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Ä Nummer 284 — 2«. Jahrgang erschein« «mal w»ch«l. mit tlluslr. Grattsketlagen Heimat und Welt' und der Kinderb-ilagr .Frohmut», sowie den Textbetlagen ,St. Benno-Btatt». .Unterhaltung und Wissen». .Die Wett der Frau», .«erztltcher Ratgeber». .Das gute Buch». „Ftlmruud. schau». Monatlicher l8c,ug«pr«tS S ^ elnschl. Bestellgeld. Einzelnummer 18 Sonnabend- u. Sonntagnummer E8 Hauplschristleiier: Dr. w. DeSczhk, Dresden. LächMe Sonnkag, den 2. November ISS« tveriagSort, DrrSdt» rlnzetgenpreis«: Die Igespaltene pelitzeile 88 Familleit anzetgen u.Stellengesuche Ü8 Die petitretlamezetle. 89 mal breit I ^r. Für Anzeigen außerhalb de« Verbreitungsgebiete- «U diepelitreilamezeilc I.88X. Briefgeb.8N 4- JmFall» höherer Gewalt erlischt jede Verpllichtung aus Lieferung sowi» Erfüllung v. Anzeigen - Auslrügen ». Leistung v. Schadenersatz« Geschastlicher Teil: Frau» Bungvr«. Dresden. volrsseiiuna tlSeschitftSftell», Dkuttu.tverlag- «erm-una. V^Ä. für Vertag und Dr»-kerei»Filialc Dresden. Dresden.»!.I. Polierstraf;-t7. Fernru»i>tl»2. VoilschecNontoDresden 77YZ. Vauttonlo Stadtbank Dresden »Ir >iI7>u Für chrisNiche Politik und Kullur Redaktion der LSchstschrn Volks,eUnn» DreSden-Atttadl l Valierstrahe '7. Fernrui Ml' »,,b 7I0>2. Brüning in Dresden Dresden, 1. November. Kurz nach 11 Uhr trafen Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsfinanztniinsier Dr. Dietrich aus dem Neustädter Bahnhof ein in Begleitung des Staatssekretärs Pitnder und des siichsisclp;,, Gesandte,, Dr. Gradnauer. Sie wurden von Ministerpräsident Schi eck. dem Finanzminisiex Dr. Hedrich. dem Leiter der Staatskanzlei Dr. Schöttler. dem Legationsrat Dr. Wielisch beglicht unb dann zu de,, Autos begleitet, die die Herren sofort ins Ministerialgebäude brachten. Im Ministerialgebäude wurde,, die Herren durch das säch sische ('»esamtministerium empfangen. Im Anschltch daran wurde i„ die sachliche Beratung eingetreten, die zur Zeit „och andauert. * Der Bestich in Dresden bildet den Abschluss der Bespre chungen. die der Reichskanzler in den leisten Tagen mit den Vertretern der Länder durchgeführt hat. Dem Besuch des Kanz lers in Stuttgart, wo er mit den Vertretern Württembergs, Badens und Hessens die Probleme des Resormprogramms durch sprach, folgte am Donnerstag eine Aussprache mit dem bäueri schen Ministerpräsidenten Held in Berlin. Am Freitag früh empfing der Kanzler Vertreter der mittel- und nord deutschen Länder lohne Sachsen): am Nachmittag folgte eine Aussprache mit den Vertretern von Hainburg, Bremen und Lübeck. Alle diese Besprechungen trugen in erster Linie iusor- matorischen Charakter, sie sind im allgemeinen im Sinne einer Verständigung verlaufen. Bei der Besprechung zwischen den Reichsministern und den sächsischen Landesministern dürften heute ausser den Fragen des Reformprogramms auch die Frage der sächsischen E i s e n ba h n a b f i n d u n g und der Au ft rag Ver gebung durch das Re ich behandelt werden. Bekanntlich beklagt sich Sachsen darüber, das; prcuhische Gebiete bei der Vergebung solcher Aufträge in den letzten Jahren viel besser berücksichtigt worden sind als Sachsen und Süödeutschland. Ziel der Besprechungen des Kanzlers ist es, die Auffas sung der Länder hinsichtlich der Regierungsvorlagen zu klären, mit denen sich der R e i ch srnt a m 4. N ove m b e r zu befas sen haben wird. In