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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 09.08.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050809029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905080902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905080902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-08
- Tag 1905-08-09
-
Monat
1905-08
-
Jahr
1905
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So»»' und Seieriaa» nur Alarienllraße as von tl dii '.iUlii Die l ivaltiaeGrund- «eiie (ca. 8 Silben» W Pt,., An tündiaunaen aut der Vrwatieite Zelle 25 Pig . d>e ripaitiae Zeile aut Leit- ieit« 50 Pi,. als E,n,eiandt Zeile so Big. An «»««er» »ach 0«». und feiert,,eu , ivalNae iöruuderil, so Pig . aui Prtvatieite «o Pf,., rivallige Zeile aut Lertieite und als EinaciandtsoPsg. Audiviirtiae «ul> Nase nur gegen Vorausberadluna. veieibiiitler werde» mit lv Ks,. berechnet. llernivrechantchlub: ««t l «r. U und Nr. ««SA. luekvarvll. IrLgor booksoinsr cksutsosisr unä tzn^lisosior Jn/.u^-, Honen-, IWlstot- nnc! ^Vosisnstosi« in allen modernen k'ai ken uncl I'rims-ljualitäten m> billigsten ?lei»on. VeilckiikutoIIo äei vom Kgl. b'innn/ttiinistvlium neugewüliltsn vorsoliriltsmässigsn llnitormstofke kür König!. Lüolis. Ltants-k'oiZtbertmte. ülennrmu 8vLekf6l8trs88e 19 GR«» 81 Ä §!vi-a-!' Eisenbahnnnalück in Spremberg. Hosnachtichten, Zriltiawerb. dentsch. Oitskiankenlnsten. Sachs Pioisicre Mit dem woo» e^My» vpltgli. Rhein »nd Mai». Fälbcisireik. Die Fra» vom Meere. Bon Aiiachtoiiisinc» und Fehlern in den Kimstwctkc». Neueste Drahtmeldnuaen vom 8. August. Mittwoch, v. August IMS. Zum Piscnbnlmnnaliick bei Ttitcmbc.ru sind folgende Meldungen eingelansen: Spremberg, 8. August. (Amtlich.) Der SchneIlz» g Nr. 113 stieß gestern nachmittag zwischen Spremberg und Schleife mit dem Nachzug Nr. ll 2 zusammen. 2 Maschinen, 4 Packwagen und 5 Personen wagen sind entgleist und größtenteils zertrümmert. 15 bis 20 Personen tot, 5 schwer verletzt. — Der „Sprembergrr Anzeiger" meldet: Der hier um 5 Uhr 40 Minute» nachmittags abgehende Schnellzug rannte 20 Minuten voll Spremberg entsernt bei Bude 7 auf den von Görlitz kommenden Nachzug. Beide Lokomotiven liegen zertrümmert neben dem Bahndamm. Die ersten beiden Wagen des Berliner Zuges sind vollständig iiieinnnder- gesahren. Sämtliche Passagiere sind entweder schwer verletzt oder tot. Bis 10 Uhr abends waren 7 Leichen geborgen: 6 Schwerverletzte wurden mittels Krankcnzngrs nach KottlmS übergeführt. An der Freilegung der noch zwischen den Trümmern liegenden Toten eines Wagens mit 1. und 2. Klasse ist die hiesige Turnerscuerwchr beschäftigt. Die Zahl der Toten ist noch nicht sestgestellt, soll aber etwa 20 betragen. Bon Spremberg begaben sich vier Acrzte an die Unglücksslelle. — Die „Zittaner Morgenztg." schreibt über die Vorgänge: Eigentümlicherweise war von bahnamtlichcr Seite in Zittau bis nach Mitternacht nichts Näheres über die entsetzliche Katastrophe zu erfahren. Nach Berichten von nach Mitternacht in Zitlan angclommencii Passagiere», worunter sich einige Gioßschönaucr befanden, welche an der Unglücksstelle nachmittags vorübergefahren resp. dort nmgestwgen waren, hat sich das Unglück zwischen Schleife und Spremberg ereignet. Cs soll dadurch herbeigeführt wvlden sein, daß der 5,40 Uhr von Spremberg abgclassene Berliner! Schnellzug, der 3,20 Uhr nachmittags den Görlitzer Bahnhof in s Berlin verläßt und der von Spremberg ohne Aufenthalt bis Weihwasser durchfährt, 25 