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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409173
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840917
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840917
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-09
- Tag 1884-09-17
-
Monat
1884-09
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.09.1884
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Erscheint täglich früh 6V,Uhr. Nrtartisn «nt Lkpr-ktioa JohannrSgasse 33. Hpr«tzk»»tr» »er Le-«Lliou vormittag« 10—IS Uhr. Nachmittag« b—S Uhr. -- WL' -- - W»»h«« »er f«, Sie »üchftslse»-« «»»»er »eftt«»te« Inserate a, »achetttage« »i« » Uhr Nachmittag, a« «ann- u„» Festtagen srütz kt»'/,» Uhr. In »ni Filialen für Znf.-Lnnahme: Otto NIrmm, UniverstlülSstraß« 21, Laut- Lischt, Katharineaftraßr IS, p. Mtt »t« '/,» Uhr. UchMer.TasMM Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Mittwoch den 17. September 1884. Auflage LS,«O0. Äv-nnementsprei» oiertelj. 4'/, Mk. i»cl. Briugerloh» b Mk.. durch dt« Post be»ogeu 6 Mk. Ird« riuzrlue Rumnuw SO Pf. Brleg««mplar 10 Ps. Gebühreu für Extrabeilagen (in Tageblatt-Format aesaljt) »htte Postbesörderung W Mk. »tt Poftbesörderung 48 Mk. Inserate «gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gr-ßerr Schriften laut unsere« PreiS- verzeichniß. Tabellarischer u. Ziffernsatz nach hvherm Tarif. Lerlamea unter^»em Ledactionastrich die Spaltzrile SO Ds. Inserate siud stet« an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnouuwernnäo oder durch Post» Nachnahme. 78. Jahrgang. Amtlicher Theil. . Vrklnmtmaihlmg.. Hierdurch wird zur öffentlichen ttenntniß gebracht» dag wir da« den Benedix'schen Erben gehörig gewesene Areal, welche« jetzt einen Theil der Lortzing-Straße und zwar die Strecke derselben von der Humboldtstraße ab nach der Psaffendorfer Straße zu bi« zur Grenze de« vormaligen Grundstück» der Blauen Mütze bildet, in da« Eigenthum der Stadtgemeiude und zur ferneren Unterhaltung durch dieselbe übernommen haben. Leipzig, den 12. September 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Wiiisch, Aff. Velmilnlmachnng. Wegen Reinigung der Geschäftsräume bleibt di« Stadt» raffe für Mittwoch de» L7. diese« M»»at« geschloffen. Leipzig, de» 13. September 1884. De« Rath« Jinanzdeputatio«. Der dem HandlungS-Tommis Wilhelm Richard Naumann hier unterm 1b. April ds«. IS. erthe>lte, bi« 1b. Januar 1885 zur Reise nach Brasilien giltige Reise-Paß ist zufolge erstatteter Anzeige abhaudeu gekommen und wird im AusfindungSsalle um dessen sofortige Abgabe anher gebeten. Leipzig, am 14. September 1884. Las Paltzetamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Städtische Gewerbeschule. Die Studien des Winterhalbjahre« beginne» Mittwoch. den 1. Oktober ». a.» der Lage«cursuS früh 8 Uhr und der Abendcursu« um 7 Uhr. Anmeldungen zur Aufnahme in die Gewerbeschule nach Maßgabe von S. 7 der Schulordnung werden hi« zu« SO. diese« Monat» schriftlich erbeten. Zur mündlichen Au«kunst«ertheiluug ist der Unterzeichnete Sonn, tag, den L8. diese« Monat«, Bormitlag« von 11—IS Uhr im Schul gebäude bereit. Leipzig, de» 1b. September 1884. vr. Ludwig Riepee. Die geschiedene Auguste EmUte Seifert geb. Börner hat sich der Fürsorge für ihr hier in Ziehe gegebene« Kind entzogen. Da der Aufenthaltsort unbekannt ist, wird um Mittheilung hierüber ersucht. Zuletzt hat die Seifert in Leipzig, Berliner Str. 