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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188504025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18850402
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18850402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-04
- Tag 1885-04-02
-
Monat
1885-04
-
Jahr
1885
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.04.1885
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Erscheint täglich früh S'/.UHr. Kr-aclisu un) Lrpkdition JohanaeSgasse 8. Sprechk«n-en -er tirdacti-ll: Vormittags 10-12 Uhr. Nachmittag« 5—6 Uhr. -Ul »X NUS»«»« »m,ki-n»lrr M-nuicript, «acht sich v* nicht »cr»uchl>ch, «n,at«e »er für -le nüchftf«l«e»»e N»«mrr »rftimmten Inserate an Wachentage« bis S Ndr Nachmittags, an Laim- und Festtagen früh bis '/,S Uhr. 2n dru Filialen für Ins.-^nnahme: Ott« Klemm. UnivrrsiiätSstraße 1. Leuts Lösche, Katharinenstr. 23, p. »nr bi« '/.b Uhr. nmigtr.Tagtlilalt Auzeiger. Vrgan fiir Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auflage L8,SS0 ^bonnrmenlsprris viertelt. 4'/, Mk. incl. Bringerlohn 5 Mk, durch di« Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Otnmmer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage» (in Tageblatt-Formal gesalzt) ahne Postbciörberung M Mk. Mit Postbesördernng 48 Mk. Inserate 6gespaltene Pctitzelle 20 Pf. Gröbere Schriften lant uns. Preisoerzeichniß. Tabellarischer«. Zisfernsatz nach höherm Tarif. Aeclamrn unter dem Redactionsstrich die 4 gespalt. Zeile 50 Ps., vor den Familiennachrichicn die Kgespaltcne Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die ßrpcüition za senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruemuaeranllo oder durq Post- uachnahmc. . ' .4? SL. Donnerstag den 2. April 1885. 78. Jahrgang. Zur gksiilligen Veachtung. Unsere Expedition ist morgen Freitag, den 3. April, Bormittags nur bis -S Uhr geöffnet. Expedition des I-elp/I^vr ^a^eiriattes. Amtlicher Theil. Hoh-A«cft«n. Toa»al»e«rd, den -1. April ». c. sollen von Vormittags 9 Uhr an aus dem Bauareale an der Ecke der BiSmarck- und MoscheleS-Straße 2 Eichen Nutzklötze, 4 Raummeter Eichen» und Pappeln-Brenn- scheite und 3 Abraumhanfcu gegen sofortige Daarzahlung nach dem Zuschlag; und unter der Bedingung, daß die Abfuhr bi- zn« Abend erfolgt sei» niuft, nach dem Meistgedole verkauft werden. A«sa«»enkunst: an der Ecke der Bismarck-Straße. Leipzig, am 81. Mürz 1885. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. L. Letter-vrrmiethrmg. In dem HauSgrundstllck Salzgäßcben Nr. 1 ist ein aus »wei Abtheilnngeu bestehender Keller von» 1. Oktober dieses Jahre- an, oder aus Wunsch auch schon früher, gegen einhalbjahrliche Kündigung anderweit »« »er» «iethen. Mielhgesuche werden ans dem Rathhause. 1. Etage, Zimmer Nr. 17, eulgegengeriommen, auch können ebendaselbst die BermiethuuaSd-dingungen und das Jnventarium deS zu vermiethendeu Kellkr» eingesehen werden. Leipzig, den 28i März'l995. März Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georg», Stöß Bekanntmachung. Die bei dem Neubau der Pferdebahn in der Entritzscher Straße auSzusührendcn Erd- und Pslasterarbeitcn sollen an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Bcnvallung, NathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14, auS und können daselbst kingeschen resp. entnommen werden. - M Bezügliche Osseten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „PferdebahupflasteruuginderEutrttzscherStraße" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 9. April 1885, Nachmittags 5 Uhr einzureichen Leipzig, am 28. März 1885. DeS Rath» der Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Bekanntmachung. Die bei dem Neubau der Pferdebahn in der Ehanffre strafte auSzusührcnden