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Freitag, den 3. April 1857. 76 Erscheint jeden Wochentag früh 9 Uhr. Inserate wer- den bis Nachmittag» Z Uhr für die «Lchst- erscheinende Nummer angenommen. Freiverger Anzeiger UNd gespaltene Zeile oder / / deren Raum mit S Tageblatt. Tagesgeschichlc. Freiberg. Im Monat März d. I. hat die hiesige Leih anstalt auf 797 Pfänder 2067 Thlr. 10 Ngr. ausgeliehen und für 975 eingelöste Pfänder 2398 Thlr. 25 Ngr. zurück erhalten. Berlin, 31. März. Im Hause der Abgeordneten brachte gestern Ler Abgeordnete Harkort bei der Berathung über Len Sundzollvertrag auch die deutschen Herzogthümer zur Sprache: „Der Sundzoll war, wie der Abg. Kruse ausgeführt hat, ein durchaus ungerechtfertigter. Wir haben ihn nicht mit Eisen gelöst, sondern mit Geld, und haben dadurch seine Rechtsbestän- Ligkeit eigentlich anerkannt. Allein es lastet noch eine andere Schmach auf dem Vaterlande, die nicht mit Geld zu lösen ist, LaS ist die Mißhandlung der deutschen Herzogthümer Lurch die Dänen. Wir haben allerdings im Jahre 1848 den Dänenwall mit Len Waffen in der Hand siegreich überstiegen; allein bald darauf traten wir einen Schritt zurück, wir schlugen den Oester reichern die Brücke, deren Fahnen seit Wallenstein zum ersten Male in Norddeutschland erschienen. Da wurde uns die deutsche Einigkeit im jämmerlichsten Bilde vor die Augen gestellt. Deutsche Männer wurden beschämt durch deutsche Frauen, die wenigstens die zarte Arbeit ihrer Hände und deren Ertrag den Verbannten zuwendeten. Heute hören wir neue Hilferufe aus den Herzog- thiimern, und die schlaue Diplomatie scheint in einiger Verle genheit, was aus den der Krone Dänemark zum Gcsammtstaat dargebrachtcn Glückwünschen werden wird. Der Bundestag hat die Sache in der Hand; daß er aber eilen werde, bezweifle ich. Der Kaiser Barbarossa schläft noch; aber ich glaube, daß diese Gelegenheit benutzt werden muß, indem wir diesen Vertrag ab- schlicßcn, daß wir gegen diese Ucbergriffe in den deutschen Hcr- zogthümern protestiren. Dann haben wenigstens wir hier das Unsrige gethan." (Bravo.) Der Ministerpräsident v. Man teuffel äußerte sich: „Der Vorredner hat einen Gegenstand mit ! der jetzigen Vorlage in Verbindung gebracht, welcher mit ihr! einen innern Zusammenhang nicht Hal. Ich darfauch auf den selben in diesem Augenblick nicht eingchen, weil die bezüglichen Verhandlungen noch schweben. Indessen kann ich versichern, daß der von ihm angeregte Gegenstand die ernsteste Aufmerk samkeit der Negierung in Anspruch nimmt (Bravo); daß Alles, waS von Preußen aus in dieser Beziehung geschehen ist, mit Ernst und Nachdruck geschehen ist, und daß wir ferner in dieser Sache allen Grund haben, mit dem gesammtcn Deutschland einig und fest vorgehen zu können. (Bravo von der äußersten Rechten.) Zu den Ministern, welche der Krone von Dänemark zur Bildung des Gesammtstaats gratulirt haben, gehöre ich meinerseits nicht." (Bravos Berlin. Die vorgeschlagene neue Häusersteuer ist von der zweiten Kammer mit großer Majorität verworfen, die Salzstcucr dagegen in dem ersten und wichtigsten Paragraphen mit 14 Stim men Majorität angenommen worden. Die Tonne Salz von 405 Psund steigt dadurch von 12 auf 15 Thaler. In Ler ersten Morgenstunde des 26. März hat auf der Thiiringen'schen Eisenbahn ein Verbrechen seltener Art sein Ziel — Lurch die Geistesgegenwart des Locomotivführers Neu mann — nicht erreicht. Zwischen Apolda und Sulza, in der Nähe der letzteren Stadt, bemerkte der Führer des von Halle kommenden Courierzuges dicht vor der Maschine, beleuchtet von deren Laternen, ein quer über die Bahn gelegtes Hinderniß, gab sofort das Zeichen zum Bremsen und setzte die Maschine in rück gängige Bewegung. Durch diese rasch entschlossene Maßregel wurde der Hauptstoß geschwächt, die ersten Näder der Locomo- tive setzten über das Hinderniß hinweg, die andern sprangen aus dem Geleise und arbeiteten sich etwas in den Boden, alle Wagen blieben jedoch auf den Schienen und unbeschädigt, auch wurde dabei Niemand verletzt. Das Hinderniß bestand in 4 auf das Fahrgcleise gelegten Eisenbahnschienen, von Lenen 2 quer und 2 der Länge nach darüber gelegt waren, offenbar in ruch loser Absicht. Durch den Telegraphen