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Ottendorfer Zeitung. Die „Dttcndorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »»n Inseraten bis vormittag t« Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 100. Freilag, den 21. August 1903. 2. Jahrgang. OerLliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, 20. August 1903. —* Für das im Bezirke der Königlichen Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt be stehende Gewerbegericht findet am 10. September dieses Jahres die Wahl von 20 Beisitzer der gewerblichen Arbeitgeber und die Wahl von 20 Beisitzer der gewerblichen Arbeiter statt. Wahl lokal für die Ortschaften Groß-Okrilla, Otten dorf mit Moritzdorf, Cunnersdorf und Klein- Okrilla ist der Gasthof zum Hirsch in Groß- Okrilla. — Das Heidekraut steht in der schönsten Blüte und die Bienen, Hummeln und Wespen, die bisher aus den Lindenblüten und dem Blütenslaub vieler Blumen ihr Material zur Honigbereitung sammelten, schwärmen über den Heidelandschaften so zahlreich, daß man schon von ferne das Gesumme vernimmt, das sie bei ihrer Arbeit hören lasten. — Bei der Feldartillerie und dem Train hat sich der Stand an Leutnants der art gehoben, daß für diese Waffen bis auf weiteres etatsmäßige Vizewachtmeister nicht mehr bewilligt werden können und die Einreihung der zur Zeit vorhandenen außeretatsmäßigen Vizewachtmeister in etatsmäßige Stellen erfolgen muß. Radeburg. Am Sonntag vormittags 11 Uhr wurde den der freiwilligen Feuerwehr an gehörigen Feuerwehrleuten, Herren Tischler meister Franz Pietzsch, Schneidermeister Oskar Reißig und Ziegeleiarbeiter August Hempelt. vor versammelter Mannschaft durch Herrn Bürgermeister Mannschatz das von Sr. Mas. dem König gestiftete Ehrenzeichen für 25jährige ununterbrochene treue und nützliche Dienstzeit bei der hiesigen freiwilligen Feuerwehr feier- lichst überreicht. Außerdem erhielt Herr Wirl- schastöbesitzer Ernst Jahn für 20jährige Dienst zeit das vom Landesausschuste sächsischer Feuer wehren gestiftete Ehrendiplom, sowie Herr Sattlermeister Ernst Claus für 10jährige Dienst zeit die von der Stadtbehörde gestiftete silberne Litze. Am Schluffe des feierlichen Aktes brachte Herr Bürgermeister Mannschatz ein dreifaches Hoch auf den hohen Protektor der sächsischen Feuerwehren, Se. Majestät den König Georg aus, welches von allen Beteiligten kräftig er widert wurde. Königsbrück. Hier versuchte sich ein von seiner Ehefrau getrennt lebender, 36 Jahre alter Töpfer in seiner Wohnung zu erschießen. Es hatte zu diesem Zwecke ein 10 Zenti meter langes und 2 Zentimeter dickes Messing rohr mit Pulver geladen, sich dasselbe in den Mund gehalten und angezündet. Die hierdurch erhaltenen Verletzungen sollen jedoch keine lebensgefährlichen sein. Das Rohr flog nach Entzündung nach rückwärts durch eine Fenster scheibe über die Straße bis in ein Nachbar grundstück. Der Lebensmüde, dem trotzdem eine erhebliche Menge von Pulver in den Gaumen und in die Lippen gedrungen ist, wurde dem Krankenhaus zugeführt. Dresden. Am Sonntag abend wurde in Unserer Stadt ein großer Luftballon beobachtet, der sich in rapider Geschwindigkeit in der Richt ung von Nordwest nach Südost bewegte. Der Ballon gehörte Herrn Luftschiffer Paul Spiege aus Chemnitz. Herr Spiegel landete abends s/i8 Uhr unter sehr schwierigen Verhältnisten in dem Gartengrundstücke des Herrn Bau meisters Würdig im Körnerwege zu Loschwitz. Er war »/i7 Uhr vom Exerzierplätze in Döbeln weggefahren. Infolge des herrschenden Sturmes gestaltete sich die Fahrt zu einer fast lebens gefährlichen. Bei Meißen hatte Herr Spiegel versucht, zu landen, durch einen kräftigen Wind stoß zerriß jedoch das Ankertau und auch die nächste