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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960806029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896080602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896080602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-06
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
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Die Morgen-A»«gobe erscheint nm '/,7 Uhr. die Abenb-Au-gabe Wochentag« um b Uhr. Nedartion un- Lrpedition: Johannes,affe 8. Di« Expevition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Filialen: Dtto Klemm'« Tortim. (Alfred Hahn). Uuiversitüt«straße 3 (Paulinum), LoniS Lösche. Katbortnenstr. 14. part. und Königsvlatz 7. Bezugs-PreiS b» der Hanptexpeditioa oder den im Stndt- berirk und den Bororten errichteten Aus gabestellen ab geholt: vierteljährlich ^l4.bO, bei zweimaliger täglicher Zustellung in- Hau» b.LO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Direkte tägliche Kreuzbandsenduug t»s Ausland: monatlich 7.L0. Abend-Ausgabe. MpMer TaMalt Anzeiger. Ämtsvlatt des Ä'önigkiche« Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Nathes und Nolizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Donnerstag den 6. August 1896. Anzeigen Preis dir S gespaltene PeMzeile 20 Psg. Reklamen unter dem Redactionsstrich ^ge spalten) üO^j, vor den Familirnnachrichie» (6gespalten) 40 Brogere Schriften laut unserem Preis- Verzeichniß. Tabellarischer und Zissemjatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen sg,falzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung SV.—, mit Postbrsörderung ^l 70.—. Iinnahmeschlnß für Anzeigen: Ab end-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittag« 4 Uhr. vet den Filialen und Annahmestelleu je eia» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au di« Ex-edition zu richten. Druck und Verlag von E. Bolz in Leipzig SO. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 6. August. Der in Dortmund erscheinenden socialdeniokralischen „Rhein.-Westf. Arbeiterzeitung" geht die „verbürgte Nach richt" zu, daß der Abg. Eugen Richter bei den nächsten Reicks- tagswahlen in Hagen nicht m eh rcandidiren werde. Angeb licher Grund: „Die Centrumspartei hat ihm ohne Umschweife bedeutet, daß er wegen seiner Haltung beim Jesuitenantrag ihre Stimmen nicht mehr erhalt. Ohne die Unterstützung des Centrum« würde er aber zweifellos unterliegen." Letzteres trifft zu, und es ist möglich, daß daS socialdemokratische Blatt seine Informationsquellen im Centrum hat. Ist der socialdemokratische Reichstagsabgeordnete für Dort mund, Herr Lütgenau, doch auch zugleich der Er korene des Centrums! Wir bezweifeln aber doch, daß die Ultramontanen Herrn Richter „ohne Umschweife" die Freundschaft gekündigt haben. Einmal ist das an und für sich nicht CentrumSart, sodann ist der redefertige Neinsager bisher ein werthvoller Bundesgenosse der Hemmungspartei gewesen, und sie wird ihm im Reichstage so wenig nnssen wollen, als sie daran denkt, ihren Charakter gründlich zu ändern. Ist aber doch etwas Wahres an der Erzählung des socialdemokratischen Blattes, so wäre natürlich das Verhalten zum Jesuitengesetz nicht als der Grund anzusehen, weshalb das Centrum Len lange ver wendeten Landsknecht aus seinem politischen Solde entließe. Es hat Herrn Richter zum Mandat verhalfen, auch nachdem er gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes gestimmt batte, und es wird nm so leichter sein, Vie klerikalen Wähler künftighin über diese Sache zu beruhigen, als Herr Richter sein Votum für das