3, gewohnt. Möckern, den 14. September 1884. Der vrt»armen»e,dand: vr. Eckstein. Nichtamtlicher Theil. Die Ausnahmegesetze und die Oberhaus- Reform in Ungarn. * Die vor einigen Tagen in Großwardeiu gehaltene Rede de« ungarischen Ministerpräsidenten TiSza hat. wie vorauSzu- sehen war, in ganz Ungarn eine große Bewegung hrrvor- gernsen. Sämmlliche Gesellschaftskreise de» Lande», vom einflußreichen Magnaten bis zum Spießbürger und Klein bauer, beschäftigen sich lebhaft mit jener neuesten Kundgebung de» leitenden ungarischen Staatsmannes, einer Kundgebung, di« natürlich, je «ach den Parteien, eine verschiedene Auf fassung findet. Wäkrcnd die Anhänger der Regierung darüber jubeln, daß TiSza sich endlich zu einem großen, entscheidenden Schritte ent- schloflen hat, sind die oppositioncllenOrgane in eine unbeschreibliche Wulh gerathen und lasten nicht» unversucht, um die öffentliche Meinung zum Widerstande gegen die Absichten der Regierung aufzureizen. Auch in den Kreisen de» Hochadels ist die Be wegung im Hinblicke aus die von TiSza angekündigte Ober- hauS-Reform eine große, weshalb die Vermuthung nicht aus geschlossen ist. daß die radikale Opposition au» dem Lager der gemäßigten Opposition eine erhebliche Verstärkung erlangen kann. Da» Alles dürfte im entscheidenden Augenblicke frei lich wenig Helsen, weil bekanntlich die ungarische Regierung im Reichstage sich auf eine große Mehrheit stützt; aber gewiß ist jedenfalls daS Eine, daß durch die »»gekündigten Ausnahme gesetz« die bisherige Kluft zwischen der Regierung und der Opposition zu einem Abgrunde wird, der sich nicht mehr über« brücken läßt. Was die provisorische Aushebung de- PreßgesetzeS betrifft, so machen die Oppositionsorgane nicht mit Unrecht darauf aufmerksam, daß eS für eine Regierung immer schlimm stehe, wenn sie sich genöthigt sehe, die Preßfreiheit, diese» Palladium eine- wirklichen BersassungSstaateS, zu verletzen. In Ungarn, führen die OppositionSblätter weiter auS, habe die Censur niemals zu Recht bestanden und wenn sie je geübt worden, so hatte man e- mit einem österreichischen Gewaltacte ru thun. Und nun will ein ungarischer Minister in die Futz- stapsen Metternich'» und Bach'» treten und die ungarische Nation des freien Worte» berauben! DaS sei unerhört und dürfe nicht geschehen, wenn Ungarn im Angesichte Europa» über sich selbst nicht den Stab brechen will. E» sei allerdings richtig, daß TiSza mit der Preßfreiheit nicht weiter zu regieren vermag, aber diese Wahr nehmung sollte ihn nur zu seinem Rücktritte veranlassen, den wder wirkliche Vaterland-freund schon so lange wünsche. Die Mehrheit, weiche TiSza im Reichstage besitze, sei nur ein« künstliche, durch die verwerflichsten Mittel errungene, ja warn einmal diese» für Ungarn so verbängnißvolle Mini- steriom zu den Tobten geworfen wird, so werde da» ganze Land voer die riesigen BestechungSsummen sich entsetzen, weich« die regierungsfreundlichen Reich-tagSwablen und die Fälschung der öffentlichen Meinung gekostet hoben. — So weit die Auslassungen der rabicalen Opposition, welche selbst verständlich vor Allem gegen di« angrdrohte Vergewaltigung der Preßfreiheit ergrimmt ist. Iber selbst in den Kreisen der gemäßigten Oppositions partei hat TiSza'» Rede in Großwardein eine bedenkliche Aufregung hervoraernfen. Da wird vor Allem daraus hin- gewiesen, daß der Minister-Präsident nur mit rückschrittlichen Maßregeln gedroht, aber tl« Hauptfragen, welch« den un