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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896020802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-02
- Tag 1896-02-08
-
Monat
1896-02
-
Jahr
1896
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Aus seiner Mittheilung geht hervor, daß in Fachkreisen die Frage einer stärkeren Vermehrung der Flotte schon seit längerer Zeit erwogen worden und also nicht erst neuerdings aufgeraucht ist. Zum vollständigen Ab schluß sind diese Erwägungen allerdings noch nicht ge kommen, eine Vorlage ist daher im Lause der gegen wärtigen Session nicht ;u erwarten. Noch nicht einmal so weit ist die Sache gediehen, daß der Plan den verbündeten Regierungen hätte unterbreitet werden können. Sobald er ihre Zustimmung — an der es nicht fehlen wird — erhalten hat, wird er dem Reichstage in einer Form, „welche volle Klarheit gewährt sowohl über die Bcdürfnißfrage und die angcstrebten Ziele, wie über die finanziellen Mittel, die für die Gegenwart und die Zukunft an einmaligen und fort dauernden Ausgaben erfordert würden", also in Begleitung einer eingebendcn Denkschrift, zugehen. Besonders handelt es sich bei diesem Plane um eine Vermehrung au Kreuze rn, deren Unzulänglichkeit sich immer mehr und im letzten Zahrc am einleuchtendsten herausgestellt hat. Das Bedürfnis; dieser Vermehrung wird mit dem Anwachsen der deutschen über seeischen Interessen und deren Schutz begründet; eS wird ferner auf die Nothwendigkeit einer Sicherung der deutschen Evlonien und auf die Erhaltung und Befestigung der deutschen Autorität daselbst hingewiesen. Auf das Bestimmteste stellte der Staats- secretair in Abrede, daß eine Aenderung der deutschen aus wärtigen Politik beabsichtigt sei und aus den Plan cingewirkt habe, der lediglich dem Bestreben entspringe, die deutsche Flotte auf gleicher Stufe mit der Zunahme unserer über seeischen Interessen zu erhalten. Eine auf solche Weise be gründete und in solchen Grenzen sich haltende Vorlage wird als „uferloser Plan" von keinem Vernünftigen bezeichnet werden können; die Mittheilungen des Slaatssccretairs werden daher wohl die Gerüchte verstummen machen, die Len verbündeten Negierungen oder jenen Kreisen, in deren Händen die weitere Ausgestaltung des Projectes vorläufig noch liegt, solche Pläne unterschieben. Auch ist zu hoffen, daß die gestern in der Budgetcommission gegebene Aufklärung jenen Treibereien ein Ende bereitet, die dadurch, daß sie den Kaiser als Protector weitergehcnder Projectc hinstellcn, unter seinen Rathen Spaltungen hervorzurufen suchen, die das Fischen im Trüben gestatten würden. Leider hat freilich die Debatte, die an die Mittheilungen des Staatssecretairs sich knüpfte, auch gezeigt, daß selbst der besonnenste Plan Gegner hat. Es ist daher dringend zu wünschen, daß die Freunde einer mit der Zunahme unserer überseeischen Inter essen wachsenden Flotte »n dem Bestreben nicht erlahmen, die Erkenntniß der Nothwendigkeit eines solchen WachsthumS in immer weitere Kreise zu tragen und der zu erwartenden Vorlage einen günstigen Boden im deutschen Volke zu bereiten Die Getret-cpreise haben in diesem Jahre ihre Auf wärtsbewegung frühzeitiger angetreten, als im vorigen, und schon zu Beginn des Februar dieselbe, unseren einheimischen Productionsbedingungen leidlich