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Mittwoch, 6. Juli. üniii tt 4000 rttlnk« Uiuutn Rr. 153. Muster Jahrgang 6uer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur - rri, K nftaia. Für die Inserate verantwortlich: Vatter » ranr. Beide in Aue i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der RedaV-n mit Ausnahme der Sonntag, nachmittags von ,-s Uhr. - Telegramm.Adresse: Tageblatt Aue. - Fernsprecher Für unverlangt «ingesandte Manuskripte kann Sewllhr nicht geleistet werden. Druck und Verlag: )>««r vra». a. v«tt,grgek«l!s»,kt m. b. kf. in Aue i. Lrzgeb. Bezug,preis: Durch unsere Boten frei in, Haus monatlich so Pfg. 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Ueber diereichsländischc VcrfassungSresorm ist zwischen dem Reichskanzler und der retchsländi - schen Regierung in allen Eivz^lsragcn eine Einigung erzielt worden. * Das Militärluftschiff M.III hat auf dem Uebungsplatz Zeithain beim Gasfüllen Defekt erlitten, wird abmon tiert und nach Berlin zurücktiar Sportteil. (S. Art. i Big.) * Der Präsident des Ooeisten Gerichtshofes der Vereinig, ten Staaten, M. W. Fuller, ist in Bar Harbor, einem Badeort am Atlantischen Ozean in Maine, gestorben. Der österreichischeNeichsrat ist gestern vertagt worden, weil es nicht gelungen ist, die O b st ru kt io n der Slaven zu brechen. (S. pol. Tgssch.) ! » Tie ch i n es i s ch e M i l it är st u d i e n k o m in i ss i o n unter dem Prinzen Tsai Tao traf in Nom ein und wurde offiziell empfangen. Sic wird als Gast des König» drei Tage verweilen. I»- Mutmaßliche Witterung am 7. Juli: Wechselnde Winde, veränderliche Bewölkung, zeitweise Regen, Gewitterneigung. Die Lemverger Studeutenexzesse uns das Allslaverttum. ^r:Jn der Lemburger Universität ist es, wie unsere Leser wissen, zu schweren Kämpfen zwischen polnischen und ruthenischen Studenten gekommen. Man knallte au,s Browningrovolvern auf einander los, ein ruthenischer Student ist tot, 2V Menschen sind Mehr oder weniger schwer verwundet und im Lemberger Landes gerichte harren nun 129 ruthenische Studenten der Verurteilung, während gegen 160 andere die Untersuchung auf freiem Fuß ge führt wird. Durch die Straßen Lembergs aber zogen am Frei tag abend die Polen und schlugen an den ruthenischen Schulen nnd Vereinshäusern die Fenster ein . . . An demselben Tage ist der österreichische Abgeordnete Dr. Kramarz, begeistert von dem sattsam bekannten Herrn Klofatsch und etlichen ruthenischen und kroatischen Abgeordneten, nach Sofia abgereist, um dort an dem allslavischen Kongresse teilzunehmen, der das Werk des ersten Allslavischen Kongresses in Prag vom Jahre 1908 fort fetzen soll. Das Werk dieser Kongresse besteht bekanntlich darin, alle Slaven im Namen des Neoslavismus oder Neopansla- vismus zu einigen und zu organisieren. Die alte panslawistische Idee soll auf einen neuen, breiteren Boden verpflanzt werden. Zunächst soll nur eine kulturelle Einigung des Slaventums an gebahnt werden — so behaupten wenigstens die Veranstalter und Leiter der Bewegung. Aber es ist bekannt, daß die kulturelle Zusammenschlietzung nur das Aushängeschild für wirtschaft liche Bestrebungen (siehe die geplante Gründung einer allslavi schen Bank) und politische Tendenzen bildet, deren Haupt zweck in der Bekämpfung des Pangermanentums bestehen soll. Die allslavisch-russische Presse nimmt sich gar nicht mehr die Msühe, dies zu bestreiten, und auch aus den Reden des Abg. Dr. Kramarz, der gewissermaßen den tschechischen Feldherrn des Neoslavismus in Oesterreich bildet, ist zwischen den Zeilen mit