Volltext Seite (XML)
bl, B--nno-Matt Seite 8 Seite S St Nummer 4Z — 27. Nayrgang Irl-eim «mal wScheil«. «lt den Musik. Or«ttedetl»g»n .Di, «»»' und .Für unlere Nein«,, Leute'. son»,e den re»«d«Uagen .«>. kenns^ilatt'. .llnierhaltun, und »iss«,'. .Di» Ke« der Ara»', .»lerililcher «a«,e»er-. .Del gut« Buch» .gllmrimb. ,chau'. Monatlicher ««„,»»»»», , «k. etnlLl. Bestellgeld. klu,eltt>mimer Iv ch. Lonnadend- u. Sonntagimninier SO ch. Haiiptichriltlelter! D». V. LeSezyk. Dreideir. ÄächMe Dienst-». »-» «- ..schliche- LH- volksseituns iSelchitft-ftell», Verlag, «ermanta.«..«. >a, «erlag mid Dnukerel. FUlal« Dregden, Dre»d«»>«. l, P°lierilrab»>7. FemniieiMS. «osilche-ki-nio Dresden E «a,,»«,»» »ta»td««' Dregden !>!r, «>7l« Für christliche Politik un» Kultur und 21012. Kriegs- und Frledensbündniffe Auch Staaten sind Gesellschaftswesen. Zwar hat es Zeiten gegeben, in denen ein Volk getrennt von den anderen ein selbständiges Dasein führen konnte, aber heute sind sie alle wirtschaftlich und menschlich so eng miteinander verknüpft, dasi keines ohne das andere zu leben vermag. Es täte not, einen Ueberstaat zu schassen, mit einem höchsten Richter, denn Nationen sind nicht besser als Einzelwesen und brauchen ein Gesetz, dos sie nötigenfalls in die Schranken znrücklveist. Aber noch befinden sich die Völker als Sammel- ivese,, wenig über dem Zustand der primitivsten Wilden. Versuche gab es genug. Von jenen ersten Weltreichen des Ailgustus und Dschingis Khan, welche alle Nationen der damals bekannten Welt zu umfassen suchten, bis zu seaeil demokratischen Bündnissen, welche in unserem Zeit alter grosie Teile der Welt um den Haag, um Genf, um Washington gruppierten. Dem Ideal des Richtertums am nächsten kam einmal der Heilige Stuhl, welcher bis um die Wende der neuen Zeit die grossen Streitfragen des Abend, landes löste, bis ein Rückfall in die Vielgötterei des I Nationalismus die glücklichen Ansätze zunichte machte. Mit profanen Mitteln mutz seitdem die Welt nach Gemein- schastsformen suchen, welche den Krieg aller gegen alle be seitigen, und auf den Krücken eines Plato und Kant sich einem Ziel entgegenstreben, welches Christi Schüler Augustin bereits vor Augen sah. Der Staatslehrer trat an i die Stelle des Weisen, der Diplomat verdrängte den I Priester. Die Diplomatie ist die alltägliche Umgangsform ser Staaten, solange Gemeinsamkeit der Interessen dis l Gegnerschaft überwiegt. So oft sich aber Habgier und ver- I letzte Eitelkeit entzünden, fallen diese Primitiven über- I einander her und morden sich nach bestem Können und ! Gewissen. Gibt es doch kein Gesetz, welches das Blut« I vergießen zwischen Völkern verbietet, wohl aber zahlreiche s Hausgötter, die es befehlen. Der Totemismus feiert Orgien, während sich die Völker zerfleischen. Die Ueber- lebende» aber schließen wieder Frieden, weil sonst das Dasein eine Hölle wäre. „Nie wieder Krieg", stammeln dis Soldaten, dis zermürbt in die Heimat wiederkehren. psia bellum" — verkünden die anderen und gießen Geschütze für den nächsten Krieg. Das leidvolle Kriegs, gcschlecht stirbt aus. ein neues, kriegsfreudiges wächst heran. Das alles ist nicht neu, aber wichtig genug, um es aufs neue zu sagen. Der Wunsch nach Sicherheit wächst gegenüber dieser steten Bedrohung. Daher nach jedem Krieg der Drang nach der Organisierung, daher der größte Drang zum Ueberstaat nach dem größten aller Kriege. Die Genfer Schöpfung blieb unvollkommen, Eegenorganisationeu machten sich breit, die Arbeitsfähigkeit des Genfer Bundes wurde durch Vorbehalte der Nationen beeinträchtigt. Groß-Amerika, Eroß-Europa wurden erdacht, nicht verwirklicht. Es bedeutete die zweite Lebensstufe der Primitiven: Ersten