angenmessene Höhe erreicht, «ie es int Vorjahr erst Anfangs Mai der Fall war. Die Steigerung wäre noch weiter fortgeschritten, wenn die Firmen dcö nordamerikanischeu Westens nicht überraschender Weise mit starken Zufuhren an den Markt gekommen wären und damit die flotte Auswärtsbeweguug der zweiten Hälfte des Januar zum Stocken gebracht hätten. Diese Einwirkung der nordaiucrikauischeu Prvdueciitcn — denn hier sind es noch diese selbst, die den Preis beeinflußten — ist eine für unsere Landwirthschafl höchst bcachtcnswcrthe Erscheinung. Alle Voraussetzungen einer starken Preissteigerung sind ge geben; die Liverpvoler Vorräthe nehmen unverhältnißmäßig ab, in New-Ljork bleibt der Bestand um eine volle Million Bushcls Weizen hinter der entsprechenden Ziffer des Vorjahres zurück, die ostindische Ernte ist nach Schätzung des bisher immer bestunterrichteten Sachverständigen Thema»»»» in New- Avrt ungewöhnlich ungünstig, ans Argentinien verlautet von vernichtendem Regen- nnd Hagelschaden, auch Ruß land constatirt ein rasches Schwinden der Bestände, der Wcizenprcis geht in Nordamerika jäh empor und sogar die nur langsam folgende Berliner Produclenbörse nctirt für das, waS eben hier in Berlin Lieferungsgualilät ist, bis zu 160 und darüber —da mit einem Male treten die Farmer von Westamerika dazwischen. Weit mehr als sonst um diese Jahreszeit bringen sie noch eigene Vorräthe zu Markte, und sie, die Producenten selbst, sind cs, die nun den Vortbeil von dem gehobenen Niveau der Preise ge nießen. Und zwar ist es ein namhafter Vortheil, denn das Niveau ist im Vcrhältniß zu den bisherigen Produc- tionsbcdiligungen drüben ein sehr hohes. Welcher Antrieb mag wohl die Farmer bewogen haben, reichlich sechs Monate hindurch mit ihren Vorräthen zurückznhalten, und durch welche Mittel haben sie es Wohl finanziell ermöglicht, so lange Zeit zurückhalten zu können? Die letztere Frage muß offen bleiben. Was die erstere betrifft, so geht man schwerlich fehl, wenn man die Manipulation der nord- amerikanischen Producenten selbst ans den einfachsten Trieb der Selbsterhaltung zurückführt. Die bisherigen Prvductions- bedinguugcu sind eben in Nordamerika nicht mehr auf recht zu erhalten. Die Production wird thcurer in dem Maße, in dem das Naubbausystem verlassen werden muß und die eigene Versorgung im Lande mehr beansprucbt. Unter diesem Gesichtspunkte waren schon die Getrcidcprcise des amerikanischen Marktes nach der Ernte von 1893 für weite Theile der Getreiveprodnctiou ruinöse, noch mehr nach der Ernte von 1891. Die Producenten selbst haben dann, wie nun scheint, das Ziel sich gesteckt und erreicht, eine Hebung des allgemeinen Preisniveaus durchzusetzeu. In der That, unsere deutschen Landwirthe dürften zu ihrem eigenen Nutzen dieser Entwickelung der Dinge mit Aufmerksamkeit folgen. Eine große Lohnbewegung unter den Eisenbahn- angestcllten der Schwei; ist seit einiger Zeit im Gange und scheint jetzt einen schlimmen Ausgang nehmen zu wollen. Alle Arbeiter und Beamten der Hauptbahnen haben sich organisirt und ihre Lohnforderungen ausgestellt und den Bahnverwaltungen cingereicht. Ein gutes Stück Arbeit bedurfte eS, bis alle Eisenbahner unter einen Hut der Solidarität und Einigkeit gebracht waren und immer noch bedarf es großer Redeopfer, daß die Organisation nicht