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und Tageblatt I 1885 ,FH FH Erscheint jeden Wochentag Abend- '/,7 Uhr für den «0 I anoeim Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2S Pf., vl» zweimonamch 1 M. SO Pf. und einmonatlich 7d Pf. Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder deren Raum 1d Pf. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nud Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun iu Freiberg. " 38. Jahrgang. - Sonntag, de« 16. August. Die Woche und scheint sich Blätter über den raglichen Werth vieler dortiger Niederlassungen zu be tätigen. Nach Erledigung ihrer dringlichsten Arbeiten hat sich die belgische Repräsentantenkammer am Mittwoch auf unbestimmte Zeit vertagt. Tagesschau. Freiberg, den 15. August. Eine neue Kolonialerwcrbung Deutschlands in der Nähe von Neu-Guinea wird von auswärtigen Blättern ge meldet, welche aber auch gleichzeitig berichten, daß dadurch das Deutsche Reich mit Spanien in Differenzen gerathen sei. Es handelt sich um die nördlich von Neu-Guinea liegenden 46 Inselgruppen von etwa 100, meist aus Korallenbildungen be stehenden Inseln, die Karolinen genannt. Nur ein Theil ist bewohnt, und zwar von einem malayischen Stamm, der zur Arbeit und Seefahrt sehr geschickt ist. Wahrscheinlich erfolgte die Erwerbung der Inseln, um Arbeiter für Neu-Guinea zu ge winnen. Die Mittheilungen, welche darüber von Madrid aus an das „Bureau Reuter" in London und „Agence Havas" in Paris gelangt sind, stimmen nicht völlig überein. Nach ' dem Reuter'schen Telegramm wären mehrere Karolinen-Inseln von Deutschland besetzt worden, worauf die spanische Regie rung dieserhalb Vorstellungen nach Berlin richtete. Zwei in der Nähe befindliche spanische Kriegsschiffe hätten sich nach den Karolinen-Inseln begeben, um die dortigen spanischen In teressen zu schützen. Nach dem Telegramm der „Agence Havas" soll aber seitens Deutschlands nur eine Insel be setzt worden sein, die spanische Regierung jedoch beschlossen I Schädigung des Deutschthums sich bedeutend besserte, so verains des Kongostaates angenommen habe, sind aus dem ist es doch ein Faktum, daß eine dauernde Regelung dieser letzteren allerlei Hiobsposten eingetroffen und scheint sich Verhältnisse bisher nicht gelungen und demnach dieser Theil das neuerliche Urtheil amerikanischer Blätter über den des Programms der Thronrede im vollen Umfange noch nicht durchgeführt ist." Zum Glück bildet die Anhänglichkeit an den Monarchen den Punkt, in dem sich alle Nationali täten Oesterreichs begegnen und bei dem in Innsbruck ,etzt stattgefundenen Bundesschießen hat sich dies wieder >urch die ebenso aufrichtigen wie herzlichen Huldigungen ür den Kaiser Franz Josef glänzend bekundet. Die be- ivrstehende Zusammenkunft des österreichischen Kaiserpaares mit der russischen Zarenfamilie in Kremsier wird zwar noch nicht offiziell zugegeben, doch werden bereits in der kleinen mährischen Stadt die Vorbereitungen zu dieser Begegnung m größtem Maßstabe getroffen. Wie man versichert, wird Dem österreichischen Kabinet Taaffe, welchem die Deutschliberalen des Nachbarstaates immer schärfer entgegen treten zu müssen glauben, ist es trotz seiner die deutschen Kreise verstimmenden Konzessionen an die Czechen nicht ge lungen, die letzteren zu befriedigen. In einem Leitartikel über die sechsjährige Negierungsperiode des Ministers Grafen Taaffe sagt das Prager Czechenblatt „Pokrok": „Wenn auch das Ministerium den aufrichtigen Willen