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MM für die Königlich MWAmW Ma, tz« Königlich AnikgM mi> de» KM»t D ImkMg i. Ko. Berantwortlicher Redakirnr: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Druck und Berlag von E S- Roßberg in Frankenberg i. Sa. Erscheint an jedem Wochentag abend» für den folgenden Tag. Bezugs, preis vierteljährlich 1 50 monatlich 50 Trägerlohn «xtra. — Einzelnummern lausenden Monats 5 H, früherer Monate 10 H. Erstellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe stellen sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind rechtzeitig aufzugeben, und zwar größere Inserate bis S Uhr vormittags, kleinere bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Kür Aufnahme von Anzeige« an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. <8^51. Telegramme: Tageblatt Frankenbergsachsen. —- — «nzeigenpret»: Li« s-gesp. Petitzeile oder deren Raum 1» bei Lokal. Anzeigen 1S im amtlichen Teil pro Zeile 40 „Eingesandt" t« Redaktionsteile ZK H. Für schwierigen und tabellarischen Satz Aufschlag, für Miederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarif. Km Nachweis und Offerten-Annahme werden Sb § Sxtragebühr berechnt. Juseraten-Annahm« auch durch alle deutschen «nnonceie-Erpeditiou«». .. .. ——— knür üer sietcdrtagrkeiien. (Von unserem Berliner IV-Mitarbeiter.) Zwischen Ostern und Pfingsten haben wir nach allgemeiner Auffassung — Heuer haben wir allerdings noch nichts davon gesehen — die schönste Zett im Jahr; für den deutschen Reichs tag kommt mit dem nunmehrigen Ablauf seiner Osterferien die schwerste. Der Reichskanzler, der den Lagunen von Venedig Lebewohl sagt, besteht auf der Fertigstellung der Reichsfinanz- Reform, über- die seit einigen Monaten Rats gepflogen worden ist, durch die Tat. Aus vielen Versammlungen und Adressen erklang schon der Ruf: Erben Alldeutschlands, bekennt Euch zur Erbanfallsteuer! — aber der Theorie der Zustimmungs- Erklärungen must noch die Praxis der Annahme im Reichstage folgen. Und auch heute ist das nicht l-icht; der Reichskanzler will deshalb gleich nach dem Wiederbeginn der Sitzungen eine General-Attacke wagen, indem er die Parteien mit höflicher Entschiedenheit zu klaren Beschlüssen auffordert. Steuer- Begeisterung herrscht in Deutschland nicht, dazu kommt es von Reichs-, Staats-, Stadt- und Gemeindewegen zu reichlich; wohl aber besteht der Wunsch, endlich einmal zum Abschluß zu ge langen. Fürst Bülow ist kein Mann von rauher Tat; daß er vom Kaiser für den Fall, daß es ganz und gar nicht anders gehen sollte, die Vollmacht zur Auflösung des Reichstages in Händen hat, darf man wohl voraussctzen, aber nicht minder auch, daß es zu Neuwahlen aus Anlaß der Steuerfragen nicht kommen wird. Die Erbanfallsteuer wird in einer geigneter Form durch gehen, und man könnte nur abwarten, ob sie nachteilige Folgen auf das Verhältnis der heutigen Mehrheitsparteten unter einander und auf die Beziehungen zwischen der konservativen Partei und Reichsregterung haben wird. Wie gesagt, Fürst Bülow ist kein Mann dec rauhen Tat, er wird, wenn er wie der in Berlin ist, einzurcnken suchen, was sich einrenken läßt. Bei den übrigen neuen Steuern, abgesehen von der sogenannten Liebesgabe bei der Spiritussteuer, liegen die Dinge wieder be ängstigend. Die fünfhundert Millionen neuer Mittel für die Reichsausgaben sollen heraus — tunlichst bis Pfingsten. Also, Reichstag, nimm dich zusammen und handle zu deinem und unserem Besten! Aber damit ist keineswegs alles geschehen, es harren auch noch andere Aufgaben der Volksvertretung. Es find vor allem zwei, nämlich: Wie soll es mit der bevorstehenden Aufhebung der kommunalen Verzehrungssteuern, die noch in beinahe zwei tausend deutschen Orten bestehen, und mit der Einführung der Arbeiter Hintcrbliebenen-Versicherung werden? Jetzt, wo ernst lich an diese Fragen und