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38. Jahrgang. Inserate werden dt« Vormittag 11 Uhr angenom- calr werden ow «ormmag 11 Uhr anaenom» und beträgt der Preis für dir gespaltene Zeile 1 oder deren Raum 1b Vs. men Nachmitt. ü llhr für den „ SL-LM Donnerstag, den 24. Dezember. reikeMMjeiq. md Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julis« Brau« iu Freiberg. Jur gefälligen Aeachtung. Unsere geehrten Inserenten machen wir hiermit aufmerksam, daß die am nächsten Donnerstag Nachmittag erscheinende «W» Weihnachts-Nummer s» des „Freiberger Anzeiger" länger als gewöhnlich aufliegt, da in Folge der drei Festtage erst Montag, den 28. Dezember, eine neue Nummer unseres Blattes erscheint. Alle für den Sonntag bestimmten Inserate müssen daher bis spätestens Donnerstag, den 24. Dezember, Vormittags 11 Uhr, in unsern Händen sein, sofern sie noch Aufnahme in der Weihnachts-Nnmmer finden sollen. — Falls während des Festes politisch wichtige Ereignisse gemeldet werden, bringen wir dieselben durch Extrablätter zur Kenntniß unserer geehrten Leser. Gleichzeitig gestatten wir uns zum Abonnement auf das mit dem 1. Januar 1886 beginnende nächste Vierteljahr ergcbenst einzuladen. Bestellungen werden zum Preise von 2 Mk. 25 Pf. bei allen Postanstatten sowie bei sämmtlichen Ausgabestellen und der unterzeichneten Expedition angenommen. Wir bitten um rechtzeitige Erneuerung der Bestellungen, da wir sonst die Lieferung vollständiger Exemplare ohne Mehrkosten für Vie geehrten- Abnehmer nicht gewährleisten können. Expedition Vts „FttlVerger ANZeigN". Das italienische Parlament. Seit Wochen erregt das Thema der Grundsteuer-Reform olle Gemüther in Italien, weil die äußerste Linke, besonders aber die Abgeordneten Süd-Italiens durchaus den alten Schlendrian der Selbsteinschätzung beibehalten wollten, bei welchem System bisher die Redlichen am schlechtesten fahren. Bei dieser rein praktischen Frage verschwanden fast alle politischen Unterschiede. Nicht nur der Finanz- Minister Magliani und der Regierungskommissar Messa- dagba sprachen sür die Regierungsvorlage mit großer Wärme und Beredsamkeit, auch die Abgeordneten der Rechten, Minghetti und Bonghi vertheidigten den Re gierungsentwurf, was besonders dem letzteren hoch anzu rechnen war, weil er aus Neapel stammt und sonst ein entschiedener Gegner des gegenwärtigen Regiments ist. Minghetti vertrat dagegen als ein in Nord-Italien ansässiger reicher Gutsbesitzer bei der Grundsteuer-Ncform-Vorlage mit der Sache der Gerechtigkeit zugleich seine eigenen Interessen und diejenigen seiner Wähler. Neben den öffentlichen Verhandlungen im Sitzungssaale des Monte Citorio liefen fortwährend private Unterredungen zwischen den Parteiführern nebenher. Die um den reichen apulischen Abgeordneten Pavoncelli geschaarten Gegner der Grund steuer-Reform, zu denen nicht nur viele Süditaliener, sondern auch einige toskanische Abgeordnete und zwar Mitglieder der Regierungsmehrheit, wie Chirmini, Lacova und Camporeala, gehörten, widerstrebten besonders der in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Katastervermessung und zeigten sich jedem Ausgleich abgeneigt. Man erwartete trotzdem von dem sonst sehr zu Kompromissen geneigten Ministerpräsidenten Depretis ein Entgegenkommen, sah sich aber in dieser Erwartung vollständig getäuscht. Wo pekuniäre Interessen im Spiele sind, lassen sich Ver mittelungspläne nur schwer verwirklichen; hier galt es außerdem die neapolitanisch-sizilischen Sonderbestrebungen ein für allemal abzuweisen und Nord-Italien von den schweren Lasten eines ungerechten Steuersystems zu befreien. Depretis hat seinen Entschluß, hierbei eine klare und runde Entscheidung für oder wider zu provoziren, nicht zu bereuen gehabt. Bei der Abstimmung darüber, ob die Kammer in die Spezialdebatte der Grundsteuer-Reform einlreten wolle, erwies sich die Zahl der Zustimmenden (mit einem Mehr von 107 Stimmen) drei Mal größer, als „man regierungsseitig vorausgesetzt hatte. Für die Spezialdebatte stimmten am 17. d. M. die Lombarden bis auf Canzi, Cavelotti, Cairoli und Marcora, dann die Venetianer, Piemontesen, Toskaner, Romagnolen, Römer, vierzehn Abgeordnete von der äußersten Linken und fünf undzwanzig Süd-Italiener; gegen die Spezialdebatte stimmten 138 Süd-Italiener, 15 Nord-Italiener und 15 Abgeordnete von der äußersten Linken. Die Anhänger der Pentarchisten waren auf beiden Seiten zu finden; mit Mühe hatten sich wenigstens die Führer dieser Oppositions partei, Cairoli, Crispi, Baccarini und Nicotera im letzten Augenblick noch zu einem ablehnenden Votum geeinigt. Die meisten Abgeordneten der Südprovinzen empfanden d^n Ausgang der Abstimmung sehr bitter in dem Vorgefühl, daß es nicht möglich sein werde, den praktischen Folgen des Gesetzentwurfes auszuweichen. Aus diesem Grunde machte sich die süditalienische Leidenschaft in der heftigsten Weise Luft. Die Bereicherung der parlamentarischen Ausdrücke durch den Herzog von San Donato, der den Unterstaatssckretär Morana wegen seiner Abstimmung in offener Kammer ein Schwein nannte, und deshalb zur Rechenschaft gezogen wurde, Hi bei einem so höflichen Volke, wie es die Italiener sonst sind, doppelt bedeutsam. Die Grundsteuer-Reform hatte im italienischen Parlament nicht nur alle Gesetze der Höflichkeit zerstört, sondern auch alle Parteiverbände gelockert, so daß die pentarchistische Opposition ganz zerfiel, daS Kabiner Depretis aber, das man bereits gefährdet glaubte, aus der Feuerprobe gefestigter hervorging. Die Grundsteuer-Frage geht nun einer be friedigenden Lösung entgegen und das Ministerium dürste freie Hand gewonnen haben, es mit der äußersten Linken bei anderen Angelegenheiten erfolgreich aufzunehmen. Als eine solche neue Streitsache muß die Angelegenheit der Universitäts-Neglemente des Unterrichtsministers an gesehen werden, gegen welche der Wortführer der Radikalen, Mussi, vergeblich Beschwerden vorbringen wollte, bevor die Grundsteuer-Reform-Debatten völlig erledigt waren. Die Mehrheit der Kammer entschied sich gegen jede Unterbrechung dieser Debatten, wird aber nun doch nachträglich in Folge eines am Sonntag im Nom stattgefundenen Tumults eine Berathung der Interpellation zulassen müssen. Einige patriotische Vereine wollten dort den Jahrestag der Hin richtung Oberdank's durch Kundgebungen seiern, welche die Behörde aus Gründen der öffentlichen Ordnung verbot. Mehrere radikale Parteiführer veranlaßten darauf eine An zahl Studenten, eine ähnliche Kundgebung innerhalb der Universität zu veranstalten. Die Studenten fanden aber die Thore der Universität geschlossen und wurden von einigen Polizcikommissären bewogen, ruhig anseinanderzu- gehen. Drei Verhaftete erhielten bald darauf die Freiheit wieder; am Montag aber ließ der Rektor die Vorlesungen bis zu den Weihnachtsferien suspendirenj und drohte bei der geringste» Ausschreitung mit Schließung der Universität. Weit größere Sorgen, als diese ohnmächtigen Versuche der Radikalen, macht dem Ministerium Depretis der Ausbruch der Cholera-Epidemie in Venedig, die zwar offiziell in Ab rede gestellt wird, aber trotzdem fortdauert, wenn auch bisher nur vereinzelte Cholera-Todesfälle konstatirt wurden. Mit großer Spannung sieht man auch neuen Nachrichten aus Kolumbien entgegen, wo sich die freistaatliche Regierung so schroff gegen den italienischen Gesandten benahm, daß dieser seine Pässe forderte und von Bogota nach Nom zurückreiste. In Folge dieses diplomatischen Bruches sandte die italienische Regierung zum Schutze der in Kolumbien angesiedelten Italiener zwei weitere Kriegsschiffe dorthin ab, deren Führer die Weisung erhielten, bei der ersten Provokation die Feind seligkeiten zu eröffnen. Fast scheint es, als wünsche das Ministerium Depretis die Gelegenheit zu einer