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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188408200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840820
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840820
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-08
- Tag 1884-08-20
-
Monat
1884-08
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1884
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Erscheint täglich früh 6'/,Uhr. Re-action und Expedition IohanneSgasse 83. -prrchkundea der Redaktion: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—S Uhr. »»»» «sß»»« «i,,tt»ndt« «„»irr«, »ich« ßch m» sütiai»» »ich« »«rvuttiütz, »«atz«« per für pte «ichftfalgeud« R»««rr deftimmten Inserate au Wacheutageu bis L Uhr Nachmittag«, a« Gaau- u«P Festtage» früh di»'/,« Uhr. 2n den Filialen für Ins.-Annahme: Vtt« Ulemm, UniversitätSstraße 21, Louis Lösche, Katharinenstraßc 18, p. »«r bi» '/,S Uhr. Auflage 18,600. Äbonnemrntspreis oiertelj. 4'/, Md. mcl. Bringerlohn 5 Mk.. durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format gesalzt) Ohne Poslbesürderung 39 Mt. «tt Poftbesörderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer n. Ziffernlatz nach hvherm Taris. Reklamen «ntrr dem Redaktionostrich die Epaltzeil« 50 Ps. Inserate sind stet- an die Erpebitinn zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung xraei>um-ran,Ik> oder durch Post nachnahme. ^- 233. Mittwoch ven 20. August 1884. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. Bekanntmachung, die Errichtumg vo« OrrSkraukeucaff«« betreffend. Der H. 17 des Gesetze«, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter vom IS. Juni 1883, lautet: „Die Gemeinden sind berechtigt, für die in ihrem Bezirke be schäftigten versicherungspflichtigen Personen Ortskrankencassen zu er- richtcn, sofern die Zahl der in der Tasse zu versickernden Personen mindestens einhundert beträgt. Die Ortskrankencassen sollen in der Regel für die in einem GewerbSzweige oder tu einer Betriebsart beschäftigten Personen errichtet werden. Die Errichtung gemeinsamer Ortskrankencassen für mehrere GewerbSzweige oder Betriebsarten ist zulässig, wenn die Zahl der in den einzelnen Bewerbszweigen und Betriebsarten beschäftigten Personen weniger als einhundert beträgt. GewerbSzweige oder Betriebsarten, in welchen einhundert Personen oder mehr beschäftigt werden, können mit anderen Gewerb-zweigen oder Betriebsarten zu einer gemeinsamen OrtSkrankencaffe nur »er- einigt werden, nachdem den in ihnen beschäftigten Personen Gelegen- heit zu einer Aeußerung über die Errichtung der gemeinsamen Lasse gegeben worden ist. Wird in diesem Falle Widerspruch erhoben, jo entscheidet über die Zulässigkeit der Errichtung die höhere Ber- waltungsbehörde." Aus Grund dieser gesetzlichen Bestimmung beabsichtigen wir, nachverzeicbncte 18 Ortskrankencassen zu errichten. Die in ven vereinigten GewerbSzweigen und Betriebsarten beschäftigten Personen haben bei Verlust de» WiderspruchS- rcchteS etwaige Widersprüche bi» zu« « September diese« Jahre« geltend zu machen und dieselben schriftlich und mit Gründen versehen bi« z» diesem Tage bei unserem statistischen Amte (Stadthaus, Obstmarkt 3) einzureichen. Unser statistische« Amt ist angewiesen, Anfragen wegen Zubehör eine« Gewerb«zweige« oder einer Betriebsart zu eurer OrtSkrankencaffe zu beantworten, insoweit die Zu gehörigkeit nicht ohne Weitere« auS der nachstehenden lieber- sicht erhellt. Bei der Lertheilung der GewerbSzweige «. s. w. ist die systematische Uebersicht der Gewerdebetrlebe der deutschen ReichSstatistik zu