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Vo» dieser Zeitschrift erscheint wöchentlich eine Nummer in Jm- Perial-Quart, weicher zu öfterm erläuternde Zeichnungen, Karten, Pläne und Ansichten bcigegebcn werden. Der Abonnemeutsprcis beträgt hier Orts drei Thaler für das Halbjahr, und nehmen alle Buchhandlungen, Postämter und ZeitungS - Expeditionen de« In- und Auslandes Bestellungen entgegen. Planmäßige Beiträge werden anständig honorirt und unter Adresse der Rcdaction oder, wem Leipzig näher gelegen, durch Vermittelung des Herrn Buch händler Wilh. Engelmann da selbst erbeten. Eisenbahn - Jeitung. 21. Draunschwoig, 28. Mai. 1844. Die Reform des Englischen Eisenbahnwesens. Fortsetzung. II. Nachdem wir nun angeführt haben, welche Umstände für die hauptsächlichsten Unvollkom menheiten, die unserem Eisenbahnsystem ankle ben, zu halten sind, so bleibt jetzt noch das schwierigere Geschäft übrig, ein ausreichendes Gegenmittel dawider ausfindig zu machen, ein so umfassendes nämlich, daß es nicht allein daS Schlechte entfernt, sondern auch etwas Besseres an die Stelle desselben setzt, damit diese großen „Heerstraßen der Nationen" nicht mehr „an eine Krippe gebunden, oder in Käfig und Kerker ein- gcsperrct," sondern in ihrer ganzen Nutzbarkeit und großen Wichtigkeit für die Bedürfnisse der Societät entwickelt werden. Um diesen Plan auszuführen, müßte der alte Contract cassirt und ein ganz neuer zwischen den contrahirenden Par- theicn geschlossen werden. Wir haben im ersten Anfänge Veranlassung gehabt, das von dem unsrigen sehr verschiedene, von der Belgischen Regierung bei der Anlegung von Eisenbahnen in dortigem Lande angcnom-! mene System in Betrachtung zu ziehen; eine Vergleichung zwischen beiden ist vor einigen Jah ren von einem Schriftsteller im „Edingburgh Review" sehr geschickt auSgeführt worden. „Wir wollen einmal sehen," sagt der Verfasser, „worin die Natur einer Eisenbahn besteht, und dann erwägen, in wie weit von Privatunternehmern, wenn ihnen die Verwaltung einer solchen An stalt anvertraut wird, zu erwarten steht, daß sie dem Publikum alle die Vorthcile zuwege bringen werden, die eine solche Einrichtung zu gewähren im Stande ist; wir wollen sehen, wie die Ursachen, welche in anderen Fällen die Re sultate persönlicher Unternehmungen so glänzend machen, darauf hinwirkcn werden, die jetzt mit der Beaufsichtigung derselben beauftragten Ge walten in Thätigkeit zu versehen; in wie weit der einzelne Capitalist durch sein Interesse ver- ii. anlaßt, oder durch Concurrcnz angetrieben, oder durch seine Abhängigkeit vom Publikum gezwun gen werden wird, die Leistungen eines Systems, worüber er der Höchste und Keinem verantwort liche Gebieter ist, in volle Kraft treten zu lassen. „Die unmittelbare Folge von der Anlage einer Eisenbahn besteht darin, daß die Eigner mit einem Monopole der strengsten Art versehen wer den; daß sie augenblicklich und entscheidend alle Concurrcnz erdrücken, und die Societät in eini gen ihrer wichtigsten Angelegenheiten, ganz in die Willkühr von Individuen stellen, die von! keinem anderen Beweggründe ihres Verfahrens,! als ihrem eigenen Egoismus geleitet, durch jede! Anwandlung von Vorurthcil und Leidenschaft beherrscht werden, und nur zu oft ihr eigenes wahres Interesse verkennen, indem sie