auseinandersallt. Denn die Bahnverwaliungen waren nicht müßig, sie prüften die Eingaben und gaben sich alle Mühe, neue Credite zu bewilligen, um den Petenten Entgegenkommen zu bezeigen und sie zu einer Verstärrdigung zu veranlassen. Allein alle Bemühungen scheiterten an der Entschiedenheit der Arbeiter, keine Sonderabkommen zu treffen. Alle Unterhand lungen müssen mit dem Centralcomits des Verbandes der FeuiUvton. verlassen und verkannt. Erzählung von Wladimir Korolenko. Uebers. v. Ad. Garbell. Nachdruck verbot,,,. D. S. G. XV. An demselben Tage wanderten sie wieder durch die Straßen Ne»v-L)orkS, wie am Tage ihrer Ankunft. Nur fehlte diesmal Düima, der sich jetzt mehr zu den Andern hielt. Matwei und Anna dagegen waren dieselben geblieben. Der erstere trug noch immer Z»en Kittel mit den Schnüren und sie ihr weißes Kopftuch. Sie wurden von dem jungen John begleitet, der Matwei's Plan nicht billigte, aber sich als Amerikaner nicht in fremde Angelegenheiten mischte und aus Aerger nur vor sich hinpsiff. Anfangs gingen sie zu Fuß, dann fuhren sie in einem ungeheuren Wagen, den ihr Begleiter mit „Pferdebahn" be zeichnet?, durch die Straßen, dann stiegen sie eine Treppe empor und flogen durch die Luft. Bon Straße zu Straße flogen sie, bis sie in eine Gegend kamen, wo dieselbe gerade und still und die Häuser kleiner und einfacher waren. An-Ver Ecke dieser Straße verließen sie den Zug und stiegen hinab. Wenn die Häuser hier noch kleiner und die Straße noch schmäler und dieselbe hier und da mit Gras bewachsen und in ihrer Mitte Kinder in zerrissenen Hemdchen gewesen wären, — wenn sie hier und da eine Kuh und ein Häuschen, das mit seinem zerbrochenen Dach und den niedrigen Fenstern gleichsam in die Erde gewachsen zu sein scheint, erblickt hätten, so wäre das ganz so wie in der Heimath gewesen. Hier aber war ein HauS wie daS andere, alle dreistöckig mit flachen Dächern, gleichen Fenstern und gleicher Treppen zahl, gleichen Vorsprüngen und BalconS. Mit einem Worte, die Hauser standen längs der Straße wie leibliche Brüder, ja man möchte sagen Zwillinge. Und nur durch die schwarze Nummer auf dem weißen Milchglas« über der Thür unter schied sich ein HauS von dem andern. John sah in seinem Notizbuch nach, suchte die betreffende Nummer auf und drückte auf einen Knopf an der Thür. Diel« wurde von Jemand geöffnet, der alsdann sofort Mrückwich. Sie traten in ein Vorzimmer. Die alte Frau selbst hatte die Thür geöffnet, war dann aber sogleich in ein Zimmer gegangen, da sie eben die Diele gescheuert und in einem Eoftiim war, in dem sie sich nicht zeigen konnte. Die Arbeit ließ sie liegen und ging, sich umzukleidcn. „Siehe", flüsterte Matwei, wie hier die Herrschaften leben! Wie muß es da dann Unsereiuem ergehen ?" „Ach, Sie kennen dieses Land noch gar nicht", sagte John unwillig, ging in daS erste Zimmer, setzte sich auf einen Stuhl und rückte einen andern für Anna zurecht. Matwei warf einen strengen Blick auf den jungen Mann, der sich so ungenirt benahm, und blieb mit Anna an der Schwelle stehen. Er hatte überhaupt etwas gegen diesen jungen Mau». Begann Matwei doch zu bemerken, daß er in der letzten Zeit oft zu Hanse blieb, um gleichsam der Schwester zu helfen, in Wahrheit aber nur, um nach Anna zu schauen. Sie war ja ein hübsches Mädchen, mit großen blauen