diesen Beratungen des Reichxrats wird es sich zeigen, ob es gelungen ist, die Länderregierungen in der für das deutsche Volk lebenswichtigen Frage des Reformprogramms zu einer einheitlichen Ausfassung zu bringen. Was Hai Revenklow gef Der mutige Mann korrigier! seine Reichsiagsrede Die Nationalsozialisten verstehen sich, was zur Genüge Akannt ist, ganz ausgezeichnet auf die Politik des hoppelten Bodens. Vor allem seit dem 14. Septem ber geben sie ihren Aeußerungen und Lehren sehr ver schiedenartige Fassungen. Eine von ihnen, für den internen Hausgebrauch bestimmt, ist hemmungslos und ganz auf demagogische Wirkung abgestellt. Eine andere, die sich an das Ausland oder an bestimmte Teile der deutschen Lesse,it- lichkeit richtet, ist sehr vorsichtig und maßvoll, — oder soll es wenigstens sein. Bisweilen kommt es^aber vor. daß jemand, der in der Form der „frommen Denkungsart" sprechen soll, aus der ihm zugedachten „Rolle" fällt. Aus dem Schauspiel wird dann die wahre Wirklichkeit, die uns jGelegenheit gibt, den Geist der Nationalsozialistischen Par tei wieder einmal kennenzulernen. Dies ist neulich, wie in aller Erinnerung ist, auch dem pkeichstagsabgeordneten Graf zu Reventlow passiert. In einer Auseinandersetzung mit dem Führer der Bayeri schen Bolkspartei, dem Prälaten Leicht, hat er bekannt lich im Reichstag die Bemerkung gemacht, daß die katholische Jugend aus der Kirche mar schierenwerde. Er selbst und seine gesamte Fraktion, die dieser bezeichnenden Aeußerung geradezu begeistert .^-Beifall klatschte, haben damit ihre wirkliche Gesinnung ^->gegen die katholische Kirche mit einer Deutlichkeit offenbart, C^die zur Klärung der nationalsozialistischen Haltung kaum <-»«och notwendig war. Der kluge Graf hat aber offenbar sehr bald gemerkt, daß er hier jenes nationalsozialistische Gesicht gezeigt hat, das seit dem 14. September nur noch für die Parteiorganisation, aber nicht mehr für die katho- ' lische Oeffentlichkeit bestimmt ist. Was macht in einem solchen Fall der kluge Mann, der mannhafte National sozialist? Graf Reventlow „dreht" die Sache Durch eine Korrektur des Stenogramms, die de» ganzen Vorgang im Sinne einer Entlastung der Nationalsoizalisten wesentlich entstellt. Er korrigiert Empfindungen und Gefühle gegen über der katholischen Kirche in seine Rde hinein, die er gar nicht geäußert hat und gar nicht besitzt. Dieser inter essante Tatbestand ist in einem Briefwechsel zwischen dem Vorsitzenden der Zentrumsfraktion, Abgeordneten Dr. Perlitius, und dem Reichstagspräsidenten Löbe fest gestellt. Wir lassen die Briefe anschließend folgen. Zu nächst richtete Abg. Perlitius am 29. d. M. namens der Zentrumsfraktion folgendes Schreiben an den Reichs- tagspräsidenten Lobe: Sehr geehrter Herr Präsident! Nach übereinstimmenden Feststellungen zahlreicher Mitglieder des Reichstags sind in dem amtlichen Berichte über die Verhandlungen des Reichstags in seiner 5. Sitzung vom 18. Oktober d. I. in der Rede des Herrn Abgeordneten Grafen zu Reventlow Berichtigungen vorgenom men worden, die den Sinn der Rede ändern und die nachfol gende Replik unseres Fraktionskollegen, des Herr« Abge«rd«ete» Dr. Brauns. Unverständlich mache«. Unter Bezugnahme auf:A 110 der EesZ Stsordmmg bitte ich ergebenst, das unkorrigierte Stenogramm der Rede des ge nannten Abgeordneten mit dem gedruckten Bericht zu verglei chen und festzustellen, welche