Jesuitengesetz nicht saus pbruse abzugeben pflegt, sondern sich einen eigenen Stand- punct zurechtgezimmert hat, von dem aus er das Verbot der Jesuitenniederlassung formell rechtfertigt. Erscheint es also nicht recht glaublich, daß das Centrum ihn ab gesetzt hat, so ist es doch sehr wahrsckeinlich, daß Herr Richter in Hagen nickt mehr zu candidiren wagt. Er hat bei den letzten Wahlen daS lange besessene Landtags mandat der Stadt an einen Nationalliberalen verloren und mußte sich von Berlin entsenden lassen, welche Stadt als die politisch zurückgebliebenste unttr den preußischen Städten vorläufig noch freisinnige Landtagsmandate als sichere Pfründen zu vergeben hat. Wenn Herr Richter in Hagen nicht mehr um ein Reickstagsmandat erfolgreich sich bewerben kann, so ist die Ursache vor allen Dingen in dem Rückgänge der freisinnigen Anhängerschaft zu suchen, in der in Hagen wie überall seit geraumer Zeit die Sterbefälle einen erschreckenden Ueberschuß über die — politisch genommen — Geburten ausweisen. Daß auch die Zahl der CentrumS- wähler, die bereit sind, dem volkswirtbschaftlich unbelehrbaren Politiker ihre Stimme zu geben, sich mindert, ist erklärlich. Aber an die Absicht der CentrumSleitung, Herrn Richter mandatloS zu machen, glauben wir nicht. Gegen den die Nechtseinheit im Reiche durchbrechenden Entwurf, betreffend die Organisation VeS Han-werk-, der die einzelnen Bundesstaaten bekanntlich in die Lage setzt, sich die Zwangsinnungen fernzuhalten, wendet die „Nat.-Lib. Corr." ferner ein, daß die grundlegenden Paragraphen an einer auffallenden Unbestimmtheit leiden. In der That fehlt es sowohl an einer genauen Vorschrift über den Umfang eines einzelnen Jnnungsbezirks, als auch über die Mindestzahl an Handwerkern eines Ge werbes oder verwandter Gewerbe, welche zur Bildung einer Innung auSreichen soll. In ersterer Beziehung bestimmt der Entwurf nur, daß die Innungen für örtliche Bezirke errichtet werden sollen, welche „der Regel nach so abzugrenzen sind, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines Wohnorte« am Sitz der Innung behindert wird, am Genossenschafts leben theilzunehnieu und die Innung- - Einrichtungen zu benutzen". Bei der Stickprobenenquete de« vorigen JahreS stellte man für die Abgrenzung der ländlicken Zählbezirke bekanntlich den gleichen Gesichtspunkt auf. In den Erläuterungen hieß es, man habe sich von der Er wägung leiten lassen, daß eine Organisation nur dann von wirklichem Werth sei, wenn sie den Tbeilnebmern nicht durch die zu weite Entfernung die Betheiligunz zu sehr erschwere oder unmöglich macke. Man batte deshalb die Durchschnitts fläche eines ausländischen Zählbezirks möglichst der Durch schnittsfläche eines sächsischen AmlSgericktsbezirkS angepaßt, der für die überwiegende Zabl der sächsischen Innungen gleichzeitig den Wirkungskreis einer Innung bezeichnet. Die Durchschuiltsfläche betrug demnach 124,8 qlcm, während die der sächsischen Amtsbezirke 146 qicm ausweist. Nach dem jetzt veröffentlichten Gesetzentwurf scheint man die Grenzen eines Jnnungsbezirks erheblich Weiler ziehen zn wollen, ob gleich man die bei der Stichprobenenquete noch fest gehaltene beschränkende Bestimmung, daß nur Personal be schäftigende Handwerksmeister Mitglieder einer Innung werden könnten, bat fallen gelassen. Nach dem ß 83 des Entwurfs soll einer Beschwerde gegen die Einbeziehung eines Ortes in den Bezirk einer Innung, „welche in einem anderen über lOlcm entfernten Orte ihren Sitz hat", „schon dann" nachgegeben werden „können", wenn sich herausstellt, raß ter angefochtenen Anordnung die Mehrzahl der dabei