ausschlic- ßend aus die Beförderung desselben bedacht sind. „Hieraus wird es klar, daß Concurrcnz und Hingebung an das Interesse des Gemeinwesens, diejenigen Ursachen, die sonst die Energie von Pri- vatunternehmungcn so mächtig Hervorrufen, bei ei ner Eisenbahn-Compagnie zu wirken aufhören; daß die Societät von keinem anderen Motive, als von dem pccuniärcn Interesse derselben die ge ringste Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse erwar ten kann. Man kann sagen, daß die Societät in dem Grade wenigstens von dem thätigen Ein flüsse dieses Motivs Rutzen ziehen kann, daß die Compagnie dem Publikum so viel Vergün stigung zukommcn läßt, als nöthig ist, um die Concurrcnz dcr von ihr bedrängten Routen nie- dcrzuhalten. Dies kann zugegeben werden, aber wie gering braucht nicht die Furcht vor einer solchen Concurrcnz zu sein, wenn man sich er innert, daß die Locomotive nur ein Drittel ihrer Kräfte anzuwcnden braucht, um die Straße wie derum zu einer Einöde zu macken. Der Fahr preis wird gleichfalls bis zu einem etwas ge ringeren Betrage, als was früher auf dcr Heer straße gefordert ward, erhöht, und fo wird das ! Publikum, während cs allerdings einige Vorlheile ! bei den Eisenbahnreisen genießt, welches immer vor ! dem durch dasselbe verdrängten früheren Fuhrwe ¬ sen einen Vorzug behaupten wird, unzähliger Wohlthaten beraubt werden, welche ihm die ge waltige Kraft des von unS in Erwägung ge zogenen Mechanismus, wenn die Sache ande ren Händen anvcrtraut würde, würde gewähren können. „Man wird sagen, daß die Grundsätze, die wir ausgestellt haben, zu dem Resultate führen, daß diejenigen Eisenbahnen, die in England den ganzen Verkehr verschlungen haben, nicht so ganz persönlichem Betriebe hätten überlassen wer den, sondern daß der Staat entweder ihre An lage hätte übernehmen, oder ihre Verwaltung einer gewissen Aufsicht unterwerfen sollen. Wir sind vollkommen überzeugt, daß die Regierung mit nicht geringer Kurzsichtigkeit zu Werke gegan gen ist, das Monopol so wichtiger Dinge, wie die öffentlichenCommunicationsanstalten sind, dem un beaufsichtigten Sckalten und Walten von begü terten Privatpersonen anzuvertrauen. Wenn wir den gewaltigen Kostenaufwand, der Anlagen die ser Art gewidmet wird, die enormen Summen, die den Grundherren nicht als Schadenersatz für beeinträchtigtes Eigenthum, sondern als Beste chungsgelder, um sich ihrer Mitwirkung zu Pro- jccten, bei welchen Niemand mehr als sie selbst, ge winnen kann, zu versichern, und die schändliche Geldverschwendung in Streitigkeiten zwischen riva- lisircndcn Bahnlinien, die künstlich von spcculi- rcnden und in steter Planmachcrei begriffenen Eignern herbeigcführt werden, in Erwägung zie hen, und dabei" bedenken, daß diese Baukosten, diese Prellerei dcr Landeigenthümcr, diese Geld schneiderei dcr Projcctcnmacker zusammcngcnom- men, unfehlbar die dem Passagier zu stellenden ! Fahrpreise in die Höhe treiben, und insofern dem Verkehre Hindernisse in den Weg legen müssen, so können wir nicht umhin, es zu be dauern, daß dcr Staat keine Maßregeln ergrif fen Hal, Ausgaben zu beschränken, die am Ende der Societät zur Last fallen werden. Und wenn wir außer den Kosten dcr ursprünglichen Änla- ' gen einer Eisenbahn, den bereits von den Eignern 'derselben, über Tasche, Zeit, Bequemlichkeit und