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» M 17S Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom- I mm und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle I OO « oder deren Raum 15 Pf. I. Erscheint jeden Wochmtag Nachmitt. '/,S Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., zweimonatlich 1M. SO Pf. und einmonatlich 7S Pf. Jahr,-»,. — Freitag, den 5. August Allianz, welche nicht nur dem Weltfrieden, sondern auch dem Ansehen Italiens und seiner Stellung als Mittelmeer- Macht unendlich förderlich war. Ihm ist es allein, zu ver danken, daß Italien nicht für die abenteuerliche Kolonial- Politik, mit welcher Mancini die von Frankreich in Tunis errungenen Vorcheile wett machen wollte, schwer zu büßen batte, daß aber auch die für den französischen Freistaat schwärmenden Pentarchisten Italien nicht der konservativen Friedenspolitik Deutschlands und Oesterreich-UngarnS ab wendig machten. Ohne der Einheit seines Vaterlandes das Geringste zu vergeben, oder dem Papstthum Aussicht auf daS kleinste Stück weltlicher Herrschaft zu macken, arbeitete er doch einem friedlichen Berhältniß zwischen dem Vatikan und dem Quirinal vor, daS nur neuerdmaS wieder schein bar durch die Briefe des Papstes an dm Aardinal-StaatS- sekretär Rampolla beeinträchtigt wurde. Als Minister des Innern hat sich der mehr nach links stehend« StaatS- mann Crispi noch bei Lebzeiten DepretiS' beeüt, dm Klett kaliSmuS in seine Schranken zurückzuweisr«. Sollte er, wie dies wahrscheinlich ist, jetzt an die Spche deS Kabinett treten, so würde er diesm antiklerikalen Standpunkt wohl noch schärfer vertreten. Dagegen versichern alle ihm »ahe- stehenden italienischen Blätter, u. A. auch die „Riforma", daß Crispi keine Veränderung weder nach außen noch »ach innen wünsche. Die „National-Ztg." girbt der in Berlin vorherrschenden Ansicht Ausdruck, wenn sie schreibt: »Die vorläufige Uebernahme deS italienischen Ministeriums deS Auswärtigen durch Crispi ist nach der Auffassung der hiesigen politischen Kreise nicht geeignet^ das ausgezeichnet« Berhältniß Deutschlands zu Italien irgendwie nachtheilig zu berühren. Sollte Crispi die Leitung oieseS Ministeriums endgiltig übernehmen, so würde er, wie man diesseits zuver sichtlich annimmt, lediglich die Politik seiner beiden Vor gänger fortsctzen. Diese Politik entspricht so vollständig den wahren Interessen Italiens, dessen europäischer Stellung, daß sie überhaupt auf absehbare Zeit von jedem Personen wechsel im Kabinet unabhängig bleiben dürste." In Italien weiß man den Werth der von DepretiS derart gefestigten Friedenspolitik wohl zu schätzen. Die größeren italienischen Städte bekundet« bei seinem Hin scheiden ihr Beileid in hervorragendster Weise; besonders würdigte der Gemeinderath von Rom die Verdienste des Dahingeschiedenen durch Bewilligung von 100 OOO Lire für Errichtung eines Denkmals für DepretiS, durch Benennung einer Straße nach diesem weisen Staatsmann u. A. m. Man erkennt seine Größe an, wmn sie auch nicht durch glänzende Thaten sofort begeisternd wirkte. Nicht aus jedem Holze schnitzt man einen Helden, und doch wird der Alte mit seinem wallenden weißen Bart allen italienischen Patriot« unvergeßlich sein. Treffend hat man DepretiS mit dem edlen Lasrtiaden, dem erfindungsreichen Odysseus verglichen, denn dem Parteigetriebe gegenüber war auch er von uner schöpflicher List und Verschlagenheit; auch er lenkte das Staatsschiff mit großer Klugheit zwischen Scylla und Charybois glücklich hindurch, wenn auch dabei einige seiner Minister-Genossen verschlungen wurden. Wie