Minuten Verspätung anstvics. Ci» Nachzug des aus entgegengesetzter Nichtung kommendeu Schnell zuges, der 2,30 Uhr nachmittags Hirschberg verläßt und über Görlitz nach Berlin führt, rannte kurz vor Spremberg, nahe der Station Schleife, aus den Berliner Schnellzug auf. Die Folgen des Zusammenstoßes sollen furchtbare gewesen fein. Fünf Wagen schoben sich, wie man uns versichert, vollständig ineiucmder. Vom Berliner Zuge türmte sich der vierte Wagen auf de» dritten. Die Lokomotiven beider Züge sprangen ans den Gleisen und stürzten seitwärts die Böschung hinab. Aus den Trümmern er schollen die Hilferufe der Verletzten, die sich zum Teil in schreck licher Lage befanden. 2l Pelsoiicn solle» getötet worden sein: die Zahl der Verwundeten ist noch nicht sestgestellt. Acrzte und Krankenträger wurden sofort an die Unglücksstelle beordert. Cs spielten sich furchtbare Szenen beim Bergen der Toten ab, von denen mehrere schrecklich zugcrichtet waren. Ei» Kind suchte seine Eltern; man fand Vater und Mutter tot vor. Die Reisenden mußten zum Teil aus ihrer bedrängten Lage durch Anfbrcchcn der inetnandergekeiltcn Wagen befreit werden. Ter Hnschbcrgcr Schnellzug wird gewöhnlich von Berliner Niesciigebirgsbesilcherii stark frequentiert: cs soll auch diesmal der eigentliche Schnellzug so überfüllt gewesen sei», daß die Abtastung des Nachznges, der verunglückt ist. nötig wurde. Weiter wird über den Zusammenstoß gemcldcl: Die Rettungsarbciten gestalten sich sehr schwierig. Eisen- und Holzsplitter hatten sich derart ineinander geschoben, daß die Toten und Verwundeten mit Aextcn ans den Trümmern heraus gehauen werden mußten. Bis heute morgen gegen 5 Uhr waren 17 Tote und 14 Schwerverwundete geborgen. Die zahlreichen Leichtverletzten begaben sich größtenteils zu Fuß nach Spremberg, wo ihnen Notvcrbände angelegt wurden. Für die Schwerverwundeten wurde an der Unglücksstelle ein Verbands platz angelegt, und vier Acrzte batten reichlich zu lnn, ihnen die erste Hilfe angederhcn zu lasten. Ten Tod fanden bei dem Unglück u. a. Oberstleutnant a. D. Cretins - Berlin. Justizrat R o ck a u - Görlitz mit Iran und Sohn, Tr. N i t s ch c - Lands- Hut mit Frau und Tochter, Loknmotivführer S e i d e l - Kvttbus, Heizer W a l t h c r - Kotibns, Hilssichassner N o a ck - Kottbus, Heinrich Pelas, Kriegsakadamiker, Zickendvrsi, Grüning (60 Jahre alt), Wohnort unbekannt, ein Knabe von etwa zehn Jahren, noch nicht rekognosziert, eine 50jährige Dame, ebenfalls noch nicht rekognosziert. Schwerverletzt wurden: die Tochter Hildegard des getöteten Justizrats Rockau, Lokomotiv führer Kr » g - Kvttbus (mittlerweile im Krankeiihansc zu Kottbus gleich nach seiner Einliescrung gestorbcns, Heizer Fr öse-Koli bris, Zugführer Ruch, Schaffner H a g c n - Kvttbus, Pack meister S ch e t e r - Hirschbera. Die Namen weiterer Getöteter und Verletzter sind noch nichi sestgestellt. Von den Schwer- verwundeten dürste einige kaum mit dem Leben davonkommen. Das Unglück ist, wie angcnommcn wird, durch Beripätung der abgegebenen Signale entstanden. Cs geschah an einer Stelle, wo die Gleste eine große Kurve mache». Die beiden Züge näherten sich mi> Volldampf einander, ohne daß die Maschincn- führcr merken konnten, daß sie auf ein und dcmjciben Gleise sichren. Das srnnzösischc (Geschwader in E t«-glall . C v w c s. Abends wohnten Admiral Coillnrd und die Höheren Offiziere des französische» Geschwaders einem vom König an Bord der königliche» Jacht veranstalteten Diner bei, an dem auch die kö » igtiche Familie und der