Zusammenschluß der Siaatsorganismen zu lockeren Gefügen. Aber noch keine Uebergemeinschaft, noch keine Brücke von Bund zu Bund, noch Zerwürfnisse inner- wie außerhalb der Bindungen. Wer seine Sicherheit oder seine Schätze bedroht sieht, schützt sein Haus. Je gefährlicher die Waffen und Werk zeuge des Einbrechers, um so stärkeren Schutzes bedarf man. Die Technik wuchs, also wuchsen auch die S ch u tz m i t t e l. Wie aber, wenn man die Werkzeuge sammelte und in die See versenkte, dort, wo sie am tiefsten ist? Bekanntlich versuchte man das bei einem angeblich besonders Schul digen. Dennoch neue Schutzmaßnahmen, stärkere Tresore. Erregt man nicht den Verdacht, in diesen gefährlicher« Werkzeuge aufzubewahren, als sie jemals der andere besaß? Warum ahmt man nicht das Beispiel nach und opfert sein Gerät auf dem Altar der Sicherheit, welche der Genius jedes geordneten Staatswesens ist? Die Nationen haben den Wunsch, bei Angriffen nicht allein zu stehen, sie verbünden sich zu gemeinsamer Abwehr. Wie aber, wenn diese Bürgerwehr eines Nachts Gelüst« auf des Nachbars Habe bekommt und aus der Schuhwehr eine Trutzwehr wird? Welches Bündnis birgt bei der Natur der Menschen die Gewähr, nur passiv, nicht auch aktiv in Funktion zu treten? Und wenn man es noch so beredt betont, daß man mit dem Freund auf dem Balkan oder am Karibischen Meer nur zum Schutz in ein Waffen bündnis tritt, wer versichert uns, daß nicht die Verbündeten morgen in geschloffener Phalanx gegen jeden einzelnen rück»,,, der es versäumte, sich rechtzeitig nach Helfern um- Riehen? Durch diese Sonderbünde wird der Geist des Ileberstaates nicht vorbereitet oder gar erfüllt, sondern zerstört, denn wie sollte man seinem Zerfall steuern, wenn die waffenstarrenden Lagerwidereinander aufstehen? Das weltliche Richteramt Roms erlosch, aber man hat den Geist der christlichen Staatslehre in eine profane hinfi^»r«">''nftet. Man bat Normen d-'s Leiter rechts aufgestellt, auf welche sich ein Staat in normalen Zeitläufen willig zum eigenen Nutzen festlegt. >A ^Wie aber, wenn „die nationale Ehre oder nationale ff W Lebensfragen" berührt werden! Niemand wird behaupten. ^ W ui, die Ehre einer Nation eine ckimäre lei. denn eine Nach -er Entscheidung Die Sonnabend-Sitzung des Reichstages die nur kurz war,hat oas politische Ergebnis der Verhandlungen der letzten Tage klar herausgestellt. Das Notprograinm der Neichsregierung ist zunächst gesichert. Keine der großen politischen Parteien hat im gegenwärtigen Augenblick die Verantwortung dafür tragen wollen, daß dringende gesetzgebe rische Aufgaben unerledigt blieben. Von den ehemaligen Koalitionsparteie» haben sich das Zentrum und die Baye rische Volkspartei von Anfang an hinter das Not programm der Reichsregierung gestellt. Schließlich sind auch die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei, sei es beeinflußt durch das erneute Eingreifen des Reichspräsidenten, sei es ver anlaßt durch einig« Zugeständnisse, die noch von seiten der Reichs- regierung gegenüber den Kleinrentnern und der Landwirtschaft gemacht wurden, in die Linie des Arbeitsprogramms ein- geschwenkt. Die Sozialdemokraten haben aus be greiflicher Rücksicht auf spätere Entwicklungen kein Interesse dar an. daß der Etat aufgeschoben wird. Deshalb dürsten sie wohl ernsthaste Schwierigkeiten beim Etat nicht machen. Aehn lich steht es mit de» Demokraten, die gleichfalls damit rechnen, daß ihre Oppositionsstellung nicht ewig währt. Ist infolgedessen für den E t a t eine immerhin aussichts reiche Basis vorhanden, so hat die Opposition sich dem Notprogramm gegenüber zwar grundsätzlich freund l i ch eingestellt, in den Einzelheiten sich aber doch frei« Hand