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Sonntag, dem 28. September 1930 Nr. 227 S«. Jahr» Morler» GeenBote r Der Adorfer Grenzbote gelangt jeden Wochent. k nachm. zur Ausgabe, für den nächsten Tag vorda» t tiert.—Anzeigen nach Tarif.—Postscheck-Konto r 87369 Leipzig. — Fernruf Nr. 14. Eegr. 18SS r-- -- j 2m Falle höherer Gewalt (Krieg oder sonstige ! Störung des Betriebes) hat der Bezieher keinen t Anspruch auf Liefemng oder Nachlieferung der r Zeitung oder auf Rückgabe des Bezugspreises. Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft Oelsnitz i. Vogtl., des Amtsgerichts, der Amtsamvaltschaft und des Stadtrates zu Adorf im Vogtland Nigelsburg, Leubetha, Mühlhausen,Reberdreuth, Remtengrün, Schönberg, Slebenbrunn, Sohl, Wvhlbach u. bad übr. obere Vgtt. Sonntags eine illustrierte Anterhaltungsbeilage Druck und Verlag: Otto Meyer, Adorf (Vogtl.), Bergstraße 14. — Verantwortlicher Schriftleiter: Otto Meyer, Adorf (VogÜ.) Tageblatt ».Anzeiger für AboMogNI, Bad Sliter, Jab Drambach, Arndgrün, Breitenfeld, Bergen, Freiberg, Ober- u. Mergettengrün, Kermsgrün, Am Dienstag, den 30. September, nachmittags 3 Uhr sollen in Bai» Elster in Zwickers Restaurant 1 Poften Weine und Liköre, 1 Personenkraftwagen «Limousine), 1 Zrockenmaschine, 1 Runnenwaage, 2 Ladentische, 1 Tafel- und 1 Kastenwaage m. Ge wichten, 1 Käseschneidemaschine, 1 Tafelbestelk, 1 Staub sauger, 2 Postkartenständer, 1 Eisschrank, 1 Laden einrichtung, z Zimmereinrichtungen, 2 Kleiderschränke u. a. m. meistbietend gegen Barzahlung versteigert werden. Adorf i. V., den 27. September 1930. Dar Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts. tele< an Die österreichische Krise. Das österreichische Kabinett Schober, das bei seiner Regierungsübernahme mit den größten Erwartungen begrüßt wurde, hat nach mancherlei Enttäuschungen ein ziemlich unrühmliches Ende gefunden. Durch seine verschiedenen Auslandsreisen hat Dr. Schober zwar den außenpolitischen Kredit Oesterreichs gehoben; innen politisch aber gab es Konflikte über Konflikte. Der Streit um die Leitung der Bundesbahnen gab dann den letzten Anstoß zum Sturze des Kabinetts, wenn er auch nicht als der einzige Grund anzusehen ist. Der derzeitige Bundesbahnpräsident Banhans ist stark um stritten, nicht minder aber der als sein Nachfolger in Aussicht genommene Dr. Strafella. Der lauteste Rufer in diesem Streit war der Vize kanzler Vaugoin, in dem man jetzt den kommenden Bundeskanzler sehen will. In Massenversammlungen der Eisenbahnerwehr und der Wiener Heimatwehr hat sich Vaugoin über die Gründe seines Rücktritts ge äußert, der dann den Gesamtrücktritt des Kabinetts Mr Folge hatte. Vaugoin erklärte, daß er ohne jeden Persönlichen Groll gegen den Letter der Regierung aus fernem Amte scheide. Lediglich Politische Erwägungen seien für seinen Schritt maßgebend gewesen. Zur Bun- desbahnsrage übergehend, erklärte Vaugoin, er Habs seinerzeit vor der Kandidatur Dr. Banhans zum Bun- desbahnpräsidenten wegen seines hohen Alters gewarnt. Wenn aber schon der Präsident nicht über die jugend liche Beweglichkeit verfüge, um dem schweren Kampfe einer Sanierung und Bekämpfung der Korruption bei den Bundesbahnen gewachsen zu sein, so müßte ihm doch nach seiner Meinung ein Generaldirektor an die Seite gestellt werden, der Proben seiner Energie bereits abgelegt habe. Ich erkläre, fuhr der Vizekanzler fort, daß bei der Regierungskrise dieser Mann nicht die ent scheidende Rolle gespielt hat. Mein Streben war, wie bei der Wehrmacht, auch der Eisenbahnerschaft wieder die Liebe und das Ansehen unseres Volkes zu ver schaffen. Es rst mcht so gekommen, und darum bin ich gegangen; denn ich will nicht ablassen von diesem Ziel. Ach lnn der Meinung, daß wir einen rücksichts losen Kampf gegen die Korruption und gegen alle Schädlinge des Volkes führen müssen. Der frühere österreichische Bundeskanzler Dr. Sei pel, der am Mittwoch in Oslo eingetroffen war, um Vorträge über die Lage in Oesterreich zu halten, wurde ' graphisch ausgesordert, sofort zurückzukehren, um ... Verhandlungen über die Neubildung des Kabinetts teilzunehmen. Er hat daraufhin alle Vorträge ab gesagt und Oslo inzwischen verlassen. Vor seiner Ab reise erklärte er: Als ich am Montagabend aus