be- theiligten Gewerbetreibenden widerspricht. Darnach sind auch Innungen vorgesehen, die einen Durchmesser von vielleicht 20 km und mehr haben, also etwa eine Fläche von 314 und mehr Quadratkilometer umfassen. Wie bei einer solchen Aus dehnung eine „Tbeilnahme am Genossensckastsleben" und die „Benutzung der Jnnungseinrichtungen" für alle Mitglieder der Innung möglich sein soll, vermögen wir uns nicht vorzu stellen. Für sehr Viele wird die JnnungSzugcbörigkeit nur eine Zahlungsverpflichtun'g ohne Nutzen bedeuten. Was die Zabl der für die Bildung einer Innung erforderlichen Handwerksmeister anlangt, so fehlt, wie gesagt, auch darüber in dem Gesetz entwurf jede genauere Bestimmung. Es heißt in dem 8 82a nur: „Die Innungen werden der Regel nach für ein Ge werbe errichtet. Soweit in einem.... Bezirk die Zahl der Angehörigen eines Gewerbes zur Bildung einer leistungs fähigen Innung nicht ausreicht, können verwandle Gewerbe zu einer Innung vereinigt werden." Für Gewerbetreibende, welche unter Beachtung dieser Bestimmungen und derjenigen über die örtliche Abgrenzung der Innungen einer Innung nicht zugewiesen werden können, soll die Errichtung von Innungen unterbleiben. Wie viel Mitglieder gehören zu einer „leistungsfähigen Innung"? Die Meinungen darüber werden sehr auseinander gehen. Nachdem aber die Stichproben enquete die Bildung von Innungen selbst mit fünf Mitgliedern in Rechnung gezogen hat, muß man annehmen, daß auch diese bescheidene Zahl als genügend angesehen wird. WaS Innungen mit L Mitgliedern, die sich vielleicht auf 300 qkm vertheilen, für sich und das Handwerk im Allgemeinen leisten sollen, ist gleichfalls schwer zu ermessen. Daß solcke In nungen aber bei einer umfassenden Durchführung der Zwangs- innung keine Seltenheit bilden werden, ergiebt sich wiederum auS der vorjährigen Stichprobenenquete, welche bekannt lich ein Gebiet umfaßte, daS den 22. Tbeil der Bevöl kerung von ganz Deutschland aufwies. Auf dieses Gebiet vertbcilt fanden sich u. A. 1 Drahtzieher, 1 Glockengießer, 7 Spielwaarenverfertiger, 20 Nadler, 23 Kammmacher, 27 Sonnen- und Regenschirmmacher, 30 Siebmacher, 08 Müblenbauer, 59 Brunnenmacher u. s. w. Was will eS nun beißen, wenn die Vorlage auch für alle diese Gewerbe Innungen zusagt? Eine „leistungsfähige" Glockengießer- Jnnunq würde sich doch höchstens bilden lassen, wenn man ganz Preußen als einen Jnnungsbezirk aufstellt. Aehnlich steht eS bei anderen Gewerben, und man wird kaum in der Annabme fehl geben, daß für ein Drittel der in dem Gesetz entwurf aufgeführlen Gewerbe die Bildung „leistungsfähiger" Innungen sich als unmöglich erweisen wird, obgleich das Be streben bestebt, den Innungen gemäß 8 82 o so viel Mit glieder zuzuführen, als nur immer möglich ist. In Böhme» verschärft sich der Gegensatz zwischen Deutschen und Tschechen immer mehr. Die von allen Deutschen Böhmens schwer empfundene Verletzung der sprach lichen Gleichberechtigung, welche die Prager Stadtvertretung in der Frage der S traßc n ta fein fortdauernd begeht, ver anlaßt nun die deutschböhmischen Stadtvertretungen, bezw. die Steuerträger der deutschen Städte Böhmens, ein hellige gleichlautende energische Verwahrungen beim Mini sterium des Innern einzubringen, dasselbe wolle sofort Alles zur Wahrung der Staatsgrundgesetze und zur Herstellung der Gleichberechtigung der deutschen Sprache in Böhmen vorkehren, nachdem die Prager Stadtverlretung die von altersher üblichen deutschen Straßennamen beseitigt und dadurch eine grobe Verletzung der sprachlichen Gleich berechtigung begangen bat. In den Petitionen wird auch geltend