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R««mer rr» — 2«. Jahrgang «klcheln« «mal wSchenfllch mit den illustrierten «rattsdetlnge» .Die Well" und .Für unser« Netnen Leute", sowie de» Leu- beilagen .Unterhaltung und Wissen", .lltrche und Welt", .Die Welt der Frau", .«erziltcher Patgeber", .Literarische Bella«-", .Mmrundschau". Manalllcher B«,ugSPret» Mi. elnschl. Bestellgeld. Ltuzelnummer 10 Sonuiagnummer 2U 4- Hauptschristleiter: De. iS. Descjhk, Dresden. SüchMe Milkwoch, 28. September IN27 «nzetgenprets«! Die lgespaltene Petitz-il- !»<> 4, Familien» an,eigen und Stellengesuche 2«» 4. Die PeiitreNamezeile. 81) Millimeter breit, 1 Offertengebühr 2V 4. bei lieber» seuduug durch die Post autzerdem Porto,„schlag. Im Fall« höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung snwi« Erfüllung v. Anzeigen-Aufirügen u. Leistung v, Schadenersatz. Geschäftlicher Dell: Artur Lenz, Dresden. Druck u. »Verlag: Germania, »l.-G. für Perlag und Druckerei, Filiale Dresden. DreSdeu-A. 1, Poliersirahe 17. Fer»rus2lOI2. Boslschecklonto Dresden r7i>8, Banklonto: Gtadtbaut Dresden Nr, 0171g Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen ivolkSzettnng DreSden-Altstadl 1. Polimsirahe 17. Fernruf M711 und SI0I2. Die Gemeinschaftsschule Don Pros. Vrebe» M. -. Preuh. Landtages Die Erziehung in der Schule ist am fruchtbringendsten, wenn sie organisch aus einer geschlossenen Weltanschauung herauswächst. Auf der andern Seite ist für die Festigung und den Ausbau der Weltanschauung bet dem Heranwach senden Menschen der Geist, der die Schularbeit durchtränlt, von größter Bedeutung. Je ausgesprochener die Welt anschauung der Eltern ist, desto bestimmter werden auch ihre Anforderungen sein, die sie in dieser Beziehung an die Schule stellen. Die Sozialdemokraten sind deshalb grundsätzliche Anhänger der weltlichen Schule. Zentrum und Deutschnationale verlangen die Bekenntnis schule. Nur die Demokraten und ein Teil der Deutschen Volkspartei sehen in der Gemeinschaftsschule ihr Schul ideal. Trotzdem wird diese Schulart im Mittelpunkt des Kampfes um die Schule stehen. Die Vorschläge Preußens bei der Beratung des Schulgesetzentwurfs im Reichsrat heben diese Tatsache mit erfreulicher Klarheit heraus. Die Gemeinschaftsschule soll die Regelschule werden. Sie ist aber nichts anderes als die alte Simultanschule. Der neue Name klingt wohl etwas besser, bedeutet aber in der Sache keine Verbesserung, vielmehr muß man in der Praxis eher mit einer Verschlechterung des früheren Zustandes rechnen. Gegen die alte Simultanschule richteten sich aber die Anstrengungen des christlichen Volkes in früheren Schul kämpfen. Windthorsts letzte Tat war die Vereitlung des Eoßlerschen Schulgesetzentwurfs. An eine Erhebung der Simultanschule zur Regelschule dachte damals noch kein Mensch. Windthorst bekämpfte den Entwurf, weil er die Simultanschule zu sehr begünstigte, und voll Sorge sah er den Kampf um die christliche Schule Heraufziehen. Der Bolksverein für das katholisch^ Deutschland, dessen Gründung er noch veranlaßt hatte, bedeutete für ihn nicht zuletzt die Sammlung der Katholiken für diese Aufgabe. Der Versuch des Kultusministers v. Zedlitz- Trütschler, ein Schulgesetz zustandezubringen, scheiterte ebenfalls. Er wollte die konfessionelle Schule gesetzlich fest legen, wie es die preußische Verfassung vorsah. Da aber erhob sich ein Sturm der Entrüstung in den liberalen Kreisen. Trotz einer starken Mehrheit im Landtag klappte die Staatsleitung zusammen, entließ die beteiligten Minister und zog den Schulgesetzentwurf zurück. Es han delte sich wieder um den Gegensatz zwischen konfessioneller und Simultanschule. Damals kennzeichnet« der Minister präsident v. Caprivi die Lage durch das Wort: „Hie Christentum, hie Atheismus." Ist es da denkbar, daß jetzt die gleiche Simultanschule als Regelschule von der christ lichen Bevölkerung ruhig hinqenommen wird? Nur eine klare Erfassung des grundsätzlichen Standpunktes kann zu siner Verständigung in der Schulfrage führen. