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Kritisches aus Oesterreich und Ungarn. Bride Reichshälsten der habsburgischen Doppelmonarchie machen zurzeit wieder einmal krisenhafte Zustände durch, die im Grunde genommen allerdings weder in Zisleithanien noch in Tranrleithanien etwas absonderlich neues sind. Was zunächst Oesterreich anbelangt, so handelt es sich hier um den alten Gegensatz zwischen den Deutschen und den Tschechen, diesen ewigen Hemmschuh für eine ge deihliche innere Entwickelung der westlichen Reichshälste des grotzen Donaustaates. Wie fast alle österreichischen Ministerien der letzten Dezennien, so hatte auch das jetzige Kabinett Bienerth den Versuch unternommen, eine Ver ständigung zwischen den Deutschen und den Tschechen herbeizuführen, um vor allem hierdurch den böhmischen Landtag wieder arbeitsfähig zu machen. Aber die zu diesem Behufe dem Landtage unterbreiteten fünf Ausgleichs vorlagen erfuhren gleich von allem Anfang an eine ent schiedene Zurückweisung von tschechischer Seite, trotzdem sie günstiger für die Tschechen w'e für die Deutschen waren, und da auch sonstige Einigungsvorschläge der Regierung weder bei den Deutschen noch bei den Tschechen das nötige Entgegenkommen fanden, so mutz die Bienerthsche Ausgleichsaktion als gescheitert betrachtet werden. Infolge dessen ist natürlich nicht mehr daran zu denken, den böhmischen Landtag wieder flott zu machen, und so dürfte zurstunde zweifellos seine erneute Vertagung auf unbe stimmte Zeit erfolgt sein. Unter diesen höchst unerquick lichen politisch-parlamentarischen Verhältnissen in Böhmen wird aber auch der österreichische Reichsrat zu leiden haben, seine Arbeitsfähigkeit ist wegen des andauernden deutsch-tschechischen Konfliktes ebenfalls ernstlich in Frage gestellt. Bereits gehen denn auch Gerüchte von einer möglichen Auflösung des Reichsrates um, womit natürlich die österreichische Krisis ihren Höhepunkt erreichen würde. Wenn wir nun die krisenhaften Zustände in der östlichen Reichshälste ins Auge fassen, so sehen wir, datz die lange schleichende Kabinettskrisi» in Ungarn endlich zu einer Ent scheidung drängt. Das Ministerium Weckerle, welche» wegen der Schwierigkeiten, in die es durch die Differenzen zwischen der Krone und der llnabhängigkeitspartei geraten war, schon vor «in paar Monaten seine Demission gegeben hatte, um sie dann wieder zmückzuziehen, hat sich nach längerem Zögern und Schwanken nun doch zur erneuten Einreichung seines Entlassungsgesuches entschließen müssen. An «ine nochmalige Berufung Herm v. Weckerles an die Spitze der Regierung ist kaum mehr zu denken, die politische Situation in Ungarn ist unter dem Weckerleschen Regime zu sehr verfahren geworden. Herr Weckerle selbst hat ja auch bereit» dem Kaiser und König Franz Josef Herrn Kossuth, den Führer der ungarischen Unabhängig- keiispartei und Handrls.ninister im bisherigen Kabinett »Weckerle, als den Mann empfohlen, der allein zur Lösung de» bestehenden Wirrwarrs befähigt sei. Es heißt denn auch, Kossuth habe bereits seine Vorschläge formuliert, di« er in seiner bevorstehenden Audienz in der Wiener Hof- bürg zu machen gedenkt. Ls sind die» folgende: l. Ueber- tragung der Regierung an die Unabhängigkeit-partei unter Eintritt dreier Vertrauensmänner de» Kaiser» in da» Kabinett, 2. Durchführung der Wahlreform, ungestörter Verlauf der Delegationen, Uebernahme der neuen milttäri- schm Lasten, provisorisch« Regtlung der bosnischen Frage, 3. dreijährige Verlängerung de» Bankprovisorium». — von der Aufnahme dieser Enlwirrungspläne Kossuth» seitens de» Kaiser» wird r» abhängen, ob jetzt in der Tat die ungarische Krisir zum Abschlüsse gelangt, oder ob sie sich nur noch weiter verschärft. Lokales und Sächsisches. DippelSWoalde. «ei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat September d. I. 74160 Mk. 54 Pf. Einlagen in 674 Posten, l 500 Mk. — Pf. Kapital-Rückzahlungen, 3955 Mk. 63 Pf. Zinsen, 20 Mk. — Pf. Insgemein, 2300 Mk. — Pf. für verkaufte Wertpapiere, 59000 Mk. — Pf. Bankrückzahlungen, 140936 Mk. 17 Pf. in Sa. vereinnahmt, dagegen sind 70854 Mk. 53 Pf. Rückzahlungen in 355 Posten, 473 Mk. 77 Pf. Zinsen für gelöschte Konten, 40500 Mk. — Pf. ausgeliehene Kapitalien, 310 Mk. 22 Pf. abgelieferte Überschüsse und Verwaltungsaufwand, 112138 Mk. 52 Pf. in Sa. verausgabt worden. — Am 2. d. M. vormittag« sand durch Herrn