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Mchmtz-KitW Verantwortlicher Redacteur: Paul Ichne in Dippoldiswalde. 55. Jahrgang Dienstag, den 8. Oktober 1889. Nr. 119 .ß ständig mit den Regierungsgrundsätzen des Kaisers übereinstimmen. Die in letzter Zeit von verschiedenen Seiten so geschmähte „Kartellpolitik" hat mit dieser kaiserlichen Kundgebung die denkbar kräftigste Unter stützung gefunden, der Kaiser billigt vollkommen die Thätigkeit der gemäßigten Parteien von rechts wie links und hoffentlich datirt von hieran ein neuer und erfreulicher Abschnitt in der innerpolitischen Entwicke- lungsgeschichte des Deutschen Reiches und zumal in seiner Parteigeschichte. — Nächsten Mittwoch, den 9. Oktober, wird von Vormittags 9 Uhr an im Nathhaussaale zu Dippoldis walde die diesjährige Diözesanversammlung ab gehalten werden. Die Einladung zu derselben ist schon seit geraumer Zeit ergangen. Die außerordentlich reiche Tagesordnung fordert aber auch auf, der er gangenen Einladung pünktlichst und möglichst allseitig Folge zu leisten. Es steht nämlich nach einer An sprache, welche diesmal Herr Pfarrer vr. Müller- Liebenau halten wird, eine Reihe von Sätzen auf der Tagesordnung, von welchen vier die „Abwehr des Sektenwesens", acht „das Verständniß und die Be lebung des Gottesdienstes" und neun „die beiden Wahlsprüche des Christen für das staatsbürgerliche Leben" betreffen. Besonders die Mitglieder unserer Kirchenvorstände mögen es ja nicht unterlassen, aus den Berathungen dieser Versammlungen neuen Muth, neue Freudigkeit und neue Hingabe für das ihnen übertragene kirchliche Amt an ihren Gemeinden sich zu erholen. — Im Anschluß an diese Diözesanver- , sammlung soll, wie verlautet, Nachmittags 3 Uhr eine Sitzung des Vorstandes des Bezirksvereins für innere Mission gehalten werden. Diese Sitzung ist gewiß die beste Bürgschaft für eine baldfolgende Hauptversamm lung unseres Zweigvereins für innere Mission, wie dieselbe seit einigen Jahren nicht mehr stattgefunden hat, und damit wird dann sicherlich auch auf dem Ge biete dieses Zweigvereins ein neues Leben in unserer Ephorie erwachen. — Nächsten Dienstag, den 8., bis Donnerstag, den 10. Oktober, findet in Dresden in dem oberen Saale der Waldschlößchen-Stadtrestauration am Postplatze ein Obst markt in Verbindung mit einem Speise kartoffelmarkt statt, zu dessen Beschickung aller dings nur Mitglieder der Bezirks-Obstbauvereine oder deren Pächter berechtigt sind. Obwohl nun bereits von Seiten des Direktoriums des Bezirksvereins der hiesigen Amtshauptmannschast den Mitgliedern desselben, soweit es die zur Verfügung gestellten Circulare ge statteten, Mittheilung gemacht worden ist, wollen wir, bei der großen Zahl der Beiheiligten, nicht unterlassen, nachstehend einen Auszug der betr. Marktordnung folgen zu lassen: Der Verkauf, welcher ausschließlich nach dem Gewicht stattfindet, erfolgt nach ausgelegten Mustern, welche mindestens S Kilo enthalten müssen. Alles Tafelobst muß mit der Hand gestückt und flecken los sein. Alle Verkaufsgegenstände müßen mit Preis angabe und richtigen Namen der Sorte versehen sein, sowie mit Angabe der Zeit der Genußreife, letztere wird eventuell vom Marklausschuß festgestellt. Die hierzu nöthigen Formulare werden unentgeldlich ge liefert. Der Preis ist frei Dresden, Wohnung, Bahn hof oder Schiff zu stellen. Zur Erzielung entsprechen der Preise empfiehlt sich Sortierung in erste und zweite Güte. Für nach vorgeschriebenem Schlußzettel wirk lich verkaufte Waare wird eine Gebühr von nur 3 Pfg. von jeder Mark Verkaufspreis erhoben, um die entstehenden Kosten zu decken. Käufern ist Ge legenheit geboten, sich etwa nöthige Körbe an Ort und Stelle zu erwerben. — Etwaigen Interessenten ist zu rathen, sich wegen näherer Auskunft an ein Mitglied des Direktoriums des hiesigen Bezirks-Obst bauvereins zu wenven. Wünschen wir dem Unter nehmen im Interesse der Züchter recht rege Betheilig ung. Auch unsere Gegend ist gewiß in der Lage, sich an der Versorgung des Marktes einer Großstadt