französische Botschafter leilnahmen. Der König gab in einem Trink- i p r u ch der Freude Ausdruck, Admiral Caillard und die schöne Flotte cmpsangeii zu können. Er erinnerte an die freundliche Ausnahme, die dem englischen Geschwader in Brest zu teil ge worden sei Der König schloß mit den Worten: „Ich hoffe,, Ihr Besuch in den englischen Gewässern wird das zwilchen unseren beiden Ländern bestehende gute Einvernehmen hcrvorhcbcn. Ich bin überzeugt, daß iei.i haupijächlichster Vorteil die Aufrecht- crhaltnng des Friedens zwischen uns sein wird. Es ist z» hosseii, daß die guten Begebungen, die zwischen den beiden so engen Nachbarn bestehen, »och verstärk! werden. Ich trinke ans die Gesundheit des Präsidenten der Republik und zu gleicher Zeit wünsche ich der französischen Flotte eine glückliche Entwicklung." In Bcantworinng der Ansprache des Königs sagte der s r a n z ö- sische Botschafter, die Worte dcs Königs würden ans alle Franzosen einen tiefen Eindruck machen, aber keine Uebcr- räschnng Hervorrufen in Anbetracht der langbekannten Gefühle des Königs gegen die französische Nation und des vorherrschen den Einflusses, den der König bei der Herbeiführung der sranzö- sisch-englncbcn Annäherung ansgenl» habe, der niemals vergesse!: werden sollte. Der Botick-aster widmete seinen Trinksornch dem König »nd der königlichen Familie. Admiral Caillard dankte ini Nonien der Flotte für die Wünsche des Königs. Eine herzliche Ausnahme sei den Franzosen sicher gewesen. Dieselben warmen Nanoc und die herzliche Smnpalhic, die der Zusammenkunft in Brest ihr Gepräge gaben, begegneten auch bei dem Zusammen treffen mit der Kanalslotte. Nichts werde jemals diese licb- gcwordenen Erinnerungen an die Zusammenkünste der englischen und der französischen Flotte aus dem Gedächtnis ausstreichen. Tic Krirdrnömission. Portsmouth. Minister Witte ist gestern abend von Boston hier eingctroffcn. Zur Luge in Russland. Moskau. Wenn die Absicht bestände» Häven soll, gegen das Bureau und die Teilnehmer des S e m st w o k o n g r c i s c s gerichtlich oorzugehcn, so ist Ne jetzt auigeaebcu worden. Sena tor Postowski »t hier eingclrosten. Er ist beauftragt, sich mit allen Einzelheiten bctr. den genannlen Kongreß ockanni zu machen. Er verkehrt mit dem Fürsten Trubczkoi mch Bolowin. Wie behauptet nnrd. bestand in Ncgicrungskrciscii der Ver dachts nach dem letzten Kongreß sei ein Znsaiumcnschluß der Cemllwouiilglicdcr mit de» Radikalen erfolgt. Truppe» ü l> niigspla tz Pose n. D«r Kaiser tras um 6 Uhr 50 Minuten im Automobil von Posen her kommend ein, stieg zu Pferde und hielt eine T r n p p e n ü b n n g ab, an der 10 Kavallerie-Regimenter, die reitenden Abteilungen zweier Feld artillene Regimenter und zwei Nc'aschinengcivehr Abteilungen teil' nahmen. Sodann wurden alle KavalleneMegimenter zu einer Kavalleriedibision ziiiammcngezoacn. und cS erfolgte ein Tibisions- ererzieren und schließlich der Vorbeimartzh aller Truppen. Ans dem Trnpheniibnngsplütze waren nur wenig Zuschauer zugelastcn, ans der Hinfahrt aber wurde der Kaiser trotz der frühen Stunde, besonders von der Schuljugend, lebhaft begrüßt. W eima r. lPrio.-Tel.s Die Frau des Oberleutnants Horrocks wurde heute morgen im Schlafzimmer ihrer Villa acn der Belvedere - Allee tot a n s g e f n n o c n. Ter Goshahu war geöffnet. Es ist zweiselhost, ob Selbstmord oder Unglücks- fall vorliegl. Die Frau lebte von ihrem Mann geschieden. Aachen. lPrw.