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aunhofer Nachrichten Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Auchshain, Großstcinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Sonntag, den 16. September 1906 Nr. 112 17. Jahrgang Mit einer vierseitigen Illustrierten Sonntagsbeilage. Aür Inserenten der Amtshauchmann- schall Gijinma 10 Psg. d.c sünsgc- spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Psg. Bei Wiederholungen Rabatt. Bezirgspreis: Frei ins HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei ins HauS durch die Post Mk 1.30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof.' Redaktion: Robert Günz, Raunhof. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum des nachsala/nden Taaes Scklmr der An^ciaenannahme: VormjnagS l l Uhr am Tage des Erscheinens. Bekanntmachung. Diejenigen bedürftigen, unausässigen Einwohner Naunhofs, welche in der Zeit von Michaelis 1906 bis Michaelis 1907 in der StaatSwaldung Leseholz sammeln wollen, haben sich Dienstag, den 18. September 1SV6 vormittags von S—10 Uhr in dem hiesigen Meldeamt persönlich zu melden. Naunhof, am 14. September 1906. Der Bürgermeister. I. V.: Bep er. Die Land- und Landeskulturrenten auf den 3. Termin sind bis zum 30. September INON an die Stadtsteuereinnahme zu entrichten. Naunhof, am 15. September 1906. Der Stadtrat. I. V.: Beyer. Braunschweigs Thron verwaist! So hat der Schlaganfall, der den greisen Herrn am Montag betroffen, die befürchtete Folge gehabt." Prinz Albrecht von Preußen ist am 13. d. M. früh 5 Uhr 20 Minuten gestorben. Mit Prinz Albrechts Tode ist die Braunschweiger Erbfolgefrage wieder in den Vordergrund des Tagesinteresses gerückt. Der Ausdruck „Erbfolgefrage" ist freilich kein richtiger, wenn auch landläufiger, denn nach dem letzten braunschweigischen Regent schafts-Gesetz vom Jahre 1902 dauert die Be hinderung des erbberechtigten Thronfolgers, des Herzogs von Cumberland, zur Thronbe steigung fort und damit auch die Regentschaft, und zwar noch über dessen Tod des Herzogs, des Sohnes des letzten Königs von Hannover, hinaus. Die Regentschaft ist natürlich nicht erblich, es ist wohl fraglich, ob nach dem Regenten Prinzen Albrecht einer von dessen drei Söhnen, die bisher sämtlich unvermählt sind, geneigt ist, die Braunschweiger Regenten würde zu übernehmen. An Kandidaten für die Regentschaft fehlt es natürlich nicht, und nur insofern kann von einer Braunschweiger Frage gesprochen werden. Die Thronbesteigung des Herzogs von Cumberland oder seine- ältesten Sohnes ist aussichtslos, jedenfalls unbedingt so lange, als er nicht seinen vollen Frieden mit dem Deutschen Reiche gemacht hat. Und an einen solchen runden und klaren Friedensschluß ist, wie die Dinge liegen, für absehbare Zeit wohl kaum zu denken. Braunschweig ist kein großes Land, aber sicher eins der wohlhabendsten, wenn nicht das reichste, in ganz Deutschland. Mit dem kinderlosen Herzog PZilhelm ist am 18. Oktober 1884 die ältere Linie des Welfenhauses aus- gestorben; Nachfolger märe der Chef der jüngeren ehemals hannoverschen Linie des Welfenhauses, der Sohn des blinden Königs Georg von Hannover gewesen. König Georg der sich zu seinem Verhängnis in den deutschen Bruderkrieg von 1866 hineinziehen ließ, in dem seine Armee unter dem General von ArendscWd die halb so starke Preußens bei Langensalza zurückschlug, hat niemals die Annektion seines Landes durch Preußen ver