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Jede Weche erscheint eine Nummer. Lithogravhirlc Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach Bedürfniß. — Bestellun gen nehmen alle Buch handlungen, Postüm- ter und ZkitungS-Ervedi- zionen Deutschland» und de» Auslandes an. — Bbonnementtprei« im Eisenbahn -Zeitung. Vrgan -er Vereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. xreuß. Sour, für den Jahrgang.— «inrückungtgebühr für Ankündigungen S Sgr. für den Raum einer gespalte nen Petitzeile. — Adreff e: .Redakzion der Tisenbahn- Zeitung" oder: I. B. M ehler'scheBu chh and- lunq in Stuttgart. XIX. Jahr. 28. Januar R86F. Nro. 4. Inhalt. Eiscnbahnbau. Herstellung, Aufstellung und Transport der Rheinbrücke bei Kehl. (Schluß.) — Einheitliches Maßsystem für Deutschland. — Deutsche Eisenbahnen. Die Pfälzischen Bahnen. — Zeitung. Inland. Ausland. Großbritannien. Eisenbahnbau. Herstellung, Ausstellung und Transport der Rheinbrücke bei Kehl. (Mit 2 lithographirten Beilagen.) (Schluß von Nr. 2) Zur Erzielung eines gleichmäßigen Vorrückens wurde versucht die Walzcn- gelriebe durch eine gemeinschaftliche Dampfmaschine in Bewegung zu setzen (Blatt l. Fig. 4), die man in der Mitte der Brücke aufstellte; diese trieb aus eine Querwellc aus der a» den äußern Gittern fliegend je eine Seilrolle ange bracht war. Von dieser Rolle wurde ein Drahtseil ohne Ende bewegt, welches über eine Leitrolle des einen Endes der Brücke, von da über die Triebrollen der Walzentriebwerke und dann über die eine Spannrolle des andern Brücken- Endes wieder zurückging. Das Drahtseil war um jede Tricbrollc einmal um- geschluugen, und da die Rollenperipherie etwas schräg gedreht war, so konnte das Seil durch Leilrollen so erhalten werden, daß der auslaufende Theil am ablaufenden vorübcrging, ohne an einander zu reiben. Nach der Rechnung wurde für den ungünstigsten Fall 20 Proz. der Last als Zugkraft angenommen; das Gewicht der zu bewegenden Last war 22,000 Zentner und daher der nöthige Zug an der Walzenperiphcrie als Marimum 4400 Ztr. Die Räderübersetzung der Getriebständer ist ISOfach und mit der Uebcrsctzung der Walzenperiphcrie auf die Scilrollenperipherie 1000fach, daher der nöthige Zug in den beide» Seilen 440 Pfd. und in einem Seile 220 Pfo. Für diesen Zug wurde ein Drahtseil von lO Millimeter Durchmesser bestimmt. Die Walzen, ganz von Schmiedeisen, wurden schon früher bei der Aaarbrücke bei Bern und der Rheinbrücke bei Waldshut ähnlich verwendet, und es wurde deren Länge der untern Gurtung entsprechend gewählt, die Zapfe» und Durch messer der Walzen so berechnet, daß ein Walzenpaar beim Frcihängen der Brücke noch 3fache Sicherheit gewährte. Da die Walzen getrieben wurden, so war es erwünscht, sie möglichst klein zu machen. Die Zapfendurchmesscr waren 15 Eentim., die Walzendurchmesser 22 Ccntini. Da bei der Fortbewegung von 3 Gittern mehr Walzen nöthig waren, so wurden die noch nöthigen Walzen den Vorhandenen entsprechend gewählt und die gleichen Dimensionen beibehalten. Die Dampfmaschine hatte 6 Pcrdckräftc, konnte aber durch Veränderung von Expansionsmaschine zu Hochdruckmaschine so verändert werden, um momentan mit 12—15 Pferde» zu arbeiten. So ausgerüstet wurde nun die Brücke bei der ersten Probe in 10 Minuten 3.KO Meter vorwärts bewegt, wobei sich dann aber einige Brüche im Trieb werk einstellten; bei einer zweiten Probe ging das Anfahren, wo eigentlich die größte Zapfenreibung re. zu überwinden war, wieder ganz leicht »nd ungestört von Statten, während etwa nach einer Viertelstunde wieder Brüche cintrateu: es wurden zwar besonders etwas stärkere Triebräder an den Gestellen herge stellt, allein stets nachdem die Brücke kurze Zeit gelaufen war, stellte sich irgendwo eine Unterbrechung ein. Da die Bewegung der Triebwerke durch das Seil ohne Ende eine zusam menhängende war, so nahm die Spannung des Seils von einem Triebwerk zum andern stets um die am ersten Triebwerk abgegebene Kraft ab, oder cs konnte der Ucbelstand eintretcn, was auch hier jedenfalls der Fall war, daß gerade die jenige Walze, welche durch den geringsten Unterschied in der Walzcndicke oder der Seilrolle gegenüber den übrigen zu schnell ging, auch den größten Zug des Seils absorbirte und anstatt ctwas zu gleiten, im Gcgentheil die Brücke allein fortschaffen wollte, während an der