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Kirche und Staat auf dem Schulgebiete hängt eng zusammen mit der Gestaltung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat überhaupt, sowie mit der Ent wicklung des Toleranzbegriffs. Ursprüglich kümmerte sich die Kirche allein um die Erziehung und Bildung der Jilgend. Der Staat rvar für diese Aufgabe noch gar nicht befähigt,' er wuchs erst viel später allmählich in sie hinein. Naturgemäß beschränkte sich die Schule zunächst auf die Vermittlung der Bildung an einen kleinern Kreis. Ein Volksschulwesen in unserm Sinne entwickelte sich erst in den letzten beiden Jahrhunderten. Auf dem Gebiete des höheren Schulwesens hatten die aufblühenden Städte schon früh neben der Kirche ihre Stadtschulen eingerichtet. Bei den Volksschulen nahm sich der Staat, der allmählich auch die Fürsorge in seinen Aufgabenkreis hineinzog, ebenfalls der Sache an. Die religiöse Grundlage der Erziehung tastete aber niemand an, und solange die Bevölkerung dem gleichen Bekenntnis angehörte, der Staat selbst konfessionellen Charakter trug, war die Verständigung zwischen Staat und Kirche auf dem Schulgebiete verhältnismäßig leicht. Als der Staat den Grundsatz: eulu» regio, sius religio auf geben und sich zur Parität bequemen mußte, wurden auch die Schulen nach dem Bekenntnis der Kinder ge trennt. Der Staat suchte aber seine Schulhoheit immer mehr auszubauen. In evangelischen Län dern war der Landesherr zugleich Landesbischof, dadurch wurde das Bestreben des Staates, die Schule immer mehr zu einer reinen Staatseinrichtung zu machen, natur gemäß erleichtert. In Preußen fand dieses Streben seinen AbWutz in der Falkschen Schulgesetzgebung. Die Geist lichen durften die Schulaufsicht nur noch im Aufträge des Staates ausüben. Aeußerlich wurde dadurch an dem bis herigen Zustande wenig geändert. Als aber den Geistlichen nach der Revolution die Schulaufsicht genommen wurde, war das letzte Band zwischen Kirche und Schule zerschnitten. Das Zentrum hat der geistlichen Schulaufsicht an sich nicht nachgetrauert, weil sie nur ein staatliches Amt war. Ls hat sich ihrer Beseitigung widersetzt, weil nichts an ihre Stelle gesetzt wurde, um den berechtigten Einfluß der Kirche auf die Erziehung der Jugend zu sichern. Auf dieses Recht kann die Kirche nicht verzichten. Die Verstaatlichung der Schule, die von der weltlichen Macht schrittweise durch gefetzt wurde, war aber keineswegs als Verweltlichung ge- dluhr. Bon der Notwendigkeit, die Erziehung auf religiöser Das baöische Zentrum Die Ergebnisse -es Parteitages am Sonntag — Das Fernbleiben Dr. Wirihs Am Sonnabend und Sonntag hat in Freiburg eine Reihe wichtiger Tagungen der Zentrumspartei statt- gesunden. Am Sonnabend nachmittag fand die General versammlung des Augustinusvereins, Sektion Baden, statt. Die Landtagsfraktion des Zentrums tagte gegen Abend, um zu einer Reihe von schwebenden Fragen Stellung zu nehmen. Der Neichsfinanzininister Dr. Koehler, sowie Staatspräsident Dr. Trunk und Finanzminister Dr. Schmitt wohnten der Sitzung bei. Am Sonntag trat dann das Zentralkomitee der badischen Zentrum spartet zusammen, um vor allem die Schulfrage durchzubesprechen. Ueber die Verhand lungen wird folgender Bericht ausgegeben: Der Reichsschulgcsetzentmurf fand eine eingehende kritische Würdigung. Man war sich einig, daß er — die not wendigen Verbesserungen vorausgesetzt — ein« geeignete Grund lage für eine annehmbare Regelung des Schulwesens, ent sprechend der Neichsverfassung, biete. Die politische Entwicklung des Vaterlandes fordere es, daß die seit Jahren bestehende Auf gabe endlich gelöst, der Schule die Ruhe gegeben und die Bahn für andere wichtige Arbeiten frei werde. Alan war sich weiter hin vollkommen einig, daß das badische Zentrum die Reichs verfassung. insbesondere Artikel 174, schon aus eigenen politi schen Erwägungen, gewahrt und die religiösen Güter des Volkes unbedingt sichergestellt wissen will. Im Rahmen dieser Voraus setzungen wird esdieHandznrVerstiindigungbieten, falls auf der anderen