Grunde gelegt worden. Dwscib« unter scheidet zwischen Gruppen (mit römischen Ziffern bezeichnet), Elaffen (arabische Ziffern in zweiter Stelle) und Ordnungen (arabische Ziffern in dritter Stelle). Für die Zugehörigkeit der Arbeiter zu einer OrtSkranken caffe ist der GemerbSzmeig oder die Betriebsart de» Betriebs unternehmers maßgebend, derart, daß alle in einem Betriebe beschäftigten versicherung-pflichtigen Personen einer und der selben OrtSkrankencaffe angeboren. Da wir nicht beabsichtigen, die in tz. 1 deS Kranken- versicherungszesetzeS ausgesprochene Bersicherungspflickt durch OrtSstatut auch auf die in tz. 2 deS Gesetze» genannten Personen (u. A. Handlungs-Gehilfen und Lehrlinge, Gehilfen und Lehrlinge in Apotheken, HauSindustriclle, Arbeiter in der Land- und Forstwlrthschast) zu erstrecken, so umfassen die unter 17 und 18 genannten OrtSkrankencaffe» nur die in den Handels- und Verkehrsgewerben beschäftigten nicht kauf männisch gebildeten Gebilsen und Gehilfinnen, ferner Markt- Helfer. Rollknechte und Arbeiter. 1. OrtSkrankencaffe für dt« Industrie ber Steine und Erden. Zu derselben gehören III. Bergbau, Hütten- und Salinenwesen, IV. Industrie der Steine und Erden. z. B- Brianette-Fabriken, Steinhauereien, Ziegeleien, Töpfereien, Spiegetfabriken, GlaSschleifereien und Glas malereien. 2. OrtSkrankencaffe für Metallarbeiter. V. Metallverarbeitung, VI. Maschinen, Werkzeuge, Instrumente und Apparate mit Ausnahme von VI. 8. — Musikinstrumente. z. B. Goldschmiede, Prägansialtcn, Zinngießer, Kupfer schmiede, Gürtler. Klempner, Schmiede, Schlosser, Nadler, Eisengießer, Maschinenbauer, Wagenbauer, SchifsSbauer, Büchsenmacher. Mechaniker, Optiker, Uhrmacher, Ban dagisten, Lampensabrikanten. 3. OrtSkrankencaffe für Fabrikation vo» Musik instrumente«. VI. 6. — Fabrikation von Musikinstrumenten und deren Bestandtheilen. 4. OrtSkrankencaffe für die chemische Industrie. VII. Chemische Industrie, VIII. Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe, IX. 5. — Bleicherei und Färberei, r. B. Chemische Großindustrie, Apotheken, Betriebe für Farbewaaren, Düngemittel. S. OrtSkrankencaffe für Textilindustrie. IX. Textilindustrie mit Ausnahme von IX. 5. — (Bleicherei und Färberei). z. B. Spinnerei, Weberei, Kämmerei, Wirkerei. Seilerei v. OrtSkrankencaffe für Papier«, Leder« «md Gummi-Industrie. X. Papier« und Leder-Industrie mit Ausnahme von X 4. — (Buchbindereien und Cartonnagenfabriken), i. B Papier- und Pappfabriken, Tapetenfabriken, Gerber, WackStuchfabrikc», Gummiwaarensadriken, Papicrwäsche- fabriken, Riemer. Sattler. Tapezierer. 7. OrtSkrankencaffe für Buchbinder. X 4. — Buchbindereien und Cartonnagenfabrikcn. 8. OrtSkrankencaffe für die Industrie der Holz- und Schnitzstoffe. XI. Industrie der Holz- und Vchniystoffe, r. B. Schneiderniillcr, Kistenmacher, Pantoffelmacher, Tischler, Parquetsabriken, Böttcher, Korbmacher, Slroh- hutmacher, Nohrflechter, Drechsler, Holz-, Elfenbein- und Meerschaumschnitzer. Korkschneider, Bürstenmacher, Stock- und Schirmmacher, Bilderrahmensabriken, Lackirer, Ver golder. 8. OrtSkrankencaffe für die Judustri« der Genu-mittel. I. Kunst, und HanbelSgärlnerei, II. Fischerei, XII. Nahrung», und Genußmittel mit Ausnahme von XII. 4. — z. B- Müller, Bäcker. Conditoren. Fleischer, Brauer. Branntweinbrenner, Zucker-, Chocolode-, Stärke-, Miue- ralwassersabrstcn. 10. OrtSkrankencaffe für Tabaktudustrte. XII. 4. — Tabakindustne. IX OrtSkrankencaffe für Schneiderei «ud Putzmacherei. XIII. 1. 1. Wcißnäherei, XIII. 1. 2. Schneiderei, XIII. 1. 3. Putzmacherei, Rüschenfabrikation, Blumen fabrikation, Federschm ückerei. XIII. 1. 