Aenderunaen voigenommen wor den sind. Für eine baldige Mitteilung wären wir Ihnen dank bar. Mit vorzüglicher Hochachtung usw. Neichstagspräsioent Lobe gab auf dieses Schreiben am 30. Oktober folgende Antwort: Sehr geehrter Herr Kollege! Da Sie mich unter Bezug- nähme auf 8 110 der Geschäftsordnung darum gebeten haben, teile ich Ihnen mit. dag der Schluß der Rede des Herrn Abge ordneten Graf zu Reventioiu im Lriginai-Sienogramin folgen den Wortlaut hat: „Wir glaube» etwas anderes. Sie habe» angedcn- tet, die Jugend solle gegen uns marschieren oder werde gegen uns marschieren. Ich möchte als meine Ansicht hier ans sprechen: Tie Jugend wird Ihnen aus der Kirche marschie ren. (Händeklatschen bei den Nationalsozialisten.) (Abg. Leicht: „Das wollen wir abwarten!") Im gedruckten Stenogramm heitz, es: „Wir fürchte,, etwas anderes. Tie habe» a»gedeute>. die Jugend solle gege» uns marschiere,, oder werde gegen uns marschieren. Ich möchte als meine Ansicht mit Be sorgnis und Bedauern dahin ausspre«>en: Die Jugend wird Ihnen aus der Kirche h e r a u s marschiere», wäs w i r wahrlich nicht wünschen!" Die hervorgehobencn Stellen sind also geändert bzw. hin- zugesctzt. Falls Sic wünschen, dag Herr Gras -u Reventlow »in eine Berichtigung nach 8 >lo gebeten wird, sehe ich Ihrer wei. lercn Mitteilung entgegen. Mit vorzüglicher Hochachtung Lobe. Der Vorsitzende der Zentrmnssrahtion, Abg. Dr. Pcrli- t i u s. schloß dann den Briefwechsel mit folgendem Schreiben ab: Sehr geehrter Herr Präsident! Wir bestätigen Ihnen dan kend de» Eingang Ihres Schreibens vom heutigen Togo und bitten mit Bezug auf Ihre Mitteilung, den Herrn Abgeordneten Grafen zu Reventlow um eine Berichtigung nach § 110 der Ge schäftsordnung zu ersuchen. Ritt vorzüglicher Hochachtung usw. « Auf Grund der Geschäftsordnung des Reichstages erhält jeder Redner eine Niederschrift seiner Rede zur Berichtigung. Aber über diese Berichtigung heißt es im 8 110: „Keine Berich tigung darf den Sinn der Rede ändern. Wird die Berichtigung beanstandet und keine Verständigung mit dem Redner erzielt, so ist die Entscheidung des Präsidenten oder seines Stellvertre ters einzuholen." Es fragt sich also zunächst, ob Graf Revent low bereit ist. zuzugcstehen. daß er durch seine „Berichtigung" den Sinn seiner Aeußerung geändert hat. ?lber wichtiger ist die Tatsache, daß sich der Nalionalsozialisnuis den denischen Katholiken gegenüber wieder einmal als das demaskiert hat. was er wirklich ist. In diesem schlauen Spiel mit den verfehle denen Ton- und Lesarten, die jo nach dem Zwecke wechselnd angewandt werden, liegt nur ein Fehler: die Auffassung näm lich, daß die deutschen Katholiken so naiv wären, dieses Trei- den nicht zu durchschauen! Dur und Moll In zwei Tonarten wird heute den deutschen Katho liken dieselbe Melodie vorgespielt, die alte Rattenfänger« inelodie: „Ihr sollt nicht Zentrum wählen!" Meistens er klingt diese schöne Weise in Atoll, dann säuselt es durch den Blätterwald am Hugenberg: „Das Zentrum verrät die katholische Sache! Es geht mit der christentumsfeind lichen Sozialdemokratie!" Wenn aber diese schälte Mär nicht fruchtet, dann kann man auch in Dur aufspielen, dann heißt es: „Die Jugend wird aus der Kirche heraus marschieren! Keinen Pfennig für katholische Vereine, die sich nicht vom Zentrum losgesagl haben!" Es gibt immer noch Katholiken, die glauben, diese zwei Tonarten seien