Augen, die so sanft und freundlich blickten, und ihr Gesicht so zart, wenn auch ein wenig blaß von der Reise. In Amerika schienen ihm die Leute auch in dieser Be ziehung etwas zu verstehen. Wen» sich auch Niemand von den Tagedieben, die bei Bork lebten, dem Mädchen gegenüber etwas herausnahm, so sah er doch, daß abgerechnet Düima, der sich in seiner sonderbaren Kleidung immer mit ihr zu schaffen machte, auch Paddy bemüht war, ihr gefällig zu sein, wenn er sie auf der Treppe oder dem Eorridor be gegnete . . . „Hier kann ja Alles passiren", dachte Matwei. „Denn in diesenpSodom sieht ja Niemand darnach. Hat sich ja auch Düiiffa'S Charakter, deS so viel erprobten Freundes, in einer einzigen Woche umgewandelt. Was könnte da nicht Alles einem jungen nnd unerfahrenen Mädchen, das vielleicht ein wenig leichtsinnig, wie alle Töchter Eva'S, passiren . . . Schlimmes würde sie zwar nicht thun, aber daS Beste war ja immer noch schlecht genug, und außerdem ist sie ja noch jung, schüchtern und unerfahren. Matwei stieß einen tiefen Seufzer auS und sah sich um. „Gott sei Dank, daß sie in dem Quartier der alten Frau, die Anna zu sich nimmt, sind." Alle- in diesem Quartier gefiel ihm. Im ersten Zimmer stand ein Tisch mit einer Tischdecke, im zweiten ein Bett mit einem Borbang und in einem Winkel hing da« große bekannte Heiligenbild der Ostrobram'» Angestellten schweizerischer TranSportanstalteu gepflogen werden, welches fortgesetzt die Einzelvcrbände der Arbeiter aufforderr, nickt unter der Teck- zu spielen und alle Lvhn- abmackungcu dem Centralcoiuit« zu übertragen. Wie wir iiiittheilten, haben sich nun die Bahnverwaltniigen mit dem Jnitiativ-Comitü der schweizerische» Ccutralbahn in Bern i» Verbindung gesetzt und diesem einen neuen GehaltS-Etat vor gelegt. Auch dieser wurde, vbwobl im Großen und Ganzen eingestandenermaßen annehmbar, abgelchnt, weil er dem Count« zu verllausulirt verkam. Es bestellt aus den vollen Wortlaut des von ihm entworfenen Regulativs. Am 16. Februar scll nun in Aarau eine Massenversammlung aller dienstfreien Angestellten veranstaltet werden und cs wird daraus ankommcii, ob dieselbe sich dem Vorgang des Berner Comitös anschließt. Kommt cs zu keiner Verständigung, vielmehr zu dem angcdrohteu Streit, so könnte sich die Be wegung zu einer Katastrophe auswachsen, da an dem Lohn- kämpf 20—30 000 Arbeiter betheiligt sind. Ter frnnziffischc KriegSmini st er hat seinen Entwurf für die Bildung einer Colonialarmee fast beendet. Er wird ihn in wenigen Tagen der Kammer vorlegen. Da nämlich Lurch ihn Vas Budget für daS Jahr 1897 erheblich beeinflußt wird, kann dieses nicht durchberalhen werden, che man über die Gründung einer Colonialarmee endgiltig ein verstanden ist. Cavaignac geht bei seinem Entwürfe von folgenden Erwägungen aus: Frankreich besitzt augenblicklich zwei getrennte Colonialarmeen, deren eine aus der Infanterie und Artillerie der Marine besteht, während die andere von den sogenannten afrikanischen Truppen gebildet wird. Ter Bestand der eoiitinentalen Truppen, die die Besatzung Algiers und Tunesiens bilden, sei zu bedeutend. Sie übersteigen, bei 70000 Mann Stärke, um 40 000 Mann die vor handenen Bedürfnisse. Der Kriegsminister will deshalb den über- schlissigen Theil der contiueiitalen Maimschasten aus Algier nach Frankreich