7. Fabrikation von CorsetS und Crinolinen. 12. OrtSkrankencaffe für Hntmacher, Kürschner, Handschuhmacher und Schuhmacher. XIII. 1. 4. Hut- und Mützenmacherei und Filzwaaren- sabrikation, XIII. 1. 8. Pelzwaarenzurichtung und Kürschnerei. XIII. l. 8. Betriebe für Hosenträger, Cravatten nnd Handschuhe, XIII. 2. — Schuhmacherei. 13. OrtSkrankencaffe für Barbiere, Friseure und Bader. XIII. 3. — Haar- und Bartpflege, XIII. 4. — Badeanstalten. Waschanstalten. 14. OrtSkrankencaffe für Baugewerbe. XIV. Baugeivcrbe, z. B. Maurer, Zimmerleute. Glaser. Dachdecker, Schornsteinfeger, Steinsetzer. Brunnenbauer, Stuckateure, Stubenmaler. Firmenschreiber. Zimmersrotlirer, Ofen setzer, daS Personal der Architekten, Civilingenieure, Techniker. Geometer. 15. OrtSkrankencaffe für Buchgewerbe. XV. Polygraphische Gewerbe, z. B- Drucker, Schriftsetzer, Schriftgießer, Holz schneider, Lithographen, Nolenstecher, Pkotözraphen. 1«. OrtSkrankencaffe für die HilfSgewerbe deS Handels. XVII. HandelSgewerbe 17. OrtSkrankencaffe für die DerkehrSgewerbe. XVIII. VerkehrSgewcrbe. 18. OrtSkrankencaffe für Kellner. XIX Beherbergung und Erquickung. Die in der XIII. Gruppe der systematischen Ordnung aufgcsllhrten .künstlerischen Betriebe für gewerblich^ Zwecke" sollen denjenigen Ortskrankencassen zugetheilt werden, zu welchen sie nach der Natur der Materialien, mit welchen sie zu thun haben oder nach der Art der Verwendung ihrer Er zeugnisse gehören, also zum Beispiel zur ersten, zweiten, fünften, vierzehnten und fünfzehnten OrtSkrankencaffe. Leipzig, den 7. August 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. l)r. Tröndlin. Schneider. Dekanntmachnng. Die Herstellung der Scbleuße» lll. Classe in den Straßen auf der östlichen und nördlichen Seite deS Platze» L deS nörd lichen Beb iuungsplaneS sott an einen Unternehmer in Accord verdungen werden. Tie Bedingungen und Zeichnungen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, NathhauS, II. Etage, Zimmer Nr. 14. aus und können daselbst eingesehen rcsp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Schleu-eu auf Platz Ll" versehen ebendaselbst und zwar bi» zum 27. laufendem Monat« Nachmittags 3 Uhr einzurcichen Leipzig, am 11. Augnu >884. DcS NathS der Stadt Leipzig Straßenbau-Deputation. Drkaimlmaihlmg. Für den Termin Michaelis dieses Jahres sind vier AuS- stattuagSstipendie« im Betrage von 77 .6 8 -s, 67 45 und zweimal 40 ^ 47 an hiesige, arme, unbescholtene Bürgerstöchter, deren Berheirathnng in die Zeit von Michaelis vorigen JahreS bis Michaelis dieses JahreS fällt, von unS zu vergeben und sind schriftliche Gesuche darum unter Bei fügung der EheschließungSbcschcinignng, eines von zwei hiesigen Bürgern bei Bürgerpflicht ausgestellten Zeugnisses über die Unbescholtenheit und Bedürftigkeit der Bewerberin, sowie, was daS eine nur an ehelich Geborene zu vergebende Wicder- kehrer'scke Stipendium von 40 ^ 47 Z anlangt, einer Ge burtsbescheinigung bis zum 8. Octover lausenden JahreS aus dem Ratyhause, 1. Etage. Zimmer Nr. 15, einzureichen. Leipzig, den 12. August 1884. Dcc Rath dcr Stadt Leipzig. vr. Tröndlin. Kretschmer. Bekanntmachung. Die Maurer- und Zimmerarbeiten an dem Neuban der 2. Bürgerschule sollen vergeben werden. Die An- schlagssormularc und Bedingungen sind bei Herrn Hosbau- meister Brückivald, Nürnberger Straße 44 zu erkalten. Die Gebote sind versiegelt und mit der Aufschrift „2. Bürger schule" bis 1. September d. I., Nachmittag- 5 Ubr auf dem Bauamte, RathbauS II. Etage, Zimmer Nr. 5 abzugeben. Leipzig, den IS. August 1884. Die Baudeputation de« RathS. Anclionslotal -es Wnigl. Amtsgerichts. Im Anschlüsse an die aus r«nner»tag. tzcu 21. August. 