an ihre Verwirklichung gedacht wer den muß, ist ersichtlich, daß nicht wohl alles mit einem Male gemacht werden kann, dazu reicht das Geld in der Tat nicht aus. Wird viel von den Finanzsorgen des Reiches und des Staates gesprochen, so darf man doch nicht vergessen, daß die vieler Städte und Gemeinden nicht geringer, sondern eher größer sind, daß der Nährstand wahrlich nicht im Geld herumwatet. Die Reichsregierung verlangt mit den neuen Steuergesetzen viel, sie muß auch zeitgemäße Rücksicht üben, soweit es ihr möglich ist. Und es ist ihr möglich! Der llomsh Ser ZungtiiMen. Aus Konstantinopel wird berichtet: Die ersten jungtürki- schen Bataillone des dritten Armeekorps — im ganzen zirka 2500 Mann — sind mit der Bahn in Tschataldscha ein getroffen und haben den Ort besetzt. Tschataldscha, das so zum Operationspunkt gegen Konstantinopel geworden ist, liegt 71 Kilometer von der türkischen Hauptstadt entfernt. Es ist eine Stadt von ungefähr 10000 Einwohnern und ist Sitz eines Untergouverneurs. In Tschataldscha beginnt die Pro vinz Konstantinopel und das Bereich des ersten Armeekorps, während das Land westlich von der Stadt bereits zu Thrakien und dem Bereich des zweiten Armeekorps gehört. Tscha taldscha ist von modern angelegten Schanzwerken umgeben, halte aber nur eine kleine Besatzung, die beim Erscheinen der jungtürkischen Bataillone keinen Widerstand leistete. Die Jungtürken können von Tschataldscha aus — falls es zur Aktion kommt — in zwei Tagemärschen Konstantinopel er reichen. Die alte byzantinische Mauer, die Konstantinopel noch umgibt, ist militärisch völlig wertlos, zumal, da die Jungtürken Artillerie mitführen. Die Mauer ist an einzelnen Stellen niedergerissen, an anderen zerfalle«, und die Tore werden längst überhaupt nicht mehr geschlossen. Die Bewegung hat in Konstantinopel den Charakter eines Kampfes zwischen den „Alajlis", den aus den Truppen her vorgegangenen Offizieren, und den „MektebliS", den atade- misch gebildeten Offizieren angenommen. Dieser Kampf hat eine Reihe von scheußlichen Morden gezeitigt. So wurde am Sonnabend der bekannte General Izzet Fua Pascha, der früher türkischer Gesaüdter in Madrid war, ein Buch „Occa- sions PerdueS" über den russisch-türkischen Krieg verfaßt hat und die OsfizierklubS begründet hat, in seiner Wohnung er mordet. Am Freitag wurden zwei junge harmlose Offi--^ ziere in Arnautköi erschossen und Sonnabend,nacht alle „Mektebli-Osfiziere" in der Kavalleriekaserne von Däud Pascha vor den Toren StambulS von Soldaten getötet. Der letztere Vorgang soll sich folgendermaßen abgespielt Habens Ein Hodscha, der die Soldaten führte, ließ alle Offiziere m den großen Kasrrnensaal führen und verlangte von ihnen den Schwur auf das Scheriat. Da die Offiziere, 25 bis 30 an der Zahl, den Schwur nicht leisten wollten, weil sie keinen Befehl dazu hätten, wurden sie gefesselt und dann er-, schossen oder erschlagen. Die Empörung über diesen gemeinen Mord ist allgemein. > In einer Versammlung schlossen sich am Sonnabend die Vertreter aller politische« Parteien unter dem Namen „Union Ottomane" zusammen, um das Vaterland und die Konstitution zu schützen und die Ruhe wieder herzustellen. Beteiligt sind der Verband der Ulemas, das Komitee für Einigkeit und Fortschritt, die liberale Union, das armenische Komitee Taschnaktzutiun, die griechische Liga, das albanesische Komitee usw., also alle politischen Parteien. Oh diese Ver einigungen von Dauer sein und eine gewisse Wirkungssähig- keit erhalten wird, muß abgewartet werden. Inzwischen hat, die Kammer wieder getagt. Es waren im ganzen 191 Mit glieder zugegen. Bei der Präsidiumswahl erhielt der Komiteemann Nail Bei 111 Stimmen, Mustapha aus Al- leppo ebenfalls 111, Mahir 98, Ismael Kemal nur 47 Stimmen. AuS den ersten drei Deputierten muß jetzt der Sultan den ersten Präsidenten wähle«. Major Niasi