Kreis hauptmann vr. v. Oppen die feierliche Einweisung des zum Amtshauptmann für den Dippoldiswalder Bezirk er nannten Herrn Oberregierungsrate» Or. Sala in Anwesen heit von Vertretern der Behörden,, des Bezirksausschusses, der Bezirksversammlung, den amtshauptmannschaftlichen Beamten, der Gendarmerie und den sonst der Königlichen Amtshauptmannschaft deigeordneten Organen statt. Nach dem Herr Kreishauptmann Or. v. Oppen den Einweisungs akt in längerer Rede in Verbindung mit der Verpflichtung vollzogen hatte, ergriff Herr Amtshauptmann vr. Sala das Wort, gab zunächst seiner großen Freude darüber Aus- druck, daß es ihm vergönnt lei, in einem landschaftlich so reizenden Bezirk zu arbeiten und zu wirken, und versicherten warmen Worten allzeit für des Bezirkes Wohlfahrt sein ganzes Wissen und Können einzusetzen. Herr Amtshaupt mann betontt, daß er besonders auch durch mündlichen Verkehr die Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung kennen lernen und versuchen wolle, nicht nur dort, wo sein Amt ihn zur Tat auffordere, sondern auch in den Fällen, in denen er um Rat und Beistand angegangen werde, stets das Vertrauen zu rechtfertigen, das man ihm hoffentlich in recht reichem Maße entgegenbringe. Mit einem „Walte Gott" schloß er seine wohl von allen An wesenden mit größter Befriedigung aufgenommenen herz lichen Worte. Hierauf erfolgte die Vorstellung der An wesenden, wobei sowohl der Herr Kreishauptmann als auch d«r Herr Amtshauptmann in liebenswürdigster Art sich mit jedem Einzelnen unterhielten und namentlich auch in dankenswerter Weise für jeden Beamten freundliche Worte hatten. — Herr Apotheker Komisch hier hat die persönliche Konzession zum Betriebe der zweiten Apotheke in Aue erhalten. — Am Sonntag fand im Sternsaale eine Versamm lung des „Vaterländischen Arbeiterverein»" statt, in welcher Herr vr. Görler—Dresden über das Erfurter Programm der sozialdemokratischen Partei sprach. In fünfviertel stündigem Vortrag verfolgte Redner die ost harmlos klingen den Programmsätze bis in die äußersten, sich zwingend ergebenden Konsequenzen, die sich al» undurchführbar, weil umstürzlerisch zeigten. In der pflichttreuen Verrichtung nützlicher, nötiger Dienste, in der unentbehrlichen und darum hochachtbaren Anteilnahme an der Erzeugung wohlfahrts fördernder Güter liege der Nutzen, der Wert und der An spruch unsrer Arbeiterschaft. Auf Treue, Liebe, Glaube und Pflichtbewußtem beruhe da» Wohl der Arbeiter und de» gesamten deutschen Volkes. In glanzvoller Redeweise, zeigte d«r Vortragende, wie man solch« Parteisätz« drn Tatsachrn nachgehend und rechnend betrachten muß, um zu selbständiger Anschauung und zu eigner Meinung zu gelangen. Die Versammlung, der ein zahlreicherer Besuch zu wünschen gewesen wäre, wurde von dem Vorstand de» hiesigen Verein», Herrn Monteur Hornuff, eröffnet und von Herrn Knorr, d«m Vorstand de» Dresdner Verein», Ueber da» vermögen de» Gasthofsbesitzers Gustav Mar Mörbitz in Dippold!«- «aldo wird heute, am 2. Oktober 1909, vormittag» 3/412 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Der Kaufmann Johanne» Lahode in Dippoldiswalde wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 21. Oktober 1909 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Beibehaltung des ernannten oder die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Bestellung eines Gläubigerausschusses und 1M. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Pm- einmonatlich 42 ^Bnzelne Nummern Psg. — Me Postan- tenl Postboten, sowie ereAustrSgernehmen Bestellungen an. Instraw werden ich« au» ««so« mkt12Psg.di« »derberen Naum berech net. Bekanntmachungen aus der ersten Seite (nur von Behörden) die zwei» gespaltene Zeile SS bez. M Psg. - Tabellarisch« undkomplizierteJnserm« mit entsprechendem Aus schlag. - Eingesandt, im redaktionellen Mle, di« Spaltenzeile SO Psg. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Hadtrat zu Dippoldiswalde. «st achtsettige« „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Mit land, und hauswirtfchastlicher Monats-Vellage- Für die Aufnahme eines Inserats an bestimmter Stelle und au bestimmte« Lage« wird keine Garantie übernommen. - Neranbvorllichrr Redakteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Irhne in Dippoldiswalde. Dienstag, den 5. Oktober 1S0S Nr. 115 75. Jahrgang kMVle «eflügelcholera in Reichstädt ist erloschen. 