Seit« der ehrliche Wille festzustellen ist. Die Tatsache, daß ernste Strömungen den Gesetzesvorschlag zum Scheitern bringen oder ihn so zu gestalten suchen, daß die Grund sätze der Verfassung über Elternrecht und Gewissensfreiheit so gut wie ausgeschlossen scheinen, müßten di« Anhänger des Zentrums veranlassen, in allen Teilen des Landes der Schul- srage ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und geschlossen sich bereitzuhalten, etwa drohende Stürme wie die Väter zu bestehen. Daß der Reichstagsabgeordnete Dr. Wirth der Tagung ferngeblieben war, statt mannhaft seine Meinung in persönlicher Anwesenheit zu vertreten, hat allgemeines und starkes Befremden hervorgerufen. Das in gegnerischen Zeitungen angekllndigt« Memorandum kam zur Verlesung. Das Entsprechende wurde im Wortlaut beschlossen und ebenfalls schriftlich an ihn abgesandt. Beiden Teilen steht es frei, die Aktenstücke der Oefsentlichkeit vorzulegen. Das ein seitige Vorgehen des Herrn Reichstagsabgeordneten Dr. Wirth in der Schulfrag« hat einer friedlichen Lösung speziell der badischen Schwierigkeiten nicht nur nicht gedient, sondern eher noch neue hinzugefUgt. Dies« Erkenntnis dürfte bei einiger Einsicht und Ehrlichkeit auch auf der anderen politischen Seite vorhanden sei». Die Neuordnung desbadischenWahlrechterunddie einer neuen Wahlkreiseinteilung fordern die restlos« Neu- oraanilation der Partei. Sie wird in Angriff genommen. So bald st« durchgeführt, wird der nächst« Parteitag als angezeig, erscheinen. Mit Bedauern wurde festgestellt, daß di« Wahl rechtsreform im Reiche nicht vom Fleck zu bringen sei. In Baden wird man in dem Bestreben nicht Nachlaßen, eine baldige Lösung derselben zu erzielen. Jedenfalls erwartet man, daß die badischen Zentrumsabgeordneten des Reichstags mit aller Entschiedenheit für di« Beseitigung des so schreienden Mißstandes sich einsetzen und dem Bolk« zu seinem Recht« verhelfen. Das starke Befremden, das das Fernbleiben Dr. Wirths von dieser Tagung hervorgerufen hat. beschränkt sich nicht auf die badischen Parteifreunde. Soviel wir wissen, ist die Sitzung besonders zu dem Zwecke einberufen worden, um Herrn Dr. Wirth Gelegenheit zu geben, seine Bedenken gegen das Reichsschulgesetz im Kreise seiner engeren Lands leute zu besprechen. Wenn es Herrn Dr. Wirth wirklich nur auf eine sachliche Klärung und auf die beste Lösung der Schulfrage ankommt, dann hätte er mit Freuden diese Ge legenheit zum Meinungsaustausch ergreifen müssen. Statt dessen bleibt er der Tagung fern, schickt ein Memorandum und zwingt so die badische Partei, in einen Notenaustausch mit ihm einzutreten. Dieses Verhalten des Herrn Dr. Wirth versteht niemand mehr. Wirth geht immer mehr seine eigenen Wege, ohne sich im geringsten um die Gesamtpartei und um das badische Zentrum, das sich doch so viele Mühe zu einem Ausgleich gibt, zu kümmern. Herr Dr. Wirth ist sich offenbar nicht klar darüber, daß ihm auf diesem Wege keiner folgen wird. Was die sachliche Seite angeht, kann man zu keinem Urteil kommen, ehe man nicht sein angekündigtes Memo randum kennt. Aber schon jetzt muß man der badischen Zentrumspartei recht geben, wenn sie zum Ausdruck bringt, daß das einseitige Vorgehen des Herrn Dr. Wirth ein« friedliche Lösung der Schulfrage nur erschweren kann. Herr Dr. Wirth hat bis jetzt nicht offen gesagt, was er nun eigentlich will, und was fein Schulideal ist. Seine Ver lautbarungen in der Presse und in Versammlungen waren widerspruchsvoll, bald sich von dem Standpunkt des Zen trums entfernend, bald sich ihm wieder nähernd. Sein ganzes Berhalten hat die Schwierigkeiten in der Schulfrage nur vermehrt. Er hat zwar diese Absicht wiederholt be stritten, aber seine taktische Haltung war selbst von seinem Standpunkt aus so ungeschickt wie nur möglich und bringt ihn in immer größeren Gegensatz zu der Partei. Die SchuÜ> daran trifft ausschließlich ihn, da er jeder Gelegenheit zu einer sachlichen Aussprache ausweicht und es vorzieht, dunkle Andeutungen in Blättern anderer Parteirichtung zu machen oder