Landung gelang ihm nicht, denn kaum hatte der Luftschiffer den Schleppsack auSge- worfen, als auch dieser sich vom Ballon löste. Mit rasender Schnelligkeit, berichtet Herr Spiegel, sei nun die Fahrt bis nach Loschwitz gegangen. Auch hier mißlang die Landung zunächst. Im Würdigschen Grundstücke erfaßte Herr Spiegel einen Baum, hielt sich dort krampfhaft fest und wollte nun seinen Ballon befestigen. Durch einen starken Windstoß riß jedoch das letzte Tau und Herr Spiegel wurde aus dem Korbe geschleudert, er konnte sich aber festhalten und entging somit einem Unfälle. Allerdings muß er den Verlust seines Ballons, der einen Wert von 4000 M. haben soll, beklagen, da er nach Rochwitz zu in den Wolken verschwand. Vor her war Spiegel mit dem Korbe wiederholt an Häuser und Bäume angeschlagen, ohne jedoch hierbei ernstlich Schaden zu nehmen. Er ist von Döbeln nach Loschwitz nur eine knappe Stunde gefahren. Sein Höhenmesser, der, wie auch seine Taschenuhr, durch das Anschlägen chadhaft geworden ist, zeigte 3400 Meter Höhe an. Er hat fortgesetzt großen Sturm und 2 bis 3 Grad Kälte gehabt. — Zur Erleichterung des Besuches der Leip ziger Michaelismesse wird die sächsische Staats bahnverwaltung Sonntag den 30. August wieder ein Sonderzug von hier nach Leipzig und zu rück ablasten. — Der Buchhalter Gustav Richard Uhlemann aus Schandau hat gegen 3000 Mark unter- chlagen und ist flüchtig. Die Polizeidirektion siebt bekannt, daß der Flüchtige festzunehmen st. Er ist 27 Jahre alt, mittelgroß, schlank, hat dunkelblondes Haar und gleichen Schnurr bart. Etwaige Nachricht über seinen Verbleib bittet der Geschädigte gegen gute Belohnung bei der hiesigen Kriminalabteilung der Polizei direktion abzugeben. — Wie ein Telegramm aus Paris meldet, ist dort bei einer Schleisenfahrt in einem Zirkus der Artist Richard Müller gestürzt und bald darauf verstorben. Müller war erst im Februar 21 Jahre alt geworden, in Meißen geboren, und sein Vater hatte eine Bäckerei hier in der Dippoldiswaldaer Gaste. — Alle Bemühungen des Geh. Kommerzien rats Hahn und seiner Beistände, der Rechts anwälte Dr. Eides und Heine, eine Aufhebung des Haftbefehls zu erlangen, sind bis jetzt fehl- geschlagen. Die Angelegenheit Hahns ist nun mehr an den Untersuchungsrichter, Landgerichts rat Dr. Vogt, zur weiteren Bearbeitung gelangt. Wie verlautet, soll die Untersuchung jedoch nicht nur gegen den Geh. Kommerzienrat Vik tor Hahn, sondern auch gegen dessen Schwieger vater und Mitinhaber des Bankhauses Eduard Rocksch Nachfolger, Peter Spreckels, eingeleitet worden sein. — Eine große Felddienstübung hielt das ge samte 1. (Leib-) Grenadierregiment Nr. 100 am Montag vormittag auf dem Gelände bei Gorbitz-Altfranken ab, wohin das Regiment in früher Stunde ausgerückt war. An dem Ge fechte, das einem kleinen Manöver glich, nahmen auch je eine Abteilung des Gardereiter- und Artillerie-Regiments teil. Die Übung endete mit einem allgemeinen Sturmangriff der Ba taillone auf Altfranken. In den Nachmittags stunden rückten die Militärabteilungen unter den Marschweisen der Herrmannschen Regiments kapelle über Löbtau, Friedrichstadt, Marienbrücke nach dem Arsenal ein. Am Dienstag vor mittag nahm das Leibgrenadierregimcnt, das in den nächsten Tagen Manöverquartiere be zieht, auf dem Alaunplatze Aufstellung, um dort vor dem Oberst Parademarsch in Kompanie- und Regimentsfront zu üben. — Dienstag abend wurde auf der Vogel wiese der Zimmermann Kästner aus Kaitz beim Abbrechen einer Bude von einem Pferde an den Unterleib geschlagen. Noch am selben Abend im Johannstädter Krankenhause operiert, ist er gestern vormittag seiner Verletzung er legen. Der Verunglückte war 45 Jahre alt und hinterläßt