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de» andern Tag. und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand Freitag, dm 31. Dezember. 1875. U Ab onirements-Einladung -7 ) id i« st les in zum el« cg- t ei »M ;en ^erz tu rnd >e tu Tas russische Reich entwickelte im vergangenen Jahre eine doppelte Thätigkeit — nach Innen und nach Außen. Die seit dem Regierungsantritt des jetzigen Czaren ein geführten Reformen auf allen Gebieten der staatlichen Verwaltung, namentlich in Bezug auf das Militärwesen, die Agrargesetzgebung, der Lohnverhältnisse u. s. w. lenkten ran rh^ der strengsten Handhabung des Cicherheitsgesetzes. — Tie Aussöhnung Italiens mit Oesterreich erhielt durch den Besuch Franz Jofef's in Venedig im Frühjahr dieses Jahres ihre offizielle Bestätigung, während der Besuch des deutschen Kaisers in Mailand auch die freundschaftlichen Beziehungen dieses Landes mit Deutschland fester und hoffentlich dauernd verknüpfte. Tamil ist in Italien ein Bollwerk mehr ent standen, den Frieden Europa's sicher zu stellen. der „Freiheit des Unterrichts" haben sich die Franzosen der Herrschaft des Klerus überliefert und Bataillone, bei denen der Pater mehr bedeutet als der Offizier, sind nach einem Ausspruche Bismarcks nicht gefährlich. Bisher war nur die französische Volksschule eine unbeschränkte Domäne des Klerus; jetzt sind ihm mit dem neuen Unterrichtsgesetze auch die höheren Lehranstalten zngefallen — ein ergiebiger Boden für den Ultramontanismus, der nirgends üppiger wuchert, als in der logenannten „schwarzen Republik". Wie die Dinge sich drtrch dre Senatorenwahlen in der Nationalversammlung jedoch gestalten, dürfte die Republik Aussicht auf längere Dauer haben, obgleich bei der Wankel- müthigkeit des französischen Charakters jede Folgerung auf die Zukunft sehr problematisch ist. Im Interesse der Ordnung liegt allerdings der Bestand der jetzigen Staats form, da die monarchischen Jntriguen das Land zu keiner Ruhe kommen lassen. Nach Auflösung der jetzigen National versammlung wird es von den Wahlen der neuen Volks vertreter abhängen, ob Frankreich endlich festeren Zuständen oder neuen Experimenten zusteuert. Das seit Jahren eine große Zurückgezogenheit liebende England ist gerade jetzt wieder mehr in den Vorder grund der politi'chen Bühne getreten und hat sogar durch den Ankauf egyptischer Suezkanal-Aktien allgemeines Auf- sehn in Europa erregt. Gerade die Engländer waren es, die mit Lord Palmerston an der Spitze das Projekt dieses Kanalbaues mit Haß und Mißmuth verfolgten und dasselbe auf alle Weise zu hindern und zu diskreditiren suchten. Woher nun dieser plötzliche Umschwung? Er kann nur geschäftlichen oder politischen Gründen, vielleicht beiden zusammen entspringen. In geschäftlicher Beziehung ist ;eute schon die Rentabilität der neuen Wasserstraße außer Zweifel gestellt, denn die Zahl der durchpassirenden Schiffe )at sich in der Zeit von 1870 bis 1875 fortwährend ge- ieigert (von ungefähr 500 auf 1L00) und die jährlichen Einnahmen wuchsen von circa 68 auf 200 Millionen Franks- Aber mehr noch als geschäftliche mögen politische Rücksichten bei diesem Kaufgeschäft gewirkt haben, denn England will den direktesten Weg nach Indien sich für alle Fälle sichern und Eventualitäten in der Türkei gegenüber ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben. Seine auswärtigen Besitzungen mußte England theilweise mit dem Schwert in der Hand vertheidigen, aber der mit China befürchtete Krieg ist wenigstens vorläufig diplomatisch aus dem Wege geräumt. Die Reise des Prinzen von Wales nach Indien kommt einer Demonstration gleich, um durch Entfaltung außer gewöhnlichen Prunkes den nach Unabhängigkeit trachtenden indischen Fürsten Respekt vor der Macht Englands einzu- l flößen. muß" — lautete 1856 ein russisches Sprichwort, was sich damals freilich nicht erfüllte, heute