garischen Staat beschäftigen, gar nicht berührt Hab«. Di« oberste dieser Hauptfragen sei, wie die überaus traurige finanzielle Lage Ungarn» verbessert werden könne. Diesem heiklen Thema sei TiSza in Großwardein ganz und gar auS dem Wege gegangen; seine Aeußerungen über den wirthschasl- lichen Ausgleich mit Oesterreich seien durchaus allgemeiner Natur und besäßen keinerlei positiven Werth. Und dennoch sinke der finanzielle Credit Ungarn» im Ausland« immer tiefer, derart, daß erst unlängst der Statthalter in Obcr- österreich e» wagen durste, die Anlage von Waisengeldern in ungarischen Papieren zu verbieten. Wa» die Ansichten TiSza'» über die OberhauS-Resorm betrifft, so stoßen selbstverständlich auch diese in den belhejlizten Kreisen auf heftigen Widerstand. Im Hinblicke auf die eigenartigen ungarischen Verhältnisse ist eS aber immerhin bemerkenSwerth, wie der leitende ungarische Staatsmann jene Reform ru begründen versucht. Er meint, eS sei schwer, bezüglich dieser Reform die richtige Grenz« zu finden und jene mit dem aus demokratischer Grundlage errichteten Der- tretungS-Shstem in Einklang zu bringen. Indeß sei.auch hier der Standpunct de» ungarischen Staate» der entscheidende. In Ungarn werde daS ÖberhauS nur dann allen An forderungen entsprechen, wenn die historische Entwickelung und im Zusammenhang« damit jene Familien berücksichtigt werden, die da» Recht auf einen Sitz im Oberhause bean spruchen können; andererseits aber sei der Grund, daß Jemand nur durch seine Angehörigkeit zu einer Familie allein schon daS Recht auf einen Sitz iiir Oberhause habe, veraltet und unhaltbar. Ebenso unhaltbar sei vom Standpnncte de» ungarischen Staate-, daß lediglich ein bestimmte» Vermögen das Recht auf einen solchen Sitz verleihen soll. Um die richtige Lösung zu finde», muffe man beide Bedingungen ver», einigen r die Geburt mit einem gesetzlich festgesiellten Ver mögen. Ueberdie» müsse ein Umstand beseitigt werden, welcher der gesetzlich ausgesprochenen Rechtsgleichheit der Consessionen zuwiderläust, von denen einige >m Oberhaus« gar keine Vertretung besitzen. Diese Rechl-ungleickheit sei im Geiste der Ueberlieferung der ungarischen Gesetz gebung auszuheben, welche solche Widersprüche nicht mehr ertragen könne. Auch die Obergespane können nicht mehr Milglieder de» Oderhause» bleiben und müssen dieses Opser der veränderten Natur ihre» Amte« bringen. Endlich muffe dafür gesorgt werden, daß da» neue Oberhaus durch solche Personen, oie sich auf irgend einen» Gebiete de» öffentliche» Leben- hervorgetban. au; Grund königlicher Ernennung für Lebensdauer verstärkt werde. Von einer solchen Reform wollen aber sehr viele Magnaten nicht» wissen, und so dar; man wohl gespannt sein, welches Nachspiel die Rede TiSza'S in Großwardein im ungarischen Reichstage und außerhalb desselben finden wird. Leipzig, 17. September 1884. * In einem mit dem Anschein de» Unterrichtetseins auf tretenden Artikel der „Post" zur Wahltaktik wird da» Regie- runaSprogramm für die nächste Zeit etwa» beleuchtet. Wir ersayren daraus u. A.. daß eine Erneuerung des Socialisten- gesetzes unzweifelhaft beabsichtigt sei, daß aber die i» früherer Zeit ausgewcrsenen VersassuugSsragen, wie zwei jährige ElatSperiodeil, ebenso wie da- Tabaksmonopol mit der Ablehnung durch die Reichsvertretung definitiv be seitigt sind. * Da sich die Nothwendigkeit herausstellte, Verein barungen über die beiPrüfungvonMeckanikernund Technikern