voller Deutlichkeit herauszulesen, was der Neoslavismus eigent lich an strebt. Ueberdies: Die junge tschechische Politik in Oester reich und der Widerstand der Tschechen gegen jede Halbwegs ver nünftige und billige Regelung des nationalen Streitos in Böh men ist nur dann zu verstehen, wenn man sie vom Standpunkte der Politik der allslavischen Verbrüderung aus beurteilt. Aber Herr Dr. Kramarz ist ein Pechvogel und dieser zweite Allslavische Kongreß in Sofia wird nicht ungetrübte Freuden bringen. Schon daß sich die österreichischen und russischen Polen, die von den allslavischen Phantastereien nichts wissen wollen, und die russischen Kadetten dem Kongresse fernhalten, bildet einen Wermutstropfen im Kelche der Verbrüderung. Nun will es aber auch noch der Zufall, daß just an dem Tage, an dem die österreichi schen Apostel des Neoslavismus nach Sofia abreisen, um dort die Verbrüderung zu feiern, in Lemberg die Schießerei zwischen Po len und Ruthenen stattfindet. Welch eine großartige Illustration für die Solidarität, die alle slawischen Stämme dep Nordens und --aki- - .^oll. S o sehen die neuesten Blüten des Neo- Vmandem, der sein« fünf Sinn« beisammen hat, wird es einfallen, die Ausschreitungen der ruthenischen Stu denten in Lemberg zu billigen oder zu beschönigen. Aber es läßt sich nicht leugnen, daß diese Exzesse eine sehr eindrucksvolle Sprache reden. Sie erzählen von der Unterdrückung der 3.3 Millionen Ruthenen in Galizien durch die 4.2 Millionen Polen und gerade diese Lemberger Vorfälle zeigen, wie die Polen die kulturrellen Forderungen der Ruthenen behandeln. Die Ruthenen in Gali zien sind der ärmere und kulturell weit tiefer stehende Volks stamm und das herrschende Polentum tut alles, um die Ruthenen diesem Zustande zu erhalten. Daher der Haß der Ruthenen gegen die Polen, der in alljährlichen Reibereien und Kämpfen, in der Ermordung des Staatthalter Grafen Andreas Potocki durch den ruthenischen Fanatiker Siczynski und nun in diesen Schießereien seinen Ausdruck findet. Es würde zu wert führen, sich hier über alle Gründe dieses Hasses zu verbreiten. Genug davon, daß dieser Haß beste b t und in fortlaufenden, beiderse.Ugen Gewalt taten seinen Ausdruck findet. Und da redet man dann von Ver brüderung im Zeichen des Neoslavismus! Wer aus den Ereig nissen zu lernen versteht, wird wissen, was er von dem Phrasen zeug zu halten hat und wie viel Kongresse ä la Sofia wert sind. Was hat man uns nicht schon alles einreden wollen! Ge hörte es doch eine Zeitlang auch zu den Lieblingsthemen derer um Dr. Kramarz, eine Verbrüderung zwischen den Südslaven und den Italienern an der Adria zu konstruieren. Und heute sehen wir, daß gerade die Slovenen, von Tschechen, Kroaten und Ruthe nen unterstützt, eifrigst bemüht sind, das Zustandekommen der Vorlage über die italienische Rechtsfakultät in Wien durch Ob struktion zu verhindern. Solidaritäten lassen sich eben nicht durch Worte erzwingen. Herr Dr. Kramarz ist ein Pechvogel, wenn er nicht ein Eulenspiegel ist. Zur VeLermrettfüilorße. Man hat sicherlich bis in die weitesten Kreise unseres Volkes hinein bedauert, daß die Frage der Veteranenfürsorge im letzten Tagungsabschnitt des Reichstage/s zu keinem Ende ge kommen ist. Dieses Bedauern wird sich noch steigern, wenn man hört, daß auch die Kreise, die diese so dringliche Pflicht des Reiches von ganzem Herzen ihrer Erfüllung zuzuführen wünschen, nach Lage der Dinge wenig Hoffnung auf eine baldige Lösung die ser Frage haben. In einem Artikel in der Nat.