Walze, welche wenig arbeitete und daher die andern hätte unterstützen sollen, gerade ein Gleiten stattfand, wodurch stets auch ein Bruch anflng. Um diesem Uebelstandc zu begegnen, sollte die Seilrolle auf den einzelnen Triebgcstellen nicht mehr aufgckeilt werden, sondern es sollte das Triebwerk durch einen Frikzionsrutscher, welcher nach einer bestimmten Krastangabe gleitete, be wegt werden. Bis zur Vollendung dieser Einrichtung wurde die Brücke, da für die bei derselben beschäftigten Arbeiter gerade weniger Beschäftigung vorhanden war, durch Menschenkraft vorwärts bewegt. Die nöthigen Kurbeln waren schon zum Voraus gerüstet und zwar so, daß 5 Mann bequem daran arbeiten konnten, nämlich 1 Mann an der innern Kurbel, an welcher zugleich 2 Mann durch eine Schubstange arbeiteten und 2 Mann an dem in rechten Winkel abgebo genen Theil der Kurbel. Auf diese Art wurde die Brücke mit 40 Mann leicht vorwärts gewalzt, mit einer Geschwindigkeit von K Meter pro Stunde. Die Arbeiter machten pro Minute 25 Umdrehungen an der Kurbel und war natürlich eine Ablösungs mannschaft von ebenfalls 40 Mann thätig. Da es sich bei diesem Betrieb durch Arbeiter zeigte, daß die Brücke ganz ruhig ging und sich dabei für den freihängenden Theil auch nicht die geringsten Horizontalschwankungen zeigten, ebenso daß die Arbeiter ohne weiteres Commando als das Zeichen zum An fängen und Aufhören gleichmäßig zusammen arbeitete» und jedenfalls das er reicht wurde, was mau durch das Dampsgetricbe erreichen wollte, so entschloß man sich das letztere ganz fahren zu lassen und die Brücke ganz mit Menschen hand vorwärts zu walzen. Sobald die Brücke 30 Meter vorwärts gewalzt war, wurde hinten ein Walzensystcm frei, welches nun wieder vorn aufgelegt wurde, und so fort, bis man mit der Brücke beim Wasser angelangt war. Je nach dem Aufenthalt des Versetzens von einem oder zwei Walzensvsteme» wurde die Brücke pro Tag 30—50 Meter vorwärts gewalzt. Auf dem ersten Erdpfeiler angelangt. wurde »uu das Vorwalzen interessanter; die Brücke mußte sich von einem Pfeiler zum andern, also 58 Meter weit frei tragen; um dieß zu erreichen, resp. um die Brückenkonstrukzion durch ihr frei- häugendcs Eigengewicht nicht über die erlaubte Grenze anzustrengen, wurde in der Verlängerung jeder Gitterwand eine Vorspitze von Holz und Eisen kon- struirt angebracht. Die Konstrukzion dieser Vorspitzen ist Fig. 3, Blatt II. dargestellt; die unterste Schichte der Tragbändcr ebenso ein aufrechtes unteres Stehblech ging bis an den Anfang der Vorspitze vor. Tie übrigen Bänder hörten staffelförmig unter der Vorspitze auf, so daß sie noch gehörig mit den untern Hölzern (Streckbalken) verbunden werden konnten : letztere waren zu beide» Seiten des Stehblechs angebracht; die Bügc, ebenfalls doppelt, waren solid aus die Streckbalkcn anfgekämmt und unten noch mit den Stchblechcn verschraubt, oben stemmte sie sich vollkommen an die obere Gurtung und die erste Vcrtikal- versteifung an; zwischen den Bügen waren leichte Zugschielle» in entgegenge setzter Richtung der Bügc angebracht, welche, unten am Stehblech festgcnietct, dadurch den Bügen einen Halt gegen Ausbiegen gaben. Zur Verbindung der 3 Vorspitzen waren vertikale Pfosten mit obern und uirtern Traversen ange bracht; ebenso waren in der Verlängerung der obern Windkreuze auch an den Vorspitzen hölzerne Windkreuze angebracht. Die Länge dieser Vorspitzen war 21 Meter, welche Länge ihrem Gewichte nach einer größern Länge der Brücke von 5 bis 6 Meter entsprach. Sobald die Brücke 37 Meter fliegend über den Pfeiler vorgewalzt war, war auch die Vorspitze bereits am nächsten Pfeiler angelangt, wo dieselbe wieder mit Walzen unterlegt wurde. In der Rechnung wurde daher die Brücke aus 43 Meter freihängend berechnet, wobei eine Jnanspruchnahmc der Brücke continuirlich statt fand gleich der, wenn die Brücke aus ihren Unterlagen ruht und mit KO Ztr. pro lauf. Meter Geleise gleichmäßig belastet wird. Zur größern Sicherheit, um die Vorsxibc noch früher auflaufcn lassen zu können, wurde noch die von den Pfeilerrüstungen herrührende Pfahlreihe, welche 8 Meter vom Pfeiler entfernt war, dazu benützt, um dort mit kleinern Walze» die Konstrukzion zu unterstützcn, was sich auch in der That von wesentlichem Nutzen erwies. Auf den Pfeilern, welche die fliegende Partie der Brücke zu tragen hatten.