zurücklciten, um mit ihrer Hilfe Las 20. Armeecorps zu bilden. Aus den Marine-Soldaten und den ajritamschen Soldaten, sowie aus Len eingeborenen Truppen, die bereits in einzelnen über seeischen Besitzungen vorhanden sind, beabsichtigt Cavaignac, die neue Cotonlalarmce zu schaffen. Tie afrikanischen und Marine- truppen werden nur in den Lolonicn verwandt werden,' die als Stiltzpuiicre für die Kriegsflotte dienen. An allen andere» Orten wird man fast ausnahmslos Eingeborene verwenden, diesen jedoch durch Cadrcs von französischen Osficicren und Unterosficicre» Las nöthige feste Gefüge verleihen. Diese Maßregeln werden nach der Berechnung des Kriegsministers 15 Millionen ersparen, von denen 6 Millionen für die Unterhaltung der Besatzung von Madagaskar verwandt werden, während die übrigen 9 Millionen dem Etat des KriegSministerlums von 1897 zu Gute kommen sollen. Was die Besatzung Madagaskars anlangt, so wird sie nur 2000 Mann euro päischer Truppen umfassen. Die weiteren 4000 werden aus Ein geborenen gebildet. Die Mannschaften von Reunion sind auf die Truppen von Madagaskar mit eingerechnet. Das sind, soweit bis jetzt bekannt, die Grundzüge des Cavaignac'schen Entwurfs bezüglich der Colonialarmee. Außer diesem wird der Kriegsminister demnächst der Kammer noch drei andere Gesetzentwürfe oorlezen, und zwar über die Wiedcranwerbung von Unterofficieren, über die Mittel, aus- geschiedenen Unterofficiercn Civilanstcllungen zu sichern, und über die Bedingungen, unter denen Generäle nach 30jähriger Dienstzeit verabschiedet werden könne». Wie zu erwarten war, ist Martine; Campvs bei seiner Rückkehr nach Spanien mit gecheckten Empfindungen aus genommen worden. Während die Einen den Marschall mit Hochachtung und ZluSzeichnung empsinzeu, ist er von den Andern schlankweg ausgepsiffen worden. Sogar ein Menschen leben ist darüber zu Grunde gegangen. Ünter denjenigen, schen Mutter Gottes. Matwei wurde cS ganz warm ums Herz, deshalb steckte er auch die Hand zwischen seinen Gürtel und sah sich ganz stolz um ... Doch sogleich mußte er sich wieder ehrfurchtsvoll bis zur Erde bücken, denn die Frau trat ins Zimmer, mit einer Brille auf der Nase und einem Strickzeug in der Hand. Sie setzte fick auf einen Stuhl, zählte die Maschen, zog eine Stricknadel heraus nnd fragte Anna und Matwei mit Würde, ohne John auch nur zn begrüßen: „Nun, was habt Jbr mir zu sagen?" „Wir kommen zu Euer Gnaden", erwiderte» beide wie aus einem Munde. „Dich nennt man, glaube ich, Anna . . „Anna, gnädige Pani." „Und Dick Matwei." Matwei's Gesicht strahlte in vergnügtem Lächeln. „Und wo ist der Dritte?" . . . Matwei machte mit der Hand eine abwcbrende Bewegung. „Ich weiß wirklich nicht, WaS ich Ihnen darauf jagen soll ... Er ist in den Dienst getreten, vielleicht auch nennt man eS anders, zu einem gewissen Herrn Tammany- Hall . . ." Die Frau sah Matwei mitleidsvoll an, wobei sie ihren Kopf wiegte. „Ein schöner Herr, gar nicht zn sagen. DaS ist eine Bande von Gaunern." „O Allmächtiger", seufzte LosinSki au». „In diesem Lande ist alles verdreht," sagte die Frau wieder. „Bei uns traiisportirt man solche Leute in die Ge fängnisse, und hier wählen sie irgend einen Galgenstrick znm Mavor, der die ehrlichen Lenke mit Stenern belastet." Matwei erinnerte sich, daß auch Düima an der MayvrS- wahl theilgenommen