eine längere Unterredung hatte. Im Auswärtigen Amt zu Berlin war in diesen Tagen viel Verkehr; die Botschafter und Gesandten beeilten sich, den Fürsten BiSmarck zu sprechen, weil er noch in dieser Woche nach Kff- singen weiter reisen will. Bei der Uebcrfülle von Geschäften, die durch den Kanzler selbst erledigt werden müssen, bleibt Tag und Stunde der Abreise unbestimmt. Bi» jetzt hat der Fürst von seinem Urlaub wenig gehabt, denn in Friedrich» - ruhe gab e» viel zu arbeiten, und da» Wichtigste geht auch in Kisstugen durch BiSmarck^» Hände. Seine einzige Erholung findet er darin, daß er bi» zum November nicht in der Wilhelmsstraße zu wohnen braucht und de« persönlichen Verkehr mit der großen Welt entrückt ist. Am besten bekam dem Kanzler noch jede« Jahr der Aufent halt in varzin, denn dort kann er sich am unge zwungensten ergehen. Bon Sifsingen begiebt er sich deShalb über Berlin auch direct nach Hinter- pommern, um dort nach vorläufigen Bestimmungen mindesten» fünf Monate zu verweilen. Die halbamtliche „Prov. - Eorr." giebt eine „Uebersicht" von den Ereignissen vor und nach dem Ministerwechsel in Frankreich, der wir folgende Stellen entnehmen: Der Präsident der französischen Republik hat ganz unerwartet sein bilherige» Mjmsttrmm entlassen uno durch d>« Wahl seiner neuen Minister eine entschiedene Wendung seiner Politik bekundet: er will sich von Neunn auf diejenigen Parteigruppen stützen, denen er bei dem Sturz des vormalige» Präsidenten Thiers seine Be rufung an dir Sp.tze der Reg'erung Frankreich« zu danken batte Die Vertagung, welcher möglicher Weis« eine nochmalige Vertagung auf weiter« vier Wochen folgen wird, kann nach Lage der Verhältnisse und nach allseit'ger Ueberzmgnng nur die Einleitung zur Auflösung der Abgeordnetenkammer und zu dem- nächstigen neuen Wahlen sein, durch welche dir altm Parteien und zugleich d e Ulttawoatanea die im vorigen Jahre verloren« Herrschaft wieder erringen wallen. Der Einflüsse und Umstände, unter welchen die merkwürdige Wenoung in Frankreich etngrtreten ist, haben zumal unter den obwaltenden europäischen Verhältnissen die ernste Beachtung vou alen Seiten auf die wettere Ent wickelung dieser neuen Knfi« lenken müssen. Der „Germania" wird au» Rom geschrieben: „Die Entlassung de« französischen Minister- Präsidenten hat hier nicht überrascht Simon- Reise nach Italien, dessen Plan, einen „üulturkampf ' in Frankreich in Scene zu setzen, hatte» dessen Ent lassung von Seite» de« Herzogs van Magenta schon längst zu einer Frage der -eit gestaltet. Wa« aber den Sturz beschleunigte, war ve« Minister« Leußerung in der Kammer, daß der Papst ein Lügner sei. Dies war denn doch dem Papste Pin« tX. zu stark, vom Ministerpräsidenten Frankreich« der Lüge geziehen zu werden Er ließ deshalb dem Nuntiu« die Weisung ertheilen, daß er den Marschall. Präsidenten benach- richtige, im Batican sei der Abbruch der Beziehung-« mit der französischen Regierung in »u«stcht geoammen worden. Der Marschall-Präfident war darüber natür lich sehr beunruhigt, und der Grund war bald ge funden , der Wirthschast des Herrn Simon ein End« z» machen." Wie man der „Presse" au» Rom schreibt, ist der Vatikan am Sturze de-liberalen franzö sischen Eabinet» mitbetheiligt. Schon die italienische Reife Jule» Simon'» und der Umstand, daß ihm sofort nach feiner Rückkehr vom Könige Victor Emavuel der Annunciata-Orden verlieh«! wurde, gab dem Eardinal-Staat-fecretair Anlaß, dem Marschall Mac Mabon einige wenig wohl wollende Bemerkungen über seinen Premier machen zu lassen. Die Antwort Jule» Simon'» «uf die Interpellation Leblond, in welcher der Minister den Papst der Uebertreibung in der Dar stellung seiner Lage beschuldigte, schlug dem Fasse den Boden au» Man erwartete im vatican nur den Wortlaut der Rede de» Minister- Präsidenten. um bei dem Marschall förmlich gegen dieselbe Protest einzulegen, »nd diesem war die Drohung beiaefügt: der Papst werde, fall» Jule» Simon am Ruder bleibe, seinen Nuntiu» von Pari» abberufen müssen. Da» war in keine» Falle ernst gemeint, auf den Mgrschall that e» aber die beabsichtigte Wirkung. Der Präsident der Republik ließ durch Monsignore Mealia de« Papste sein tiefste» Bedauern üver den Zwischen fall anSbrticklN »nd erklären, die Angelegenheit ' - - '.Mi . U
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