hatte, den berechtigten Wünschen der einzelnen Nationalitäten Geltung zu verschaffen, und in vielen Fällen es auch durch setzte, daß die Lage der nichtdeutschcn Völkerschaften ohne Die erfolgreiche deutsche Flottendemonstration vor, Zanzibar, wAche in den letzten Tagen den widerspänstigen Sultan Said Bargasch veranlaßte, seine Truppen aus dem streitigen Gebiete von Witu schleunigst zurückzuziehen und die deutsche Schutzherrschaft über alle die großartigen Er werbungen der deutschen ostafrikanischen Gesellschaft rück haltlos anzuerkennen, gab der jungen Seewehr des Deut schen Reiches keine Gelegenheit, sich durch eine glänzende Waffenthat auszuzeichnen. Diese interessante Episode zeigte -aber aller Welt, daß die neue Kolonialmacht Deutschlands auch in fernen Welttheilen den mächtigen Einfluß geltend zu machen gedenkt, der ihr in Europa überall zuerkannt wird. Der rasche und glückliche Verlauf der Expedition nach Zanzibar ist aber auch dem politischen Umschwung zu banken, der sich neuerdings in England vollzog. Wenn der dortige leitende Staatsmann Salisbury den bisherigen Rathgeber des Sultans, den deutschfeindlichen Konsul John Kirk, aus der Nähe des ostafrikanischen Herrschers entfernte, und dem letzteren zu verstehen gab, daß er auf englischen Beistand gegen Deutschland nicht rechnen könne, so wird dieser Aufgeben eines problematischen Einflusses in Zanzibar der englischen Politik in Egypten und Zentralasien förderlich sei». Dem Fürsten Bismarck liegt die von ihm eingeleitete Kolonialpolitik besonders am Herzen; sie hat ihm in inneren deutschen Fragen bereits ihre guten Dienste geleistet, und kann auch für die internationalen Beziehungen von weit tragenden Folgen sein, sofern sie ein AusgleichungS-Objekt bildet, mittelst dessen England sich die deutsche Freundschaft erwirbt und bewahrt. Unser Kaiser ist aus dem verjüngenden Wildbad Gastein, wo er mit dem österreichischen Kaiserpaare mit gewohnter Herzlichkeit zusammentraf, nach Schloß Babelsberg zurück- gekekrt und in der Heimath mit der innigsten Liebe begrüßt worden, in welche sich die stolze Genugthuung mischt, daß diese verehrungsvolle Empfindung sich nicht auf das deutsche oder preußische Volk beschränkt. „Kaiser Wilhelm", schreibt die .Nordd. Allg. Ztg." ganz treffend, „besitzt den Zauber, sich aller Orten die Herzen zu verbinden, wo er erscheint, imponircnd durch die Erhabenheit seiner Stellung und den unvergänglichen Ruhm feiner Thaten, aber ebenso unwider stehlich fesselnd durch die freundliche Müde feiner erhabenm Persönlichkeit. Wenn, wie in früheren Jahren, Gastein der Schauplatz der freundschaftlichen Begegnung unseres Kaisers mit dem erhabenen österreichischen Herrscherpaare war und diese Begegnung auch jetzt das Gepräge einer Innigkeit trug, welche der Politik der beiden großen Nachbarreiche zu Gute kommen muß, so können wir auch diesmal mit Ge nugthuung fcststellen, daß der Werth eines, auch unter kritischen Umständen erprobten, Freundschaftsbundes ebenso in Deutschland wie in Oesterreich-Ungam gewürdigt wird, wie das auch die Stimmen der Presse in beiden Reichen vertrauend und hoffnungsvoll einmüthig bekunden." Um diesen Freundschastsbund zu erhalten und fester zu knüpfen, ist Graf Kalnoky, der Leiter der auswärtigen Politik Oester reich-Ungarns, am Dienstag nach Varzin gereist und hat -dem deutschen Reichskanzler m seiner pommerischen Sommer frische einen mehrtägigen Besuch abgestattet, bei dem vor züglich über die wirthschaftlichen