wie Dresden, erfolgreich zu betheiligen. — Man nimmt jetzt wieder Gelegenheit, die Auf merksamkeit der Hausfrauen auf den Verbrauch der Seefische als Ersatz des theuer gewordenen Schweine- und Kalbfleisches zu lenken. Noch immer werden der Schellfisch und Dorsch viel zu wenig geschätzt und eS giebt noch viele Familien, in denen die genannten Fischsorten entweder noch gar nicht Eingang gefunden oder nur in seltenen Fällen genoffen werden. Wenn die Hausfrauen unseres Bürgerstandes die Seefische «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 7. Oktober. Gestern wurden die durch Herrn Baumeister Schmidt baulich veränder ten und von Herrn Dekorationsmaler Götting staffirten Lokalitäten in der l. Etage des NathhauseS — Saal mit Nebenzimmern — durch ein vom Stadtmusikkorps gegebenes Concert dem öffentlichen Gebrauche über geben. Der Saal war wohlgesüllt und fand die Her stellung sämmtlicher Räume allgemein wohlverdiente Anerkennung. Auch die neue Beleuchtung zeigte sich wirksam und wird sich, wenn, wie bereits beabsichtigt ist, noch einige Lampen auf der Ostseite angebracht sein werden und kein Tabaksrauch den Raum erfüllt, noch wirksamer zeigen, besonders aber wird für Ball toiletten die in mattem Lichtgrün gehaltene Färbung der Saalwände vortheilhaft sein. Dte Nebenzimmer nebst Garderobe sind gleichfalls sehr hübsch, besonders das blaue Zimmer verspricht ein gern aufgesuchtes ge- müthliches Fleckchen zu werden. Was das Concert anlangt, so bot die durch mehrere bewährte Kräfte un eigennützig unterstützte Stadtkapelle recht Anerkennens- werthes, obschon wir gewünscht hätten, daß das Pro gramm wenigstens ein mehr der Klassizität sich an näherndes Stück geboten hätte, was ja bei den vor handenen Kräften sehr wohl ausführbar gewesen wäre. Uebrigens wurden nicht weniger als 3 Stücke äa oupo verlangt. Die Bewirihung war sehr gut und wurde der reichhaltigen Speisekarte wacker zugesprochen. Auch bei dem schließlich stattfindenden Ball zeigten sich die Kräfte belebt und ausdauernd. — Mit heute beginnt der Schulunterricht am Vor mittag eine Stunde später. Für den auf 6 Wochen beurlaubten Hilfslehrer Hrn. Wagner ist heute Fräulein Johanne Engelmann als Vikarin in Mädchenklasse IV und V eingetreten, während Hr. Hilfslehrer Zeibig die Knabenklasse IV und V übernimmt. — Am gestrigen Sonntag Abend, gegen 6 Uhr, zeigte der ausgehende Mond eine merkwürdige Licht erscheinung. In dem über dem Horizont lagernden Dunstkreise brach sich sein Licht derart, daß er mitten in einem nach allen vier Seiten spitz auslaufendem Kreuze stand. Nach etwa einer Viertelstunde war die Erscheinung verschwunden. , — Neuerlich wird versichert, daß Herr Baumeister Hartwig-Dresden nicht beabsichtige, bei den gegen wärtigen Landtagswahlen zu kandidiren. Darnach würde voraussichtlich auch dem Kandidaten im S. städt. Wahlkreise, geh. Hofrath Ackermann-Dresden, ein Gegenkandidat nicht entgegengestellt werden. — Bei den kürzlich stattgefundenen Urwahlen zur Handelskammer Dresden und zur Gewerbekammer da selbst sind als Wahlmänner gewählt worden: für die Handelskammer in der X. Wahlabtheilung der Fabrikant Herr Gotthold Reichel in Dippoldiswalde und in der XI. Wahlabtheilung der Fabrikant Herr August Hermann Ronicky in Glashütte. Für die Ge - Werbekammer wurden die Herren Schlosser August Kadner, Fleischer Johann Fischer und Rechenmaschinen fabrikant Arthur Burkhardt, sämmtlich in Glashütte, gewählt. Am Wahlakte zur Handelskammer betheiligten sich in Glashütte 6 und in Dippoldiswalde 10 Per sonen; an den Wahlen zur Gewerbekammer aber in Dippoldiswalde nur 11, in Altenberg 12, in Frauen stein 20 und in Glashütte 32 Personen. Dn Kaiser und die Parteien. Die „Kreuzzeitung", bekanntlich das leitende Organ der extremsten und fanatischsten Gruppe unter den konservativen Parteien in Preußen, hatte vor Kurzem zwei Artikel über „Die Monarchie und das Kartell" veröffentlicht, welche wegen ihres Inhaltes wie wegen ihrer ungemein scharfen Abfassung allgemeines Auf sehen