-Tel.l In der Elsässer Straße fand in der verflossenen Nacht zwischen einer Anzahl Zivilist«:» und Milltärpcrionen eine derartige Schlägerei stall, daß die Polizei ein Militärausgebc» requirieren mußte, das unter Füh rung eines Leutnants in zwei Abteilungen unter Gewehr er schien »nd dem gefährlichen Treiben ein Ende machte. Mehrere Erzedenten wurden veraastet, darunter oer Bursche eines Ge- nerals der Aachener Garuiwn. B r e in c n. Laut telegraphischer Meldung ist nachts ein Teil der T a m p i c r a n I a g e n von Hoboken durch eine F c ii e r s b r u n it zerstöri worden. Die Peeranlageii und die Schisse dcs Norddeutschen Lloyds blieben jedoch unbeschädigt. Innsbruck. Auf den Bergen liegt tiefer Schnee. Gestern war ein Regentag mit einer Niederschlagsmenge von 67,8 Millimeter, wie sic seit vielen Jahren hier nicht beobachtet wurde. In manchen Gegenden war der Regen wölken- brucharli g. Der Kasbach, der aus dem Achental kommt und in Innsbruck mehrere Werke treibt, führt so viel Geröll, daß die Jenbacher Werke ihren Betrieb einstcllen mußten. Paris. Ter Justizminister Chaumiv hat seine Urlaubs reife unterbrochen und ist hier cingeirosten, um Klarheit darüber zu gewinnen, ob sich in der A n g c l e g e n h c i t IaluLoi für ein gerichtliches Einschreiten die notwendige Voraussetzung finden . ließe. Heute veröffentlicht der Deputierte Nonanet die Anschuldi gung gcqen Jaluzot, daß, kurz bevor die Zurückzahlungen an die kleinen Sparer eingestellt wiiroc», Beträge in Hohe von mehreren Hnnderttansend Francs an Freunde und Verwandte Jaluzots bei den Schalter,, zur Auszahlung gelangten. In diesem Vor gänge erblickt Nonanet genügenden Anlaß zur strafrecht lichen B c h a n d l n n g der Angelegenheit. Madrid. Nach dem Bericht der s ch u l d e n v e r w a I - tung des Staats ratcs soll der Coupon der inneren Schuld ausländischen Inhabern in Gold ausgezahlt werden, so lange die Gesetzgebung in dicicr Beziehung nicht geändert wird. London. Unterhaus. In der gestrigen Beratung dcs Gesetzentwurfes über die M a r i n e b a u t c n wandte sich die Opposition gegen die Finanzpolitik, die bei den Neubauten verfolgt werden soll. Die Artikel des Entwurfs wurden schließ lich mit großer Mehrheit angenommen. Sozia. Die Antwort der Pforte auf die Beschwerde Bulgariens bctr. die Untersuchung der Exarchats- Kanzlei und die Verhaftung von Exarchaisbeaniten hat die bulgarische Regierung nicht befriedigt. Die Regierung richtete eine neue, in scharfem Tone gehaltene Protestnote an die Pforte. Oystcrbay. Präsident Noosevelt wurde durch Las Staatsdepartement benachrichtigt, daß der venezolanische Bundes gerichtshof beschlossen habe, den Vertrag mit der Bermuda- A s p I> a l t - K o m v a g n i e für nna.nltig zu erklären. Es soll in dieser Angelegenheit nichts geschehen, bis Unterstaatsjekretär Root zurückgekeuri ist und ein Bericht des Gesandten von Caracas vailieg!. Pose n. Der Kaiser ist heute früh 6 Ilhr 25 Min. aus dem Bahnhof Gerberdamm cingctrostcn und hat sich sofort im Automobil nach dem Truppenübungsplatz Po>cn begeben. wörtliches und Sächsisches. Dresden, 8 August — * Se. Majestät der König pirschte gestern nachmittag ans Kreyerner und Moritzbnrger Revier und erlegte zwei Rch- böcke. Heute srüh riti der König mit den beiden ältesten Prinzen- söhnen aus und mittags besichtigte der Monarch die Kirche zu Eiscnbcrg-Moritzbnrg. Kunst und Wissenschaft. 