Vorbehalten. Trotz alledem hat die Regierung das Hauptziel erreicht: sie hat ihren sofortigen Auseinandcrsall ver hütet und dadurch verhindert, daß wichtige Arbeiten liegen bleiben. Nunmehr kann sie die gesetzgeberischen Aufräumungs- arbeiten wunschgemäß dem Reichstag unterbreiten. Erleich tert wird ihre Aufgabe wesentlich dadurch, daß es sich um Ge setze handelt, die notwendig verabschiedet werden müssen, und über deren Bedeutung sich keine Partei im Zweifel ist. E r - schwert kann die Lage dadurch werden, daß der inrlner näher- rückende Wahltermin schließlich doch noch auf die Stimmung der Parteien abfärbt und die Disziplin erheblich stört, die für di« Erledigung des Notprogramms erste Voraussetzung ist. Was also jetzt noch übrig bleibt, ist der Appell und die Mahnung an die Parteien, daß sie auch ohne besondere formelle Bindung die ruhige und sachliche Verhandlungsführung im Reichstage in keinem Augenblick außer acht lassen. Die Neichsregierung wird bei Mederzusammentn'n ocs Reichstags — das ist am 27. Februar — ihr Notprogramm mit einer besonderen Erklärung im Plenum einbringen. Sie hat bis dahin Zeit, ihre Vorbereitungen in allen Einzelheiten sorg- k»ttia in treffen. Das Zentrum wird in der DeDatt« vom Vorsitzenden der Fraktion, dem Abg. v. Du-rard vertreten werden. In der Hauptsache haben wir den Inhalt der von der Reichsregierung vorgesehenen Maßnahmen bereits mitgetetlt. Die im Laufe des heutigen Tages eingesügten Ergänzun gen beziehen sich auf sämtliche Teile des Programms. Für d>. kleinen Liquidationsgeschädigten soll die Grenz« von -1000 auf -1500 Mark heraufgesetzt, und die Großgeschadigten. die um de» Wiederaufbau im Ausland« bemüht sind, günstiger gestellt werden. Der soziale Fonds wird um 10 Millionen, also von IS aus 2S Miktionen, zugunsten der Kleinrentn-rfllr- jorge erhöht und schließlich werden den 20 Millionen, die den Kreditsonds für die landwirtschaftlichen Genoffenschastcn bilden sollen, noch S Millionen hinzugefügt. Der Neichsfinanzmimster glaubt di« Mehrbelastung dadurch tragen zu können, daß ge wisse Einsparungen bei den Ktaisberatungen vorge- »ominen werden. Der Plenarverhandlung des Reichstages sind natürlich nog Besprechungen unter den Parteiführern vor- ausgegangcn. Zunächst tagten Regierungsparteien und Oppo sitionsparteien i» g e in e i n s a in e r Besprechung. Außerdem mnd eine Unterredung zwischen dem Zentrumsabgeordneten o. Guörard und dem Vorsitzenden der sozialdemokratischen Fraktion. Hermann Müller, statt. Die So' aldemo- kraten haben gewiss« Bedenken gegen einige Punkte des Agrarprogramms. Die Bedenken betreffen die Abmachungen über die Einfuhrbeschränkungen für Gesrierflcisch und den Veterinärschutz. Die Demokraten haben ihre Stellung in einem Beschluss« festgelegt, in dem gesagt wird, daß die Fraktion bereit sei, an der Erledigung des Arbeitsprogramms bis zum 1. April mitzuarbeiten. Die Demokraten wollen keine Ag-itationsaniräge stellen, behalten sich aber vor, sachliche V-lbesserungen zu bean- tragen. Die Reichsregierung hat nunmehr freie Bahn für die Durchführung des Notprogramms und für die Erledigung des Etats. Sie muß die ihr verbliebene kurze Spanne Zeit klug benutzen. Die Möglichkeit der Durchführung des Notprogramms ist gegeben, wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß der Weg Klippen uird Sandbänke enthält. Will die Negierung das Ne gierungsschiff, das durch die Sprengung der Koalition bereits leck geworden ist. noch mit der wertvollen Ladung, die gelöscht werden muß. in den sicheren Hafen bringen, dann darf sie das Steuer "icht aus der Hand lasten und muß den Kurs geraden Wegs folgen. Sicher ist.es schwer, mit gebrochenem Mast zu segeln. Wenn