und seufzte nur noch tiefer auf. Die Stricknadeln begannen sich schneller zn bewege», und man sah eS der Frau an, daß sie ärgerlich wurde. „Nun, WaS wirst Du nur sagen, meine Beste? Bist Du hierher gekommen. Dich zu vermicthen, oder willst Du Dir auch etwa einen Tammany-Hall suchen?" „Sie ist ein ehrliches Mädchen," trat Matwei für Anna ein. „Ach. ich habe in zwanzig Jahren schon viel solch' ehr licher Mädchen, die nach einem Jahre und früher schon ver dorben waren, gesehen, und die dann in diesem verfluchten Lande verschollen. Zuerst erscheinen sie einem wirklich wie Menschen. Sir sind still, bescheiden, gehorsam, fürchten Gott sie den Marschall bei seiner Ankunft am Bahnhof von Madrid auSpsiffen, hat die Polizei Verhaftungen vorgenommen: einem der Verhafteten gelang eS, zu entfliehen, die Polizisten schossen nach ihm nnd der Flüchtige stürzte todt zu Boden. Bei der Beerdigung des Mannes veranstalteten, wie uns gemeldet wird, gestern die Republikaner eine Kundgebung, wöbe: wiederholt aufrührerische Ruse laut wurden. Dadurch wirr natürlich die Erregung gesteigert. Man erwartet jetzt vielfach vom Marschall. daß er die Regierung, die ihn abgesetzt hat, bc kämpscn und alle Elemente um sich sammeln werde, die mit der Regierung irgend eine Rechnung auSzuglcichen haben. Diese Erwartung wird jedoch schwerlich in Erfüllung geben. Der Marsckall ist nie stark in der Opposition gewesen, und er bat auch bereits gegen die scharfen Ausdrücke protcstirt, die ihm von verschiedenen Blättern in den Mund gelegt worden sine. Nur in einem Puncte wird er voraussichtlich Opposition »rachen, nämlich bezüglich der Art der Kriegführung auf Cuba. Er war von jeher dafür, daß man den Aufstand »licht sowohl mit Feuer und Schwert, als durch die Gewährung von Reformen bekämpfen solle und hat mit dieser Methode bei der Unterdrückung des ersten cubanischen Aufstandcö vor sieben Jahren Glück gehabt. Er wird an diesem Staud- punct auch ferner festhalten, nur wird er damit keinen besonderen Eindruck macken. Er hat ein ganzes Jahr lang Zeit gehabt, seine Politik Lurckzusühren und hat diesmal absolut keinen Erfolg erzielt; er wird sich jetzt »vohl oder übel gefallen lassen müssen, daß eine andere Methode probin wird. Ob diese einen besseren Erfolg hat, muß sich freilich auch noch erst erweisen. Die bereits gemeldete Entschließung deS Washingtoner SenatsausschnffeS zu Gunsten der Anerkennung der Aufständischen als kriegführende Macht spchi die Lage bedentlich zu. und die kleinen Waffencrsolge der Spanier wäbrxud der letzten Wochen vermögen daran nicht.- zu ändern, Rettung könnte nur ein großer entscheidender Sieg über Maceo und Gomcz bringen. Tie Aussichten hierfür sind aber gering. DaS läßt auch ein Bericht der „Köln. Ztg." aus Havana crtcnnen, der versickert, ans der ganzen Insel hcrrscke entsetzlick-e» Elend. Man .»lande allgemein, ras; die Entscheidung bald fallen werde, wab» sckeintick zu Ungunslen Spaniens, ca die Stärtc der Auf ständischen stetig zunchme und in ihrem Heere »miste-.baffe Manuszncht herrsche. Deutsches Reich. Berlin, 7. Februar. Ter Empfang der Deputation, die die Vermittelung des Oberbürgermeisters Zelle in dem drohenden Streik der Confections-Arbeiter heute an- rufen sollte, hat nicht statlgefunden; die betreffenden Herren waren davon in Kennlniß