aber weit mehr Chancen der Wahrscheinlichkeit in sich trägt. Denn dem Bankerott nahe, scheint der kranke Mann am goldenen Horn in dec That jetzt allerseits vetlassen zu sein. Am Beginn dieses Jahres erhielt Spanien seinen neuen König Alphons und mit ihm zog die Hoffnung ein, das Land werde nun endlich aus seinen traurigen Zu ständen gerissen werden Doch was ist geschehen? Ist der Bürgerkrieg beendet oder wenigstens seinem Ende nahe ge führt worden? Hat sich die Regierung im Jnnem konsolidirt und sind verfassunsmäßige Zustände geschaffen? Auf diese und ähnliche Fragen giebt es nur die eine Antwort: Nein! Die Begründung einer Verfassung liegt noch in weiter Ferne, aber die Kultus- und Lehrfreiheit wurde beschränkt, die katholische Glaubenseinheit wieder hergestellt und somit Intoleranz als StaatSprinzip proklamirt. Der Bürgerkrieg verheert nach wie vor die nördliche» Provinzen und er schöpft die materiellen Hilfskräfte des Landes, auch dec kubanische Aufstand dauert ungeschwächt fort. Mit einem Worte: Alphons und sein edler Vetter Don KarloS treiben ihr Wesen, ohne daß Europa viel darnach fragt. ichen node ntcr- tze- mg adt ten ton die Aufmerksamkeit den inneren Verhältnissen zu, welche in durchaus erfreulicher Weise sortschreiten, trotzdem sie mit dem bornirten Altrussenthum noch arg zu kämpfen haben. Rußland ist heute nicht mehr das Land des finsteren Des potismus, sondern es ist in die Reihe der modernen nach dem Fortschritte ringenden Staaten getreten. Freilich mögen die Zustände noch zu mannigfachen Klagen Anlaß bieten, indessen kann dies durchaus nicht die alte Abneigung recht fertigen, die man sonst gegen das Land hegte. Nach außen hin drang Rußland mit seiner Macht weiter in Zentral- Asien vor, um wenigstens die Keime einer Kultur in die wilden Völkerschaften von Khiwa und Kokhandt zu tragen. Nicht nur nach Osten, auch nach Westen hin entwickelte die russische Diplomatie ihre Thätigkeit und damit kommen wir zu demjenigen Staate, der in neuester Zeit wider seinen Willen am meisten in den Vordergrund gedrängt wurde: die Türkei. siiche Armee für Deutschland noch keine Gefahr, denn ihre Fertigkeit existirt nur auf dem Papier. Auch ein zweiter Grund läßt sie uns nicht fürchten. Mit der Phrase von Frankreich, sonst die erste Geige im europäischen Bölkerkonzert spielend, mußte sich der auswärtigen Politik enthalten und ist auch mit den inneren VerfassungSfragen vollauf beschäftigt. Bei allem Hader der Parteien bildet die Reorganifirung der Armee doch einen Einigungspunkt und die kolassalen Rüstungen, die unsere westlichen Nachbarn unablässig treiben, nährten bei uns sogar im Frühjahr dieses Jahres Kriegsbefürchtungen, denen das Pferdeausfuhr- Verbot für Deutschland entiprang. Wie einig gerade in dieser Beziehung die französischen Parteien sind, lehrt der Umstand, daß die Nationalversammlung innerhalb fün Minuten und ohne ein Wort der Debatte 500 Millionei für das Kriegsbudget sür 1876 bewilligte, ohne sich im geringsten darum zu kümmern, aus welchen Beweggründen das Kadresgesetz von 1875 damit zum todten Buchstaben herabgewürdigt wurde. UebrigenS ist zur Zeit die franzö Ter heraunaheude Jahreswechsel führt auch einen Abschlntz im Abonnement dieser Zeitschrift herbei und bitten wir unsere geehrte« Leser, ihre Be stellungen sür das erste Quartal des mm« Jahres recht bald bcwirlen zu wollen. In der erfreulichen Wahrnehmung, das; die Auflage des „* roHt»»*««* -»er, hter Aute »wrimonatl. l Mk. sv Pf. und ein- monatl. 