-Ztg. legt der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Professor Dr. Görcke die Hindernisse dar, die sich dem redlichen Wollen der Freunde einer ausgedehnten Fürsorge für unsere Veteranen bisher entgegen türmten und auch weiter noch entgegentürmen werden. Von ent scheidender Bedeutung erscheint, wie Dr. Görcke apsführt, die Frage, wie hoch die Zahl der nach den neuen Grundsätzen E m - pfangsberechtigten sein wird. Daraps ergibt sich die Höhe des Geldbedarfs, und diese wieder ist bestimmend für di« Art der Deckung der neuen Anforderungen. Handelt es sich da bei, wie anzunehmen ist, um eine Summe von mehreren Millio nen Mark so kann nur eine neue Einnahmequelle ihre Beschaf fung ermöglichen, da an dem Grundsatz unter allen Umständen festgehalten werden muß, daß ohne Deckung neue Aus gaben nicht bewilligt werden dürfen. Nach den zurzeit vorhandenen Unterlagen läßt sich jedoch die zur Durchführung der Wünsche erforderliche Summe nicht annähernd bestimmen, so weit Schätzungen überhaupt möglich sind, schwanken sie zwischen 4 und 17 Millionen. Diese Ungewißheit ist für die Erledigung der Angelegenheit störend und in gewisser Beziehungen direkt hinderlich. Deshalb begrüßt Dr. Görcke die Absicht der Reichsregierung, der diesjäh rigen Volkszählung eine Veteranenzahlung anzuschlie ßen, womit zwar eine Verzögerung bedingt sei, die er jedoch des wegen für ungefährlich hält, weil bei dem gegenwärtigen Zu stand der Ungewißheit eine zufriedenstellende Regelung ja doch nicht abzusehen sei. Wie freilich nach der Zählung die Deckungs mittel beschafft werden sollen, liegt noch im ungewissen Dunkel der Zukunft. Die Frage der Wehrsteuer scheint endgültig zu den Akten gelegt worden zu sein, nachdem, wie bereits bekannt, der von nationalliberaler Seite in einer Konferenz im Reichs schatzamt vorgelegte Wehrsteuerplan nach üMündiger Verhand lung fallen gelassen worden war. Die Reichswertzuwachs steuer bietet nunmehr die einzige Hoffnung Mr die Deckung der erforderlichen Summe; aber auch diese Hoffnung ist wenig sicher, da ja das Schicksal dieser Steuer selbst noch ungewiß ist. Wenn man weiter bedenkt, daß die Reichsregierung sich hüten wird vor den Neuwahlen zum Reichstag noch mit andern Steuerplänen zu kommen, so sind das allerdings recht unerfreuliche Aussichten für unsere Veteranen. Es ist trotzdem dringend zu wünschen, daß sowohl Regierung wie auch die politischen Parteien dieser Frag« auch weiterhin ihre ernsteste Aufmerksamkeit zuwenden, damit nicht immer mehr von denen in Not und Elend sterben, die uns unser Reich mtterkämpft haben. BolWche Tagesschau. Aue, 6. Juli. Reichsverficherungsordnttng. X In der Montags- und Dienstagssitzung der Reichsver sicherungskommission sand die Generaidsku'sion über den Ab- IV Titel Vl des 2. Buches statt, der das Verhältnis dec K anken- kassen zu den Aerzten usw regelt. Der Entwurf will das System der freien Arztwahl und das Kasscnarzisystem als gleichberechtigt neben- einanderstcllen, dergestalt, daß zwischen den Kassen und den Aerzten entweder ein allgemeiner oder ein besonderer Arztoertrag abge schlossen werden kann. Zu diesem Zwecke sollin aus den beteiligten Kassen und den beteiligten Aerzien Vertragrausschüsse gebildet werden und zwar je für den Bez-ick des Olurversicherungsamtes ein VertragSausschuß für allgemeine und einer für besondere Arzt - verträge. Diese Ausschüsse sollen bcstinmte Grundsätze für die Verträge zwischen den beteiligten Krankenkassen und den Aerzten vereinbaren, auf Grund deren alsdann die Verträge zwischen den Kassen und den beteiligten Aerzten abgeschlossen werden sollen. Es