in Schriftstücken niederzulegen. Herr Dr. Wirth isoliert sich selbst immer mehr, denn es ist ganz ausgeschlossen, daß die Parteiinstanzen und die Wähler ihm folgen können, wenn er auf einem Gebiete die Geister zu verwirren sucht, auf dem es bei dem vom Zentrum ver tretenen katbolischen Volksteil nur eine einheitliche Auf. fassung gibt. Grundlage aufzubauen, war guch der Staat überzeugt. Er hielt deshalb auch grundsätzlich an der konfessionellen Schule fest. Aeußerlich trat diese Tatsache darin in die Erschei nung, daß neben den politischen Gemeinden viel fach besonder« Schulgemeinden Träger des Schul wesens waren. Erst das Volksschulunterhaltungsgesetz legt allgemein die Unterhaltungslast den bürgerlichen Gemein den auf. Es war dies aber eine Maßnahme, die nur die Aufbringung der Schullasten erleichtern sollte, an der reli giösen Grundlage der Schule wurde nichts geändert. Die Simultanschule entsprang einer gewissen Notlage. Die konfessionelle Mischung der Bevölkerung brachte es mit sich, daß in einzelnen Fällen die Trennung der Kinder nach der Konfession sich nicht ganz durchführen ließ. Gewiß wird der konfessionelle Charakter einer Schule nicht dadurch be rührt, daß sie von einigen Kindern einer andern Kon fession besucht wird. Wenn aber der Prozentsatz der andern Konfession größer wird oder sich beide Konfessionen wohl gar nahe kommen, ist es natürlich eine unerträgliche Be nachteiligung der einen Konfession, wenn die Schule das Gepräge der anderen trägt. In solchen Fällen bot sich nur der Ausweg der Simultanschule. Sie war ein Notbehelf »nd wurde auch in Preußen als solcher angesehen. Das Allgemeine Landrecht vertritt den Standpunkt der Staats schule gegenüber der Kirchenschu-le, denkt aber gar nicht an die Simultanisierun« oder gar Verweltlichung der Schule. Die preußische Verfassung von 1850 bezeichnet ebenfalls die Schule als eine Einrichtung des Staates, fordert aber aus drücklich möglichste Berücksichtigung der konfessionellen Ver hältnisse. Simultanfchulen in größerem Umfange erhielt Preußen durch die Einverleibung von Nassau, wo 1817 das Schulwesen flmultaniftert war Im übrigen fand die Simultanickul« .erst durch dt« Allgemeinen Bestimmungen des Ministers Falk vom 15. Oktober 1872 Eingang. Sie beschränkte sich auf die Provinzen Posen und Mestprenßen. Line Maßnahine des Kulturkampfes und der verfehlten Polenpolitik. „Germanisation ist Protestantifation" In Baden wurde 1376 die Simultanschule von der liberalen Mehrheit auch den Katholiken auMuötigt. Zu derselben Zeit traf Hessen eine ähnliche Regelung. Es ist aber be zeichnend, daß die Durchführung der Maßnahme in einer Weise erfolgte, die den Kirchen weit cntgegenkam. Es ist aber sehr zweifelhaft, ob die Entwicklung der neuen Ge meinschaftsschule den gleichen Weg gehen wird. Jedenfalls verlangen die Katholiken vom Netchsschnlgesetz Sicherung ihres Elternrechts. Für die Simultanschule wird von ihren Befürwortern meist angeführt, das; sie den konfessionellen Frieden fördere. Diese Behauptung ist unbeweisbar. Nicht durch Ver wischung der konfessionellen Unterschiede, sondern durch gegenseitige Duldung kommen wir zum konfessio nellen Frieden. Heinrich von Treitschke sagt schon in seinen Vorlesungen über Politik: „Die Erfahrung hat gezeigt, daß in Simultanschulen der Unterricht nicht so gut erteilt wird ivie in konfessionellen Schulen; und daß gemischte Schulen den religiösen Frieden fördern, ist zwar oft behauptet wor den, es ist aber das Gegenteil der Wahrheit. Simultan- schulen erregen den Religionshaß weit mehr als konfessio nelle." Auf solcher Grundlage kann man nicht Eingriff« in das Gewissen der Eltern aufbanen. Die Deutsche Volks- partei Hessens z. V. erklärt freilich: „Bei aller Achtung vor dem natürlichen Recht der Eltern auf die Erziehung ihrer Kinder ist nicht zu verkennen, daß namentlich in Zeiten geistiger Zerrissenheit ein höheres Gesetz im Jnterehe de, staatlichen Gemeinschaft dem Elternrecht gewisse Beschrän kungen auserlesen must." Solch« Gedankenaäna« bezeichnet