der Ausdruck zweier grundverschiede ner Auffassungen. Das ist ein gefährlicher Irrtum. In Mall wind uns Katholiken nur von den Herren ausgespielt, die sich noch nicht recht getrauen, die höheren Töne zu wählen. Das sind kluge Leute, sie denken: Wenn den denk s ch e n K atholik e n e r st e i n m a l die W afse desZen l r u m s a u s d e r H a n d g e i ch l a» gen ist, dann wird m a u sowie s o mit i h n e n machen können, was man will. Sie argumen tieren wie Mephisto: „Beim ersten seid ihr frei, beim zweiten seid ihr Knechte." Ob ihr dem Zentrum treu blei ben wollt oder nicht, ihr deutschen Katholiken, das steht bei euch. Weiche Stellung aber daun, wenn es einmal kein Zentrum mehr geben sollte, die katbotticke Kirche in Deutschland entnehmen würde — darüber werden dann ganz andere Leute als ihr befinde»! Zwei Tonarten, aber dieselbe Ai e! a - die, zwei Methoden, aber dasselbe Ziel. Alan braucht sich nur die Leute anzusehen, die heute den deutschen Ka tholiken so gute Ratschläge geben. Wenn in diesen Blät tern der Rechten einmal ein „Kathoük" als Zeuge auge rufen wird, sei wird bestimmt sein Name verschwiegen, und wenn, wie im Falle „Paler Ramnuudus", der Ber» sasser festgestellt wird, dann bückt man in das freundliche Gesicht eines Renegaten. Die Blätter aber, in denen man jetzt den Katholiken so eifrig Ratschläge erteilt, sind die selben. die sich nicht scheuen, die ärgsten Augrine gegen den Katholizismus abzudrucke». In Sachsen zeichnet sich da besonders der Snüivesten aus, der ja van jeher dem Katholizismus besonders freundlich geionueu war. Das selbe „Ekemnilzer Dagebiati". das in seine'' Nr. AB den Haßgesang des Evangeü Bäudlers Gaben'! argen Rom zum Abdruck brachste, wagt in seiner Nr. stob in einem „Rat und Schwarz" iiberschriebeneii Artikel aus die Frage „Dürfen Katholiken Zentrum wähien?" zu antworleu: „Nein!." Dieser Artikel ist zwar noch ganz aus die Tonart Mall eingestellt, aber geradezu eine Ainsirrkarie von Un wahrheiten und Verdrehungen. Man lese: „Das Zentrum lml sich in seiner LicbeRencre: vor Her Sozialdemok.aiic uilmälstick z : einer KSel'en'en'R.el-'N. »'H-en- tnnstcindlichen Partei entwickelt, die in Ii.mi.',:' denttcken -miat. in dein der R.'ttgioiisunleirichl abg.-schas. wnr. d ' Au' co.mg dieies Verbals durchgeseizi Katt ferner im R - cke die Annadme eines christlichen Volksschnlgesetze-- keine verbilden, in Dmrm- aen durch den Einsvrnch des RncksinuciiinniMc' s g»! ckintliche Schule,ebete. von denen eines sogar von einem °.a:!>olisckcn Geist lichen versaßt war, zur Nichteinsührung gebracht bat " Jede einzelne der hier ausgestellten Behanplnngen ist unwahr. Bon den fünf Lchnlgebelen, dir von Tr. Frick für Thüringen vorgesehen waren, Hai das Reich nur zwei beanstandet, das von einem katholischen Theologen verfaßte Gebet blieb unbeanstandet. Das chrislückd Reichs, schiilgesetz ist seinerzeit van der Deutschen Baiksvartei zerschlagen worden — auch im neuen Reichst"! ober gibt es ohne Deutsche Bolkspartei keine sichere Mehrheit snr "ein solches Reichsschulgeselz. Reich sinnloser ist es schließ lich. di« Abschaffung der Schnlgebele i» Bronittchweig. Thüringen und Sachsen dem Zentrum als ltttterlossnn.zs- jüiide anznkreiden: Kulturpolitik ist Ländcrsoche stn die sem Punkte ist die Weimarer Verfassung leider der Bis- Keule: Hctmat und Welt (ZU W Unleryalluna und Wiste» Turnen, Sport und -piet