Erd- und Pflasterarbeiten sollen an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Pferdebahnpflafternug in der Ehauffeestrafte" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 9 April 1885, Nach mittag- 5 Uhr einzureichen. Leipzig, am 28. März 1885. DeS RathS der Stsldt Leipzig Bekanntmachung. Die bei dem Pferdcbahnbau in dem nördlichen Thcile der Ringstraße auSzusührendcn Erd- und Pflasterarbeiten sollen an rmen Unternehmer in Accord verdungen werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiesban-Bcrwallung, Rathhaus, H. Etage, Zimmer Nr. 14, auö und können daselbst eingeschen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift „Pfrrdrbahnpflasternng in der Riugslrafte" verleben ebendaselbst »nd zwar bis zum 9. April 1885, Nachmittag- 5 Uhr einzureichen. Leipzig, am 28. März 1885. De» Raths der Stadt Leipzig Straßenbau»Deputation. Bekanntmachung. Die Pflasterung tcr Ptalo-Skraße vom Täubchenweg bis und mit der Kreuzung der Tolz-Ltraße soll an einen Unter nehmer in Accord verdünge» werden. Die Bedingungen für dies« Arbeiten liegen in nnserer Tiesbau-Berwältung. RatbhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14. und können daselbst eingeschen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versi-gelt und mit der Aufschrift: ,. -eVstastrrung der Plato Strafte" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 14. April 1885 Nachmittags 5 Ubr einzureicl'cn. Leipzig, am 30. März 1855. DeS Ruth» der Stadt Leipzig Straftenban-Deputation. Araelitischc RcliMiMlt. L"»?"'." 'ÄL und Schülerinnen finden Ivnnerstag. den 2., und Freitag, den 3. Avril, Vormittags von 10—12 Uhr im Kanzleilocole der Svnagoqe statt. Do« neu« Schuljahr beginn, Lonniag. den 12.April. Vormittag« 8 Uhr. krtpßi,, SO. Mär» 1S8L. Der Lrrertor: vr. «. M. «oldschmidt. Städtische Sewerkeschule. Die Ausstellung der Tchkleraröeiten findet im Dchullocalc, JohanneSplatz 7, II. Et. vom S. dis «tt April er., von Vormittag« 10 bi« Mittags 1 Uhr statt. Zum Besuch derselben beehrt sich im Namen de- Lchrcr-Tolle- giumS ergebenst einzuladcn Leipzig, den 1. April 1885. Der Direktor vr. Ludw. Niep er. Nichtamtlicher Theil. Die Lrifis in Frankreich. Zwei Jahre lang hat Ferry die Regierung Frankreichs geführt und wir müssen ihm da» Zeugniß geben, daß er bemüht gewesen ist, die friedlichen Beziehungen zu Deutsch land. welche unser» Kanzlers kluge und besonnene Haltung ermöglicht hat, zn pflegen und zu befestigen. Die westasn- kanische Conserenz in Berlin hätte ihr Werk nicht zu Stande bringen können, wenn nicht Frankreichs Regierung aus die Absichten Deutschlands eingegange» wäre. Dadurch sind die Keime eine» drohenden Zerwürfnisse» zwischen Deutschland und England erstickt worden und für die Zukunft ist ein Zustand ausgerichlet, welcher die friedliche Entwickelung der Colonisalion CentralasrikaS begünstigt und fördert. Daß Ferry dazu die Haud bot, sichert ihm die Anerkennung, daß er sich ein dauerndes Verdienst um die Erhaltung des Weltfriedens in überseeischen Ländern erworben hat. Ferry hat diese Politik trotz der gegeutheiligen Bemühungen einer mächtigen deutsch - feindlichen Partei durchgesührl und dadurch feinem Baterlande einen wichtigen Dienst geleistet. Solche Verdienste werden aber in einem Lande nicht ihrem Wcrthe gemäß gewürdigt, in welchem die Leiden schaft eine so verderbliche Rolle spielt, wie in Frankreich, wo nur der Erfolg entscheidet, niemals aber ei» Mißgeschick mit Würde ertragen wird. Auch Ferry würde der Maiin gewesen sein. um die jetzt beschlossenen energischen Mckßregcftl gegen China durchzusiihrcn, aber er mußte zuriicktrclc», weit oie Kammer ihm die erforderlichen Mittet nicht gewahren wollte. Warum das die Mehrheit nicht wollte, wird sie selbst schwer