sind einige ausführliche Bestimmungen getroffen für die Fälle, daß eine Einigung über die Grundsätze oder über die abzuschließenden Verträge nicht erzielt und zwar durch Errichtung und Anrufung von Schiedsinstanzen. In der Kommission standen sich in der Hauptsache drei Ansichten gegenüber, eine wünscht allgemein die freie Arztwahl, eine zweite Meinung will der freien Arztwahl ge setzlich den Vorzug einräumen und das Kassenarzt-System nur aus nahmsweise z»lassen,.während die dritte Ansicht die Gleichberechti gung beider Systeme nach Maßgabe der Regierungsvorlage aner- kennt. Die Diskussion war am Ende der gestrigen Sitzung noch nicht abgeschlossen und wird am heutig,n Mitlwrch fortgesetzt werden. * * Kaiser Wilhelm als Preisträger des nächsten Friedens ¬ nobelpreises. Diese Meldung halten B-rlmer Blätter schon für sicher. Das G.rücht stammt von einer Aeußeiung des Erpläsideu- len Roosevelt her, der erklärt haben soll, daß Kaiser Wtthelm das Recht habe, den Nobelpreis zu erwarten, weil durch seine Energie der europäische Krieg, der infolge der Annexion Bosniens und Herzogewlna drohte, verhindert worden sei. Der Vor- sitzende des norwegischen Friedensprciskounlees bezeichnet das Ge rücht als grundlos. Ein solcher Vorschlag könnte vor dem Februar nächsten Jahres nicht eingereicht werden, so daß der Kai ser unter keinen Umständen den diesjährigen Preis erhalten kann. sz Der neue Oberpriisident von Schlesien. Wie der Reichs- anzeiger mitteilt, ist der Unterstaatssekretär im preußischenStaats- ministerium, Herr v. Guenther zum Oberpräsidenten von Schlesien ernannt worden. Auch diese Ernennung beweist, daß in Preußen die streng konservative Tradition in be zug auf die Besetzung der höheren Verwaltungsämter auch unter dem gegenwärtigen Kurse aufrechterhalten wird. Wir sind da durch in keiner Weise überrascht. In anderen deutschen Bundes staaten (Aber nicht in Sachsen!) wird man sich vielleicht darüber wundern, daß in Preußen ausschließlich konservativ gerichtete» adlige höhere Verwaltungsbeamte mit solchen Posten betraut werden. In Preußen hat man wie in Sachsen die Verwunde rung darüber längst verlernt. Nur muß man sich dagegen ver wahren, daß man an gewissen maßgebenden Stellen darüber empfindlich wird, wenn in bezug auf die innere Verwaltung von einem einseitig konservativen Parteiregiment gesprochen wird. * Gäste des deutschen Kaisermanövers. Der Thef des türki- schen Eeneralstabes, Izzet Pascha, sowie der Leiter der tür. fischen Kriegsakademie, Oberst Jewad, werden an den deut schen Katsermanövern teilnehmen. Der Gouverneur des zweiten türkischen Armeekorps, Abdulah Pascha, mit einer Reih« anderer Offiziere wird an den unter dem Generalobersten Frei herrn von der Goltz stattfindenden Uebungen der östlichen Erfi schen Armeekorps teilnehmen. * Bevorstehend« Veränderungen in hohen Marinestelle«. Wie aus Martnekreisen verlautet, wird der Kieler Stationschef, Admiral von Prittwitz und Gasfron, Ende dieses Iah. res in den Ruhestand treten. Der Thef des zweiten Geschwader», Vizeadmiral Schröder, wird im Herbst von seinem jetzigen Kommando zurücktreten und das Amt eine? Etattonschef» ent weder in Kiel oder in Wilhelmshaven übernehmen. * Der Negierungsentwurf Sb«r di« r«ich»ländisch« verfass««, abgeschlossen. Wie die amtliche Straßburger Korrespondenz unter dem 4. Juli mitteilt, ist in einer zweistündigen Besprechung über die elsaß-lothringischen Verfassungs- und Wahlrechtjsfragen, die am 2. Juli in Berlin Mischen dem Reichskanzler, dem Statthalter Grafen v. Wedel, dem StaatssÄvetär de» Inner«