erregten. Die Tendenz dieser Veröffentlichungen richtete sich hauptsächlich gegen die gemäßigten Par teien von links und rechts, welche sich anläßlich der Neichstagswahlen von 1887 zum Kartell vereinigt und hiermit so bemerkenswerlhe Resultate erzielt hatten. Die erwähnten Artikel des ultra-konservativen Blattes sprechen sich nun höchst verächtlich über die Ergebnisse der „Kartell-Politik" aus und behaupten ferner, die Nationalliberalen und die gemäßigten Konservativen wollten sich dem Kaiser ein- für alle Mal als Par lamentsmehrheit aufnölhigen, deren Willen er sich fügen, nach welchem er regieren solle. Schließlich läßt die „Kreuzzeitung" in ihren überaus gehässigen und taktlosen Auslassungen — taktlos, weil hierdurch der Name des Kaisers von Neuem in die politischen Tages kämpfe gezerrt wird — zwischen den Zeilen deutlich durchblicken, daß die Monarchie ihren natürlichen Rück halt nur da habe, wo „das alte historische Banner des konservativen Royalismus wehe" und daß dem nach auch der Kaiser am besten thue, wenn er sich auf diesen Royalismus, also auf die „kleine, aber mächtige" Partei des Herrn von Hammerstein stütze. Natürlich findet sich letztere Zumuthung nicht wörtlich in dem Organ des Herrn v. Hammerstein niedergelegt, aber die heuchlerischen Wendungen, mit denen die „Kreuzzeitung" den „wahren Konservativismus" als den einzig richtigen Hort des Königthums empfiehlt, lassen unschwer erkennen, was hiermit eigentlich ge meint ist. Dieser unerhörte Angriff gegen Parteien, welche bis zur Stunde in ehrlichster Ueberzeugung, nach bestem Wissen und Gewissen für Kaiser und Reich zusammenwirkten, sind allerdings bereits von der Presse der verdächtigten Parteien sofort energisch zurück gewiesen worden und die „Kreuzzeitung" hat denn auch inzwischen halb und halb schon den Rückzug an getreten. Aber auf demselben ist sie noch von einem schweren Schlage getroffen worden, der sich für das Blatt und seine Hintermänner um so empfindlicher erweist, als er von einer ganz unerwarteten Seite kommt. Dieser Schlag ist in folgendem hochosfiziösen Kommunique enthalten: Der Kaiser hat von dem In halt der „Kreuzzeitung" vom 26. September Kennt- niß genommen und die darin ausgesprochenen poli tischen Auffassungen und Angriffe aus andere Frak tionen lebhaft gemißbilligt. Se. Majestät gestattet keiner Partei, sich das Ansehen zu geben, als besäße dieselbe das kaiserliche Ohr. Der Kaiser sieht , aber in der Verständigung und gegenseitigen Schonung der staatserhaltenden Parteien untereinander eine für unser parlamentarisches Leben sachlich nützliche Einrichtung und hat die allerhöchste Mißbilligung der dagegen von der „Kreuzzeitung" gerichteten Angriffe und Insinua tionen unzweideutig ausgesprochen. Se. Majestät sieht in dem Kartell eine den Grundsätzen seiner Regierung entsprechende Richtung und vermag die Mittel, mit denen die „Kreuzzeitung" dasselbe angreift, mit der Achtung vor der Allerhöchsten Person und vor unseren verfassungsmäßigen Institutionen nicht in Einklang zu dringen. Zweifellos ist diese so entschiedene Abfertig ung des hetzerischen und gefährlichen Treibens der „Kreuzzeitung" aus die persönliche Initiative des Kaisers zurückzuführen und dies kann ihre Bedeutung nur erhöhen. Wenn hierbei einerseits ausgesprochen ist, daß sich der Kaiser in seinen Regierungsverhand lungen von keiner Partei beeinflussen läßt und durch aus nach eigenem Ermessen seine Maßnahmen trifft, so wird es anderseits doch klar ausgesprochen, daß die Ziele und Bestrebungen der Kartellparteien voll- Jrqerate, welche bei de» bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk same Verbreitung lindes, werden mit 1l> Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spaltenzril« A>PfS- Me „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern IO Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Bi- - , """"" Amtsblatt «ir die MMiche Umtsdauptmannschast Dippoldiswalde, sowie fiir di- Königlichen Amtsgericht- und die MdtrLthe ' , zu Dippoldiswalde und Irauenstein