4* Rcftdcnztheatcr. „Die Fra» vom Meere". Schauspiel in 5 Akten von Henrik Ibsen. Für viele hat das Stück ein rein pathologisches Interesse, das der seelischen Seekrankheit, die direkt ins Irrenhaus und in die Zwangsjacke sühn. Sie lasten die Frau, die cs fertig bringt, zehn Jahre an der Seite eines ansovferungssähigen Mannes, als die zweite Mutter liebenswürdiger Kinder zu leben, um sich schließlich cuicm Hirn- gespinst, einem theatralisch aufgeputzten Phantome zu ergeben, nickt gelten: sie wenden sich ab von einer Welt des falschen Scheins, erfüllt von einem Unbehagen, das dem Ekel nicht nnäbn- lich ist. Andere empfinden ungefähr dasselbe, nur fassen sie ihr Empfinden in andere Form un'o gewähltere Worte. Zu letzteren gehört Adalbert von Honstein, als einer der hervorragendsten Ibfen^Kemier. In seinem mit Schwung und Wärme gcsihrie- benen Buche „Ibsen als Idealist" sagt er: „In dem Schauspiele „Tie Frau vom Meere" erscheint Ibsen als der erste Dramatiker des neuesten Mhstizismiis auf der Bühne. Es ist das positive Programm, das er uns damit aufstellt. Für seiner organisierte Naturen liegt alle Wertschätzung des Lebens darin, unter wel- chem Gesichtswinkel sie sich selbst und ihre Umgebung betrachte,». .... . .... . können. Den niedrigsten Dienst verrichtet der edel veranlagte Mensch aus frei erwählter Liebcspslicht für den, der seinem Her zen nahesteht, oder aus allgemeiner Menschenliebe, auch für den Fremden — aber nur aus freiem Wille»! Zwingen läßt sich eine edle Natur zu nichts! . . . Der Kuchen kann in der Ge fangenschaft anwidern und das Schwarzbrot i» der Freiheit locken . . . Dieser Gesichtspunkt geht der materialistischen Welt, der auch im ethischen Sinne materiellen Menschheit verloren. Ihn wieder leuchtend einzuprägcn, hat Ibsen „Die Fra» vom Meere" geschaffen. Daß er i» diesem Stücke in der Handlung etivas siehr Glaubhaftes geleistet, ja, daß er auch nur den plötz lichen Wandel in dem Eharakier Ellidas menschlich wahrscheinlich gemocht hätte, könnte man nicht behaupten. Aber er hat, wie in der negativen „Nora", so in der positiven „Frau vom Meere" das wiederum getan, was ihn immer in schreienden Gegensatz zu den Realisten stellt — er hat die momentane Wirklichkeit zu gunsten der Idee ausgeopscrt. Und diese Idee heißt: Ecbte große Menschen können, was sie können, nur in sreier WillcnSbcslimttiiiug. Der Hvang demoralisiert sie, die Freiheit allein läßt sie in eigener Lclbstbesliminung »nd unter eigener Verantwortung das Neckte finden. Solche Charaktere hatte der Dichter der „Gespenster" und des „Bolksseind" züchten wollen. Unter den E r d c n m e n s ch c n war cs ihni nicht gelungen. Jünger dafür zu finden, weil sie am Alltagsstanbe siebten. Aber in der für höhere Stunmiingcn empfänglichen, stets über den Staub des Alltags hinaus nach dem Ewigen und Großen sich sehnenden Ellida wird dem Dichter plötzlich schöne Wahrheit, was er schon ans Erden verwirklicht zu sehen verzweiselt hatte!" Eine schärfere Kritik hat, nnbcwnßl, noch keui Bewunderer seinem bewunderten Gegenstände zu teil werden lassen. Als d r a m a t i s ch e s W c r k ist damit- Ibsens ,,Frau vom Meere" gerichtet. Tic beivcn Säulen, aus denen icdes Drama ruht: Handlung und Charakter, vor allein dic^ Haiiplckaraktere, sind wnrinsllchiges, faules Holz in diesem Stück. , Nach Hanslcin, dem energischsten Verteidiger Ibsens, ist die Handlung in der „Frau vom Meere" elwas »ich! sehr Glaubhaftes, alw Unwahr scheinliches, und die Entwicklung dcs Charakters Ellidas, der Heldin, im entscheidenden Moment cbcnsalls menschlich »nwahr- schcinlich. Unwahrscheinliche Handlung, un wahrscheinlicher Haiiptcharakter! Und mittelst zweier solcher dramatischen Grundfehler soll nun eine einfache, klare Grundidee uns einleuchtend gemacht werden: die ein fache, furchtbar triviale Wahrheit: „Echte, große Menschen können, was sie können, nur in freier Wlllensbcstliniuung."