großen Staatsaktion herbei, um einen frischeren Zug in die italienische Politik zu bringen und die verdickte Atmosphäre zu klären. Der Vizepräsident Spaventa schrieb vor der Grundsteuer-Reform-Debatte an einen Freund: „Ich glaube, daß nicht die politische, sondern die administrative Richtung der Negierung meines Landes über einen Abgrund hinabgleitet, wo von allen Hoffnungen, die wir auf die Größe und Bildung des verjüngten Vater landes setzten, nichts übrig bliebe, als verkommene und zersetzte Einrichtungen. Ich mag aber den viclverbreiteten Glauben nicht bestärken, daß dieser Zustand unheilbar fit und daß jeder Versuch einer Aenderung auf eine Ver schlimmerung hinauslaufe. Nichts erscheint mir verhängnis voller, als ein solches Vorurtheil; es ist, als wollten wir sagen, daß wir in einem Sumpf steckten, ohne Hoffnung, hinauszukommen. Italien muß aber auf die eine oder andere Weise hinauskommen. Die Stimmen, die bei der Vizcpräsidentenwahl sich in dem Schifflein meines Namens vereinigten, waren ein leichter Wind, der dieses todte Ge wässer bewegen sollte." DaS Lüftchen, welches daS Segel Spavcntas schwellte, hat freilich nicht ausgereicht, die See der italienischen Staatspolitik aufzureaen. Vielleicht erweisen sich die Ermannung des greisen Ministerpräsidenten Depretis bei den Grundsteuer-Neform-Debatten und eine energische auswärtige Politik des Ministers Grafen Robilant als stärkere Windstöße und kräftig genug, um das italienische Staatsschiff wieder flott zu machen. Tagesschau. Freiberg, den 23. Dezember. In seiner am 19. d. M. abgehaltencn Plenar-Sitzung ge nehmigte dec deutsche Bundesrath die Gesetzentwürfe über die Zuckersteuer, über die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und sorstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Per sonen und über die folgenden elsaß-lothringischen Angelegen heiten: das Grundeigcnthum und Hypothekenwcsen, die Ein richtung des Grundbuchs und die Ausstellung gericht licher Erbbeschemigungen und die Zuständigkeit der Amts gerichte. Eine Eingabe über die Anwendung des Unfallver- sichcrungsgesetzes auf Regiebetriebe des Staats und der Ge meinden, beschloß die Versammlung dem Reichskanzler zu über weisen. — Für das Branntwein-Monopol werden die parlamentarischen Aussichten täglich schlechter, da sich alle Organe des Zentrums dagegen erklären. Die „Germania" bezeichnet das Monopol als ein Projekt, das aus hundert Gründen verwerflich erscheine, und der „Westfälische Merkur" wiederholt die Versicherung, „daß der Reichstag das Brannt wein-Monopol nicht annehmen wird." Die Bestimmtheit dieser Behauptung kann freilich nur den Sinn haben, daß das Zentrum dagegen ist. Das geht auch aus einem leitenden Artikel der „Germania" hervor, in welchem die National liberalen gezaust werden, weil sie angeblich aus lauter Dienst- sertigkeit gegen den Reichskanzler ihre monopolseindliche Vergangenheit verleugnen wollten. In diesem Artikel wird wörtlich gesagt: „Der von der „Norddeutschen" als beachtens- werth bezeichnete Versuch, die Opposition gegen das Monopol auf nichts als auf „Reichsfeindschaft" zurückzuführen, braucht nur festgenagelt und der öffentlichen Verurthciluug überant wortet zu werden. Das Branntweinmonopol ist noch schlimmer, als das Tabakmonopol, und gegen letzteres haben alle Parteien, theils geschlossen, theils in großen Ziffern, gestimmt, sogar Deutsch- und Freikonservative und erst recht die National liberalen. Für das Monopol stimmten nur ein Dutzend Ab geordnete. Wurde jene immense Mehrheit des Reichstags aus allen Parteien auch nur von Reichshaß bestimmt?" — Die sozialdemokratische Fraktion will nach den Weihnachts ferien noch zwei Jnitiativ-Anträge im deutschen Reichs tage einbringen; einen in Bezug auf die Wahlen, in dem verlangt wird, daß der Wahltag ein Sonntag oder Feiertag sein muß und daß die Stimmzettel in gleichmäßigen, abge-