einzuhallenden Methoden, sowie über die Gestalt und HerstellungSweise der Probestücke zu treffen, hat der Vorstand de« mechanisch-technischen Laboratorium» der Hochschule in München, Professor Bauschinger, aus den 22. September eine Conferenz der Vorstände der PrüfungSstationcn Deutschland» und Oesterreich» nach Bayern« Hauptstadt einberusen, an welcher auch Techniker theilnehmcn werden, ivclche die Erzeugung von Bau- constructionen betreiben. Es handelt sich dabei nicht etwa um die Prüfung von Technikern und Mechanikern, sondern um die Prüfung von Bau- und CvilstrustivnSmaterialien aus ihre mechanischen, hauptsächlich Festigkeits-Eigenschaften, und zwar spcciell um die Vereinbarung einheitlicher Methoden bei solchen Untersuchungen und um Feststellung von Normal- sormen der dabei zu verwendenden Probestücke. Die Conferenz findet am Montag den 22. September Vormittag« S Uhr in der Aula de» Münchener Polytechnikums statt; dieselbe dürste etwa zwei bi» drei Tag« in Anspruch nehmen. * OsficiöS wird au» Berlin geschrieben: „Die Fälle von Vergiftung in Folge d-S Genüsse- giftiger Pilze sind diese» Jahr so ungemein zahlreich ausgetreten, daß man sich fragen muß. ob kenn nichts geschehen könne, um der Gefahr, mit welcher der Pilzaenuß verbunden ist. die Spitze abznbrechen. Insofern gewöhnlich Unachtsamkeit oder Un- tciintniß die Quelle der VergistungSsälle bildet, erscheint als daS wirksamste VorbeugungSmittel. daß in der Schule, nament lich in den städtischen Volks- und den ländlichen Dorfschule», die Botanik der Pilze, unter eingehendster Berücksichtigung der die giftigen von den eßbaren Schwämmen unterscheidenden Merkmale vorgetragen werde. UcbrigenS kann nur immer wieder vor allen Arten von Pilzen, welche nicht genau al» eßbar bekannt sind, gewarnt und daraus aufmerksam gemacht werden, daß alle volkSthümlichen Proben zur Erkennung giftiger Pilze falsch sind und keine besondere ZubereitungS- methode vor der Wirkung de- Giste» schützt. Die Executiv- beamten sind angewiesen, den Verkauf gistiger Pilz« zu in- bibiren, dieselben eventuell in Beschlag zu nehmen und die Verkäufer bebusS deren Bestrafung aus Grund der tztz. 12 und 14 de» Gesetze», betreffend den Verkehr mit Nahrungs mitteln vom >4. Mai 187g, zur Anzeige zu bringen." * Der „Politischen Correspondenz" schreibt man au» Hamburg. >2. September: Die coloniale Actio» der ReichSregirrnng hat in ganz Deutschland einen so lebhaften Beisall gefunden, daß man sich in den deutschen Seestädten, deren private überseeisch« Unternehmungen den ersten Anstoß zu dem Emgreisen der Regierung gegeben haben, der sicheren Hoffnung bingiebt. es werde nunmehr auch da« Projeet einer staatlichen Dampieriubvention zur Durch- sührung gelangen. Ist die« doch eine Maßregel aktiver Einmischung de« Staate« in den freien Berkehr. die selbst von England, wo da« Princip der Nuhtintervrntion in die commerziellen Angelegenheiten io hoch gehalten wird, al« unentbehrlich erachtet worden ist und zwar nicht, wie von mancher Seite behauptet wird, blo« wegen de- internationalen Postverkebre«, sondern in erster Reihe wegen seiner kommerziellen und colonialen Interessen, die hiedurch rin tückische« Monopol erhielte«, wen» der Fleiß »nd di, Tüchtigkeit de« deutschen «aufmanne«, die überall aus der Welt anerkannt werden. b,S heute dem Mutterland« keine oder nur geringe Früchte tragen, so kommt dies nicht zum geringen Theile daher, daß der deutsche