winden können. Sein <^hn, der einstige Kronprinz Ernst. August und nachmalige Herzog von Cumberland, behielt die abweisende Haltung seines Vaters bis in die neunziger Jahre Hinei» bei und veröffentlichte erst dann eine Erkläruug, worin « betonte nichts gegen Wesen urck Bestand des Deutschen Reiches unternehmen zu wollen. Darauf erhielt er das 1866 beschlagnahmte Vermögen der hannoverschen Königsfamilie, den sogenannten Welfenfonds, zurück. Eine weitergehende Kundmachung des Herzogs, in der er die Einverleibung Hannovers in Preußen aner kannt hätte, erfolgte nicht, und so behielt das Braunschweiger Regentschaftsgesetz, das zuerst schon 1879, also noch bei Lebzeiten des letzten Herzogs Wilhelm beschloßen wurde, Geltung; der Prinz Albrecht von Preußen, der nach dem Tode des letzten melfischen Landesvaters zum Leiter des braunschweigischen Landes ge wählt war, behielt diese Würde, die indessen, wie oben schon gesagt, nicht erblich ist. Es hat namentlich in den letzten Jahren an Meldungen und auch wohl an Versuchen nicht gefehlt, den Herzog von Cumberland zu bewegen, von seinen Ansprüchen auf Hannover in aller Form zurückzutreten, wie dies früher der Herzog Adolph von Nassau bezüglich des schönen Nassauer Landes getan hatte, um dann den Luxemburger Thron zu besteigen. Diese Bemühungen waren umsonst, und man kann sich auch von ihrer etwaigen Wiederauf nahme schwerlich viel versprechen. Der vom Herzoge von Cumberland seit vielen Jahren unerschütterlich festgehaltene Stanbpunkt ist ihm wohl dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, daß er nicht mehr davon los kann. Und wenn dar erklärlich erscheint, so darf dabei doch auch die Einheit und Ein mütigkeit in Deutschland nicht außer Acht gelassen und wohl gar gefährdet werden. Die strht über allen Händeln, also auch über diesem welfischen. Er ist nicht allzu gern nach Braunschweig als Regent gegangen, der Prinz Albrecht von Preußen, er folgte dabei mehr dem Wunsche seines hohen Oheims, des alten Kaisers, und Braunschweiger, als dem eigenen Antriebe. Es fehlte damals an recht geeigneten Regent schafts-Kandidaten, man Hütte sich da vielleicht vornherein auf einen anderen Prinzen ge einigt. Der-'Prinz Albrecht hatte in Charak ter und Gestalt vieles mit dem alten Kaiser gemein. Streng monarchisch nnd konservativ in seinen Anschauungen, ritterlich und vornehm ein Soldat durch und durch, von imposanter Figur paßte er wenig für den politischen Streit, war auch keine Figur für eine rechte Volks-Popularität, zumal er seine Regent schaft in Braunschweig doch immer nur als ein Uebergangs-Stadium ansah. Beim alten Kaiser, der ihn auch zum Herrenmeister des Johanniter-Ordens ernannte, war er sehr wertgeschätzt; dasselbe gilt auch für unsern Kaiser. Kaiser Friedrich, des Prinzen Cousin, hatte schon etwas andere, namentlich in kon fessionellen Dingen freiere Anschauung. Prinz Albrechts Vater, jüngster Bruder Kaiser Wilhelms I., war ein sehr lebenslustiger Herr und von seinem Sohne erheblich ver schieden. Vielleicht hat die wenig glückliche Ehe seiner Eltern, die dann auch geschieden wurde, den Prinzen Albrecht Sohn so ernst gestimmt. Durch seine Mutter, die Prinzessin Marianne der Niederlande ist der braun schweigische Regent einer der reichsten deut schen Fürstlichkeiten geworden: er hat, gerade wie Kaiser Wilbelm I. in seiner stillen Art, manchen segensreichen Gebrauch davon ge macht. Seit dem Tode seiner