Volltext Seite (XML)
„Wetßerih-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ltalten, Postboten, sowie sie Agenten nehmen Be stellungen an. Inserate, welch« del de» bedeutenden Auflage del Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oeren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirtr Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im revaktionellen »heile, di« Spaltemeile 20 Pfg. Nr. 22. Dienstag, dm 19. Februar 1895. 61. Jahrgang. «Lokales und Sächstsches. Dippoldiswalde, 18. Februar. Gegen 450 Zuhörer aus Stadt und Land halten sich gestern in der Reichs krone zn dem von den hiesigen Vertrauensmännern des Bundes deutscher Landwirthe veranstalteten Vor trage eingefunden. Allerdings konnte das in der Einladung bekannt gegebene Thema, da Herr Bauer-Leipzig noch in den letzten Tagen wegen Krankheit absagen mußte, nicht behandelt werden. Dafür war Herr Gutsbesitzer Förster aus Herwigsdorf b. Zittau der ihm in letzter Stunde thelegruphisch übermittelten Bitte, den Vortrag zu übernehmen, nachgekommen, und sprach derselbe in nahezu zweistündiger Rede über sein Thema: Der Bund der Landwirthe in seinem Bemühen um die Erhaltung der deutschen Lanowirthschas: und des deutschen Mittelstandes. Einleitend wies derselbe darauf hin, wie schon im alten Griechenlands und in Nom die Landwirthschast in ihrer großen Bedeutung eine hervorragende Rolle gespielt, wie sie später ein Karl der Große und weiterhin ein Friedrich der Große voll gewürdigt und kräftig unterstützt habe, dis sie am Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr und mehr verkannt worden sei. Hier angekommen, beleuchtete und kritsierte Redner, unter Anlehnung an die elf Thesen des Bundes der Landwirthe, nne sie bei Gründung des selben vor zwei Jahren ausgesetzt wurden, die ver schiedenen Maßregeln und Zustände, wie die Handels verträge, die Goldwährung, die Freizügigkeit, die Börsen- und Judenwirthschait u. a., welche die deutsche Landwirthschast unerhört geschädigt haben, die Land- wirlhschast, der doch 42 V» der Bevölkerung Deutsch- - lands angehören. Ec führte aus, wie cs nun die t ernsteste Aufgabe des B. d. L. sei, diese Mißstände i wieder zu beseitigen oder wenigstens einzudämmen und l wie schon viel erreicht worden sei, insofern, als endlich - nun jetzt der Reichstag wie die Regierung gewillt , seien, den Forderungen der Landwirthe überhaupt wohlwollend näher zu treten. Seien doch schon für die Doppelwährung 200 Stimmen, also die Mehrheit, und für den bekannten Antrag Kanitz 1'/« Hundert ) vorhanden. Diese Thatsachen bedeuteten Lichtblicke am z trüben Himmel der Landwirthschast! Freilich sei eS e nun an den Landwirlhen selbst, auch nicht lässig zu - sein, sondern in den Kamps unterstützend mit einzu- , treten, zunächst durch Eintritt in den Bund d. L., in - dem der Führer selbst, Herr NeichstagSabg. Ploetz, als e schönstes Beispiel größter Opierwilligkeit allen voran- e leuchte. Reicher Beifall sowie die DankeSworte des , Vorsitzenden der Versammlung, des Herrn Welde- , Oberhäslich, gaben Zeugniß wie befriedigt man von - den schlichten aber sachlichen, von den begeisterten aber - nicht gehässigen Ausführungen des Herrn Förster war. Der von demselben verlesenen Resolution „Die heute - in Dippoldiswalde versammelten ca. 450 Landwirthe und Freunde derselben erkennen die so zielbewußte . Thätigkeit der obersten Bundesleitung — so namentlich deren Beschlußfassungen am 3. und 4. Dezember 1894 — im vollsten Maaße dankbarst an und stimmen denselben in allen Punkten ohne Rückhalt zu. Wir bitten sie, muthig aus dem bisherigen Wege zur Ec- Haltung der Landwirthschast und aller Mittelstände fortzuschreiten. Bei der bevorstehenden Abstimmung ' im Reichstage aber auch nölhigenfallS die wachsende , Macht deS Bundes zu gebrauchen, um vor Allem auf ' Berathung und Beschlußfassung über den Antrag Kanitz und Einberufung einer internationalen Münzkonferenz we cks Wiedereinführung der Doppelwährung, zu be- > stehen", stimmte man allseitig zu. Noch machte Herr Abgeordneter Eteyer die Anwesenden