Bei, einer der bekanntesten Führer der Jungtürken bei der vorjährigen Revolution, soll dem Sultan in einem Telegramm Vorhaltungen wegen der jüngsten Er eignisse gemacht haben, worauf der Sultan erwiderte, er denke nicht an die Aufhebung der Konstitution. Drei russische Panzer sollen vor dem BosporuSeingange liegen; die türkisch-bulgarischen Verhandlungen sind heute ab geschlossen worden. Belgrad. Das Jungtürkische Komitee in Saloniki hat sämtliche christlichen Bandenführer berufen, mit ihren bewaff neten Leuten in Saloniki zu erscheinen, um sich den Truppen anzuschließen, die gegen Konstantinopel ziehen wollen. Saloniki. Der Gouverneur von Saloniki und der Kommandant des 3. Armeekorps erhielten aus Konstantinopel den telegraphischen Befehl, den weiteren Vormarsch der Jungtürken zu verhindern, damit eine Katastrophe ver mieden werde. Die beiden antworteten aber, das Komitee verweigere der Regierung Anerkennung und Gehorsam und sei entschlossen, in Eilmärschen vorzugehen und den Rachezug mit aller Gewalt durchzuführen. Koustauttuopel. Die als Geisel in Tschataldsch« zu rückbehaltene Kommission wurde freigelassen. Der General stab des 1. und 4. Armeekorps ist in Tschataldscha angclangt. In Aildiz-KioSk nimmr die Ratlosigkeit zu. Der Kriegs minister wollte gestern im Kriegsministerium arbeiten, jedoch fehlten alle Offiziere. Ko«sta«tt»opel. Es verlautet, daß die mazedonischen Truppen zurzeit langsam gegen die Hauptstadt vor rücken und möglicherweise noch im Laufe der Nacht einziehen werden. Die Truppen verlangen, wie eS heißt, die Ab setzung des Sultans. Die Offiziere sollen drohende Telegramme an den Sultan gerichtet haben. Die Stimmung der hauptstädtischen Truppen ist sehr niedergeschlagen, sie bereuen ihr Vorgehen und werden vermutlich dem Ein züge der mazedonischen Truppen keinen Widerstand entgegen setzen. Nach einer Meldung aus Trapezunt sollen dort 4000 Freiwillige und in Erzingjan 15 000 Mann zum Abmarsch gegen Konstantinopel bereitstehen. In Kutschuk Tschekmedje sollen 800 Mann, eine Kavallerieabteilung soll noch näher an Konstantinopel stehen. Nach den letzten Meldungen sind die jungtürkischen Offiziere im Adrianopeler und Salonikier Korpsbereiche vollkommen Herren der Lage. Die Offiziere überwachen wieder den gesamten Depeschenverkehr und sorgen für Ordnung, die nirgends gestört ist. In einigen Orten sympathisieren wohl die mohammedanische Geistlichkeit und Anhänger des alten Regimes nicht mit dem jetzigen Umsturz, wagen jedoch keine offene Opposition. ktn äeutrcber Mann. * Am 20. April feiert König Karl von Rumänien aus dem Stamme der süddeutschen Hohenzollern seinen siebzigste« Geburtstag. Unter den Fürsten, die ihm Glück wünschen, befindet sich als Vertreter feines kaiserlichen Vaters auch der deutsche Kronprinz, und seiner Gratulation kann sich auch die ganze deutsche Nation anschließen. König Karl hat es verdient, daß man seiner Mission als Kulturträger im Orient gedenkt, denn, wenn aus Rumänien ein kräftig emporwachsender Staat geworden ist, verdankt es da» zum größten Teil der Persönlichkeit des Königs. Vor dessen Wahrheit, Stand haftigkeit und Redlichkeit hat der orientalische Schlendrian und daS allenthalben übliche Lackschisch-Unwesen dann doch ReißauS genommen. Rumänien ist unter dem König der einzige orientalische Staat geworden, dessen Finanzen in Ordnung sind. In der Verkleidung eines Kaufmanns kam der junge Prinz Karl von Hohenzollern im April 1866 nach Bukarest und ward an seinem Geburtstage zum Fürsten von Rumänien gewählt, nachdem man Cusa zur Abdankung gezwungen hatte und der belgische Graf, von Flandern di« Wahl abgelrhnt hatte. Unter Karls Führung nahmen die rumänischen Truppen an dem russisch-türkischen Kriege u«d an den Kämpfen um Plewna teil, wo sie sich namentlich durch die Erstürmung der Griwitza-Redoute auszeichneten. Am 