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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840922
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840922
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-09
- Tag 1884-09-22
-
Monat
1884-09
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.09.1884
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Erscheint tS-ltch früh S'/.UHr. Rrtertt» »nt Lrpe-tti-n Johanuesgaffe 33. -Prechkuu-ru der Kedartio«: kormtttagt 10—IS Uhr. Nachmittag» 3—6 Uhr. «»»ahme »er für die nächftsol,e«»« N»»»er »eftimmtrn Inserate an Sachentane» hi» 8 Uhr Nachmttta,», an La an- «ah Kefttage« früh hi»'/,» Uhr. In den Filialen für Ins.-Auuahme: Ott* Ulemm, Untversttät-straßr 21, Lanis Lösche» Kcttharineustraße 18, p. »»r ht« '/,8 Uhr. eWMr.TagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. 288. Montag den 22. September 1884. Meß-Auslage LS7S0. ÄbonvrmeatsPrris oiertelj. 4'/, MK. incl. Bringerloh» b ML. durch die Post bezogen 6 ML Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Gebühren sür Extrabeilage» (in Tageblatt-Format gesalzt) ahne Poftbesörderuag 39 ML mit Postbesördenmg »8 ML Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach HSHerm Tarif. Keltaaun unterem Nedactionrßrich die Spaltzeile 00 Ps. Inserate stad stet- au die Expedttt«« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnonumerancko oder durch Post- Nachnahme. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. I Vekauntmachuns, die Mn» «,h Ah«eld»»ge« der Fremde» betr. Mit Rücksicht auf den trmnächstigen Beginn der LLt«Haelt-«esse bringt da» Unterzeichnete Amt die nach stehenden Bestimmungen de- Melderegulativ- mit dem Bemerken in Erinnerung, daß die Vernachlässigung dieser Vorschriften Geldstrafe oi» zu SO oder entsprechende Haststrafe nach sich zieht. Zugleich wird bekannt gegeben, daß die Expeditionen der 2. Adlheilung de- Meldeamtes <Reich-stra-e -kr. 83) während der Vorwoche der Messe Vormittag» von 7 bi» 12 Uhr und Nachmittag- von 2 bi- 7 Uhr, sowie an den Sonntagen Bormittag- von S bi» 12 Uhr dem Publicum geöffnet sind. Leipzig, den 20. September 1884. Da- Polizetamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Daegner, Secr. Au-zug au» dem Melderegnlattd der Siadi Leipzig vom 10. Oktober 1883. K. 11. Jeder tu einem -tasrüofe oder in einem mH Hrrberg»- herechttgun« versehenen ähnlichen Etablissement einkehrende und über Nacht bleibende Fremde ist vom Gastwirth oder Ouartiergeber und zwar, soll» er Nor 8 Uhr Nachmittags ankommt, noch am Tage der Ankunft, andernfalls aber am folgenden Morgen spätesten» bis 10 Uhr beim Meldeamt de- PolizeiamiS, Abth. II, schriftlich mittelst de» vorgeschriebenea und sür jeden Fremden besonder» auSznsüllenden Formular» anzumelden. Befinden sich in Begleitung de- Fremden Familienmitglieder, Dienerschaft oder sonstige Personen, so sind dieselben aus dem nämlichen Zettel mit zu verzeichnen. Zugleich mit diesen täglichen Anmeldungen ist anch die Ab- Meldung der inzwischen abgereisten derartigen Fremden zu bewirke». 8. 13. Die in Privathäusrr» absteigenden Fremden, so. genannte Vesuchsfremde, sind, sobald sie länger al» 8 Tage hier verweilen, späiestenS nm 4. Tage, von erfolgter Ankunft an, vom Onartierwirih beim Meldeamt, Abth. II. oder der betreffenden PolizeibezirkSwachc mündlich oder schriftlich mittelst de» vor» geschriebenen Formular» anzumelden. Bei den etwa in Privat- Häusern Quartier nehmenden Mrtzsrewden jedoch hat diese An- Meldung in jedem Falle, auch wenn sie nur eine Nacht hier bleibe», und zwar binnen 24 Stunde« von der Ankunft an. beim Melde- amt, Abth. II. zu geschehen. In gleicher Weise ist die Abmeldung binnen 3 Tagen, bei Mefffrrmhrn binnen 24 Stunden von erfolgter Abreise de» Fremden oder etwa erfolgter WohnungSveränvcrung an zu bewirken. 