Handel uach Lhina, Japan, Indien, Australien und Südamerika zum größten Theile durch Schiffe vermittelt wird, welche eine andere, al« die deutsche Flagge tragen. Die mäßigen Opfer, welche daher iciten« de« Reiche« gebracht werden sollen, um diesem leidigen Zu stande abzuhelsen, werden daher gewiß, weuu auch mcht sofort, durch eine mächtige Entwicklung de« überseeische» Verkehre« »«lohnt werden, ganz abgesehen davon, daß die Bortbeile, die für den Post- und Waareuverkehr, für die Krieg«- und Handelsflotte mit der Herstellung direkter deutscher überseeischer Dampferlimen verbunden sind, schon jetzt groß genug sind» um eine Unterstützung vollkommen zu rechtfertigen. .. . ... Kür die Colouialpolitik Deutschland« ist dt« in hiesigen nntrr- richteten Kreise» verbreitete Lrtart bezeichnend, daß di« Musi an vr. Rachtig al'S mit den bisherigen Erwerbungen an der West- tust- Afrikas keineswegs beendet sei, daß der genannte deutsche ReichScommissär vielmehr den Auftrag erhalten Habe, sich nach dem Longo zu begeben. Fall« sich diese Nachricht bestätigt, so löst« aller- ding« die Erklärung näher, daß die Regierung da- Bedürfniß suhlt, sich über die Verhältnisse am Longo eingehend zu ioiorwiren. da über kurz oder lang eine europäische Lonferenz über dtrsr Frage zusammcntreten wird, wozu bekanurlich Deutschland die Anregung gegeben hat. .. ^ Auch über die Verwaltung der unter deutsche» Protectorat ge stellten Landstriche sind ehestens Dispositionen der Regierung zu erwarten. Wenn auch noch bi- vor Kurzem die Absicht bestand, die Verwaltung vorläufig den dort ansässigen Kausleuten zu überlassen, so lxiben die lüngsten Ereignisse doch die Nothwendigkeit nahe gelegt, staatliche administrative Organe für die Lolonien zu schaffe» «nd find, wie Ihr Correspondent erfährt, leiten- der Reichtregieruug die diesbezüglichen Vorkebrungen hierfür bereit» in< Auge gefaßt worden, so daß die Lolonien au Ort «ad Stelle durch RegirrungS- beamte verwaltet werden dürften. Schließlich sei erwähnt, daß seitens der Herren Graf Pfeil «nd vr. Peter eine Expedition lär die Südost-Küne Afrika» au«gerüstet wird, woselbst der Gras Pfeil sich mehrere Jahre ausaehalten und Land erworben hat. Dieselbe soll noch in diesem Herbst« stattfinden und rechnen die Unternehmer hierbei aus wirksame Unterstützung von Seiten der Regierung. *Der Deutsche Colonialvrrein, Sektion Pforz heim, hat im Anschluß an einen von seinem Vorsitzenden, Herrn Ober-Bürgermeister Groß, am 3. d. MtS. über den gegenwärtigen Stand der Colonialsrage gehaltenen, sehr interessanten Vortrag folgende Resolution beschlossen und, mit 2000 Unterschriften au* allen Kreise» der Bürgerschaft vergehen, am 12. ß. MtS. an den RefASktMzlfr abgcsandt: „Die Generalversammlung de« Deutschen Tolonlalvrrein«, Sektion Pforzheim, belundrt ihre lebhafte Genugtbuung über die von der hohen Reichsregierung neuerding« riageschlagene, ebenso besonnene al« thatkräitige Lolonialpolitik, die nach ihrer festen Uebcrzeugung für das Vaterland zu einer Quelle reichen Degens werden wirv. Die Versammlung dankt dem Herr» Reichskanzler aufrichtig für fein einsichtvolleS, zielbewußteS und erfolgreiches Vorgehen in überseeischen Angelegenheiten and spricht die zuver sichtliche Hoffnung auS, daß da- deutsche Bolk bei den bevorstehenden ReichStag-wahlen nur solche Männer mit Mandaten betrauen werde, welche sichere Gewähr dafür bieten, daß sie den ans die Hebung unsere» überseeischen