10 Ntzr vor«.. bekannt gemachte Versteigerung sollen annoch ca. 4SS0 Kick. <!i- aarren »n» etn reich »erzirrtes. golddroncirle» Himmeldrtt, sowie eine dergleichen Bank «tt Nücklrhne versteigert werden. Leipzig, am IS. August 1884. Vielst, Berlcht-vollzieher. Auction. LounerStag. den 21. August 1884, vormittag» IS Utn. sollen in Lindenou, Restauration zur grünen Eiche, 3 Faß Smaragd grün, 1 Faß Bergqrün, 2 Faß Licktgrün. 2 Faß Terpentinöl, 7 Faß Zinkweiß. 8 Kisten chinesischen Thee, 1 Kiste Schellack. 425 Ko. englischen Lack, ferner 17 Bände Meyer'- Converiations-Lexikon, i 3 Harbemüblen u. A. m. meistbietend gegen sojortige Baarzahlung I versteigert werden. Lewjig. am 18. Augnst 1884. » Haudtrag, BerichtSvollzieher. Vekanntmachung. Sounadend, den 2S. dieses Monats Vormittag» IS Uhr sollen im Niederlage - RevisionSburcau de» Unterzeichneten Haupt- zollamtS nett« ca. SS Kiloar. oder 22.SVS Stück echt tür kische Eigarettr» in 22S Sarton» partienweise öffentlich an den meistbietenden verkauft werden. Würden vom Besammterlös die aus der Waare ruhenden EIn- gangSgesälle und sonstige Unkosten gedeckt werden können, erfolgt der definitive Zuschlag sofort; andernfalls bleibt zu demselben die Ge- nehmigung dcr königlichen Zoll- und Steuer-Direction Vorbehalten. Leipzig, am 15. August 1884. Königliche» Hanpt-Lost-A«». I. V.: Lampert. Nichtamtlicher Theil. Die Parteikampfe in Lelgien. * Die Klerikalen in Belgien sind bekanntlich durch eine Spaltunjz im liberalen Lager gelegentlich der jüngsten Wahlen zur Regierung gelangt, aber eS war sofort vorauSzuschen, daß diese Niederlage die große liberale Partei des Landes durchaus nicht einschüchtern, soudern vielmehr veranlassen werde, ihre inneren Zwistigkeiten vorläufig zu vertagen, um in geschloffenen Reihen, mit allem Nachdrucke, den Kamps gegen die Feinde deS modernen Geiste«, die Ultramontanen, wieder aufzunehmen. Die ersten Thaten de« neuen Ministerium- nach dem Herzen der Curie waren auch ganz geeignet, die Verständigung innerhalb der liberalen Parte, zu beschleunigen und dieselbe zu einem gemeinsamen energischen Vorgehen herauszufordern. Vor Allem beabsichtigte daS Ministenum eine Reform de« Volksschulwesen- in klerikalem Sinne und die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen Belgien« zum päpstlichen Stuhle. Tiefer letzteren Regierungsvorlage hat auch die Kammer bereit« zugestimmt, aber die von der Regierung vorqeschlagene Aenderung deS bisher bestandenen liberalen BoikSsä ul lesetzes hat im ganzen Land« einen großen Sturm dcr Entrüstung und den allerbestigsten Widerstand bervorge- rufen. So fand in Brüssel eine Versammlung der zur liberalen Partei zählenden Bürgermeister und Gemeinderäthe statt, welche sich zn einer großartigen Kundgebung gestaltete und den von Rom gegängelten Klerikalen wohl bewiesen haben dürfte, daß ihr Sieg über den Liberali-muS noch lange kein vollständiger und gütiger sei. Jene Versammlung beschloß unter stürmischem Beisalle eine Resolution, in welcher eS unter Anderm heißt: „der Regierungsentwurf entzieht dem staatlichen Bolksschnlunterrichte den nothwendigen Laiencbaraktcr. verschlimmert die Lage der Lehrer und schädigt die Geineindesinanzen, weil er die NnterstützungSgelder vermindert und die Schulen und Kindergärten der »öthigen HilsSgelder beraubt." Ueberdies ist seiten« der Liberalen eine geharnischte Erklärung abgefaßt worden, welche die Kammern anssordert, den Schnlgesctzentwurf abzulrhnen, woraus die Erklärung sämmtlichen Bürgermeisterei-Acmtern de« Lande« zur