Gemahlin fühlte sich der Prinz etwas vereinsamt, zumal seine Gesundheit nicht die festeste war. Sein ältester Sohn ist Kommandeur der Schwedter Dragoner, die beiden anderen dienen in der Berliner Garde. Der zweitälteste ist als Komponist vorteilhaft bekannt. Alle dre sind unvermählt, wie auch schon oben gesagt. Schreckensherrschaft in den baltischen Provinzen. Der Petersburger Korrespondent des Daily Telegraph, Dr. Dillon, meldet Einzelheiten über eine geheime revolutionäre Nebenregierung, die eine absolutistische Schreckensherrschaft über die unglückliche Bevölkerung der baltischen Pro vinzen ausübt. Die Revolutionäre tyranni sieren angeblich für die Freiheit nicht nur die oberen, sondern auch die unteren Klaffen und zwingen sie ganz »ach Willkür, Steuern zu bezahlen, die viel höher und lästiger als die jenigen sind, welche die russische Regierung früher erhoben hat. Dabei werden die uner hörtesten Schandtaten verübt. So erschienen Abgesandte der revolutionären Nebenregierung bei einem reichen Bauer, um Geld und Waffen von ihm zu verlangen. Sie erhielten alles, was sie verlangten, trotzdem erschaffen sie den Bauer auf der Stelle, nur aus Lust am Morden. Darauf erschoßen die revolutionären Abgesandten den dortigen Lehrer und deßen Frau, gleichfalls ohne jeden Grund. In demselben Bezirk erschienen Abgesandte der revolutionären Nebenregierung bei einem Bauer um ihn zu bestrafen, weil er die ihm aufer legte revolutionäre Steuer von 300 Rubeln nicht bezahlt hatte. Der Bauer flehte um Gnade, weil er nur 140 Rubel besaß. Die Abgesandten nahmen ihm diese Summe ab und erschossen den Unglücklichen. Rundschau. * Handwerker »nd StastSlieferungen. Dem geschäftsführenden Ausschuß der Deut schen Mittelstandsvereinigung ist auf die Ein gabe, daß in Zukunft die Lieferung von Aus rüstungsgegenständen für die Kolonialtruppen nicht einigen Großunternehmern, sondern Hand werkerverbänden übertragen werde, vom Ober kommando der Schutztruppe in Berlin die Antwort zugcgangen, daß das Oberkommando zu seinem Bedauern nicht in der Lage sei, der Vereinigung irgendwelche Zusicherungen oder Versprechungen zu machen. Zur even tuellen Berücksichtigung bei der Vergebung von Lieferungen sei aber die Deutsche Mittelstands vereinigung in das Lieferantenverzeichnis ein getragen. Entschließungen über die zukünftige Beschaffungsart seien noch nicht getroffen worden. - Hierzu weiß die „Deutsche Mittelstands- Korrespondenz" zu melden, daß höchstwahr scheinlich die Lieferungen in Zukunft den Armee bekleidungsämtern übertragen werden, zumal man annimmt, daß die Lieferungen schon jetzt keine große Rolle mehr spielen und immer kleiner werden dürften. Es erscheint demnach, wie wiederholt betont, ausgeschloßen, daß wegen der verhältnismäßig geringen zukünftigen Liefe rungen für die Schutztruppe ein ganz neues Verfahren eingeführt werde, wie es das der Vergebung der Arbeiten an einzelne Hand werkerverbände wäre. Das unverbindliche Schreiben des Oberkommandos, nebenbei be merkt die letzte Amtshandlung des Prinzen Hohenlohe, kann daran nichts ändern. Es ist also den in Frage kommenden Handwerkern zu empfehlen, sich in dieser Beziehung keinen zroßen Hoffnungen und Erwartungen hinzu geben. Der Reichszuschuß zur Invalidenver sicherung war im Etat für 1905 auf 49,6 Millionen Mark angenommen, tatsächlich sind davon, wie aus dem Finalabschluß der Reichs- hauptkaße hervorgeht, nur 47,4 Millionen