lich wissen; der eigentliche Grund war daS Bedürfnis, daS von ibr selbst verschuldete Unglück aus die Schultern eine- Anderen abzuladcn. Man gicbl Ferry Schuld, daß er die Wahrheit verheimlicht habe. Als ob die Mehr heit der Franzosen die erforderliche Festigkeit besäße, um die Wahrheit hörcn zu köaiien. Die Ereignisse in Tonkin spreche» seit langer Zeit eine so vrriiehmlichc Sprache daß einsichtsvolle Männer sich darüber klar sein mußlen. vor welcher Alternative sie standen. Hätte die öffentliche Meinung in Frankreich mit Energie und mit richtigem Verständnis; tcr Sachlage verlangt, daß Frankreich China den Krieg erkläre, dann mitte Ferry diesem Verlangen entsprechen müssen. DaS war aber nicht der Fall, im Gegenlheil konnte Ferry sicher sein, daß ihm die ungeschminkte Darlegung der Sachlage sein Portefeuille kosten müsse. So nervöse und empfindliche Leute wie die Franzosen bedürfen einer ganz eigentbümlichen Behandlung, bald wollen sie geschmeichelt, bald wieder in Erstase gebracht sein, aber vor allen Dingen darf ihre Eitelkeit nicht verletzt werden, sonst fallen sie sofort au» der Rolle. Ferry hat die Kunst verstanden, diese kranke Nation ihrer Natur gemäß zu behandeln, er hat sie zwei Jahre laug über alle Schwierigkeiten und Fährlichkeiten hinweggeleitet und dadurch viel Unheil verhindert, viel Segen gestiftet. Daß er die Chinesen nicht zu besiegen vermochte mit den unzureichenden Mitteln, welche ihm die Kammern gewährten, hat ihn zu Falle gebracht, aber verdient hat er diesen Fall nicht. Man muß eS lesen, um es zu glauben: Duval und Ribot erklären sich in der Kaminersitzung vom 3V. März zu allen Ohscrn bereit, aber erst nach dem Sturze deS Ministeriums. Ja weshalb denn? WaS hat denn Ferry verbrochen, um der Gegenstand so tiefen Hasses zn sein? Wenn man einen Minister stürzt, dann muß man doch einen besseren an die Stelle deS gestürzten setzen können, sonst hat doch der Sturz keinen Sinn! Ferry Kat sich unter äußerst schwierigen Verhältnissen als kluger und besonnener Leiter der Regierung bewährt, und Grevh denkt nicht daran, seine Tadler und Widersacher ins Ministerium zu berufen. Der Präsident versährt streng consiitutioncll. Der jenige, welcher sich in erster Linie darbietct, um daS Cabinct zu bilden, ist der von der Kammer erwählte Präsident Briffon. und als dieser ablchnt, wendet er sich au einen Mann, der seine Rcgierungösähigkcit bereits dargethan hat, wenn auch in geringerem Maße als Ferry, an Frcvcinet. Dieser bittet sich 24 Stunden Bedenkzeit an», jedenfalls nur deshalb, weil er sich davon überzeugen will, ob seine Person auch den Franzosen genehm ist; erklärt sich die öffentliche Meinung gegen ihn, daun wäre e» ja thöricht, ein Portefeuille zu über nehmen, wa« er nach acht Tagen wieder abgeben muß. An Clemenceau, an Laisant, Duval, Lockroy, Ribot und wie die Wortführer der Opposition alle beißen, hat Grcvy nicht ge dacht, weil er begründete Zweifel hegt, ob sie auch die zur Regierung erforderlichen Eigenschaften besitzen. Die „NLpublique Fraiitzaise" verlangt, daß in dem neue» Ministerium alle Gruppen der Majorität vertreten sein sollen. DaS ist charakteristisch für die Lage. Der Rath ist leichter crlhcilt al» befolgt, und das weiß auch das Organ der republi kanischen Bereinigung sehr wohl. Bonapartistcn, Orleanistcn, Radikale und äußerste Linke in rin und demselben Cadinet zusammenzuschweißen ist ebenso unmöglich wie die Kunst, eS der Mehrheit der Franzosen überhaupt ans die Dauer recht zu machen. Der Rath de« einflußreichen Blatte- sieht fast danach au«, al» wen» e< den Rücktritt Ferry'S nicht ernst nähme und als ob eS ihm die Brücke zur Forrsüh- ruug der Geschäfte bauen wollte. DaS wäre gewiß da- Beste, was die Franzosen thun könnten, dann