außer der Witwe 10 lebende Kinder. — Einige phantasievolle Berichterstatter, deren Gedankengang wahrscheinlich noch unter der Schwüle der verstrichenen heißen Tage litt, ahen sich bemüßigt, die Tatarennachricht, König Peter von Serbien hätte zwei Beauftragte be- -ufs Aufnahme eines Dcrlehns nach hier ge- andt, in die Welt zu setzen. Die Höhe des Darlehns wurde ebenfalls genannt, eine Million, ob aber Frank oder Mark, darüber wurde der Vermutung freier Spielraum gelasten. Hie- igen maßgebenden Kreisen ist, wie der „D. A." auf grund eingezogener Erkundigungen mitteilen kann, von dieser Angelegenheit auch nicht das geringste bekannt. — In der Elbe wurde gestern eine unbe kannte, ungefähr 20 Jahre alte Tote aufge- unden, die 24 Stunden im Master gelegen jaden kann. Sie ist 160 Zentimeter groß, hat dunkelblondes Haar, graue Augen und ist be kleidet mit schwarzem Rocke, weißer, blauge- treifter Bluse, weißer Unterkleidung, weißem Strohhute mit schwarzem Bande und braunen Knopfstiefeln. Sie trug eine Halskette von blauen Perlen mit einem daran befestigten weißen Kreuze und goldne Ohrringe mit weißen Steinen. Wilsdruff. Von Interessenten Wilsdruffs und Umgegend wird an den diesjährigen Land tag eine Petition gelangen, in der ersucht wird, die Schmalspurbahn Wilsdruff-Miltitz nicht zu bauen, sondern das Geld für eine Normalbahn nach Wilsdruff zu verwenden und die Strecke Niederhermsdorf-Wilsdruff in Normalspar um zubauen. Meißen. In dem am Steinberge belegenen Weinbergsgrundstücke des Weinschankbesitzers Lantzsch hier sind bereits seit acht Tagen lauternde Trauben vorhanden. Es sind Trauben vom Früh-Burgunder, italienische Malvasier und der Triumphrebe. Die warmen Tage haben die Entwickelung der frühreifen Trauben wesentlich gefördert. Großenhain. Die Mannschaften der Feldbäckereikolonne und Feldschlächterei, welch letztere wahrend des Brigade- und DivisionS- manöoers der 1. Division Nr. 23 hier errichtet werden, trafen Dienstag vormittags hier ein. Bäckerei und Schlächterei werden im hiesigen Proviantamt eingerichtet und bleiben bis zum 27. August in Betrieb. Es sind insgesamt 3 Unteroffiziere und 20 Mann. Drebkau. Tödlich verletzt wurde vorige Woche auf der Braunkohlengrube „Merkur" der Grubenarbeiter Robert Ullrich in einem Bruch, der ausgeschachtet war und als unsicher galt. Obgleich ein älterer Bergmann ange ordnet hatte, daß dieser Bruch nur zu zweien angefahren werden solle, war Ullrich dennoch allein gefahren, um die wenige Kohle zu fördern. Als die übrigen Bergleute zum Schacht kamen, bemerkten sie, daß er zugeschüttet war; Ullrich war von den herabgestürzten Sandmasten ver schüttet worden. Erst nach stundenlanger Ar beit konnte seine Leiche geborgen werden. Bautzen. Dienstag früh von 6 Uhr ab trat hier plötzlicher Wassermangel ein, da über all die Leitung versagte. Es wurde ein Bruch des Hauptrohres konstatiert. Oederan. Der erste diesjährige Jahrmarkt hier wurde am Sonntag nachmittag durch ein Unwetter wesentlich gestört. Die Bude des Konditors Weise aus Freiberg wurde vom Sturm umgerissen und die darin befindlichen Waren zum Teil auf die Straße geworfen, vom Regen zerweicht und fortgeschwemmt. Ferner traf ein Blitzstrahl das Rathaus; er fuhr an der Hinteren Front desselben hernieder, dabei das Mauerwerk, einen Telephonisolator und ein Abfallrohr beschädigend. Chemnitz. Am 1. Oktober 1903 wird hier ein Proviantamt errichtet. Zschepplitz- Die zum hiesige» Gasthofe gehörige Scheune ist samt Erntevorräten am Sonntag abend total niedergebrannt. Da die Gefahr einer Explosion der Acetylengasanlage nahe lag, wurde das GaS abgedreht. Die hierdurch entstandene Finsternis benutzten Diebe, um in der allgemeinen Verwirrung