aber zum klaren Ziel ein fester Wille kommt, ist Aus sicht da, daß das Werk gelingt. Am Ende steht der Appell an das deutsche Nnlk materielle Gemeinschaft ohne idealen Zusammenhalt har keine Lebenskrast. Aber die Anbetung des Volkstums hat die Rationen mimosenhaft empfindsam gemacht gegen jede wirkliche oder vermeintliche Verletzung des Prestiges. Hundertmal sind Kriege um nichtiger Ursachen willen vom Zaun gebrochen worden, nur weil eine sogenannte Etikettenfrage verletzt war oder weil ein unglückseliger Zwischenfall eintrat. Gewiß darf eine Nation weniger als ein einzelner ihre persönlichen Interessen hinter denen anderer Nationen zurückstellen, und oft sind wirtschaftliche oder politische Momente stark genug, um einen Krieg dem gesamten Volke als einzigen und letzten Ausweg erscheinen zu lasten. Aber hier irrt die Volksstimme, denn fast immer vernichtet der Krieg auch dem Sieger mehr Werte, als er, selbst bei dem schlechtesten Kompromiß, verloren hätte. Tiefgreifende Wirtschaftskämpfe werden innerhalb einer Nation durch Schiedssprüche beigelegt, selbst politische Zwiste ernster Natur haben oft durch sie eine Regelung erfahren, warum sollte der Kompromiß nicht die Regel im Völkerlebe» werden? Schiedsverträge gewinnen in dem Maße steigende Bedeutizng, wie die Reibungsflächen sich vermehren und das Bedürfnis nach genereller Regelung rller Zwischenfälle sich steigert. Unlängst hat Nordamerika nacheinander mehreren europäischen Großmächten Schieds- pakte angeboten: Diese Paktewollenundkönnen den Krieg nicht ächten, aber ihm entgegen arbeiten. sie wollen auch Lebensfragen einer Nation zum Schiedsobjekt machen und einen Richter auch über Staaten anerkennen, die nicht zum gleichen Bundessystem gehören. Freilich dürfen Streitfälle nicht die Befugniste der beiden Völkergemeinschaften berühren, die Monroe- doktrin und die Genfer Konventionen dürfen nicht verletzt werden. So nachahmenswert sie daher iiz ihxer Tendenz sind, so begrenzt brauchbar bleiben sie vorläufig für ernsie Streitfragen. Was nützt ein Schiedsspruch, wenn sich der Betroffene hinter seinen Sonderpakten verstecken kann, was ein Slbiedsvertraa. wenn es nicht zu einem Spruche kommt? Trutzbündniste und Schiedsverträge verhalten gey zu einander wie Feuer und Wasser, verfolgen sie doch ent gegengesetzt« Zwecke, wenn auch teilweise mit gleichen Mitteln. Leider mästen wir zugestehen, daß sich Militär bündnisse bisher mehr als Schiedsverträoe bewährt:'n. haben doch jene fast alle ihren Zweck, nämlich den Krieg, erreicht, während diese nicht immer ihr Ziel, den Frieden, sichern konnten. Im Oberhaus hat in diesen Tagen Lord Lecil ausgeführt, daß der psychologische Moment für die Ausgestaltung des Schieds- und Vertragssystems langsam entschwinde, während mit erschreckender Schnelligkeit die Vorkriegsatmosphäre wiederkehrt. Wer die Augen nicht zuschlieht, muß ihm recht geben, finde» wir doch heute alles wieder, was uns in dem Bilde der Jahrhundertwende erschreckt, waffenstarrende Flotten und Armeen, eine mit Ha' geladene Weltatmosvhäre und «in bis zum Bersten belastetes interkontinentales Bündnis- und Antibiindnis- system. „tlistoria non kacit saltus ', gewiß, und es wäre zu viel verlangt, einen Vrimitiven über Nacht zu einem Ge- jelffchaftswesen umzuschassen. Aber sollte es der ver einigten Anstrengung der Diplomaten, Philosophen und Staatsmänner nicht gelingen, wenigstens einen Teil jenes überstaatlichen Friedenssmteins zu verwirklichen, das nach den bitteren Erfahrungen des Weltkrieges den besseren der Zertgenosten vor Augen schwebte? Noch ist vielleicht Augenblick nicht verpaßt, um dem militärtschen stell«!n"*^E ^ friedliche Schiedslystein entgegenzH