Unterzeichnung ziigesendet wurde. An diese Proteste schiosten sich noch weitere Massenkundgebungen in Brüssel und Lüttich, die zwar die Regierung allerdings zu polizeilichen Vorsichtsmaßregeln vcranlaßte, welche aber denncch im Ganzen rubig und würdig verliefen. Die klerikale Kammer« Mehrheit glaubte, diese Kundgebungen mit dcr Verwerfung deS Antrag- der Linken ans Vertagung dcr Vorlage und mit dem Eintritte in die Beratbung derselbe» beantworten zu muffen. Unter solchen Umstände» sind jetzt in Brüssel nnd in Belgien überhaupt säst Tag für Tag neue Ereignisse zu ver zeichnen. AIS ein solches wird auch die jüngste Rede de- Hcrrn Pirmez, eine« früheren Minister«, ausgefaßt. der. wiewohl Mitglied der Linken, doch von dem Ministerium Malou zuin StaatSininister ernannt wurde. Pirmez hat nun in Folge dessen die Ausgabe übernommen, zwischen den beiten sich schroff gegenüberstehenden Parteien den Vermittler zn spielen. Seine Rebe wurde seiten- der Kammer mit großer Aufiuerksamkeit angehört, weil er, fall- wirklich in dem ganze» Conflicte eine Intervention der Krone eintretcn sollte, vor Allein berufen wäre, den Frieden durch die Bildung eine« Uebcr- gangS-MinistrriumS wiederherzustellen. Pirmez schlägt auch in seiner Rede eine vermittelnde Lösung vor. Wie er auS- sührte, habe er im Jahre 1879 bei Botirung de« Schulgesetze- sich zwar der Abstimmung entkalken, stehe aber gegenwärtig nicht an, zu erklären, baß die Anwendung deffclben eine loyale und entschieden gemäßigte war. Der Vorschlag Jacobs sei für ihn, den Redner, unannehmbar, weil er den Sckulkrieg in Permanenz erkläre und die Behauptung grundfalsch sei, daß dieses Gesetz den Frieden aus dem Gebiete dcr Schule wiederherstellen werde. Diese« Gesetz würde viel mehr die im Lande herrschende Verbitterung nur noch mehr verschärfen. Der Vorschlag Jacobs liefere die Volks schule ganz und gar den zweifelhafte» Patronen der frei denkerischen. irreligiösen Schule auS, was unbedingt vermieden werden müsse. Wenn die Regierung wirklich ans dem Gebiete der Schule den Frieden wünsche, so mttffe sie eine Vermittelung zwischen de» Gesetzen von >842 und 1879 anstrebcn. wcShalb er in der Form eines BcschlußantrageS einen Ausgleich»« Vorschlag Überreiche. Nach Pirmez sprach »och Calicr, ber gleichfalls die Nothwendigkeit betonte, den Schulkrieg so rasch wie möglich zu beenden. AndererseilS scheinen die Klerikalen keineswegs geneigt, ihren liberalen Gegnern daS Feld wiberstand-lo» zu räumen. So kündigt daS .Journal de BrurelleS", da» Organ Malou'». die Gründung eine» „Oomitü ä'süsistLiics lögalv- an. und zwar mit folgenden drohenden Worten: „Wir sind fest ent- schloffen, die Wiederkehr der abscheulichen Ereignisse von 1857 und 1871 mit allen Mittel» zu verhindern. Wenn die Regierung in Folge unvorhergesehener Umstände nickt sofort in der Lage sein sollte, derartige Ausschreitungen kräftig zu unterdrücken, so sind wir als freie Bürger entschlossen, unsere Rechte ganz nachdrücklich zu verthcibigen Sollte eS unver- nieivllch sein, zur Berlheivigung derselben Gewalt anzuwcnden, so werden wir davor nickt zurückschreckc». Diese Erklärungen sind da» Ergebniß reiflicher und eingehender Berathungeii. bei denen alle Eventualitäten erwogen wurden. Da« zusamniengetreteue Eomitü bat beschlossen, di« bürger liche Gewalt (kurcvs civiguo») anznrufeii. wenn r« den liberalen Hetzern wieder einsallen sollte, Slraßentuniiilte zu erregen. Da« „6omitS ck'»5,m«aneo lögnlo- vo» Brüssel wendet sich an alle seine Gesinnungsgenossen in den Provinzen mit dcr Aufforderung, sich schleunigst zu vrganisiren, um aus