Handels und Verkehr« und auf die Gründung deutscher Lolonien jenseit« de« Meere- gerichteten Maßregeln der Reichsregierung keiueo principiellen Widerstand entgegenlrtzen, sondern i» richtiger, unbefangener Würdigung der Bedürfnisse unsere« Volke« die thunlichste Unterstützung srrudig zu Theil werden lasse»." * Noch bis vor Kurzem war daS höhere Schulwesen in Oesterreich-Schlesien im Wesentlichen deutsch; die czechische Propaganda hat eS aber auch hier verstanden, für ihre Pläne bezüglich der Mittelschulen den Boden zu ebnen. Der czechische Schulverein, der bei verhältnißmäßig geringer Mitgliederzabl sebr bedeutende Summen ausbringt, errichtete vor zwei Jahren ein c;echischcS Nntergymuasium in Troppau, daS anfangs nur den Charakter eine» Privatinstitute» hatte. Diese Anstalt war die erste czechische Mittelschule in Schlesien; wie die nöthige Schüleranzahl für dieselbe ge worben wurde, ist aus ähnlichen Vorgängen in deutsch böhmischen und deutsch-mährischen Städten bekannt. Bor einigen Wochen nun bat da» Unterrichtsministerium dem czechischen Unterghmnasium in Troppau da» Recht der Oeffentlickkeit verliehen. Nach einigen Jahren wird eS dann dem Staate zur Erhaltung übertragen werden, ganzwie jetzt die deutsche» Bürgerschaften von Reichenberg, Dux, Nürschau, Lcitmeritz, Trautenau u. s. s., auch genöthigt sind, die czechische» Privatschulen aus Gemcindekosten zu übernehmen. AuS dem czeckischen Untergymnasiu», entwickelt sieb selbstverständlich mit der Zeit ein Obergymnasium; schließlich werden die Crechen erreichen, daß ihnen die eine oder andere deutsche Mittelschule Schlesiens ausgeliefert und somit der Czechi- siruna überantwortet wird. Damit kommt man dann aus der Bahn der Slawisirung Schlesien» ein gutes Stück vor wärt». Im czechischen Lager ist man natürlich mit dem Verlause der Dinge ganz zufrieden. Den „böhmischen Ncben- ländcrn" Mähren und Schlesien wird iminer mehr der slawische Stempel aufgedrückt. Wenn nach einem Jahrzehnt die „G'eichberechtigung" ganz durchgesiihrt sein wird, wenn man in jeder reindeutsckcn Stadt czechische Schulen und in jeder deutschen Dorf- und Stadtschule czechischen Unter richt finden wird, wenn endlich alle deutschen Beamten, die da« slawische Idiom nicht verstehen, beseitigt und durch Czecben ersetzt sein werden, dann ergiebt sich die Wieder herstellung de« „böhmischen StaatSrechleS", wie e» seinerzeit unter Hohenwart geplant war, ganz von selbst. Den Deutschen kann natürlich die von den Czechen gevlante Her stellung eine» „böhmischen" Staatengedilde» nicht gleich- gillig sein. * Die bulgarische Regierung hat am Vorabend der großen Messe von Zajtschar, welche eben jetzt beginnt, eine strenge Bewachung der bulgarisch. servtschen Grenze eintreten lassen und sowobl den Einfuhr- al- auch den AuS- subrzoll um mehr al» da» Fünffache erhöbt. Diese offenbar auf eine Schädigung der Zajtscharer Messe und indirekt aus ein« Benachtbeiligung der Bevölkerung de« TimokkreiseS ab- ziclenden Maßregeln haben bei der Regierung und im Volke eine intensive Verstimmung erzeugt. * Die Einzelheiten über die am Sonnabend abgchaltencn Beratbungrn de» französischen MinisterratbeS werden sebr geheim gehalten und e» verlautet nur so diel darüber, daß die Minister de» Kriege» und der Marine die Nothwen- digkeit verfochten. China den Krieg zu erklären, daß sie aber in die Vertagung dieser Frage bi» znm nächsten Ministerratbe willigten, weil die Möglichkeit