8- 14. Beaasichiigt ein Fremder länger als drei Tage hier zu verweilen, so bedarf er dazu eine» jür die Zeit de» Aule,ithalt» vom Meldeamt, Abth. II, auSgcstellien Meldrschrin». Nach Ab» laus der aus dem Meldeschein dem rltcn Giltigkciisbauer ist. dasern der Fremde noch weiter hier verweilen will, beim Mcldcamte um Verlängerung de» Scheine» nachzusuchen. Die Ooartterwirthe sind dafür, daß dieser Bestimmung alleut- halben nachgegangen werde, mitverantwortlich. Vrkaimlinachullg. Wegen Reinigung der Erpediiwnstocale de» königlichen StandeS-AmtS und der Casse sür die Friedhöfe wird an beiden Stellen Dien-taa, de« L3 «av Mittwoch, de« 24 September, aar Vormittag- vo« 8 bis LL Uhr expedtrt Leipzig, de» 2l. Seplembcr >884. Da- königl sächsische Staade-»A«t Vekanntmachnng. Behuf» Besichtigung und eventueller Reparatur de» Soblenpflaster» in der Ueberwölbung de- ElstermÄhl» grabe«- wird derselbe vom S4. dt- 3« ds- MtS abgeschlagen werden. Leipzig, den 2V. September 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Auttion. Mittwoch, de« 24. keptember d». I- , varnrtttag» S Uhr. sollen in Plogwitz, Baknbossteabe Nr. 26, 13 dynamisch-elektrische Maschinen, 1 Äalzmaschine z» größeren Blechen, 1 dergleichen zu kleineren Blechen, 2 Bohrmaschinen, 1 Bohrmaschine, 1 Abkante- maschiue, 1 Schleifmaschine, 1 Dampsschecre mit Avparat. 1 Hand- scheere, 4 Hetzung-reqister, 10 verstellbare Schleisböcke. 12 Behälter »n Rilkelbädrrn, 2 Wasserbehälter von Stein, ca. 20 Eentner Nckel- blech, ferner Lomptoir-Utensilien, darunter 2 Geldschränke, 4 Schrcibepnlte, 2 Coinpioirtaseln, 2 Loinploirichränke, 3 Schreib- sessel sowie 1 Sopha, 2 Lehn- und 2 Rohrstühle und verschiedene andere Gegenstände meistbietend gegen sofortige Baarzahlung ver steigert werden. Leipzig, am IS. September 1884. Handtrag. GerichtSvollzleber. VaarenbSrse zur Leipziger Michaelismese. Mit der bevorstehenden Michaelismesse soll wiederum eine Waarenbörse verbunden werden, und zwar wird dieselbe den 22.. 28. »nd 24. Lrptrmbrr d. A. Nachmittags »an 4 dis 5 Utzr in den Räumen der vörsenhaüe, Brühl 17, welche zu diesem Behuse den geehrten Meßbesuchern jede-mal von 3 Uhr an gegen Eiazeichnung ihre» Namen« »„entgeltlich geöffnet sein wird, unter Therlnahme von Mitgliedern der Unterzeichneten Handelskammer abgedalten werden. Die neuesten Zeitungen, Telegramme re. liegen daselbst an». Auch wird Gelegenheit geboten sein, geschäftlich« Ein- psehlunqea durch Anhcsten von Karten an eine Tafel zur Kenntniß der übrigen Besucher zu bringen. Leipzig, den 10. September 1884. Die HandrlSkitmmrr. vr. W a ch -muth, Bors, vr. Gensel, S. Labrik-Vcrkauf. Zwei in hiesigem Orle neben einander gelegene Fabrikgebäude sind durch den unierzeictmeten StaLtratb zu verkaufen. Tie Gebäude liegen an der projeciirten Eisenbahn Wiliichlhal-Ehrenftieder-dors und werden mit dieser durch Zweiggleise verbunden. In den Ge- bänden befinde» sich vier Arbeitsstile von 264, 220, 120 und 120 Quadratmetern Flächeninhalt, außerdem 22 andere große Zimmer und Kammern. Zu dem Etablissement gehören »och Stallung, Scheune und 29 Acker Feld, Wiese und Wald. Die Grundstück: »erden zusammen oder