Wien abreiste, herrschte zwar eine Krisenstimmung, aber ein Rücktritt der Regierung schien nicht zu erwarten. Die Vorgeschichte der ganzen Angelegenheit geht weit zu« rück. Es handelt sich nicht um einen Konflikt zwischen Regierung und Parlament oder zwischen den Politi» scyen Parteien, sondern es ist eine interne Regierungs- angelegcnheit. Die Amtszeit des ersten Präsidenten Bundesbahnverwaltung war am !0. September v J.abgelausen, und der Posten hätte durch einstimmigen Mlnisterratsbeschluß besetzt werden sollen. Da die Regierung aber zu keinem Entschluß kam, wurde die Ernennung immer wieder hinausge schoben. In den letzten Tagen ergab sich nun, daß die Regierung auch nach Ablauf eines vollen Wahres nicht imstande war, erneu einstimmigen Beschbuß zu fassen. Die Rückberufung Dr. SeipÄs ist ofstnbar mehr deshalb erfolgt, weil man durch feine vermittelnde Tätigkeit einen Ausgleich der Gegensätze und eine schnel lere Lösung der Krise erhofft, als daß man ihn selbst mit der Führung des Kabinetts betrauen will. Fast allgemein besteht die Ansicht, daß nach Erledigung der bei einem Kabinettswechsel üblichen Gebräuche der Obmann der Christlich-Sozialen Partei Vaugoin mit der Bildung der neuen Regierung betraut werden wird. Wie man in parlamentarischen Kreisen hört, befaßte sich der Vorstand der Christlich-Sozialen Partei bereits mit der Frage der Besetzung der Ministerien, soweit die eigene Partei in Betracht kommt. Ueber die Stel lungnahme der beiden anderen bürgerlichen Parteien, Landbund und Großdeutsche, zu einer von den Christ- Jad ArbeMlosewroblem. Die Gefahr einer Zinanzkatastrovhe. Auf dem Deutschen Städtetag in Dresden sprach Oberbürgermeister Dr. Luppe-Nürnberg über das Thema: Arbeitslosenversicherung und Gemeindehaus halt. Er führte dabei u. a. etwa folgendes aus: Die rapide und unaufhörliche Zunahme der Wohlfahrts- erwerbslosen in den letzten Monaten hat die Haus haltspläne aller Gemeinden über den Haufen geworfen und droht sich zur Finanzkatastrophe auszuwachsen. Durch ständige Novellen zum Gesetz mußten die Leistungen der Versicherung immer weiter eingeschränkt werden. Vielfach muß in den unteren Klassen der Versicherung laufende Zusatzunterstützung, für Inhaber von Neubauwyhnungen Mietzuschutz, da neben vielfach Kleidung und sonstige Extraunterstützung gewährt werden. Die Folge davon ist, daß immer mehr Arbeitslose den Wohlfahrtsämtern zur Last fallen, je länger die Wirtschaftskrise dauert. Diese Ausgabenstcigerung wirft alle Gemeinde etats über den Haufen. Bis Ende des Jahres be trage« die Mehrausgaben mindestens 250 Millionen RM. Die für die Wohlfahrtserwerbslosen in den Etats vorgesehenen Beträge sind jetzt bereits verausgabt. Die erste Forderung ist also, daß den Gemeinden sofort finanzielle Hilfe durch Entlastung von den Wohlsahrts- crwerbslosen zuteil wird. Der Mehrertrag der Notverordnungssteuern bringt für ein halbes Jahr im günstigsten Fall die Hälfte der Mehrbelastung. Die neuen Steuern können besten falls sonstige Einnahmeausfälle ausgleichen. Für die Zukunft entsteht also die ernste Frage, ob die Versiche- rimg in ihrer jetzigen Korm anfrechterhaltcn werden kann. Die Krisenfürsorge verliert ihren Sinn in dem Augenblick, wo eine Dauerkrise alle Wirtschaftszweige erfaßt. Die jetzige Dreiteilung (Arbeitslosen-, Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung) mutz einer Zweiteilung Platz machen. Grundsätzlich mutz der Reichsfinanzaus gleich die Gemeinden instandsetzen, diese Lasten zu tragen. Die Zerreißung von Versicherung, Arbeitsnach weis und Fürsorge hat sich aufs bitterste gerächt und für beide Teile finanziell ungünstig ausgewirkt. Tie Reichsanstalt mit ihrem Risikoausgleich mag befiel .m bleiben, in der örtlichen Instanz müssen aber Gemein den und Gsmeindeverbände wieder eingeschaltet wer den, damit der jetzige Interessengegensatz verschwindet. Nur auf diesem Wege ist eine Gesundung möglich. Ein Schreiben Vrünings Reichskanzler Dr. Brüning hat an den Präsiden ten des Deutschen Städtetages, Dr. Mulert, ein Schrei ben gerichtet, in dem er bedauert, wegen der dringenden Arbeiten des Reichskabinetts an der Tagung nicht teil nehmen zu können. Am Schlüsse des Schreibens heißt es: Schließlich darf ich noch meiner ganz