einer raschen Wendung vorher geseben wird. Es heißt nämlich, der chinesische MilitairattachH in Berlin werde in nächster Zeit in Paris eintrefsen, um China« Kriegserklärung anzuzeigen, deren Annahme Patenotre abgelehnt Hab«. — Wie e- yeitzt, wird die Regierung beim Wiederzusammentritt der Kammern neue Credite für Ma dagaskar beantragen. Admiral Miot hat nämlich ziemlich bedeutende Verstärkungen verlangt, weil er di« von ihm be setzten Puncte sonst nicht halten könne. — Die Agrarier wollen in der Kammer zu dem Gesetzentwurf der Regierung, betreff» den EinaangSzoll aus Vieh, den Antrag stellen, auch auf da- fremd« Getreide einen EinganaSzoll zu legen, welcher dem Unterschied gleichkommt, der zwischen dem Herstellungs preise de» Getreides in Frankreich und dem im AuSiande be steht; die Regierung zeigt sich diesem Anträge jedoch abgeneigt. * Der in Aberdeen tagende JahreScongreß der britischen Gewerkvereine brachte Sonnabend seine Ar beiten zum Abschluß. Der nächstjährige Congreß wird in Southporl abgehaltrn werden. In der letzten Sitzung wurden Beschlüsse gefaßt zu Gunsten der Zahlung von Diäten an Parlamentsmitglieder, der Abschaffung de» erblichen Princip« im Parlamente und der Au-dehnuna des Haftpflichlgesetzes aus Seeleute. Ferner wurde «ine Resolution angenommen, welche die Nothwendigkeit betont, angesichts der beständig zunehmenden Concurrenz de- AuSlandcS die Bortrefflichkeit der englischen Fabrikate ausrecht zu halten und irgend eine direcke und leichte Methode ausfindig zu machen, durch welche die Verfälschung von Fabrikaten mittelst unehrlicher Mittel verhindert werden könne. Der Hannoversche Parteitag. ** Berlin, 15. September. Der gestern abgehaltene Hannoversche Parteitag hat «inen sehr glLnzeuden und er hebenden Verlauf genommen. In dem nicht -llzu geräumigen Saal der Börse mochten etwa 600 Vertrauensmänner und Parteigenossen auS allen Theilen der Provinz und von außer halb versammelt sein, um sich über Wahlangelegenheiten zu besprechen und den Worten zu lauschen, mit welchen Herr von Bennigsen die politische Sitnation darlegte. Au« der gedankenreichen Rede de» Herrn von Bennigsen beben wir einige GesickilSpuncte hervor: Der Redner führte au», eS sei jetzt die Möglichkeit gegeben', au» der herrschenden Ver wirrung der Parleiverhältniffe und dem zerstörten Einver nehmen mit der Regierung heran» wieder in die alten Bahnen einzulenke«. die früheren Grundlagen der politische» Situation Herzusteve« und '«>« entscheidend« Wendung anzu bahnen. Dafür sei die Haltung der Provinz Hannover von größter Wichtigkeit. In der gegenwärtigen Wahlbewegung trete ein merklicher Candidatenmangel hervor, wie er früher nicht geherrscht Hab«. Derselbe rühre vornehmlich daher, daß eS nicht Jedermann» S»che sei. sich Monate lang in einer ge hässigen erbitterten Wahlagitation herumzerren zu lasten. Wenn eS nicht gelinge, den Wahlkämpfen einen Theil ihrer Scbärse zu benehmen, dann würden sich immer weniger Männer von Ansehen und Namen bereit finden lassen, um ein Mandat sich zu bewerben. Man dürfe freilich nicht allzu empfindlich sein, wenn man in» öffentliche Leben trete, aber so abgehärtet und fühllo» wie in andern Ländern, z. B. in Amerika, sollten Männer» die sich um da» Mandat eine» Volksvertreter» bewerben, auch nicht werden. Alle Parteien hätten die Pflicht, in sich zu gehen, im Gegner den Menschen und Charakter auch bei abweichenden Ansichten zu achten und zu