qetheilt verkauft. Zu den Fabriken gehört ein« starke anhaltende Wasserkraft, zwei Wasserräder ron N, de- ztehentlich 5 Metern Höhe. Tie Arbeitslöhne im hiesige» Orte sind niedrig. GhrensriedrrSdorf, den 17. September 1884. Ter Ltadtrath. Bürgermeister Rüder. Luctio«. Dienstag, den 28. September 1884, »an Varmittags 1« Uhr ab. sollen im AuctlonSlocale de« Königlichen Lmt-gericht- hier eine Partie Möbel, darunter 2 Büffet» von Nußbaum, I großer Garde- rode- und dergl. Waarenlchrank, Schreib- und Kleideriecretaire, Sopha», lischt, Spiegel, Stühle, 1 Dameuschreibtilch, 1 Brrticow, ferner 1 Pianino, 1 Ladeneinrichtung, 1 Brückenwaage, sowie 1 goldene Damenuhr, 2 goldene Ringe und verichicdene andere Gegenstände meistbietend gegen sofortige Baarzahlung versteigert werden. Leipzig, am 20. September 1884. Ha«btrag, Gerichttvollzieher. Nichtamtlicher Theil. Iu -eu Wahlen. Der Termin für die Reich-tag-wablen ist aus den 28. October festgesetzt, genau einen Tag nach Ab lauf der Legislaturperiode de« letzkgcwählten Reichstage». Da durch erübrigt sich die Auflösung desselben, er ist der Ver- sassungSbestiminung gemäß drei Jahre versammelt gewesen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß der neue Reichstag dem alten sehr unähnlich sein wird. Wahrend in diesem die exlremen Parteien die Oberhand hatten, wird der neue Reichstag voraussichtlich de» gemäßigten, Parteien einen größeren Raum gewähren, die Nalionalliberalen und Frei- conservaliven werden hvsfenllich bedeutend an Boden gewinnen, wenn ja auch nach Lage der Tinge nicht anzunehmrn ist, daß sic für sich allein die Mebrhcil bilden werden. Diejenige Partei, welche ein solches Ergebniß verhindert, daS Centrum. übt leider auf ihre Wähler einen so unbedingten Einfluß auS, daß eine eigcnlliche politische Meinung bei ihnen gar nicht auskcmmen kann, die Wähler verwechseln in diesem Bann kreise daS Wahlrecht mit ihren religiösen Pflichten, sie glauben diese zu verletzen, wenn sic nickt den vom Geistlichen be- zeichnctcn Candikaten wählen. Ta» ist eine Thatsache. mit welcher wir rechnen müssen, aber diese Thatsache lastet schwer auf unserer politischen Entwickelung und läßt sie nicht in gesunde Bahnen einlcnken. Achnlichc Verhältnisse walten bei den Polen. Elsässern und Welfen ob. In diesen Wähler- kalegorien bilden die bestehenden Ucbertieserungen da«- bestimmende Moment. Daran läßt sich nicht« ändern, hier kann nur die Zeit allmälig ihren wohllhätigen Einfluß üben und diese Parleibildung nach und nach verschwinden lasse». Auf conservaliver Seile fehlt e« nicht an Zeichen dafür, daß die extremen Anhänger dieser Partei sich wesentlich ver mindert haben, weil viele derselben sich der gemäßigten Richtung zuwandten. Es ist dazu nicht nvtbig, daß die bis herigen Kreuzritter sich sogleich zu den Freiconservative» schlagen, aber cs wird sich vcrinuthlich innerhalb der deutsch- conscrvativen Richtung eine Spaltung zwischen Extremen und Gemäßigten vollziehen. Von großer Wichtigkeit für die nächsten Wahlen ist die Haltung der Arbeiter. Wenn auch die Socialdemokratie wahrscheinlich keine Einbuße an Wählern erleiden wird, so ist eS doch unzwciselhafl, daß sich in Arbciterkreisen vielfach die Ueberzeugung von der Heilsamkeit der Bismarck'scben Socialpolilik Bahn gebrochen hat. Biele, welche dieser Richtung angehören, werden zwar die Reihen der sccialvemokratischen Wähler verstärken, aber sie werden eS in der Voraussicht thun, daß die Gewählten den BiS- marck'schen Plänen