7k> Ps. Die Redaktion be findet sich Rinnen- ,affe SS^. II Et. Nachdem der Sultan hinlänglich die Unfähigkeit deS Türkenreiches dargethan, den Aufstand in der Herzegowina mit eigener Kraft zu unterdrücken, haben sich die Ostmächte eingemischt, um diesen revolutionären Zuständen der christ lichen Slaven ein Ende zu machen. Infolge dessen, und' wie man glaubt auf englische Einflüsterung, hat sich der Sultan zur Proklamirung der eingreifendsten Reformen abermals entschlossen, aber Niemand glaubt, daß sie gegen die Muselmänner du.chführbar sind. Die Ostmächte — Deutschland, Oesterreich, Rußland — bestehen deshalb darauf, daß die von ihnen entworfenen Reformen nicht nur Geltung erhalten, sondern auch unter ihre Garantie gestellt und damit die Ausführung derselben gesichert werde. Gegen dieses Kuratel wehrt man sich offenbar noch in Konstantinopel und welchen Ausgang schließlich die Sache noch nehmen wird, ist Wohl kaum zweifelhaft. „Der Bien -ge- von auf afs- f.w. und^ am- . ist - r» da- 'und z rren >els- UückbNck auf 1873. III. Das Königreich Italien hat noch mit seiner inneren O rganisation zu viel zu thun, um nach außen hin irgendwie sich bemerklich zu machen. Die frühere Zerrissenheit diese« Landes erzeugte bei dem ohnehin zu abenteuerlicher Politik neigenden Charakter der Bevölkerung Zustände, wie solche z. B. in Deutschland nur in sogenannten Räuberromanen existiren. Masfia und Camorra — die Namen zweier Geheimbünde — sind Schreckensworte, die das ganze Land durchzittern. Tie Regierung im Verein mit der Volks vertretung ist mit dem Sicherheitsgesetze diesem Räuber wesen energisch an den Hals gegangen, aber wir glauben kaum, daß das Gesetz sich als radikales Heilmittel erweisen wird- Denn vor Allem, sollen bessere Zustände eintreten, muß das total ruinirte und zwar durch die frühere Fremd herrschaft im Verein mit der pästlichen Mißwirthschaft ruinirte Rechtsbewußlsein des Volkes in's Leben zurück- gerufen werden und dies kann nur durch Schulen, nicht durch Zuchthäuser, geschehen. Die Bildung des Volkes, seine vollständige Befreiung von der Herrschaft eines Klerus, der es in Sumpf und Dummheit, Aberglauben und Rohheit hineingedrückt, sind das einzige Nettungsmittel sür die italienische Gesellschaft. Mit einer energisch durchgeführten Reform des gesammten Schulwesens — nicht nur der Universitäten, womit man begonnen — wird man das Land weit gründlicher zu einer Gesundung führen, als mit Inserate den bis Bcr- n ätagS 11 Uhr Mr nächste Nr. ange nommen u. die ge spaltene geile oder de-en Raum mit l k Pf. berechn«. Jnferate sind Pel an die Txpeditu-n, Fratscher'sche Buch handlung, zu sende». i« strter Steigerung begriffen ist, erblicken wir nicht nur den Beweis einer Anerkennung unserer Bestrebungen, souderu zugleich die au uns tretende Aufforderung, auch in Znkuuit weder Kosten noch Anstrengung zu scheuen, um das Blatt in immer weitere Kreise als gern gesehenen Familienfr-und etuzuführeu. Die Redaktion wird daher bemüht sein, neben den politischen Zeitsragen auch die wichtigste« Kulturaufgabcn der Gegenwart aus wirthschaftltchem. >,,« das. -bar. H - q ln. cht rft I er-« -ss° ! en. w« 25. sozialem und kirchlichem Gcbiete täglich in populärer Weise zu behandel«, dabei aber auch den Begebenheiten und Ereignissen des Ortes, des Hetmath-kretse- »ud des engere« Heimathslandes die schuldige Aufmerksamkeit zuzuwendeu. Tas Feuilleton sowie die „Sonntags-Beilage" werde« gediegene« Unter- § halt««gSstoff sür Familie und Haus liesern und wir mache» ganz besonders aus die mit dem 1. Januar beginnende, äutzerst spannende Original-Novelle vo» Emilie Heinrichs ansmerksam: „Die blinde Gräfin". H Ten Bekanntmachungen und Inseraten ist bet der groben Verbreitung des „Freiberger Anzeiger" («so» Exemplare) die entsprechendste Wirk- I samkett gesichert. Tas Abonnement beträgt pro Qnartal 2 Mark 25 Psenuigc. Bestellungen nehme« sämmtliche kais. Postaustalte«, sowie die unterzeich nete Expedition entgegen. Wir geben uns somit der Hoffnung hin, dab das ueue Jahr uns nicht nur unsere alte« Freunde erhalten, sonder« auch recht viel neue zu führen werde. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger". (Frotscher'sche Buchhandlung.)