würden sie zeigen, daj; sie den Fehler, welchen sie durch ihre Abstimmung zu Gunsten Clcmcnceau'S begangen haben, ein- sebcn und den Muth besitzen, ihn zu verbessern. Clemenceau gehört einer Richtung an, welche zum Heile Frankreichs dort nicht zur Negierung gelangen darf. Da» Wort von Thier«: Die Republik wird conservativ sein, oder sie wird nickt sein, ist heute noch eben so wahr, wie zn der Zeit, da eS gesprochen wurde. Ein Ministerium Clemenceau würde den Üebergang zu einer zwriten Auflage der Commune einleiten. Ta- will aber die große Mehrheit der Franzosen nicht, die weiß sehr Wohl, daß dann der Anfang vom Ende da ist. Die Presse hat sich dahin ausgesprochen, daß der Cabinelswcchsel die auSwärti- en Beziehungen unberührt lasse, und das ist der Kern der ganzen lrisiS. Man ersieht daraus, daß der Taumel, in welchen die Franzosen durch die Nachricht von der schweren Niederlage in Tonkin versetzt wurden, vorüber ist und daß bereits bei der Mehrheit die Besonnenheit zurückzukehren ansängt. Findet Arcycinct für die Ncbcrnahme der Negierung einen günstigen " eben, so ist daS ein gute- Zeichen, dann darf man hoffen, daß Alles in dem gewohnten Geleise bleibt und daß lediglich ein Personenwechsel, aber kein Systemwechsel statlfindet. Die beste Lösung der Krisis wäre eS, wenn Ferry am Ruder bliebe. Er hat die egyptische Frage in das Fahrwasser leiten Helsen, in welchem sie sich heute befindet, und eS kann die Berathungen der Suezcanalcommission, welche gegenwärtig in Paris versammelt ist, wahrlich nicht fördern, wenn un mittelbar nach ihrem Zusammentritt ein Cabinetswechsel eintritt. Die Franzosen haben ihrer Aufregung dadurch Genüge geleistet, daß die Kammermehrheit der Interpellation Clemenceau vor der Crcditvorlage den Vorrang gewährte, auf den Weg der Ministcranklage ließ sie sich von Laisant und Delasossc nicht fortreißen. Mit der Ablehnung der Dringlichkeit dieses Antrages war der erste Schritt zur Ver ständigung gethan. Irgend etwas muß natürlich geschehen, um dem verletzten Naiionalstolz der Franzosen Genüge zu leisten; der Kriegsminister Lewal muß sei» Portescuille an einen besser geeigneten Nachfolger überlassen, aber dann mag Ferry die Zügel der Regierung, die er zwei Jahre lang nicht unrühmlich geführt hat, immerhin wieder ergreifen, die Mehr heit der Kammer würde durch ein erneutes Vertrauensvotum für diesen Mann nur sich selbst ehren und Ferry würde dann um so sicherer die Maßregeln treffen können, welche ihm zur llebcrwindung der gegenwärtigen Krisis geeignet erscheinen. Ei» Ministerium Frcycinet würde die Wiederaufnahme der Negierung durch Ferry nur einleiten. DaS crgiebt ein Rück blick auf die Zeit bis zum Jahre' 1882. * Leipzig, 2. April 1885. " BnndeSrath hat in seiner Plenarsitzung vom Dienstag dem Gesetzentwurf-, betreffend die Postdampfschisi- Verbindungen mit überseeischen Ländern, seine Zustimmung erthetit. * Zur Lage der Parteien schreibt die „National liberale Correspondenz": Der Abschluß der parlamentarische Thäiigkeit vor den Oster ferien bat sich unter Zeichen vollzogen, welche für die Hoffnung aus eine Gesundung unserer Parteiverhältnissc nicht günstig sind. Es wäre thöricht, dies vertuschen zu wollen. In der RcichStugSwahl- bewcgniig deS vorigen Jahres ist, von unscrm Standpunkt aus, die Hauptaufgabe gewesen, die ausschlaggebende Macht des ultra- montanen CentrumS z» brechen. Erreicht konnte dies Ziel nur werdr» durch eine bedeutende Verstärkung des geniäßigtliberalen Elements und durch ei» sür ein planmäßiges Zusammengehen mit diesem geeigneter Verhalten der conservaliven Partei. Daß jene Verstärkung gleich im ersten Anlaufe in genügendem Maße errungen werden würde, haben wir selbst nicht zu hoffen gewagt. Immerhin aber ist durch das