Aufmerksamkeit und Förderung zu Theil werde» lassen. Hal sich doch schon in der verflossenen LegiS- laturperiobe diese Wandelung vollzogen, ein Theil der social« demokratischen Abgeordneten hat die Vorschläge der RcichS- regierung der Prüfung und Amendirung werlh erachtet, wenn auch Uebereinstimmung darüber bisher nicht erzielt wurde. Wir komme» jetzt zu der Aufgabe, welche die national- liberale Partei bei den bevorstehenden Wahlen zu erfüllen bat. Sie besteht darin, daß zunächst alle wahlberechtigten Mitglieder dieser Partei sich zu einer festen Masse organi- siren und sich die hohe Wichtigkeit der Wahl dom 28. Oc'lober klar machen, daß keiner am Wahltage IheilnahmloS zur Seite stehen bleibt, sondern alle da- ihnen zustehendc wichtige Reckt auch auSüben. Die Gleichgiltigkeit über da» zu er wartende Wahlergebniß war eS zumeist, welche den Rück gang der nalionalliberalen Partei iu den letzten Legislatur perioden verschuldet bat, die Meinung, daß ja doch durch daS Ausbleiben oder Hinzutreten dieser oder jener Stimme nicht» an der Thatsache der lieber legen heit der Gegner ge ändert werde. Tie Gegner laben auS dieser Gleichgiltigkeit und Verzagtheit Nutzen gezogen und sind auS den Wahlen niit verstärkten Streilkräslen hcrvorgegaiigen, während daS Er scheinen aller wahlberechtigten Nationalliberalen an der Wahl urne diese» Ergebniß ganz anders gestaltet hätte. Wir haben es in der letzten Reichslagsscssivn gesehen, wie viel aus eine Stimme ankonimt. Wie oft schwankte die Mehr heit um diese, und entscheidende sür daS Wohl und Wehe der ganzen Nation hochwichtige Abstimmungen, wie die über die Verlängerung de» SocialistengesctzcS sind mit geringen Mehrheiten zu Stande gekommen. Es ist also durchau- nicht einerlei, ob in diesem oder jenem Bezirk ein National- liberalbcr durchdringt oder den Gegnern unterliegt, und der Sieg wird unS bei einiger Rührigkeit unserer Parteimit glieder in vielen Fällen znfallc», wo er »n« bei den letzten Wahlen verloren gegangen ist. Damals lagen die Verhältnisse auch'ganz anders wie heute. Damals galt eS, gegen das Tabakmonopol Stellung zu nehmen und sür die Freiheit der Wahlen einzutreten, während heute die Sicherheit der staatlichen Grundlagen in Frage gestellt ist, wenn nicht die gemäßigten Mittel- Parteien sie verbürgen im Kampfe gegen die Parteien dcS Umsturzes und de» Gehenlassen». Heute ist eS die sociale Frage, deren theilwcise Lösung »»gestrebt werden muß und diese Frage »vlhigl die staatSerhaltenden Parteien, fest zusammenznstehen und alle Kräfte zu sammeln, »m nicht von der heransiürmenden Aluth überschwemmt zu werden. Die Teulschsreisinnigeil sagen: Gebt den Socialisten nur alle Rechte, welche die übrigen StaalSbürger haben, dann wird sich durch da« freie Sviel der Kräfte schon ein gesunde- Ver- bältniß Herstellen lassen! Mischt euch nicht darein, wenn die Arbeiter durch Unfälle und Krankheit arbeitsunfähig werden, sie mögen zu den Privalvcrsicherung-g-sellschasten gehen und selbst dafür sorgen, daß sie in solcher Lage Ent schädigung und Unterstützung erkalten. Oker wenn sie durch Alter arbeit-unfähig geworden find, so mögen sie von Alter»« versorgung-anstallen unterstützt werden, in die sie sich zur rechten Zeit eingekaust haben! Nein, und tausendmal nein! Die socialistische Entwickelung ist keine gesunde Entwickelung, die sich selbst überlassen werden darf, sie ist ein Krebsschaden, der am Marke der Staaten frißt und der nur durch scharfe Mittel beseitigt werden kann. Unlbätigkeit