Fragen ein ausführlicher Meinungsaustausch erfolgt sein dürfte. Seit einigen Tagen ist in Berlin die „Internationale Telegraphen-Konsercnz" versammelt, bei welcher sich 33 Staaten und 17 Kabelgesellschaften vertreten ließen und der zu Ehren bereits mehrere große Festlichkeiten begangen wurden und noch weitere geplant sind. Der zum Präsi denten gewählte deutsche Staatssekretär, vr. v. Stephan, ist ernstlich bestrebt, die Verhandlungen der Konferenz zu dem Ausgange zu führen, daß durch eine internationale Regelung der Tarife eine immer größere Verallgemeinerung des Gebrauches der Telegraphen ermöglicht werde. Nack dem bisherigen Gang der Verhandlungen steht ein der- artiges erfreuliches Resultat mit Zuversicht zu erwarten. Das englische Parlament ist Donnerstag Nachmit tag geschlossen worden, nachdem sich in demselben in letz terer Zeit die Stimmung für das jetzige Kabinet ziemlich günstig gestaltete. Die Erwartung, daß das Ministerium Salisbury eine bessere auswärtige Politik schaffen werde als Gladstone, hat sich glänzend erfüllt. Während beim Amtsantritt des Tory-Kabinets die Meinung vorherrschte, daß die Anhänger Gladstones bei den nächsten Wahlen wieder als Sieger hervorgehen würden, kann dies jetzt nicht mehr mit Zuversicht behauptet werden. Eine kluge irlän dische Politik hat allem Anschein nach der jetzigen Regierung die Stimmen der Irländer gesichert, was für die TorieS um so werthvoller ist, als dieser Gewinn nicht einem Pakt mit Parnell und Genossen zuzuschreiben, sondern dem freien Entschlusse der irischen Führer entsprungen ist. Dagegen dürfte die Ablehnung der liberalen Führer, sich an der Untersuchung der Ursachen der Stockung im Handel und in der Industrie zu betheiligen, ihrer Partei eher schaden als nützen. Nach einer glänzend verlaufenen Flottenrevue in Hel- singfors und zahlreichen in Finnland stattgefundenen Kst- lichkeiten ist das russische Kaiserpaar wieder nach Zars koje Selo bei Petersburg zurückgekehrt. Man beobachtet von dort aus die Reise des englischen Bevollmächtigten Sir Drummond Wolff nach Konstantinopel mit großem Mißtrauen und glaubt an englische Bestrebungen zur Her stellung einer Allianz mit der Pforte. Gleichzeitig werden aber Nachrichten von neuen russischen Truppensendungen durch Turkestan kolportirt. Verschiedenen Berichten zufolge befindet sich seit dem Tode des Mahdi der größte Theil des Sudans in einem Zustande vollkommener Anarchie. Eine furchtbare Hungers noth wird in Kordofan erwartet. Selbst jetzt schon sind dort Massen von Menschen dem Verhungern nahe. Der Nothstand der arbeitenden Bevölkerung in der nordamerikanischen Union hat bisher keine Besse rung erfahren, vielmehr erheben sich, nachdem bereits der Erlaß eines allgemeinen Einwanderungsvcrbots in Anregung gebracht worden ist, in der amerikanischen Presse neuerdings auch Stimmen, welche nur noch von einer Massenrück wanderung nach Europa eine Besserung der Lage erhoffen. In dieser Beziehung erhält die „Chicago Tribune" einen Artikel, welcher die Auswanderung von Irländern nach den Vereinigten Staaten scharf bekämpft. Man kann die deut schen Auswanderungslustigen darum jetzt nicht genug vor Denen warnen, die sie für eine geringe Agenten-ProRsion durch glänzende Schilderungen der amerikanischen Verhält nisse ins Elend locken. der Kaiser Alexander III. von Rußland bei seinem Eintreffen am 24. d. M. nicht nur von der Kaiserin Maria, sondern auch von dem Großfürsten-Thronfolger begleitet sein, sowie