Anwachsen der nationalliberalen Wählerzahl um ein volles Drittel gezeigt, daß die erst kur» vorher eingeleitete Action aus gesunden Boden fußt und die besten Aussichten ver spricht, wenn sie nachhaltig weiter verfolgt wird. Eine andere Frage ist. wie sich die zweite der erwähnten Voraussetzungen einer Gesundung der Parteiverhältnisse, das Verholten der Eonservative», gestaltet hat. Für den Augenblick besteht «die »nersreuliche That- sache sort, daß Naiionalliberale und Eonservative allein nicht über die Mehrheit verfügen. Niemand wird daher verlangen können, daß die eonservative Partei jede Transaktion mit dem Centn»» znr Bildung einer Majorität principiell »»rückwene, und hätten wir unsererseits erwartet, daß man sich aus nichts einlasse» würde, was wiederum die Machtstellung des Ccntrums befestigen müßt«. So haben wir nicht« darin gesunden, daß von vornherein Eonservative und Eentrnm sich zur Durchsetzung der Zolltartsreform verbündet haben; hat doch die nationalliberale Partei die Zollfragen al» solche auS ihrem politischen Programm ausgeschlossen, und Hai sich doch etwa die Hälfte der heutigen nationalliberalen Reichstags- sraction der Tarisvorlage ziemlich ebenso gegenübergcstcllt wie das Lentruml Dagegen ist die von den Lonservilioen beliebte Allianz aus dem Gebiete der gewerbevolitischen Reaktion eine Abkehr von der Bahn eine» vernünftigen ZujanimeogehenS mit den National liberalen. wie sie deutlicher nicht gedacht werden kann. Gerade in diesem Puncte mußlen wir von den konservativen eine Aenderung ihres bisherigen Verhaltens verlangen, und gerade in diesem Puncte haben sie sich, wie die Verhandlungen über den jüngsten „Antrag Ackermann" beweisen, ins Schlepptau deS in diesen Dingen ultra- reaclionairen CentrumS begeben. Zum vollen Abschluß aber ist die Wicderverbrüderung der beiden Parteien nunmehr durch den Antrag Hüne im Abgeordnetenhaus« gekommen. Der Jubel der „Kreuz- zeiiung" und der gesinnung-verwandten Blätter bezeugt zur Genüge, daß in der conservaiiven Partei jene Richtung, welche der Ab wendung vom Tentrum zu Gunsten einer AnuLherung an die Nationalliberalen stet- widerstrebte, die Oberhand erlangt ha». An sich würde das nun freilich nicht allzu viel bedeuten; denn diese Richtung <st lahmgelegt, sobald ihr die Regierung entschieden ent- argen tritt. Da« Ueberraschende und Betrübende ist, daß sie die Regierung hier auf ihrer Seite hat. Vergeben- fragt man sich, wie kann die Regierung einer Maßregel zusnmmen, deren hoch- gradia, Bedenklichkeit vom preußischen Finanzministcr ielbst nach, gewiesen ist und die lediglich den Zweck hat, die schwankcnden Reihen des EeutromS znsammenzuhalten, seine Machtstellung neu zu befestige»? Ohne Zweifel liegt der Regierung sehr viel daran, die Zolltarifreform in dieser Session zu Stande zu bringen. Aber wäre da« wirklich nur um den Preis des Antrag» Hüne möglich? Die Regierung hat in dieser Session schon wiederholt bei Fragen, in welchen sie die Mehrheit der Nation hinter sich hat, durch festes Auftreten di« Opposition gebrochen. Nun, die Zollvorlage enthält wenigsten» einen Punct, der, man mag darüber denken wie man will, zur Zeit von der Mehrheit de» Volke« verlangt wird: die Erhöhung der Betreidrzölle. Die meisten der LeninimSmitglieder sind daraus verpflichtet. Glaubt man wirklich, fie würden e- wagen, um de» Antrag« Hüne willen die Verantwortung für da« Scheitern de« ganzen Tarif- aus sich zu nehmen? Line Anzahl vielleicht. Gerade dann aber wäre die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß aus anderer Seite Einzelne, obgleich Gegner wichtiger Detail« de- AesetzeS, ia der Schlußabstimmung au« politischen Gründen sür dasselbe votirlen. Jndeß die Dinge sind so weit gediehen, daß ans ein Scheitern