und Gehenlassen diesem Uebel gegenüber ist die größte Thorbeit, welche sich einst bilter rächen wird. Da» haben auch Mitglieder der teutsckfreisinnigen Partei eingeseben. denn sonst würden sie nicht sür Verlängerung de» Socialistengesetze» und sür da» UnsallvcrsicherungSgesctz gestimmt haben. Tie Deulschsreisinnigcn sind schon in der letzten Session de» Reichstages gespalten gewesen, kaum war die Verschmel zung geschehen, als die widerstrebenden Elemente schon wieder auSeinanderfielen. Dieser EntwickelunaSprcceß hat bi» zu den kommenden Wahlen noch weitere Fortschritte gemacht, denn eS ist vielen Deutschsreisinnigen zum Bewußtsein ge kommen, daß die Fortschrittler weder sür die socialen noch für die nationalen Ausgaben Verständniß besitzen, und deshalb ist die Hoffnung berechtigt, daß viele, welche bisher der drutscb- sreisinnigen Partei angchörlen, am 28. October für national- liberale Candivaten stimmen werden. Die Führer der deulsch- sreisinnigen stellen die Sacke so dar, als wenn die National- liberalen den liberalen Grundsätzen abtrünnig geworden wären. Da- Umgekehrte ist der Fall. Ist e» etwa liberal, den socialistische» Umtrieben unlhätig zuzusehen und den VernichtuiigSproceß sich widerstandslos gestalten zu lassen? Oder ist e- vielleicht liberal, der deutschen Nation die Mittel vorzucntholten. um in fernen Ländern mit der Achtung gebietenden Sicherheit aufzutreten, welche ihrer gebührt und aus welche sie nicht Verzicht leisten kann? Liberal kann m Deutschland nur genannt werden, wer auch national gesinnt ist, wer die Interessen der Ge- sammtheit schnöde preiSgiebt, kann nicht aus da« Prä dikat liberal Anspruch machen. Und waS soll denn der Name Fortschritt, Freisinn, wenn die Vertreter dieser Begriffe nur in der Untergrabung deS Ansehen» »nserer Nation beim AuSlande ihre Hauptaufgabe er blicken? Die Tcutschfreisinniqen glauben genug ycthan zu haben, wenn sie gegen Alle«, was die Reichsregierung plant» Widerstand leiste». Da wo Widerstand geboten ist. leisten ihn die Nationalliberalen auch, aber zunächst richten sie ihre Blicke auf da» Wohl der Gesammtheit und danach richten sie ihre .Haltung ein. Dieser Unterschied zwischen Tentschsreislnnigen und Nationalliberalen ist so in die Augen springend, so tiefgehend, daß er keinem Wahrbast liberal Gcsinnnten verborgen bleiben kann und deshalb hoffen wir zuversichtlich, daß die liberalen Wähler in Stadt und Land bei den nächsten Wahlen nationalliberale Candidatcn wählen werden. Mit dieser Hoffnung be grüßen wir die Verkündigung de» Wahltermkns. .* Leipzig, 22. September 1884. * Die Kaiserliche Verordnung, die Wahlen zum Reich»- tage betreffend, hat folgenden Wortlaut: Wir Wilhelm, von Gotte» Gnaden Deutscher Kaffer, König von Preußen re. verordnen aus Grund der Bestimmung im 8- 14 de» Wahlgesetze» vom 31. Mai 1869, im Namen de» Reich», wo» folgt: Die Wahlen zum Reichstage sind am 28. October 1884 vorzu- uehnien. Urkundlich unter Unserer Hüchsteigeahändigeo Unterschrift »nd beigedrucktem Kaiserlichen Jnsiegel. Segcbeu Schloß Benrath, den 18. September 1884. (I-. 