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Von dieser Zeitschrift erscheint wöchentlich eine Nummer in Jm- Perial-Quart, welcher zu östcrm erläuternde Zeichnungen, Narten, Pläne und Ansichten beigegcben werden. Der AbonnemcntspreiS beträgt hier Orts drei Thaler für das Halbjahr, und nehmen alle Buchhandlungen, Postämter und ZeituugS - Expeditionen de« In- und Auslandes Bestellungen entgegen. Planmäßige Beiträge werden anständig honorirt und unter Adresse der Rcdaction oder, wen, Leipzig näher gelegen, durch Vermittelung des Herrn Buch händler Wilh. Engelmann da selbst erbeten. Eisenbahn - Leitung. 35. Draunl'chweig, 1. September. 1844 Memoire über die Nutzung der Belgischen Eisenbahnen. Einleitung. Wie auch der Titel dieses Memoire eine Special- Frage in Betreff der Belgischen Eisenbahnen anzu zeigen scheint, so leiden doch die allgemeinen Be trachtungen ebensowohl auf die Ausbeutung aller Eisenbahnen Anwendung; Specielles kommt nicht darin vor, außer den officiellen Zahlenangaben, welche als Beispiele dienen, und den einzelnen An wendungen, welche von der Lokalität abhängen. Die Eisenbahnen sind zur Personen-Beförde rung und zum Waaren-Transport bestimmt. Die bei diesen Verwendungsarten zu erfüllenden Bedingungen sind nicht dieselben: sie müssen frei lich so viel als möglich die Schnelligkeit mitder Wohl feilheit vereinigen, aber für die Personen-Beförde- rung ist die Schnelligkeit dieHauptbcdingung, wäh rend für den Transport die Wohlfeilheit daö we sentlichste Erforderniß ist. Ein Reisender erkennt wohl eine Eisenbahn für vollkommen an, indem er sagt: nurso viel Stunden bin ich nocb von der und der Stadt entfernt, wäh rend der Handelsmann diese Vollkommenheit mit den Worten anerkennt: meine Waare kostet nur so und so viel die Tonne von da und da her. Wenn der Reisende schnell von einer Stadt zur anderen kommen, seineGeschäfte abmachen und noch an demselben Tage wieder nach seinem Wohnsitze zurückkehren kann, so verschwindet in der That die Entfernung ganz für ihn, und die Ersparung eini ger Centimen kommt ihm nicht in Betracht. Der Handelsmann dagegen sicht jede Gelder sparung als sehr wesentlich an; die über alle Ma ßen vergrößerte Schnelligkeit ist ihm gleichgültig. Indessen wird die Zeit auch zu einem Element bei seinen Berechnungen, und man muß sorgfältig alle unnützen Verzögerungen zu vermeiden suchen. Dieses läßt sich in wenigen Worten zusammen- fasscn: der Reisende will Schnelligkeit, der Kauf mann Ersparung; oder, was auf dasselbe hinaus- n. l läuft, Jener mißt die Entfernungen nach Stunden, Dieser nach Franken. Diese Hauptunterscheidung darf man nie bei der Organisation des ganzen Geschäfts aus den Augen verlieren, welches sich ganz natürlich in zwei Theile scheidet: Besorgung der Reisenden und Waaren- Besorgung. Bei der ersteren muß man so viel als möglich den Verkehr zwischen den Städten befördern, man muß sowohl durch die Schnelligkeit des Laufes als durch die Pünktlichkeit der Correspondcnzen immer mehr Leben in die gegenseitigen Verbindungen bringen; mit einem Worte: man muß den Reisenden Zeit er sparen. Bei der letztem muß man die Schnelligkeit des Laufes vermindern, uni einen desto größern Theil der Dampfkrafl benutzen zu können, man muß in derselben Absicht die Fuhren zu vervollkommnen su chen, und an den Verbindungsstellen der Canäle, Flüsse und Heerstraßen dieNmladungcn erleichtern: mit einem Worte: man muß den Handeltreibenden Geld ersparen. Da diese Abhandlung hauptsächlich dazu bestimmt ist, die Frage von dem wohlfeilen Waarenlransport zu besprechen, so werden wir diese unter ihren wich tigsten Gesichtspunkten betrachten, und den finan- ciellen Standpunkt besonders berücksichtigen, damit man allen möglichen Gewinn aus den Eisenbahnen ziehen könne. Erstes Capitel. Von der Frage in Bezug auf Handel und Industrie. Handel und Industrie werden um so mehr Nutzen aus den Eisenbahnen ziehen, je wohlfeiler die Waa- rcn darauf transportirt werden; der Handelsver kehr auf ihnen würde von geringcrBedcutung sein, wenn sie fortfahrcn wollten, ebenso hohe Preise zu verlangen, wie die auf den gegenwärtig geltenden Tarifs; ihre Kundschaft würde sich die meiste Zeit über auf Waaren von höheren Preisen, so wie Co- lonialwaaren,Stoffe und andere Artikel, die für den inneren Verbrauch bestimmt sind, beschränken, weil crhöhcte Transportkosten immer nur eine geringe Veränderung an ihrem PreiseimGanzcnbewirken; während, was die Waaren betrifft, welche schwer in's Gewicht fallen und wenig inner» Werth ha ben, wie Steinkohlen, Steine, Marmor, Backsteine, Holz w., man sich nicht leicht dazu entschließen wird, sie auf einem thcurcn Wege zu versenden, weil ihr Werth, am Orte selbst ganz unbedeutend, durch die Transportkosten zu sehr gesteigert wird ; nur einige geringe Massen von diesen Waaren, welche ein drin gendes Bedürfniß fordert, werden allein und aus einem nicht sehr ausgedehnten Umkreise auf diese Straßen gebracht werden, der übrige Theil wird am Orte selbst bleiben, zum großen Nachtheil der Ausbeutungen, welche dadurch inS Stocken gera- then, und der Eisenbahnen, welche unbeschäftigt bleiben. Ein sehr wohlfeiler Transport dagegen vermehrt in erstaunlichem Maße den Verbrauch dieser schwe ren Stoffe, welche von so außerordentlicher Wichtig keit sind für die Baukunst, die andern Künste und die Industrie. Belgien besitzt sehr geschätzten Marmor, vorzüg liche Quader- und Schiefcrsteine und sehr reiche Steinkohlen-Gruben. Wenn die Stellen, wo diese werthvollen Materialien gcwonnenwerden, anstatt in einer bedeutenden Entfernung vom Meeresufer zu liegen, sich demselben sehr nahe befänden, wür den dann nicht offenbar die Schiffe, anstattmiteinem Ballast ohne Werth in See zu gehen, cs vorziehen, Ladungen von diesen schweren Stoffen einzunch- men, welche im Auslande einen ziemlich hohen Preis erlangen? Wenn nun die Transportkosten vermindert wer den, so hat dies, im Sinne des Handels zu reden, genau die Wirkung, daß die Entfernungen vermin dert werden. Es steht also in der Macht der Eisen bahnen, die Orte der Production den Küsten des OceanS näher zu bringen, und allen mit einem sol chen Zustande, welcher so vorthcilhaft sein würde, verknüpften Nutzen dem Lande zuzuwendcn. 1) Wir besitzen drei an Steinkohlen sehr reiche Gegenden, welche man durch die bedeutendsten Städte, MonS, Charleroi und Lüttich, welche un gefähr die Mittelpunkte davon bilden, bezeichnet.