de« Antrags Hüne nicht mehr zu rechnen ist. Die Ihalsache, und niehr »och alle- DaS, waS mit ihr zusanimcnhäiigi. ist linertreulich sür uns, aber weit entfernt, uns z» entmnthigcn, kann die« nnS nur befestigen iu der Ueberzcugung, daß erst mit der Wiedererstattung der notionalliberalea zu einer ausschlaggebenden Partei der Boden sür eine zielbewaßte nationale Politik in unseren Parlamenten wieder gewonnen sei« wird. * Im englischen Unterhaus« ist neulich wieder einmal die Helgoländer Frage zur Sprache gekommen. Ein Abgeordnete: regte d«: Abtretung der Insel, die sür England weder einen mercantilen noch einen strategischen Werth habe, an Deutschland an. Der NnterstaatSfecretair Fitzmaurice erklärte darauf, er glaube nicht, daß in Deutsch land besondere Wünsche bezüglich Helgolands vorhanden seien, auch seien keine Beweise dafür da. daß die Helgoländer eine Annexion durch Deutschland wünschten; er glaube, daß die Insel ihrer geographischen Lage nach eher dänische alS deutsche Sympathien habe; ferner würde die Abtretung für die Nordscefischerei nachtheilig sei. Die Frage nach dem Werlhe, den die Insel für England hat bezw. für Deutschland habe» würde, ist eine oft aufgeworfene. Für England könnte das kleine Felsenciland vielleicht in Kriegszeiten wieder einmal Bedeutung gewinnen,, in normalen Verhältnissen haben die Engländer nur Kosten davon. Daß auf der Insel kein sehr lebhafter Wunsch nach Bereinigung mit Deutschland hervor- gctretcn sei, wird man dem UnterstaatSsecretair zugeben können. DaS englische Regiment, von dem die Helgoländer so gut wie nicklS ^»crken, belästigt dieselben nicht weiter, sie sind aber nicht nur ihrer Sprache und Abstammung nach, sondern auch mit allen ihren materiellen Interessen an Deutschland gewiesen, mit dem sie in regstem Verkehr stehen, während mit England gar keine dircctc Verbindung vorhanden ist. Und eine Anomalie bleibt dieser englische Besitz immer. Wenn Herr Fitzmaurice dänische Sympathien entdeckt hat. so beweist dies eine arge Unkenntniß der Verhältnisse. ES ist schlechterdings unersindlich, woher bei diesen Friesen» die zu Dänemark absolut keine Beziehungen idealer oder materieller Art haben, dänische Sympathien kommen sollten. * Zwei russische Blätter, die deutsche „St. PeterSb. >tg." und die „MoSkauischc Ztg.", hatten in den letzten agen eine Disoussion darüber gefübrt, ob die Bestimmung der Pariser Declaration von 1856, „die Caperei ist und bleibt abgeschafft", in praktischer völkerrechtlicher Geltung sei, ob also in einem russisch - englischen Kriege Rußland Caperbricse auSgeben, d. h. Private ermächtigen könnte, eng lische Handelsschiffe auszubringen. Die „Norddeutsche All gemeine Zeitung" druckt die Declaration von 1856 ab «nd hemerkt dazu: Die Declaration ist also eben eine Erklärung. Die Frage, ob sie in dieser Form rechtsverbindlich ist, lassen wir dayingestellt. DaS russische Rassonnement, daß die nicht allgemeine Annahme der Declaration einen Einfluß auf die.Tragweite derselben au-übe, ist aber i.isosern richtig, alS allerdings auS jener Thal fache sich crgiebt, daß es sich bei der Declaration nicht um allseitig anerkannte Grundsätze deS allgemeinen Völkerrechts bandelt, sondern um eine Verabredung, die >n mehr oder minder bindender Form zwischen einzelne» Staaten getroffen ist. Der Ausbruch eine« Krieges zwischen zwei derselben kan» deöhalb die Wirkung haben, daß die Giltigkeit dieser Verabredung zwischen den kriegführenden Staaten außer Kraft tritt. Immer bleiben aber auch unter dieser Voraus setzung die Bestimmungen der Declaration sür die Neutralen in Kraft, welche nicht in der Lage sind, sich aus den Grund »u be rufen, aus dem die Giltigkeit von den Kriegführende» bestritten werden könnte. RussischerseitS