sich unge stört an der Kaste und den Zigarrenvorräten des Kalamitosen zu bereichern, der nun durch den Verlust seiner Tageseinnahme, die gewiß nfolge der am Abend des Brandes im Gast- jofe stattgefundenen Ballmusik eine beträchtliche gewesen ist, doppelten Schaden erleidet. Kirchberg. Am 14. September wird hier eine von der Reichsbanknebenstelle mit Kasten einrichtung und beschränktem Giroverkehr er öffnet werden. Wechsel auf Kirchberg, welche nach dem 14. September 1903 fällig werden, können von jetzt ab angekaust werden. Hoher Schneeberg. DieserTage fanden m der Nähe Kinder das vollständige Skelett eines Menschen. Es wurde festgestellt, daß es von einer vor 4^/, Jahren spurlos verschwundenen Frauensperson aus Dorf Schneeberg herrührte. Ein Geldbetrag von 6 Kronen wurde noch vorgefunden, sowie ein Rasiermesser, mit dem ich die Person die Kehle durchschnitten haben dürfte. Buchholz. Auf höhere Anordnung hin haben in letzter Zeit auf dem für die Bahn- jofserweiterung hier in Frage kommenden Areal an verschiedenen Stellen Schürfungen stattge- unden zur Ergründung der Bodenverhältnisse )«selbst. Auch sind vom Eisenbahnfiskus be reits einige Häuser zum Abbruch gekauft worden. Man hegt allgemein die Erwartung, daß der umfängliche Bau im nächsten Frühjahr beginnen wird. Zwickau. Dienstag nachmittag 1 Uhr fand n Planitz die Trauerfeier für die beim Eisen bahnunglück getöteten drei Personen (Berg arbeiter Höhlig und Wenzel und die Berg arbeitersehefrau Pampel) statt. An der Be erdigung nahmen die Gemeindevorstände von Ober- und Niederplanitz (Scherf und Müller), als Vertreter der königlich sächsischen Staats bahnen die Herren Baurat Lehmann und Ver- kehrsinspektor Leipziger teil. Dem Kondukt voran ritt eine Abteilung Bergleute in Parade uniform, ihr folgten die Gemeindevorstände, einige Hundert Bergleute, dann die Angehörigen. Ganz Planitz fand sich vor dem Friedhof zu sammen. Die Grabrede hielt der Pfarrer Ende. Eine Musikkapelle spielte mehrere Choräle und der Lehrergesangverein sang einige Trauer gesänge. Die drei Leichen wurden in ein ge meinsames Grab gelegt. Plauen i. V. Auf dem Gleise der Linie Hof-Leipzig in der Nähe der Station Mehl theuer wurde am Dienstag vormittag ein ent setzlich verstümmelter weiblicher Leichnam auf gefunden. Der Körper war vollständig ent blößt, die Kleider lagen unweit der Schienen, der Kopf war buchstäblich vom Rumpfe ge trennt und lag gegenüber dem Körper. ES liegt offenbar Selbstmord durch Überfahren vor. Die Personalien des Mädchens konnten noch nicht festgestellt werden. Plauen i. V. Erdbeben treten neuerdings wieder im Vogtlands auf. Jüngst ist vom Türmer in Adorf eine Erderschütterung ge meldet worden und aus Limbach bei Herlas- grün wird gemeldet, daß dort am Montag abend gegen «/i8 Uhr ein ziemlich starker Erd stoß, der etwa 5 Sekunden gedauert habe, wahrgenommen worden sei. Die Erschütterung war so stark, daß Fenster und Türen erzitterten. Reichenbach. Zwei Güterwagen entgleisten am Mittwoch beim Rangieren. Personen wurden nicht verletzt, nur die Wagen beschädigt. Oberwiesenthal. Der Gewehrlauf der Waffe, mit der der Mord auf dem Fichtelberg begangen worden ist, wurde ebenfalls gefunden. Häckel senior wurde auch der Staatsanwalt schaft abgeliefert. Gera. Als Mörder der 21 Jahre alten Dienstmagd Lina Rust im benachbarten Walters dorf ist, nachdem der steckbrieflich verfolgte und festgenommene Dienstknecht Schulz wieder ent lassen werden mußte, weil er sein Alibi nach weisen konnte, der Sohn des Gutsbesitzers Preger, bei dem die Rust in Dienst war, ver haftet worden. Der junge Preger soll mit der Rust in intimen Verkehr, der nicht ohne Folgen geblieben sei, gestanden haben.