8.) Wtlhelm. von Bismarck. * Vom Reichskanzler Fürsten Bi»marck ist. wie der Düsseldorfer Anzeiger mittheilt, Herrn Mathias Conen solgende» Schreiben zugegangen: Berlin, 18. September 1884. Eurer Wohlgeborea geMige Miltheilung vom 11. d. M. Hobe ich erhalten. S» würde mich gefreut haben, Ihre persönliche Be. kauntschast zu mocheu, aber leider hat mich der «ersuch, den ich mit der soeben beendeten Reise nach Polen gemacht habe» überzeugt, daß mein Gesundheitszustand e» mir verbietet. Seine Majestät denKaiser auch nach demRheine zu begleiten. Ich bedaure die» um so mehr, al» ich die Gelegenheit meiner Anwesenheit in Düsseldorf gern benutzt haben würde, um Ihre Treibereien und Garteneinrichtungca selbst kennen zu lernen. v. BiSmarck. * Da» Plenum de» ReichS-Dersichcrung-am tc» bat am Donnerstag die erste Sitzung abgebalten. Dasselbe besteht auS den drei ständigen Mitgliedern Präsident Bödikcr, RegierungSrath vr. Kayser, bisher Hilfsarbeiter im RcichS- justizaml, und Bergmcister Berg, bisher i» reichSländischen Diensten, und aus den vier vom BundcSrathe gewählten Mitgliedern: dem bayerischen Minisserialrath Herrmann, sächsischen Gebeimen RezierungSralb Böttcher, großberzoglick badischen Gesandten Frciberrn Marsckall von Bieberstein und großherzoglich weimarischen Bevollmächtigten Staatörath Vr. Hccrivart. DaS cingcgangene Material war, wie wir vernehmen, sehr ninsangreich: auch macken bei der Neuheit der ganzen Sache und Dhäligkeit die Ausführungen noch unerwartete Schwierigkeiten, so daß die Gcsaiiimtberalhungen sich bald wiederholen dürsten. Nach Paragraph 92 ke» NcichkvcrsichcrungögcsctzcS können in den einzelnen Bundes staaten sür da« Gebiet und aus Kosten derselben LandeS-VcrsicherungSäniter von den Landes regierungen errichtet werde». BiS jetzt ist die Errichtung eines solchen Landes - VcrsickerunzSnmtcS noch nicht in Sicht. Wenn einzelne VuiidcSrcgierungen eine solche Ab- sicht begcn sollten, so dürste die AnSsührnng dieses Vorhaben» davon abhängcn, ob die in den betreffenden Staaten sich bil denden BerusSgcnosscnschasten auf das bezügliche Landesgebiet beschränkt werden und ob die in dem Staate vorhandenen VerufSgencssciischaslen genüge» werde», um den vollen Apparat eines eigenen VersicherungSamtcS in Anwenduug zu bringen. Alle dieie Einzelsragcn lassen sich noch nickt hinreichend üver- sehe». Die Wabl der weiteren vier nichtständigen Mitglieder deS Reich-- VersicherungSamtcS, von denen je zwei mittelst schriftlicher Abstimmung von den GenossenschastSvorstänven und von den Vertreter» der versickerten Arbeiter au» ihrer Mitte unter Leitung de« NeickS-VersichernngSamte' zu wählen sind, dürste »och längere Zeit in Anspruch nehme». DaS NcichS VersichcrungS-Amt ist bekanntlich berufen, über Strei tigkeiten zu entscheiden, welche sich auf die Rechte und Pflichten der Inhaber der GenossenschastS - Aemter, aus die Auslegung der Statuten und die Giltigkeit der vollzogenen Dahlen beziehen. Bei diesen Entscheidungen sollen die ge nannten nichtständige» Mitglieder hauplsächlich Mitwirken. * Zu dem Thema: „Was ist an der Westküste Afrika» geschehen?" schreibt die „Hamburger Börsenballe": Wir gaben kürzlich der „erklärlichen und berechtigten" Ungeduld Ausdruck, mit welcher daS deutsche Publicum „ossicicllen Milthei- lungeu über die Namens deS deutsche» Reiche» von vr. Nachtigal a» der westasrikanischen Küste unternommenen Schritte ciit- gegensieht." Diese unsere Aeußcrung bat nun eine, verschiedenen Berliner Blättern zugegangene, ausdrücklich als ofsiciös bezeichnet: Mittheilung hervorgernsen, welche zwar wiederum keine bestimmte Aufklärung, aber doch zu verstellen giebt, das, nach .,verschiedenen Andeutungen von zuverlässiger Seite die amtlichen Aktenstücke" — wenn sie nämlich einmal veröffentlicht werden — „die Sache i» einer anderen Gestalt zeigen würden, als dies ans Privalberichlen der meist direct betheiligten