war in der oben erwähnten Erörterung betont worden, daß die Declaration von 1856 nickt die Unterschriften Spaniens, der Vereinigten Staaten von Nord amerika, Mexikos. Brasiliens, Perus, Chilis, Chinas und Japans aufwcise, welche alle zusammen etwa 530 Millionen Einwohner haben. Die „Nordd. Allg. Ztg." scheint nun andeuten zu wollen, die Declaration von 1856 könne deshalb durch den Krieg ebenso wie jeder andere Vertrag zwischen kriegführenden Staaten außer Kraft gesetzt werden. * Die englische Admiralität rüstet eine mächtige Kriegsflotte für die Ostsee aus. In Portsmouth sollen alle diensttauglichen Schiffe binnen 14 Tagen zum Auslaufen bereit sein. Unter denselben werden sich die Thurmschiffe „Inflexible", „Devastation" und „Rupert", welche Kanonen im Gewicht von 33—8l TonS, sowie Tor pedos und andere KriegSvorrichtungen an Bord haben, ferner der Monitor „CyclopS", die Corvclten „Active", „Belage", „Emerald", „Cormorant", „Mercury" und „Bachantc", sowie daS Avisoboot „Cordclia" befinden. Auch werden An strengungen gemacht werden, den „ColossuS", eines der neuesten und stärksten Thiirmschifsc der Kriegsmarine, seefertig zn machen. Zwanzig andere Schisse, sowie eine ebenso große Anzahl von Torpedobooten sollen ebenfalls in Bereit schaft zun» Auslaufen gehalten werden. Sonnabend erhielt die Verwaltung der SlaatSwersle in Dcvonport die Weisung, die Panzerschiffe „Iron Duke", „Hyacintbe", „Hotspur", „Eonauest" und „Hecatc", sowie all« entbehrlichen Kanoncn- und Torpedoboote auSzurüsten und Meldung zu machen, wenn diese Schiffe bemannt werden können. Ferner hat die Admiralität Anstalten getroffen, um mehrere große Kauf- sabrcr von großer Fahrgeschwindigkeit als arnnrte Kreuzer und Transportschiffe für die Beförderung von Trnppen auS- zurüsten. Fiir diese Zwecke sind vorläufig die Dampser „Etruria" und „Oregon" von der Cunard-Linie, „Alaska" „nd „Arizona" von der Guion-Linie und „America" von der Nationallinie gemiethet worden. * Die „Times" macht sich wieder zum bereitwilligen Sprachrohr von Nachrichten, welche dazu bestimmt sink, Deutschland mit Frankreich zu verhetzen. Em franzö sische» Blatt will „von autorisirtrr Seite" erfahren haben, daß ein preußischer Ofsicicr „au aetivo Service" bei einer Firma in Birmingham 20 Millionen Kartuschen für die chinesische Regierung bestellt und in Empsang genommen habe. — Der Pariser „TimcS"-Correspo»vcnl beeilt sich, die» seinem Blatte mitzutheilcn, ohne nur mit einem Worte aus die Albernheit der Nachricht ausmerksain zu machen. — An dem nöthigen Verstände, ohne Weiteres einzusehen, daß diese Nachricht eine plumpe Erfindung ist, kann eS, so schreibt die »Norddeutsche Allgemeine Zeitung", dem „TimeS"- Corrcspondentcn selbst nicht aesehlt babcn; aber er nimmt ' Z - ohne Zweifel an, daß die „TimcL" doch immer Leser finden werde, die dumm genug sind, daran zu glauben. * Wie auS der türkischen Hauptstadt gemeldet wird, bat der Sultan beschlossen, einen grcßcn Nationalrath, bestehend aus etwa 150 hohen Würdenträgern, zusammcn- zubcrufen, der die Beziehungen zwischen der Türkei „nd Eng land erwägen und sich über da» cinzuschlaaende Verfahren schlüssig macken soll. * AuS Beyrut, 13. März, wird der .Allgemeinen Zeitung" geschrieben: Es kann nicht geleugnet werden, daß Beyrut im raschen Aus- blühen begriffen ist. Nene Häuser entstehen sortwäkrend mit seltener Schnelligkeit, der Handel nimmt zu und die Vevölkerung erfreut sich eines Wohlstandes, den inan in andere» Städten deS Orient« ver- geben» sucht. Es verdient dies allgemeine Beachtung» weil Beyrut nicht nur dir erste Handelsstadt SvrienS, sondern auch da« Hauvt- eingangStyor abendländischer Eivilisation ist. Ob diese erfrenlich«
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