gemacht, daß die Staatsbehörden in Prag, deren Wirkungskreis sich auf das ganze Land erstreckt, für jeden Landesbewohner, auch für zeden Deutschen zugäng lich und auffindbar sein müssen, was bei der tschechischen Bezeichnung derselben unmöglich ist. Es sei die Pflicht der Regierung, den Amtssitz der staatlichen Behörden in Prag den Deutschen kenntlich zu machen. — Aus allen Theilen Dcutschbbbmens melden dieBlätterZusamm enstöße zwischen Deutschen und Tschechen, und fast ausnahmslos sind Letztere die Urheber der Excesse. Als ein Beispiel tsckechischer Ueberbebung mag gelten, daß, wie gemeldet, die jung- tsckechiscken Abgeordneten vr. Podligny und l)r. Maza für den 9. August nach Teplitz (also in eine rein deutsche Stadt) eine öffentliche Volksversammlung zur Be- rathung über österreichische Staats-Grund- und Perfassungs gesetze einberufen haben, die bisher von den Behörden nickt verboten wurde. Wo bleibt da die gewährleistete Respectirnng des deutschen Besitzstandes? Sollte die Versammlung wirklich abgehalten werden, so ist ein Zusammenstoß zwischen den er bitterten Deutschen und den übermüthigen, in das geschloffene deutsche Sprachgebiet eindringenden Tschechen unvermeidlich. Und solche Vorstöße der Tschechen sind von allen deutschen Grenzgebieten zu melden; die deutschnationalen Schutzvereine organisiren sich zur schärfsten Abwehr. Mit dem gegenwärtigen Vertreter Englands in Marokko ist anscheinend von Lord Salisbury insofern eine äußerst glückliche Wahl getroffen, al« Sir Arthur Nicholson es ver standen hat, sich binnen verhältnißmäßig kurzer Zeit bei dem Herrscher des Landes zu einer psrsona grat» zu macken, deren Wünschen und Bestrebungen man auf halbem Wege rntgegenkommt. Da« war um so schwieriger, als Nicholson « Vorgänger, Sir Charles Evan Smith, infolge seines rück sichtslosen Auftreten« alles Terrain am scherisischen Hofe verloren hatte. Eine Hauptfrage betraf die von den englischen Kaufleuten in Saffi wegen Plünderung ihrer Waarennirderlagen durch marokkanische Soldateska geltend gemachten Entschädigungsansprüche. Dieselben wurden von ihren Urhebern auf rund 7000 Pfund beziffert, die scherifische Regierung machte eine genau um die Hälfte niedriger bemessene Taxe auf, welche von dem Ge sandten ohne Schwierigkeit als Grundlage der Verhandlungen angenommen wurde. Dieses in Geldangelegenheiten sonst bei der britischen Diplomatie nickt eben häufig beobachtete Ent gegenkommen Sir Arthur Nicholson's gab natürlich Stoff zu allerhand Randglossen; man charakterisiere es in den Kreisen des marokkanischen Europäerthuins als ein geschicktes taktische- Manöver, um am Hofe deS Sultans schnell testen Fuß zu fassen, wogegen um so weniger Einwendungen fick erhoben, als bei seiner Abreise von Tanger nach Marrakesch Sir Arthur Nicholson von seinen College» mit der Regelung verschiedener der europäischen Colonie Tangers am Herzen liegenden Privatangelegenheiten betraut war, so namentlich betreffs Ausbesserung der Hafenmole, Fertigstellung der Canalisation und Einrichtung eines Lazaretbs auf der Mogador- Jnsel. In allen diesen Punkten nun bat der englische Ver treter während seines Aufenthalts in Marrakesch mit bestem Erfolge unterhandelt, indem er die Zusage erhielt, eS solle Alles so geregelt werden, wie eS den Wünschen der Europäer entspreche. Äeußerlich betrachtet, hat sich das Ansehen der englischen Politik in Marokko infolge der Thätigkeit Sir Arthur Nicholson's unzweifelhaft gehoben. Ob damit als uothwcndige Folge ein Rückgang des französischen Prestiges verbunden sein müsse, leuchtet vom Sland- puncte logischer