Kaiser Franz Josef in Begleitung sowohl der Kaiserin Elisabeth als des Kronprinzen Rudolf nach Kremsier ommt. Von Würdenträgern werden nebst den Ministern Taaffe und Orczy auch die beiden Botschafter Graf Wolkenstein und Fürst Lobanow anwesend fein. Von Kremsier aus wollen die russischen Majestäten nach Gmunden reisen und dort bei dem Herzog von Cumberland mit der Prinzessin Alexandra von Wales zusammentreffen. Der Kaiser von Oesterreich aber begiebt sich von Mähren aus direkt nach Pilsen zu den dort geplanten Heercsübungen. Nachdem von England aus der Entsatz der Festung lkassala mit abyssinischen Hilfstruppen angeregt worden, ollte die italienische Regierung nicht langer säumen, hre Truppen von den Küsten des Rothen Meeres zurück zurufen, wo dieselben nutzlos unter dem Klima und allerhand Entbehrungen leiden. Bis jetzt scheint es aber dem italieni schen Ministerpräsidenten Depretis noch immer an einem passenden Borwand für dm Rückzug zu fehlen, der als unvermeidlich von allen unabhängigen italienischen Blättern immer dringender gefordert wird. Wenn das französische Kriegsministerium öffentlich erklären ließ, daß es den deutschfeindlichen Artikeln des „Temps" völlig femgestanden habe, so wird dies überall Glauben finden. Die formale Unschuld des Kriegs ministeriums an dieser Angelegenheit befreit diese oberste Militärbehörde Frankreichs aber noch nicht von der morali schen Verantwortlichkeit für das von ihr stillschweigend ge duldete Treiben der Chauvinisten und der Patriotenliga und für die schriftstellerischen Erzeugnisse einzelner französi scher Offiziere. Eine solche „Ua rsvanodo" betitelte Arbeit, welche m Paris großes Aufsehen macht, stellt wahrhaft komische taktische Pläne auf, zeugt aber doch von den Ge sinnungen, die noch immer in Frankreich herrschen. Dieser Stimmung trug der Exminister Ferry in seiner letzten Kammerreoe mehr als nöthig Rechnung, wenn er auch darauf in seiner Wahlrede in Lyon Veranlassung nahm, sich gegen die Anschuldigungen zu verwahren, daß er eine kriegerische Politik Frankreichs angestrcbt habe. „Ich hatte nur behauptet," sagte er dort, „daß in dem gegenwärtigen Zustande Europas, welches so konstituirt und bewaffnet ist, wie Sie ja wissen, es nicht genügt, sich hinsichtlich der aus wärtigen Politik auf die „friedliche Ausstrahlung der Institu tionen" zu verlassen. Hierauf gestützt, zieht man den Schluß, daß ich Parteigänger einer Kriegspolitik bin und man wird dies in den kleinsten Dörfern Frankreichs veröffentlichen." Jedenfalls ist Ferry nach Lyon gegangen, um dort einen Theil der radikalen Wählerschaft zu gewinnen, was, nach dem der radikale Führer Clemenceau ihm so entschieden den Fehdehandschuh hingeworfen hat, nur als eine Folge des Gefühles der Schwäche und Unsicherheit ausgelcgt werden kann, welches die Opportunisten jetzt beherrscht. Die Cholera fordert nicht nur in Marseille zahlreiche Opfer, sondem treibt auch die französischen Truppen aus einzelnen ostasiatischen Garnisonen. Die Lage der französischen Ex peditionstruppen in Tonkin ist auch nach der endgiltigen Unterzeichnung des Friedensvertrages mit China keineswegs eine günstige. Ebenso ist in Cochinchina zunächst nicht daran zu denken, daß die Ruhe wieder hergestellt wird. Dort sind neuerdings wieder einige Niederlassungen der Christen geplündert und viele der Letzteren niedergemetzelt worden. Während der König der Belgier den sämmtlichen Mächten offiziell mittheilte, daß er den Titel eines Sou-