besonderem Freude Ausdruck geben, dem Deutschen Städtetag an läßlich seines 25 jährigen Bestehens meine und der Reichs- regieruna herzlichsten Glückwünsche zu übermitteln. Mit Dankbarkeit gedenkt die Reichsregierung der schweren Ar beit, die der Städtetag in der vergangenen Zeit für Volk und Vaterland geleistet hat. Sie verbindet damit den Wunsch, daß dem Städtetag auch weiterhin ein er folgreiches Wirken zum Wohle unseres gesamten Vater landes beschicken sein möge. lich-Sozialen zu bildenden Regierung verlautet noch nichts, doch erwartet man, daß sich bei der Regierungs bildung erhebliche Schwierigkeiten ergeben werden. Besonders in den Kreisen der Grotzdeutschen herrscht starke Verstimmung. Der Vorstand der Groß deutschen Volkspartei hat in einer Entschließung seinem tiefen Bedauern darüber Ausdruck gegeben, datz die Re gierung Schober unmittelbar vor Durchführung der großen, von ihr für den Herbst vorbereiteten, wirt schaftlich und Politisch bedeutsamen Arbeiten durch einen Vorstoß der Christlich-Sozialen Parteiführung zum Rücktritt gezwungen wurde. Durch die Befreiung Oesterreichs von den Reparationsschulden, durch die Verfassungsreform und seine Wirtschaftsarbeit habe sich Bundeskanzler Dr. Schober unvergängliche Verdienste um das Vaterland erworben. Mit Bundeskanzler Scho ber müsse ein aufrechter deutscher Mann und ein Staatsmann aus dem Amte scheiden, der im Ausland das höchste Maß von Ansehen und Vertrauen genossen habe. Die Großdeutsche Volkspartei spreche ihm und seien getreuen Mitarbeitern den herzlichsten und auf richtigsten Dank aus und versichere ihn ihres unerschüt terlichen Vertrauens. Stalins „Muslum". Der Kricgsschatz für den Fall einer Gegenrcvolntisu. Der diplomatische Korrespondent der „Daily Mail" meldet, eine aufsehenerregende Enthüllung über die „finanziellen Operationen" Stalins durch seine kommu nistischen Gegner stehe unmittelbar bevor. Ein um fangreiches Aktenstück sei vor kurzem in einer der größten Banken Berlins im Namen eines führenden russischen Bolschewisten hinterlegt worden. Dieses Ak tenstück, das erst nach dem Tode des Hinterlegers oder bei seinem Verschwinden aus Rußland geöffnet wer den dürfe, enthalte angeblich unwiderlegbare Beweise für Stalins doppelte Rolle in der kommunistischen Sache und für die Unterschlagung großer Staatsmittel. Bon zuverlässiger Seite verlautet, so heitzt es in der Meldung der „Daily Mail" weiter, datz Stalin seit Jahren grobe Beträge, die durch den Berkaus von Sowjetwaren und »juwclen im Auslände erzielt worden seien, einem besonderen Konto, das als „eiser ner Fonds" bekannt sei, habe überweisen lassen. Dieses Konto solle unangetastet bleiben, solange die Bolsche wisten am Ruder seien, und dürfe nur angerührt wer den, um „eine erfolgreiche Gegenrevolution in Rutz, land" zu bekämpfen. Das Geld sei in auswärtigen Banken im Namen der Vertrauten Stalins hinterlegt worden, von denen Vie Mehrzahl jetzt die frühere» Bolschewisten ans den Regierungsposten ersetzt habe. Das Vorhandensein des Fonds sei allen Bolschewisten im Politbüro bekannt. Ser Prager Filmtrick Reue Stratzerrkundgebunge«. . Auch am Donnerstagabend kam es in Prag wieder zu deutschfeindlichen Kundgebungen. Der Polizeibericht besagt darüber u. a.: ° Zusammenrottungen erfolgten um 7.30 Uhr abends auf dem Wenzelsplatz beim Museum. Die Demonstranten wurden von der Wache zerstreut, sam melten sich jedoch abermals und zogen unter Gesang und verschiedenen Ausrufen über den Wenzelsplatz wobei die Menge ständig wuchs. Nach wiederholtem Einschreiten der Wache begaben sich die Demonstranten auf den Graben zum Deutsche« Haus, wo sie mit Steinen einige Fensterscheiben zer trümmerten. Sie wurden dann von einer Gendarmerie- bereitschast gegen den Wenzelsplatz zurückgedrängt, wobei ein Teil der Demonstranten über den Obst« markt in die Melantrichgasse gelangte und dort wie auch i» der Michaelgasse einige Auslagen und Fenster einschlug. Die Demonstranten wurden dann über den Wenzelsplatz gegen das Museum abgedrängt, wobei im Palais Nvcrda ein großes Fenster durch eine« Steinwnrf zertrümmert wurde. Hierauf wurden sie teils durch die Heinrichgasse auf den Neuwagsplatz, teils um das Museum herum in den VrLhlicka-Park abgedrängt, wo sie zerstreut