benachrichtigt, erschien bald Hilfe von Erfurt, mit derselben der Betriebsdirektor Ober-Bau- rath Mons, und nach 5stündigem angestrengten Arbeiten stand die Maschine wieder im Geleise. Die Behörde wird, dem Ver nehmen nach, eine große Belohnung auf die Entdeckuktg^ der Thäter setzen, die Eisenbahn-Direction aber dem Wackern Führer eine besondere Auszeichnung oder Prämie votlren. Oesterreich. Der Oesterr. Volksfreund, das Organ des Severiusvereins, giebt Einzelheiten aus einer Instruction, welche der Bischof von Leitmeritz über die Führung eines Brautfüh rungsprotokolls an die Pfarrer seines Sprengels erlassen hat. Viele glauben jedoch, daß dieselbe Instruction in ganz Oester reich zur Geltung gebracht sei.. Einige Notizen aus dem In halt dieses Aktenstücks werden das Aufsehen rechtfertigen, welches dasselbe gemacht hat. Eine unbescholtene Braut, und sei sie auch ein 16jähriges Mädchen und gehörte sie auch den bessern Ständen an, darf und soll danach von dem Pfarrer, z. B. in Gegenwart ihres Bräutigams, ihrer Aeltern und der Traungs- zeugen, gefragt werden: ob sie einer andern Person, außer ihrem Bräutigam, die Ehe versprochen? ob sie sich mit dem Bruder, Vater oder dem Vetter ihres Bräutigams fleischlich vergangen? ob sie mit ihrem Bräutigam, falls dieser Wittwer ist, bei Leb zeiten seiner ersten Frau einen Ehebruch begangen?" Dieselben Fragen an den Bräutigam zu stellen ist der Pfarrer berechtigt und verpflichtet. Braut und Bräutigam sollen nämlich am Schluß des Examens gefragt werden: „Können Sie alle diese Ihre Aussagen eidlich bekräftigen?" Die Trauungszeugen sollen gefragt werden: „Können Sie die eben jetzt vernommenen Aussagen der Brautleute als wahr und glaubwürdig bekräfti gen ? Können Sie diese alle Ihre Aussagen eidlich bekräftigen?" Es liegt darin eine offenbare Verkennung der Natur eines Trauungszeugen, aber diese Fragen sind auch ein juristischer Nonsens, denn sie begehren Aufklärungen, welche der Zeuge gar nicht geben kann. . , .. . Wien, 31. März. Der diesseitige sardinische Geschäfts träger, Marquis Cantono de Ceva, hat der soeben erschienenen „Oesterr. Corr." zufolge den Abbruch seiner diplomatischen Be- ! ziehungen gestern angezcigt und sich zu gleicher Zeit in Betreff Les ungestörten Verkehrs der sardinisch-österreichischen Untertha- ncn einverstanden erklärt. Bodenbach, 1. April. (D. A. Z.) Mit dem heute erfolg ten Eintritt Les neuen Fahrplanes auf der Dresden-Prager Eisenbahnstrecke ist auch insofern eine bequemere Einrichtung getroffen worden, als die von der franz.-österr. Eisenbahngesell schaft eingestellten neuen, eleganten Personenwagen von Boden bach bis Wien gehen, ohne auf dieser ganzen Strecke gewechselt ! zu werden. Ebenso gehen die Wagen der Ferdinandönordbahn > von Wien bis Bodenbach. Es fällt demnach der für die Rei- ' senden so unbequeme Wägenwechsel in Prag und Brünn ganz fort. Böhmen. Von dem evangelischen Pfarrer Karl Lumnitzer in Teplitz ist der „D. A. Z." ein Schreiben über die am 11. Febr. erfolgte Beerdigung des Pachtmüllers Schuffenhauer, sei ner Ehefrau und zwei ihrer Kinder, welche Genannten am 6. Febr. zu Georgensdorf in Böhmen verbrannten, zugegangen, wodurch frühere Mitthcilungen in ihrem wahren Sachverhältniß dargestellt werben. Hr. Lumnitzer schreibt: „Die bei dem Brande zu Geor- gcnsdorf am 6. Febr. Verunglückten konnten laut Einsprache des Leitmeritzer Bischoss auf dem römisch-katholischen Friedhof zu Georgensdorf zwar nicht mit Gesang, Rede, Gebet und Se gen beerdigt werden; indessen da aus dieser Angabe gefolgert werden könnte, daß die Verunglückten überhaupt ohne Sang ! und Klang hinansgetragen und eingescharrt worden seien, so muß ergänzend hinzugefügt werden, daß sich nebst dem evange lischen Pfarrer von Teplitz, wohin die Georgcnsdorfer evangeli schen Christen eingepfarrt sind, noch vier evangelische Geistliche aus dem benachbarten Sachsen, die Cantorei von Kämmerswalde und eine große Menschenmenge, Bewohner von Georgensdorf und aus den umliegenden böhmischen und sächsischen Ortschaften zum Begräbniß eingefunden hatten. Am Trauerhause, bezie hungsweise bei der stehengebliebenen Scheune, die zu dem ver brannten Hause gehörte, wurden evangelische Begräbnißgcsänge