Betrachtung zwar nicht ein, wird aber- anscheinend in den leitenden Pariser Kreisen befürchtet, weil diese recht Wohl wissen, daß England ein sehr wachsames Auge auf die Tendenz der französischen Nordafrikapolitik richtet, unter Einbeziehung wenigstens eines TheileS von Südmarokko die Verbindung des Senegal mit der algerisch- tunesiscken Macktsphäre durch dir Westsahara zu bewirken. WaS Deutschland betrifft, so beschränkt sich sein politisches Interesse in Marokko auf die Erkaltung geordneter Zustände, bei denen unsere Handelsbeziehungen nach jenem Lande ge deihen können. Deutsches Reich. * Berlin, 5. August. Ueber die Unverschämtheit eines Dänen in dem von deutschem Gelbe gegründeten und zur Hälfte von deutschen Reicksangehörizen verwalteten Bade orte Fanö, einer dänischen Nordsee-Insel, wird der „Tcigl. Rundsch." unterm 3. August von dort Folgendes berichtet: „Es ist hier Sitte, wie in anderen Seebädern auch, daß die am Strande auS Sand vorzugsweise von der Jugend erbauten Burgen und Wälle mit kleinen Flaggen, die bei den Kaufleuten im Ort für einige Nickel oder Oer zu haben sind, geschmückt werden, und lustig flattern und friedlich die Flaggen der verschiedenen Staaten nebeneinander. Am Sonnabend Abend nun fiel eS dem durch seinen Reichthum und seine generösen Stiftungen an Kopen- Hagener Museen ebenso bekannten, wie im engeren Kreise durch sein unausrottbares Parvenu-Gebahrcu unliebsam auffallenden Kopen hagener Bierbrauer Jacobsen »in, während einer Zeit, wo nur wenig andere Curgäste am Strande promenirten, sämmtliche deutjche Flaggen von ihren Stangen ntederzureißcn und ins Meer zu werfen. Nach dieser Heldenthat zog Herr Jacobsen cs vor, den ihm seitens einiger Hamburger zu Lhril werdenden Zu rechtsetzungen durch einen Rückzug in sein Hotel zu entgehen, ehe diese Ermahnungen allzu handgreiflich wurden. Sobald die Sache Ferrrllet-ir. Jim Pinkerlon und ich. Roman von R. L. Stevenson und Lloyd OSbourne. 84) Autorisirte Bearbeitung von B. Kätscher. Nachdruck verboten. Drei Tage später erschien Norris bei seinem Rimessen- Anwalt, nahm die zwei fälligen VierteljahrS-Naten entgegen und bat schüchtern um weitere Nachsicht, „denn", sagte er, „ich habe Gelegenheit, vorwärts zu kommen. Morgen dürfte ich bereits Miteiaenthümer eines SckiffeS sein." „Schiff? Gefährliche Capital-Anlage daS!" „Doch nicht so schlimm, wenn die Besitzer selber die Arbeit thun und ihr Leben für ihr Fahrzeug einsetzen." „Allerdings ist diesfalls eher etwas zu holen. Aber sind Sie ein Seemann, Herr Carthew? Ich dachte, Sie seien im diplomatischen Dienst gewesen?" „Gewiß, allein in Neu-Südwales kann man nicht von der Diplomatie leben. Ich bin jedoch ein geübter Nachtfahrer, und dies kommt mir bei dem geplanten Unternehmen zu Gute." „Und womit kann ich Ihnen dienen? Sie sprachen vorhin von weiterer Nachsicht." „Die Sacke ist die, daß ick am nächsten Quartalstag nickt im Stande sein werde, in Sydney zu erscheinen, da wir sechs Monate fortbleiben sollen." „Ich verstehe, Herr Carthew, aber da kann ich Ihnen leider nicht helfen." „Sie könnten dieselben Umstände gelten lasten wie vor einigen Monaten." „Die Umstände sind jedoch gerade die entgegengesetzten. Damals hatte ich Ursache zu der Annabme, daß Sie in Neu- SüdwaleS seien, und so konnte ich ein Auge zudrücken. Jetzt indessen bekennen Sie ja selber, daß Sie trotz der Vorschrift nicht in dieser Colonie sein werden. Gern will ich Ihre Mittheilung als vertraulich betrachten- sollten Sie indessen am Fälligkeits tage der nächsten Rate nicht hier sein und sollte ich Beweise dafür erlangen, daß Sie