gesetzt worden, daß beute Magistrals Si^ung ist. Der Empfang wird morgen stattsindcn. Daß unter den Arbeitgebern Neigung zur Verständigung vor handen ist, zeigt folgende Meldung: „Tie Lertreter der Engros-Firmeu der Berliner Herren- Eonseelion hakten gestern eine Besprechung im Aitsiädter Hoi, >:w beschlossen wurde, behufs Stellungnahme zun» drohenden Schneide. , streik m kürzester Frist eine allgemein« VersLniiutung der Cous... tionssirmcn einzuberufen. Tie Stimmung in den llntcrnehmcc. kreisen geht dahni, daß man wohl einer p r vce ntuolen Lohn aufbesserung nichr abgeneigt ist. mit aller Macht sich aber gegen die Hauplsorderung der Arbeiter: Errichtung von Betrieb. Werkstätten, sträubt, »veil dadurch die Consectiou aufs Schwerste be lastet bezw. rilinirt würde. Für eine Lohnerhöhung und eine Begrenzung der Arbeitszeit würden auch die sogenannten Zwischen- meister zu haben sein." Wird sestgesiellt, daß — was in der That wahrscheinlich und cbrcn die Eltern. Aber bald lernen sie WaS Gutes. Kaum sind sie in einer Stelle warm geworden, so beben sie schon die Nase, dann behängen sie sich mit allerlei Bändchen und Lappen, so daß sie anSsehen, wie eine Krähe mir Psancn federn und dann heißt es: „Geben Sie mir mehr Lohn." Bald daraus haben sie auch Erholung nötlng und dann koinnit eS so »veit, daß die Herrschaft sie bedienen >n»ß. wobei sie ruhig sitzen und die Hände in den Sckooß legen wolle»." „Daß sich Gott erbarm," rief mit Entsetzen Matwei. „Und das kommt alles daher", fuhr die Herrin fort, „weil in diesem Laude keine Ordnung ist. Irgend ein Bcrto ist bicr ein Mister Bork, eine Köchin ist die Herrin und eine Herrin »ins; die Köchin spielen. Einen Arbeiter tarn» man nickt von einem Edelmann nnterscheiden, alles in bier durch - einander gerathen . . ." „Das ist die reine Wahrheit", bestätigte Matwei mit Ueberzeugnlig. „Nehmen Sic bas Mädchen und halten Sie sic streng. Bei Ihnen wird sie die Reinheit der Seele bewahren." „Gut, meine Liebe, ich werde Dich iiehnien, wenn wir im Preise Übereinkommen. Dock ich muß Dir im Voraus sage», daß ich die hiesigen verrückten Preise nicht zahle, und ver lange, bei mir nicht z» schwatzen, mit den Hansirern keine Liebeshändel anzufangen, in den Magazinen nicht sitzen ;» bleiben und init den Nachbarn keine Klatschereien anznfangen " „Hörst Du, Anna'?" rief auch Matwei strenge. „Sei gut und ehrlich »nd die Herrin wird Dich nicht bcnachtheiligen." Der junge Iobn, der die ganze Zeit über mit den Fingern getrommelt hatte und höchst unznfneden zn sein schien, stand aus, rückte den Stubl weg nnd sagte zn Anna: «Zwanzig Dollars gilt hier als niedriger Preis, nnd dazu ei» eignes Zimmer." „Da haben wir es ja", rief die Frau Matwei mit oer- ständnißinniger Miene zu. „Nun. ineine Liebe, tritt doch zu diesem jungen Man» i» den Dienst, er wird Dir noch mehr zahlen." Matwei richtete sich auf, sah streng auf den jungen Mann hin, machte eine Verbeugung vor der Herrin und sagte: „Sie bleibt bsi Ihnen und Sie werden eine Waise nicht benachtheiligen." John nahm seinen Hut und ging bis an die Thür. Matwei sah, daß dieser unangenehme junge Manu in» Begriff stand, auch ohne ihn fortzugehen und beeilte sich, ver abschiedete sich schnell von Anna, d»e ihn traurig ansah, vrr-
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