Odysseus war ihm eine lange Wanderung auferlegt, während die über- müthigen Freier daS Gut feines Vaterlandes verschwendeten, und wie der Held von Ithaka landete er aber auch jetzt friedlich schlummernd im ewigen Heimathland, sein von ihm so aufrichtig geliebtes irdisches Vaterland anscheinend im gesicherten Wohlstand und in schöner Wohlfahrt zurück- lassend. Tagesschau. Freiberg, den 4. August. DeS Regms wegen unterließ der deutsch« Kaiser w Gastein am Dienstag Abend die gewohnte Spazierfahrt und gestern früh die Promenade. Im Laufe des gestrigen Vor mittags nahm der Monarch einige Vorträge entgegen. Kaiser Wilhelm richtete an dm General der Infanterie, Grafen von Blumenthal in Magdeburg folgendes Kabinetsschreiben: „Ich spreche Ihnen zum 30. diese- Monat- — dem Tage, an welchem vor 60 Jahrm Ihre an hohen Verbimsten und Ehren so reiche Dienstzeit begann — meine wärmsten und herzlichsten Glückwünsche aus und wünsche, daß mein beifol gendes Bild Ihnen noch recht lange und demnächst Ihren späteren Nachkommen vor Augen stellen möge, wie Ihr König Ihres hervorragenden Antheils an drei ruhmvoll« Kriegen und Ihrer sür alle Zeit« auf den Ehrmtafeln der Armee verzeichneten Dienste jederzeit mit wärmsten Dank und hoher Anerkennung eingedenk gewesen ist. So lange Gottes Will« rm» noch beisammen läßt, immer Ihr dankbarer König Wil helm " — Der Verein für evangelische Mission in Kamerun hat neuerdings ein Schreiben d«S Auswärtigen Amte» in Berlin erhalten, laut welchem der Kaiser mit Interesse von dem anerkenuenSwerthen Zwecke deS Verein- Keuntutß gr- uommen und zur Unterstützung der Bestrebung« desselben be stimmt hat, daß dem Vereint behufs Förderung d«S Mission-- werke« in Kamerun ein einmaliger Betttag von 3000 M. gewährt werde. — Wie der .Reich-anzrtger" meldet, ernannte der Kaiser zum Präsidenten des Kuratorium- der physikalisch- technisch« Retch-anstalt dm Seh. Oberregierung-rath Wey mann, zu Mitgliedern de« Kuratoriums dm Oberst Schreiber, dm Kapitän zur See Mensing, dm Geh. Oberpostrath Maß mann, die Professoren Förster, Helmholtz, Laudott, Bezold, Palzow und Helmert, dm Geh. RegterungSrath Siemen-, die Optiker Fueß und Bamberg, sämmtltch in Berlin, di« Professoren Neumayer ^Hamburg), Clausius (Bonn), Kohlrausch (Würzburg), Seeliger (Münch«), Zeuner (Dresden), Dietrich (Stuttgart), Sra-Hof (Karlsruhe), Abb« (Ima), Kuudt (Straß burg), sowie di« Optiker Steinheil (München) und Rep-old (Hamburg). — Dir Berliner Universität beging gestern Mittag ihr Stiftung-fest in Anwesenheit der Minister v. Goßler u»d v Scholz. Rektor Prof. Wahl« hielt die Festrede über die GründnngSzeit der Universität und dm Seist, au- dem dieselbe hervorging. — In Münch« traf gestern früh Prinz Wilhelm von Preußen ein; derselbe frühstückte mit dem Herzog von Loburg am dortig« Bahnhof« und reiste dann mit demselben «ach Dämm» zur GebttgSjagd ab. — Au« Pofen berichtet «an, daß infolge de» vielbesprochenen russisch« lUaseS vom SS. Mtttz viele deutsche Staatsbürger, welche in dm Fabriken, Hüttenwerken und ander« Unternehmungen in Pol« und ander« westlich« Gouvernement- Rußland» angestellt find, um ihre Ausnahme in dm russisch« StaatSverbaud uachsuchtm. Die deutsch« Behörde» wurdm dem Vernehm« nach augewies«, dm be« treffenden Geschäftsleuten hierbei so wett als thunlich Vor schub zu leisten, ihn« aber zugleich mttzutheilm, daß die deutsche Regierung sie Im Verlauf von zehn Jahrm ohne Weitere» wieder in dm deutschen Staat-Verband aufuehmm würde, wenn die» dm Betreffenden nöthig oder wünschw-werth erschein« sollte. — lieber