nicht hier sind, so ist's mit Ihren Bezügen zu Ende. Meine Weisungen sind zu gemessen, al« daß mir eine andere Wahl bliebe." „Da« sind ja grausame und dumme Vorschriften." „Mag sein, allein dafür kann ich ja nichts." „Haben die von meinem Vater ertheilten Weisungen also den Zweck, mich an der Ausübung eines ehrlichen Beruf- zu verhindern?" „Davon steht nicht« in denselben und ich glaube, Ihrem Vater ist dieser Punct ganz glrichailtig. Bestimmt ist nur EineS: daß er wünscht, Sie sollen Neu-Südwale« nicht ver lassen. Und wenn ich offenherzig sein darf, möchte ich sagen, daß ich noch einen Wunsch Ihre« Vater« zu errathen glaube." „Und der wäre?" „Ich muß auf Grund bedeutsamer Anzeichen schließen, daß Ihre Familie Sie nicht mebr sehen will. Meiner An sicht nach thut sie Ihnen damit Unrecht, aber es scheint nun einmalz so zu sein, und ich vrrmutbe, daß ich eigentlich nur dafür bezahlt werde, Sie an der Rückkehr nach England zu verhindern. Ist dem nicht so?" „Leider ja! Ick will Sie nicht täuschen — man will daheim nicht« von mir wissen. Ich beabsichtige ja aber gar nickt, nach England zu gehen, sondern zwischen den Südsee- Jnseln zu kreuzen." „Alles eins, solange Sie nicht nach Hause schreiben und eine Abänderung der bisherigen Bedingungen erwirken." „So gerne ich meine 300 Pfund Jahre-zuschuß behalten möchte, so wenig kann ich thun, wa« Sie da sagen. Und so werde ich Wohl nicht mehr daS Vergnügen Haven, Sie zu sehen." „Wie eS Ihnen beliebt. Erscheinen Sie nicht heute über drei Monate, so istS mit den Rimeflen zu Ende. Ich gebe Ihnen den freundschaftlichen Rath, sich die Sache zu über legen, denn wahrscheinlick würden Sie nach sechs Monaten mit flehentlichen Bitten zu mir kommen und ich müßte hart bleiben." ,Heben Sie wohl, mein Herr!" „Ich wünsche Ihnen eine glückliche Reise und gute Ge schäfte, Herr Carthew!" E« war recht schade, daß NorriS während de« Restes seine- Aufenthalte« in Sydney — e« waren Tage eifrigster Beschäftigung mit den Reisevorbereitnngen — den Anwalt nicht mehr aufsuchte! Denn als der „Scköne Teufet" bereit« so weit auf hoher See fuhr, daß die Küste außer Sehweite war, zeigte Hadden ihm — Carthew — in einer Sydneyer Zeitung vom Tag vorher ein Inserat, welches so lautete: „Herr Norris Carthew wird dringendst ersucht, unver züglich im Bureau deS Rechtsanwalts vorzusprechen, wo ihn höchst wichtige Nachrichten erwarten." „Jetzt müssen diese Nachrichten sich schon bequemen, sech« Monate lang auf mich zu warten", sagte der Gesuchte achsel zuckend, wenngleich nicht ohne Neugier. Vierundzwanzigste« Capitel. Am 26. November gegen Mittag verließ der Schooner „Scköner Teufel" den Hafen von Sydney. Der nominelle Besitzer, Norris Carthew, war Steuermann, der Capitain fuhr unter dem Namen Kirkup, der hawa'ianische Kock hieß Josef Amalu und der Rest der Bemannung bestand aus Tom Hadden und Richard Hemstead. Den Letzteren hatte man mitgenommen, weil er noch keine Beschäftigung gefunden hatte, weil er ein sehr sanftmütbiger Mensch war und weil er gut mit Werkzeugen umzugehen verstand. DaS Sckiff strebte auf Grund eine« BeilbriefeS den Südsee-Jnseln zu, vor Allem der Gilbert-Insel Butaritari; doch galt es im Hafen für ausgemacht, daß die Kreuzfahrt weit mehr zu Vergnügung«- al« zu Handelszwecken unter nommen werde. Nur einem guten Freund de« verstorbenen Grant Sanderson wäre e« möglich gewesen, in dem ver wandelten und umgetauften Fahrzeug den ehemaligen werth vollen „Traum" zu erkennen, und hätte man gewagt, einen Lloyd-Jnspector zu Rath« zu ziehen, so würde dieser reichlichen Anlaß zu strengem Tadel gefunden