dulden. Redner kam dann auf die Schicksale und Aufgaben der nationalliberalen Partei zu sprechen. Die Partei sei dermalen auf einen ganz kleinen Bruch- theil ihre« ehemaligen Bestände» zufammengefchmolzcn: eS handele sich für sie darum, die entscheidende Steilung annähernd wieder zu gewinnen. BloS vertheidigungöweile könne man sich dabei nicht verhalten, aus die Abwehr dürfe man sich nicht beschränken, sonst lause die Partei Gefahr, auch noch den Rest ihrer Mandate zu verlieren. ES sei vielmehr unvermeidlich, auch angrisfsweise vorzugehen, und zwar nicht blo» gegen Nltramontane, Welfen und Social- temvkraten, sondern die Partei müsse auch streben, diejenigen Wahlkreise wieder zu erobern, die sie früher an Sccessionfften oder Fortschritt-Männer verloren. Darüber sich zu verwundern oder un-Vorwürfe zu machen, hätten die letzteren kein Recht; da» Geqentheil würde eine Donquickvterie sein. Ein starke« Stück sei e». der nationalliberalen Partei vorzuwrrsen. sie habe die politischen Freiheiten und konstitutionellen Rechte preiSgegeben. Diese Partei habe ein bessere» Recht al« die Fortschritt-Partei, diejenigen Errungenschaften zu ver- theidigen, die den Inhalt unserer Verfassung und unserer Freiheit-rechte bildeten, und habe diese Ausgabe nie ver säumt. Die Fortschrittspartei werfe sich jetzt zur Ver- thridigerin von Gütern ans, die inSgesamml gegen ihren Widerspruch geschaffen worden. Habe sie sich doch seinerzeit so weit versündigt, den Versuch zu machen, den preußischen ParticulariSmnS gegen die nationale Verfassung auszubicten. E» sei ein lächerlicher Vorwurf, die nalionalliberale Partei gebe DaS preis, waS sie selbst und zwar im Kamps mit der Fort schrittspartei geschaffen. Eine ruhige und stetige Entwicklung unserer politischen Verhältnisse hänge aber nicht allein von den Parteien ab. sondern sehr wesentlich auch von dem Ver halten der ReichSregierung. Eine feste parlamentarische Mehrheit sei zur Zeit nicht vorhanden. In confervativen Kreisen herrsche eine lebhafte Bewegung, mit den Gemäßigt- liberalen zu productiver Thätigkeit sich wieder zu verständigen. Diese Bewegung werde aber andererseits von einer extrem- conservativen rückschrittlichen Richtung leidenschaftlich bekämpft. Wolle die ReichSregierung an die glücklicheren Zeiten der Vergangenheit anknüpsen, wolle sie eine productive schöpferische Resormthätigkeit in der Reich-Politik entfalten, wie könne ihr da» glücken, wenn in der inneren Verwaltung Preußen« gleichzeitig reaktionär« Airle verfolgt werden. Ein Zusammenwirken aller gemägigten Elemente der konservativen und liberalen Richtung sei uner läßlich. da« sei aber nicht möglich, wenn in der innern ver- waltungPreußen» die jetzige Richtung weiter einaescblagen wird. Man entschließe sich, in Preußen mit der rückschrittlichen Richtung iu Staat, Kirche und Schule zu brechen, dann werde auch di« Reichspolitik besser gcdeiben. Sollten wir dazu kommen, wieder eine parlamentarische Mehrheit wie früher herzustellen, so müßten die reactionären sowohl wie die radikalen Richtungen zurückgedrängt werben. Die Rede de» Herrn von Bennigsen wurde wiederholt von lautem Bei sall unterbrochen. AlSvann erstattete der Oberlehrer vr. Ebrlen- holtz den Geschäftsbericht de» Provinzial-Ausschüsse». E» ist daran» u. A. zu entnehmen, daß bereit» in 13 Kreisen der Provinz nationalliberale Candidaten aufgestellt und in andern
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