und srendig erregten Personen hervorging." So dankbar wir nun auch da- Zugeständnis; eu «gegen»» hmen. daß unser Drängen aus endliche amtliche Jnsormalion „erklärlich und berechtigt" gewesen, so können wir doch de» Eindruck nicht los werden — und Mitthcilungen auS unserem Leserkreise beweisen uns, daß dort dieselbe Auffassung herrscht — daß die »sficielle Kund- gebung uns gerade so klug gelassen hat, wie vorher. Vielleicht sagen wir damit noch zu viel, denn waS de« Weiteren in der ossi- ciösen Mittheilung gesagt wird, ist gerade zu geeignet, die wirkliche Sachlage zu verdunkeln »nd zu verwirren. WaS sür eine Art von amllichen Handlungen des Herrn 1»r. Nachtigal kann e» denn wohl gewesen sein, oder in welcher Weise kann er die ihm eriheilte Instruction zum öffentlichen Ausdruck gebracht habe», wenn, wie jetzt osficiös gesagt wird, die „direct betheiligten und sreudig erreg ten Personen" ihn so völlig mißverstanden haben, daß die amtliche» Actenstücke, die wir aber immer noch nicht zu sehen bekommen, die Sackx ganz anders darstellen werde», al» die Augenzeugen sie auigesaßt haben? Und ist die» ein Zustand, der anch nur einen Tag länger dauern sollte, als absolut unvermeidlich ist? Deutschland tritt in die Bahn einer, wie behauptet wird, großen colonialen Politik ein; e» beschreitet damit ein ganz neues, außerordentlich schwieriges Feld, und da» erste praktische Vorgehen erfolgt sofort in so unklarer Weise, daß die Rächsimtcrcssirtc» »nd örtlich Anwesende» „sreudig erregt" etwas ganz audcreS zu erleben glauben, als nach den zu erwartenden amtlichen Berichten wirklich geschehen sein soll. WaS ist den» aber in Wirklichkeit vorgcfalleii, nud warum sollen wir daS nicht wisse»? Oder soll vielleicht angedentet werden, daß die freudige Erregung etwa» voreilig gewesen lei? Warum wird ferner nichts gesagt über die ebenfalls bereits scir Wochen bekannten Rückschläge, über die Wicderbeseittgung bereii» ausgevflnnzt gewesener deuilcher Hoheitszeichen und über die angeblich staltgesuudene, in zwischen von anderer Sette allerdings sehr abgemildertc angebliche Jnsullirnng wirres deutsche» RcichSbeauttcn durch Eingeboreue? Da» Verlangen, die Wahrheit über diese Dinge endlich zu erfahren, ist kSjn bl ober Drang der Neugier, sondern enispricht einem*Lqnz erheblichen Interesse. Soweit un» bekannt, find augenblicklich allein m Hamburg drei verschiedene Unternehmungen un Zuge, welche au> die Errichtung neuer deutscher Handel-uiederlaffungen an der wcstafriknmichcn Küste abzielen. Sollte man :» sür gleichgiltig sür diese Projecle holten, ob die beabsichtigte» Unternehmungen aus wirklich deutschem Gebiete in» Leben treten können, oder ob das deutsche Reich lediglich den« von bereit- dort onsäjsigeu deutschen Kausleutcn erworbenen Terrain seinen mächtigen Schutz zugesichert hat, ohne daß dieser Schutz sich auf darüber htnauSgehende neue Niederlassungen mit erstreckte, so würde man ganz entichiedcn irre». DaS Zurückhaltea mit allen vsflciellen Berichten sängt bereit» an, die anfänglich sreudig erregte Slmiinung nicht nur stark z» ernüchtern, wa» sür sich allein kein großes Unglück wäre, iondern auch Zweifel darüber hervorzuruscn, wie weil den» die ReichSregiernng zum Schutze deutscher HandelSiniereffen an den afrikanischen »nd analog auch au andere» fernen Küste» z» gehen wirklich entschlossen ist. Die eingangs erwähnte ossiciöse Mittheilung kommt nämlich in ihrem weiteren Verlause wieder aus die schon früher aus gesprochene Ansicht