den ersten Ruf „zur Verthcidigung unserer Rechte bereit zu sein." Da- klingt ja wie eine förmliche Kriegserklärung; eine Kundgebung, aus welche die Liberalen die Antwort natürlich nicht schuldig bleiben werden. Man sieht also, dcr Partei- kampf in Belgien ist bereit» ein hochgradiger geworden und die bedenkliche Spannung in der politischen Atmosphäre dürfte schon in der Nächstzeit zu einer vielleicht stürmischen Entscheidung drängen. Leipzig, 20. August 1884. * Die „Germania" schlägt einen Ton an, welcher höchst charakteristisch ist für die Auffassung der kirchenpolitischen Lage, wie sie in den ihr nahe stehenden Kreisen Platz zu greisen beginnt. Die Zeit der Hoffnungen und deS AbwartcnS, erklärt sie, gehe .ganz bestimmt jetzt ihrem Ende entgegen". Gebe die preußische Regierung nicht bald dem Begriff „Ver handlungen mit Rom" einen „concretcn Inhalt" (worunter die „Germania" bescheidener Weise nicht« Andere« versteht, al« „wenigstens" ein „gründliches Nachgeben" in der Frage der Erziehung und kirchlichen Jurisdiction), dann werde der letzte Rest deS Vertrauen- zu Ende sein. Nach der Rückkehr deS Herrn von Schlvzer nach Rom werde eS nicht mehr eine Frage von Jahren, sondern höchsten- noch von Monaten fein, daß sich die Wahrheit von dem Scheine scheide. „DaS können wir der Regierung heilig versichern, ruft daS Blatt de- Herrn Windthorst zornig au«, daß wir nicht den mindesten Grund sehen, un« einer längeren Geduldprobe zu unterziehen, daß wir de« Wartens auf unser Recht gründlich satt sind, und daß die Regierung sich wohl überlegen mag. ob sie, nach Erschöpfung de« letzten Reste- von Geduld noch einmal ein Drittel der Bevölkerung im schärfsten systematischen Wider stande gegen sich sehen will. Dann könnten doch die letzten Dinge viel schlimmer sein al» die ersten." — Wenn die Dmge sich so zuspitzen, wie e» nachgerade ven Anschein nimmt, dann dürsten die Manöver der conservativ-klerikalen „Krcuzzeitung" bald in die Brüche gehen. * Die Zusammenkunft Von varzl« hat ein« längere Dauer genommen, al» ursprünglich angenommen wurde. Graf Kalnoky, welcher schon am 17. d. M. in Berlin erwartet wurde, gedachte bi» gestern Dien«1aa der Gast de» Fürsten BiSmarit zu bleiben und an demsetven Abend in Berlin einzutreffen, um alsdann direct »ach Wien zurück zu reisen. ES ist natürlich, wenn da» längere verweilen de» öster reichischen Minister- auf dem Landsitz« de» Reichskanzler» al» Bestätigung dcr Ansicht betrachtet wird, daß die Coaferenz der beiden Staatsmänner eine große Bedeutung habe. * Kaum beginnt man die Berufsgeuofsenschaften zu bilden, so zeigt sich auch schon der leidige ParticnlariSmu» und die Sondervestieb.ingen. Hierzu ist denn auch da» Be streben zu rechnen, für Sachsen in der Textilbranche eine Sonderstellung zu beanspruchen. So meldet da» .Chemnitzer Tageblatt": , In der am IS.August abaehaltenenSitzung der Vereinig»»-' sächsischer Spinae reibesitzer ist beschlossen worden, die Ini tiative zu ergreifen zur Bildung einer Berufsgenossenschaft im Sinne de» Unfallversicherung-gesetz-S für Textilindustrie und verwandte Industriezweige im Gebiete de» Königreich- Sachsen. Mau hat sich zwar nicht verheblt, mit welchen Schwierig keiten man zu rechnen haben werde bei Besetzung der verantwor- tungs- und arbeit-vollen Vorstands- und sonstigen VcrwaltunaS- posten; zu diesen Posten sollen ja nicht bezahlte Beomze berufen werden, sondern sie sollen, und zwar in der Hauptsache al» unbe- zablte Ehrenämter eingenommen werden von Mitgliedern der be treffenden Industriezweige. Man erwog ernstlich, ob Angesicht- der Anforderungen an