14. März 1881 nahm Fürst Karl von Rumänien den KönigStttel an, nachdem sich das junge Staatswesen hin reichend befestigt hatte. Entspricht heute im Lande nicht alle» und jedes schon unseren Verhältnissen, so ist doch die Ver waltung, wie schon gesagt, die geordnetste im ganzen Orient. Die Ehrlichkeit hat dort eine Stätte sorgsamer Pflege ge funden, und wenn von Rumänien weniger als von anderen Orientstaaten gesprochen wird, kann e» sich da» noch zum Ruhme anrechnen. Das einstige Dorf Bukarest, in dem der König vor 48 Jahren einzog, ist heute eine moderne Groß stadt geworden mit modernen Einrichtungen. Das einzige Kind aus der Ehe de» Königs mit der Prinzessi« Elisabeth von Wied — der geiswollen Schrift stellerin Carmen Sylva — starb früh, als Kronprinz ist des halb der Zweitälteste Neffe des König», Prinz Ferdinand von Hohenzollern, berufen, der mit der Prinzessin Maria von Sachsen-Coburg-Gotha vermählt ist. Der Fortbestand der Dynastie ist durch ihre Kinder gesichert. Wenn natürlich sie auch einen vollständig nationalen Charakter erhalten wird, das bleibt eine historische Tatsache, daß ihr Gründer, König Karl, durch die deutschen Tugenden seines Charakter» den Grund zur Wohlfahrt des Königreiches Rumänien legte. ver rukitnMge Mlntrter «er Innern. Der zu» Nachfolger de» StaatSministers Grafen Hohen- thal bestimmte Graf Vitzthum v. Eckstädt hat sich zu einem Vertreter des „L. T." auf dessen Bitte über seine Be rufung geäußert und u. a. hierbei gesagt: Meine Berufung nach Dresden hat im Gegensatz zu der vor drei Jahren er folgten Berufung des Grafen Hohenthal keine aktuelle pw litische Bedeutung. Die Ernennung des Grafen Hohenthal stand damals unter dem Zeichen einer nach Lösung drängen den hochpolitischen Frage. Man hoffte, daß Se. Majestät der König in dem Trafen Hohenthal einen Mann gefunden habe, der die damals scheinbar unlösbare Aufgabe bezwingen würde, mit der konservativen Mehrheit des Landtags ein Wahlgesetz zu vereinbaren, das den liberalen Forderungen der Zeit Rechnung trüge. Graf Hohenthal hat diese Aufgabe erfüllt. Er hat in heißer Arbeit erreicht, war nach Lage der Dinge und was insbesondere nach Lage der politischen Macht verhältnisse der Parteien erreicht werden konnte. Er hat das Verdienst, dem Lande Ruhe und Frieden wiedergegeben zu haben. Aber indem er dies tat, hat er seinem Vaterlande einen Teil seiner Gesundheit geopfert. Er hat unter dem Druck und den Leiden einer ernsten Krankheit ein von allen Seiten anerkanntes Beispiel eiserner Pflichttreue und stillen Heldentums gegeben. In diesem Abgänge liegt kein System- Wechsel. Sein Nachfolger wird das weiter auSzubanen haben, was begonnen wurde. Das Wahlgesetz ist zur Ausführung zu bringen. Das wichtige Wafsergesetz, das FürsorgcerzichungSgesctz sind durchzuführen, lauter Aufgaben, die das Ministerium des Innern voll beschäftigen werden. Inwieweit es daneben möglich sein wird, neuere Aufgaben, wie z. B. die Gcmeindesteucrrcform, so weit zu fördern, daß dem nächsten Landtage schon eine Vor lage gemacht werden kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, daß ich in konservativer Weltanschauung aufgewachsen bin, dabei glaube ich aber die Bezeichnung eines „Reaktionärs" ebensowenig zu verdienen wie der Staatsminister Graf Hohenthal. Hcrvorzuhcbcn ist noch, daß der neue Minister versicherte, er habe den Wunsch, bei seiner späteren Amtstätigkeit mit den bürgerlichen Tageszeitungen de» Landes gute Beziehungen zu unterhalten. — (Wir Haden bereits anläßlich der Ernennung des Grafen Vitzthum gesagt, daß er der gemäßigten konservativen Richtung angchörc. Aus jahrelangem beruflichen Verkehr mit dem künftigen Minister wissen wir auch, daß er ein tüchtiger pflichttreuer Beamter ist, der mit Ernst und Liebe die ihm obliegenden Arbeiten erledigt, einen weitschauenden Blick besitzt und im Verkehr mit dem