zurück, daß Deutschland i» jriuer colonialen Politik nur so weit gehen dürfe, als cs nicht Gefahr lause, in coloniale Händel verwickelt zu werden. Solche Verwickelungen sind aber» wie die Geschichte aller Zetten und aller Völker lehrt, sietk unvermeidlich gewesen und der am wenigsten Erfolg versprechende Weg, ihnen zu entgehen, wäre, von Anfang an Unklarheit darüber bestehen zu lassen, waS Deutschland wirklich zu thun gedenkt oder bereits gethan Hot. Uncivilisirlen Völkern wie eifersüchtigen fremden Colonisten und Regierungen imponirt man mit Unklarheit am wenigsten. Ein klar und bestimmt ausgesprochener fester Wille und ein genau abgesteckte» Ziel Hallen den Streit fern, da» Gcgentheil ruft ihn aller Orlen hervor. * Laut Bericht de» am Freitag von der Westküste Afrika» in Hamburg angekommenen Dampfers „Acassa", Capt. Wallace, war da» deutsche Tamps-Kanonenboot „Möwe" zu Anfang August nach Kamerun zuriickgekebrt, jedoch nack einigen Tagen Aufenthalt wieder südwärts gegangen. Weiteres war nicht zu berichten. — Man schreibt der „Hamburger Börsenhallc" auS Liverpool: „In hiesigen kaufmännischen Kreisen herrscht große Verstimmung Uber die jüngst seilen» Deutschland erfolgte Aniierion der Häsen an der westasrikanischen Küste, und insbesondere von Kamerun; man beabsichtigt daher, in den nächsten Tagen einige öffentliche Versammlungen abzubaltcii, um die An gelegenheit zu berathen und der Regierung den Beweis zu liefern, daß jene Annexion für den britischen Hantel wahr scheinlich von schädigender Wirkung sein werde. Diese Bcsorgniß hat sich durch die in Liverpool cingctrcfseiien Nachrichten über die von den Franzosen gefaßten Pläne noch gesteigert. ES beißt nämlich, daß die französischen Be hörden in Gabun demnächst einen Tarif einzusühren gedenken, welcher tatsächlich den Import englischer und sremdcr Maaren in die Colonir verhindern wird, indem alle in Gabun ein- gesührtcn Waaren fremden, d. h. nicht französischen Ursprunges mit einem 60 Prcccnt böbcren Zoll belegt werden solle», als die in Frankreich hergestcllten Artikel. Man fürchtet »un, daß wenn Deutschland Kamerun behält, c» dort zu Gunsten der Deutschen ebenfalls einen Tarif einsühren wird, welcher die Engländer cmSschließt, cbgl-ick letztere dort bereits hundert Jahre (?) Handel treiben, während die Deutschen erst zehn Jahre (?) dort sind, und die britischen Interessen sechs Mal (??) so groß sind al» die deutschen. Ucberall wird behaupket, daß man Kamerun stets als unter britischem Protcetorate stehend betrachtet habe, »nd daß Fürst BiSmarck, wenn ihm di« Sache nur ordentlich klar gemacht würde, daS Gebiet sofort wieder anfgeben werde. „DaS letztere bezweifeln wir", bemerkt die „Hamburger Börsenhallc". * In einem längeren Artikel spricht sich die Londoner „Times" au» Anlaß der gegenwärtig am Rbcin stattfinvenden Kaisermanöver, denen auch eine Anzahl namhafter eng lischer Ossicicre beiwohnt, über unser deutsche- Milt- tairwesen au». Die Vorzüge desselben erkennt da» City blatt in nachstehenden Beinerkunge» rückhaltlos an: „ . . . . Vierzehn Jahre schon sind vergangen, seit der Welt der unanfechtbare Be'.oeiS von der Ueberlcgenheit des dculiche» Miliiairiysteni» vor Augen geführt wurde, und während dieser Zeit ist ganz Europa bestrebt gewesen, mehr oder weniger dem deutschen Borbilde nachzustreben. Keinem der Schüler ist cs indcß bisher gelungen, einen Master zu übcrtresfen, der unauSgei>ch' n»s Mittel
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