dies» Posten sich geeignete Persönlichkeiten zur Annahme der entivrechenden Wahlen und zur Uebernahme der damit verbundenen Ovser an Arbeit, Zeit und Geld seinerzeit be reit finden lassen würden, und ob e» etwa nicht von vornherein gleich besser sei, im Sinne von ß. 27 de« UnsallversicherungsgesetzcS com- missarische Verwaltung de» UnfallversicherunqswesenZ durch da« RkichsversicherungSamt zu erwarten. Schließlich überwog jedoch die Meinung, daß die Textilindustrie eS sich und dem Bciste der Gesetzgebung schuldig sei, wenigstens zu versuchen, ihre Unfall- versicherung-angelegenheiten selbstständig in die Hand zu nehmen, nicht aber die Hände in den Schoß zu legen und sich der Bureau- kratie zu überlassen. Nachdem nun erörtert worden, wie von ge wissen Seiten an die Bildung einer BerusSgenoffeuschast der Textil- industrie siir daS ganze deutiche Reich, von anderer Seite an die Bildung einer solchen Genossenschaft sür bestimmte Gebiete, z. B. für die Königreiche Bayern und Württemberg, sür Baden und Elsaß, bereits gedacht werde, wie wiederum im Königreich Sachsen sich Be strebungen zeigten, besondere BerufSgenofienschasten sur einzelne Zweige der Textilindustrie zu bilden, so ging die Meinung der Versammlung schließlich dahin, daß e« sür die sächsische Textil- industrie und die verwandten Industriezweige (also sür Baum wollen- und Kammgarnspinnerei, mechanische Weberei, die Wirk- waarensabrikation, die Färberei und die anderen in Classe IX der ReichSstatistik behandelie» Gewerbe) sich am meisten empfehlen werde, innerhalb des Landesgebietes vom Königreich Sachsen zu einer einzigen großen Bci iisSgenosscnschaft zum ^Zwecke dcr Unfall- Versicherung ziisainmeuzutreten; denn bei der Bedeutung der im Königreich vorhanvcnc» Textilindustrie mit Ncbenzweigen können Zweiscl über die LristungS'ähigkeit eine- derartigen Unternehmens nicht obwalten; gerade i.n Interesse der Leistungsfähigkeit, nicht minder auch zur Ersparung von Kosten und Arbeitskraft sei aber nicht eine Zersplitterung, sondern eine Zusammenfassung der hier so zahlreich vorhandenen Zweige der Textilindustrie zu wünschen; endlich sei aus dem rüumlich doch nicht zu ausgedehnten Gebiete de« Königreichs die Entwickelung cordorative» Leben- und korpo rativer Hcsainmeiihalt leichter zu pflegen, als im Nahmen einer über das ganze Reichsgebiet sich erstreckenden Genossenschaft: der Berichiedrnheit der Gefahren der einzelnen Zweige der Textil industrie lasse sich aber auch bei Bereinigung aller derartigen iu Sachsen vorhandenen Unternehmungen durch EintheUuug in Be- sahrenclassen und geeignete Tarifirung Rechnung trage». Bon der Versammlung wurde beschlossen, ein Gesuch an dal ReicksvrrstcherungS« amt behufs Einberufung der zur Bildung der geplanten Genossen schaft erforderlichen Generalversammlung zur Unkerichrist, sowie einen Statuienentwurs vorzubrreiten; man gedenkt, »och im Laufe der nächsten Woche, wahrscheinlich f»r 28. August »ach »hem»,», die sächsischen Uniernebmer auS der Textilindustrie und den verwandten Gewerben durch öffentliche VekanMmachimaen zur Beschlußfassung hierüber, eoent. zur Untcrschrift des Gesuches a» das Reichs- versicherungsamt rinzuladen; auch sollen die Entwürse von Gesuch und Statur unter den Unternehmern der bethciligten Industriezweige verbreitet und schriftliche Beitrittserklärungen anheim gegeben werden. * Auch die fürstlich schwarzbnrgische n»d die fürstlich renß- plauische Staatsregierunq Häven die Verordnungen brhusS Ausführung von tz. 109 der UnfallversicheruagSgesetzes nunmehr erlassen.
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