Mk. verbraucht morden. Man hatte demgemäß die Zunahme der Rentenzahl höher geschätzt, als nötig war. Ihr Zurückbleiben gegenüber der Schätzung ist um so erfreulicher, als auch daraus hervorgeht, daß eine Erhöhung der Versicherungsbeiträge der Arbeitgeber und Ar beiter in den vorhandenen fünf Lohnklassen vorläufig wenigstens nicht in Aussicht genom men zu werden braucht. Im Jahre 1904 wurden für den gleichen Zweck 45,3 Millionen Mark verbraucht, also 2,1 Millionen Mark weniger. Da im Reichshaushaltsetat für 1906 der Neichszuschuß auf 50,6 Millionen Mark veranschlagt ist, so ist anzunehmen, daß auch diese Summe nicht ganz verbraucht werden wird, sich hier also ebenso wie für 1904 und 1905 Ersparniße werden erzielen lassen. * Umsteigen! Der „Vorwärts" beschäftigt sich viel mit der wichtigen Tatsache, daß Herr Giesberts als Vorstandsmitglied des Katho likentages einen Frack getragen hat. Das .Reich- hält dem folgende Tatsache entgegen: Als Bebel und Singer zum Parteitag der Proletarier nach Lübeck fuhren, nahmen sie von Berlin bis Büchen (30 Minuten vor Lü beck) im Abteil erster Klasse Platz. In Büchen aber stiegen sie um in die dritte Klasse und konnten nun in Lübeck als waschechte „Arbeiter" Einzug halten. * Die polnische Obstruktion in der Volks- schule. Wie man aus Posen berichtet, werden die Schulvorstandsmitglieder, die gegen den deutschen Religionsunterricht auftreten, ihres Amtes entsetzt. * Ruhezeit in Gastwirtschaften. Ein gemeinsamer Erlaß des preußischen Handels ministeriums und des Ministers des Innern führt aus, es sei bei der Kontrolle über die Durchführung der Bundesratsbestimmungen wegen Regelung der Arbeitszeit in Gast- und Schankmirtschaften die Beobachtung gemacht worden, daß anscheinend immer noch in wei teren Kreisen diesbezüglich eine irrige Auffassung verbreitet sei. Der Irrtum besteht in der Meinung, daß der Betriebsunternehmer den ihm durch die erwähnten Bestimmungen auf erlegten Verpflichtungen genüge, wenn er zwar dem Angestellten die vorgeschriebene Ruhezeit anbietet, für ihre Innehaltung aber nicht sorgt, sondern das Weiterarbeiten der Angestellten während der Ruhezeit duldet. Dieser Auffas sung wird entgegengetreten und die Ortspolizei behörden werden darauf hingewiesen, daß eine Ruhezeit nur dann vom Unternehmer „gewährt" worden ist, wenn er zugleich Vorsorge getroffen hat, daß die Arbeit des Angestellten in seinem Betrieb während dieser Zeit unterbleibt * Teplitz. Das neuerbaute bischöfliche Knabenseminar in Mariaschein ist zum größten Teile eingestürzt. Zum Glück konnten sich alle in dem Gebäude befindlichen Personen durch die Flucht retten. Erwähnenswert ist, daß kürzlich ein Maurerpolier, der die leichte Bau art des Seminargebäudes öffentlich bemängelt hatte, infolge der gegen ihn von dem Bau meister erhobenen Klage zu 250 Kronen Geld- trafe verurteilt wurde. * Braunschweig. In der Jute-Industrie Deutschland steht eine neue Lohnbewegung in üussicht. Seitens der Organisationsleitung des Textilarbeiterverbandes ist auf vertraulichem Wege für Anfang Oktober nach hier eine Dele- gierten-Konferenz der Arbeitnehmer aller Jute- pinnereien Deutschlands einberufen, um zu dec Lohnfrage endgültig Stellung zu nehmen. * Wie man aus Esten meldet, bestätigt es sich, daß der Kaiser bestimmt an der Hoch zeit» des Fräulein Bertha Krupp in der Villa zügel am 14. und 15. Oktober teilnehinen wird. Die Hochzeit wird nur im intimen