1078 d. O. König!. Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, am 30. September 1909. eintretenden Falles über die in § 132 der Konkursordnung bezeichneten Gegenstände und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf , den 2S. Oktober ISVS, vormittag» >/4ll Ahr, vor dem unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz habe« oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemein schuldner zu verabfolgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Be sitze der Sache und von den Forderungen, für die sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 21. Oktober 1909» Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zn Dippoldiswalde. geleitet. Noch sei bemerkt, daß Herr Or. Görler ziemlich erblindet ist, sich durch Vorlesen mit dem Sachgehalt be kannt macht und seine Vorträge durch Stenogrammdiktate in Druck erscheinen läßt — In verschiedenen deutschen Zeitungen sind in der letzten Zeit Ankündigungen zum Abdruck gelangt, in denen ein G A. Mann in Paris sein angebliche« Hellverfahren „Radiotherapie" anpreist. Dieser Mann ist al» Heilmittel- schwindler bekannt, sodaß ernstlich davor gewarnt werden muß, auf seine Angebote einzugehen. — Von der interessanten Tierwelt, di« Deutschland in seiner Steppenzelt beherbergte, haben sich nur ganz wenige Arten bei uns gehalten, als das Klima sich änderte und die Steppe dem Walde Platz machen mußte. In jener Zeit lebten Springmäuse, mehrere Ziesel- und Hamster arten, das Steppenmurmeltier oder Bobak, die rüsselartige Saigaanttlope, Wildpferde und Wildesel bei uns. Sie alle wichen zurück, als der Wald immer mehr Land bedecke, bis auf den Hamster, der sich in Ost- und Mitteldeutsch land hielt, und den Ziesel. Nach Albertus Magnus kam er früher noch bei Regensburg vor, ist aber dort schon lange verschwunden. Bei Wien, im südöstlichen Böhmen und in Schlesien behauptete er sich noch und rück seit einiger Zeit, begünstigt durch die Zunahme der Getreide- steppe, mehr nach dem Westen vor. So hat er die niedrigen Sättel des östlichen Erzgebirges überschritten und sich im Königreiche Sachsen zwischen Lauenstein und Hellendorf angesiedelt. Dieses zierliche, sandfarbige Zwergmurmeltier lebt in Erdlöchern und besseren Böden, nährt sich von Wurzeln, Kräutern und Insekten und kann» wo es massenhaft vorkommt, durch sein Wühlen unter Umständen lästig werden. Für Deutschland ist es kaum zu befürchten, da das feuchte Klima seiner Vermehrung nicht günstig ist. Schmiedeberg. Donnerstag, den 7. Oktober, wird die gesamte Kapelle des Grenadier-Regiments Nr. 101 unter Leitung des Herrn Kapellmeister Schröder hier im Gast- Hofe ein Konzert geben. Es verspricht dies ein genuß- reicher Abend zu werden. Da besonders die Veranstal tung eines solchen Konzeptes mit größeren Kosten gegen wärtig verbunden ist, wäre zu erwünschen, daß auch der Besuch ein recht zahlreicher werden möchte. Glashütte. Herr Bürgermeister Friedrich hier ist als Stadtrat in Burg bei Magdeburg gewählt worden. Glashütte. Die erhöhten Bierpreise haben sich in unserer Stadt nicht lange gehalten. Schon seit 14 Tagen trinken wir da» Bier wieder zu alten Preisen. Durch das energische Vorgehen einiger größerer Vereine, sowie durch den geringeren Konsum waren die Wirte gezwungen, wieder zu den früheren Preisen zu verkaufen. Zinnwald. Nur wenige Tage sind verflossen, seit unser eigenes Bergkkrchlein geweiht werden konnte, und bereits am Dienstag mußte unser neuer Gottesacker in Gebrauch genommen werden. Ein Bergmann, der seit 21/2 Jahren an einer schweren Krankheit dahinsirchende pensionierte Grubensteiger Wilhelm Krügner von Grube Bereinigt Zwitterfeld Fdgrb. war es, der zu seiner letzten Schicht hinausgetragen und al» erster auf unserm Fried hof beerdigt wurde. Di« Brteiligung am Begräbnis war von Zinnwald und Georgrnfeld, sowie von selten der Grenznachbarn «ine so große, wie sie wohl kaum jemals hier zu verzeichnen gewesen ist. Dresden. Die Reform de« sächsischen Volksschulwesens, die bekanntlich im letzten Landtage Gegenstand eingehender Beratungen war, wird gegenwärtig im Ministerium des Kultu» und öffentlichen Unterricht» bearbeitet, doch sind die sehr umfassenden Vorarbeiten dort bi» jetzt noch nicht so weit vorgeschritten, daß sich über die Gestaltung der Reform etwa» bestimmte» sagen läßt. — Das Kirchen- und Echulsteuergesetz wird d«m im Herbste zusammen»