ein« Gewaltstreich der französisch« Regierung berichtet die „Straßburger Post": Die seit sechs Jahren in Embermenil bei Luneville bestehende Pappeufabrik von Gebrüder Weisbach, welche vor einigen Wochen in der französischen Hetzpreffe als eine deutsche denuoztrt wurde, wurde durch Dekret deS Präfekt« Schnerb von Nancy plötz lich geschloffen. Die Firmen-Juhab« sind auf das Empfind lichste geschädigt, über 100 Arbeiter, deutscher und französischer Nationalität, brotlos und dem Elmd prei-grgeben. Weisbach hat bei der Gründung der Fabrik allen gesetzlichen Anforde rungen genügt, seitdem mit dm französischen Lokalbehördm stets ausS Friedlichste gelebt und ist in der ganzen Gegend geachtet, sodaß die Maßregel offenbar kein« persönllchm Charakter trägt, sondern nur der Hetzpreffe zu Liebe al» ein Schlag gegen Deutsche verfügt wurde. — Sicherem Vernehme» nach ist in den letzten Tag« außer dem Ftnanzmintster von Scholz auch der frühere italienische Minister de« Auswärtig«, Graf Robilaut, bei dem deutsch« Reichskanzler in Varzin ge wesen. Da» österreichische Regierungsblatt „Wiener Abend- post" schreibt: „Se. K. K. Hoheit der durchlauchtigste Herr Feld marschall Erzherzog Albrecht begeht am 3. d. M. in der Weilburg bei Badm im mgstm Famittenkreise höchstsetn siebzigste- Geburt-fest. Wiewohl der hohe Jubilar, getreu der Schlicht heit seine- ganz« Wesen-, dies» denkwürdigen Tag in stiller Zurückgezogenheit verbringen will, werden doch in alle» Theilm de- Reiches Tausende und Abertausende treuer österreichischer Herzen freudig au der seltenen Feier thril- »rhmm uod mit patriotischem Stolze deS erlaucht« Prinzen gedenken, höchstwelcher die Fahnen Oesterreich-Ungarn- mit unvergänglichen Lorbeeren geschmückt und jederzeit als Muster von mUiMischen und bürgerlichen Tugendm allen Anderen vorangelruchtet hat. Ueberall werden fromme Gebete zum Himmel emporsteigm, damit der allgütige Schöpfer dem ruhm- gekrönt« Heldenmarschall noch edr langes Leben schenke, zum Heile Oesterreich-UngarnS, seiner tapferen Armee und seiner treuen Völker." — Das ministerielle „Wiener Frem- denblatt" erfährt von gut unterrichteter Seite, Prinz Ferdinand von Koburg sei nicht nach Bulgari« abgerrist, auch sei der bulgarische Staatsmann Natschewitsch noch tu Wien nnd werde noch mehrere Tage daselbst verweil«. Sämmtliche italienischen Minister, ferner der Bürger meister von Rom, sowie eine Anzahl von Deputationen sind Dienttag Abend nach Stradella abgereist, um dem heute dort Der Atte von Stradella. An diesem Donnerstag schließt sich in dem kleinen italie- mschm Otte Stradella die Gruft über einen der verdientesten Patrioten Italiens, dm Ministerpräsidenten Agostino DepretiS, der in seinem Geburtsorte im fünfundsiebzig- sten Lebensjahre am vergangenen Freitag sanft entschlummerte. Ganz Italien betrauert dm Mann, der wiederholt in stürmischen Momenten an daS Steuerruder dieses Staates berufen wurde und das Schiff stets durch Sturm und Klippen mit unvergleichlicher Klugheit zu lmkm wußte, aber seine Landsleute werd« doch wohl erst später ganz der Größe ihres jetzigen Verlustes bewußt werden, wenn sein Nachfolger Crispi gezwungen sein wird, sein» Platz inmitten wild streitender Patterm zu behaupten. Gelingt dies Crispi, so dankt er es dm vollzogenen Thatsachen, welche sein greiser Vorgänger DepretiS geschaffen, der ihm sowohl in der inneren wie in der auswärtigen Politik Italiens die Pfade derart ebnete, daß es für ihn wie für das Laud aestihrlich wäre, davon irgend abzuweichen. DaS Werk des Üugm Alt« von Stradella, der in elf Jahrm acht Mal