habe». Der Zahn der Zeit halte nämlich drei Jahre lang Ge legenheit gehabt, den „Traum" und dessen Ausrüstung zu benagen. Der Verkauf lockte daher nur sehr wenig« Leute und erfolgte bloS um Geringe« über den Werth al« alter Trödel. Dazu kommt, daß die drei Abenteurer wegen Geld mangel« lediglich die allerdringendsten Ausbesserungen bewerk stelligen konnten. DaS Takelwert wurde theilweije erneuert, theilweise in Stand gesetzt. Alle alten Segrlstücke mußten reparirt werden und ergaben durch Zerschneiden bezw. Zu sammennähen ein Halbweg« brauchbare« Segelspiel. Die alten Masten behielt man nothgedrungen bei. „Ich habe nicht den Muth, sie zu berühren", pflegte Wicks zu sagen, wenn er an ihnen hinausschielte. „Faul wie unser Fockmast", war im Schooß der kleinen Gesellschaft bald eine sprichwört liche Redensart. Kurz, die Beschaffenheit de« „Schönen Teufels" war eine derartige, daß der Capitain — die einzige Person auf dem Schiff, die die Gefährlichkeit einer unter solchen Umstanden zn machenden Seereise klar erkennen konnte — trotz seines großen MagemutheS auf die Mitnahme eines großen BooteS drang. „Entweder neue Masten und neues Takelwerk oder ein große« Boot", sagte er entschieden. „Sonst spiele ich nicht mit! Wenn wir schon die Hübnerkäfize beibebalten, so dürfen wir nickt auch noch einen bloßen Kahn haben. Entscheiden Sir stck!" Sie mußten in den sauren Apfel beißen und von ihrem kleinen Capital 36 Pfund Sterling für ein tüchtiges Boot opfern. Mehr als fünf Wochen lang rackerten sie sich ab, um fertig zu werden. Wicks half redlich mit, aber die Außenwelt sah und hörte ihn nicht, denn er trug einen dichten rothen Bart. Den vermeintlichen Capitain Kirkup bekam man erst im Augenblick der Abfahrt zu Gefickt — einen vierschrötigen Mann mit milchweißen Bartkoteletten, die er auf der Fahrt durch den Hafen bis zum Leuckttburm lustig im Wind flattern ließ. Kaum aber war der Leuchtthurm vorbei, begab er sich auf fünf Sekunden hinunter, um mit dem glattrasirten Wicks'schcn Antlitz wieder oben zu erscheinen. So waren denn allerlei Winkelzüge und AuSkunftSmitte nötbig, um ein seeuntüchtiges Sckiff mit einem von den Gerichten „gesuchten" Capitain aufs Meer zu schmuggeln. Trotz derselben gelang'« aber nur dadurch, daß Hadden eine wohlbekannte Persönlichkeit war, die maßgebenden Kreise die geplante Kreuzfahrt sür eine seiner Excentricitäten hielccn und demgemäß Nachsicht walten siehe». Zu Statten kam den neuen Besitzern auch die Thatsache, daß der „Traum" einst eine Nackt gewesen war und sich daher die Freiheit nehmen durfte, einen gewissen Grad von Gefährlichkeit zu haben. Die drei Kauffahrer hatten auS dem „Traum" ein gar seltsames Schiff gemacht. Die Spieren erschienen durch ge flickte? Segeltuch entstellt, die getäfelte Cajüte war mit roden Gestellen versehen und al« Waarenkammer hergerichtet. Und welche« Leben führten die Leutchen! Nur Amalu war im Vordertbeil untergebracht; die übrigen hatten Passagier- cajüten inne, saßen auf AtlaSdivans und nahmen ihre Mahl Zeiten in Grant Sanderson « eingelegtem Rauchzimmer. Die Mahlzeiten beschrankten sich auf schlechtes Pökelfleisch und nock schlechtere Kartoffeln. Da r« auch mit der Quantität nicht glänzend bestellt war, pflegte Hemstead in seiner milden Weise zu murren, während Tommy zuweilen mit einigen Büchsen Conservcn, die er insgeheim mitgebracht halte, und einer Flasche rothen SberryS auSbalf. Wirkliche Vorräthe waren nur von Zwiebeln und Kartoffeln an Bord, abgesehen natürlich von Len Handelsgütern, welche di« mit Wick« be-
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