... Trotzallcdem bannt und fesselt die Komödie in der Meisier- schast der technischen Arbeit. Wer könnte sich des eigenartigen Zaubers entziehen, wenn der fremde Mann nach dem Landen des letzten Fremdenschisscs beim Anbruch der großen, nordischen Nacht plötzlich vor Ellida hintritt. In geheimnisvolles Grauen gehüllt, kommt er wie der fliegende Holländer, einer 2p»k- gestalt gleich, die in eisiger Ruhe, ohne Drohung und Gewalt, ihr Gut fordert. Als wäre er erst gestern geschieden, sagt er: „Guten Abend, Ellida! Du kannst Dir wohl denken, daß ich gekommen bin, Dich zu holen!" Und als Ellida, bebend seinem Kommen bin, Dich zu holen! und als Ellida, bebend vor incm Blick, seinem Worte, entgegnet, daß sie vermählt ist, erwidert er: „Ja, das weiß ich —", und zu dem Gatten: „Ta sic aber doch zuerst mir gehört — " ^ Das packt und bannt, wie mit Geistcr- macht — im Grunde genommen ist und bleibt es.aber nichts anderes, als ein brillant vorbereiteter und szenisch geschickt aus- gcsübrler theatralischer Effekt, der mit den seelischen Vorgängen geinnder Naturen nichts gemein hat. Gleichviel, es wirkt, und in solchen und ähnlichen Slimmnngen absonderlicher Art liegt die Anziehung, welche die Komödie, bewußt oder unbewußt, ans viele ansübl. llebcrraschend und echt berührend sind dazu zahl reiche Genieblitze, die uns z» Ibsen als echtem Dichter aus- schauen lassen, w, »ui ein Bcopicl anzusiihrcn, der plötzliche Gesühlsansbruch Hildes zu Ellida am Schlüsse des vierten Bildes, mit dein Ibsen durch das einzige, in großer Bewegung laut werdende Wort „Liebe" eine ganze Welt des Empfindens charakierisictt Das und manches andere ist schön und groß gedacht, um aber eine so triviale Lebenserfahrung, wie cs hier geschickt, zu veranschaulichen, bedurfte cs des mystifizierenden Apparates und der geheimnisvollen Verkleidung nicht, die Ibsen klügelnd und irreführend verwende! hat. Das ist, so meinen selbst ksic, die sich ganz zu ihm bekennen, ein Mißbrauch poetsichcr Forme» und Bedürfnisse. Frau Nina Sandow war dem Stücke «ine intercflante, in vielem vortreffliche Trägerin. Den nervenkranken, visionären Zustand der Ellida wußte jie in Gestik und Mimik überzeugend zu oermtschanlichcn, wie e>n Ophelienhastes im Stadium dcs leise nahenden Wahnsinns, lieber ihrem Spiele schillert der mystische Zauber, ans ihm klingt das Sehnen ins Unbekannte hinaus, nc gebt damit gleichsam ins Uferlose »nd berührt, wie dies nicht anders sein kann, wenn auch nicht echt und über zeugend, so doch seltsam, eigenartig. Damit erfüllt sie die Aus gabe, die ihr als Ellida gestellt ist. 'Der Mangel des Herrn Thomas war annehmbar, nur etwas zu solid-bürgerlich, zu indifferent in de» Momenten, wo es darauf ankoinmt, Ellidas Gcsühlsansbrüchen männlich entschiede» gegenüber zu treten. Mangel, der Ellida immerhin frei zu geben im stände ist, ist doch pchcr kein gewöhnlicher Mensch! Noch weniger sprach der von Herrn Legal dargcstcllte Oberlehrer Arnholm a». Die Figur war z»m Teil verzeichnet, rhetorisch sogar arg verschleppt. Dagegen gab Fräulein Hall ein ansprechendes Bild des halb wüchsigen. licbre-eben und grausamen, niedlich und doch bedeu tenden Mädchens Hilde. Gut und eindrucksvoll in Haltung und Sprache war Herr Mühlberg als sremder Mann, u«d sehr
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