berufen war, das italienische Kabinet neu zu bilden, wird ihn sicher überleb«, denn jeder besonnene Politiker in Italien wird sich sagen, daß daS Zweckmäßigkeits-System deS jetzt Dahin geschiedenen sich glänzend bewährte, daß es keinen anderen Weg gab, das Land im Innern und nach außen zu befestig«. Was der geniale Architekt Cavour kühn entworfen, daS hat der praktische Baumeister DepretiS mit feiner Berechnung derart auSgefühtt, daß es jedem Sturm Trotz zu bieten vermag. Eine solche kluge Arbeit erweckt freilich niemals eine stürmische Begeisterung, aber die glückliche Lage, in der DepretiS sein Vaterland zurück läßt, beweist, daß das Letztere dem Verstarb«« Großes schuldet, daß Jtalim nach Cavours Tode nicht mehr eines kühnen bahnbrechenden, sondern einer zähm und ausdauem- dm LeüerS bedurfte und denselben in DepretiS gesund« hat. Zähe, ja unverwüstlich erschien stets der Alte von Stradella. dessm Lebensgeschichte mit derjenigen seines Landes immer innig verbunden war, der unter Cavour, Ricasoli und Rattazü die gründlichsten diplomatischen Stu dien machte, mit Garibaldi viele Jahre in engem Freund- schastsbündniß stand, nach und nach die einflußreichen Staatsmänner Minghetti, Cairoli und Nicotera bemeisterte und schließlich sein« bedeutendsten Gegner Crispi zu über red« wußte, sich mit ihm zu gemeinsamer patriotischer Arbeit zu verbinden. Wmn ihm dies Letztere gelang, so geschah dies, weil er dem Parteiwesen gründlich abhold war und als echter Opportunist nur Realpolitik trieb. Mit Unrecht sprach« ihm aber seine Feinde alle Grundsätze ab, denn alle seine Bestrebungen galt« der Einheit und Größe seines Vaterlandes, dem er mit ganzem Herzen ergeben war, wenn er sich auch niemals auf Prinzipien versteifte oder in glühenden Ueberschwänglichkeiten verlor. Mit kühlem Kopf strebte DepretiS stets nur dem Erreichbar« nach und diese staatsmännische Beschränkung ermöglichte es ihm, nicht nur die Schäden auszubessern, welche die maßlose Jrredenta auf dem Gebiete der auswärtigen Politik anrichtete, sondern auch diejenigen Fehler, welche die Minister Mancini und Robilant verschuldet«. Mit Unrecht warf man ihm Cha rakterlosigkeit vor; er war und blieb gemäßigt freisinnig, aber nicht im Rahm« einer eng« Pattei, vielmehr be zeichnete er es als Pflicht der Regierung, das Beste der Gesammthest stets im Auge zu behalten und ohne Rücksicht auf Pattei - Unterschiede die Mitwirkung aller ehrenhaften und wohlmeinenden Männer anzunehmen. Das von DepretiS im Jahre 1882 von Stradella aus verkündigte Programm des „Transformismus", durch welches die alt« Partei- form« bei Teste geschoben wurden, ist von der Mehrheit des italienischen Volkes vollständig gewürdigt und gebilligt worden. DepretiS gelangte dadurch glücklich dahrn, die Monarchie zu befestigen, die Jrredenta und den Republi- kamsmuS machtlos zu machen und die gemäßigten Elemente von rechts und links zu einer freundlich« Verständigung zu bringen. Der praktisch« Politik, welche Agostino DepretiS trieb, verdankt Jtali« die Aufhebung des Zwang-kourses, die Wahlreform, dm Ausbau des Eisenbahnnetzes, die gründ liche Reform der Finanz«, besonders aber das innige Einverständniß mit dm meisten Großmächten. Er ver anlaßte den König Humbert vor sechs Jahrm zu der Reise nach Wien und vermittelte dm Anschluß Italiens an die mitteleuropäischen Mächte, jene von den Irreden tisten wie von den Pentarchisten vergeblich bekämpfte Tripel- und Tageblatt. Amtsblatt für die königliche« md städtische« Behörde« z« Freiberg «ad Brimd. Bersntvortlicher Redskt«! Juli»« vrsu» i» Freiberg