aufmerksam auf die : Erleichterung, welche der landw. Kreditverein dem i Grundbesitzer neuerdings bietet, indem er Letzeren von i nun an Darlehne gegen nur 3»/o gewährt, worauf Herr Weide mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf König und Vaterland die Versammlung schloß. — In der Nacht zum nächsten Donnerstag, ver ¬ kehrt zum Anschluß an den Mittwoch, 11.40 Abends von Dresden abgehenden Zug auf der Hainsberg- Kipsdorser Linie ein Theatersonderzug. — Im Altstädter Theater wird an diesem Abend „Die Stumme von Portici", (Anfang >/i 8 Uhr) und im Neustädter „Vasantasena" (Anfang 8 Uhr) gegeben werden. Außerdem dürsten aber auch das Residenztheater, der Viktoriasalon und der Zirkus hinlängliche Anziehungs kraft für Manchen ausüben. — Die Saisongewerbe, für die Ausnahmen von der Sonntagsruhe gestaltet sind, sind: 1. Her stellung von Chokoladen und Zuckerwaaren, Honig kuchen und Bisquit, 2. Anfertigung von Spielwaaren, 3. Schneiderei, 4. Schuhmacherei — beide in hand werksmäßigen Betrieben, 5. Putzmacherei, 6. Kürsch nerei, 7. Herstellung von Strohhüten. Für die ersten fünf Kategorien wird der Betrieb an sechs Sonn- oder Festtagen bis 12 Uhr Mittags, für die beiden übrigen Kategorien als eigentliche Saisongewerbe in gleicher Weise an vier Sonn- oder Festtagen gestattet. Hier wie dort findet die Ausnahme auf das Weihnachts-, Neujahrs, Oster-, Himmelfahrts- und Pfingstfest keine Anwendung. SeiferSdorf. Eine Darbietung seltener Art, die den ungetheilten Beifall der überaus zahlreichen Zu hörerschaftsand, war das unter Leitung der hies. Lehrer mit den Kindern der beiden ersten Schulklassen unter Mitwir kung zahlreicher Erwachsener an 2 Tagen vor. Woche in Scene gesetzte Volksmärchen Dornröschen von vr. Lehmann. Die Aufsührenden entledigten sich in höchst lobenswerther Weise ihrer Aufgabe. Die deklamato rischen, wie gesanglichen Darbietungen der Schulkinder war vollbesriedigend, wie auch die von 24 erwachsenen Personen dargestellten lebenden Bilder nichts zu wünschen übrig ließen, zumal die von Fr. Klemich- Dresden entliehenen geschmackvollen Kostüme sehr vor- theilhaft wirkten. lieber 700 Personen, inklusiv der Kinder am Nachmittag, besuchten die Vorstellungen. Nach Abzug der unvermeidlich hohen Auslagen, ver bleibt immerhin ein recht annehmbarer Ueberschuß, welcher den Schulkindern in paffender Weise zu Gute gehen wird. — Auf einem Uebungsritte begriffen passirten Ende voriger Woche ca. 15 Offiziere verschiedenen Ranges und verschiedener Waffengattungen unfern Ort. Ruppendorf. Beim hiesigen Gasthofsbesitzer Schneider ist eine Kalbe umgestanden, welche nach bezirksthierärztlichem Gutachten mit Milzbrand be haftet gewesen ist. Der Kadaver ist daher vorschrifts mäßig vergraben und ist eine gehörige Reinigung und Desinfektion der Stallung und aller Utensilien vor genommen worden. Schneider besitzt noch 6 Rinder, welche bei vorgenommener Untersuchung insgesammt gesund erschienen. Börnersdorf. Aus Anlaß rechtzeitigen Erscheinens am Brandplatz und erfolgreicher Löschthätigkeit ge legentlich des Brandes bei dem Gutsbesitzer Schröder in Breitenau am 5. Januar dies. Ihrs., hat die Königl. Brandversicherungskammer der dem Verbände Börnersdorf-Hennersbach gehörigen Spritze die gesetz liche Prämie von 30 M. bewilligt. Nassau. Vom Königl. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts ist der im Besitze der Gemeinde befindlichen Volksbibliolhek eine aber malige Beihilfe von 30 M. zu Theil geworden. Dresden. Der König hat dem Staatsminister, Minister der Justiz vr. Schurig, den Vorsitz im Gesammtministerium und den Vorsitz bei den in Lvunßölioio beauftragten Staatsministern, ingleichen auch die Funktion eines OrdenSkanzers übertragen, und dem zeitherigen Kämmerer, Oberhofmeister der Königin, wirkt. Geh. Rathe von Watzdorf unter Ernennung zum Staatsminister die Leitung des Finanz ministerium« übertragen, desgleichen auch den Auftrag in LvanAslieis erlheilt. Verantwortlicher Redacteur: PiMl Ikhnt in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem »Lllnstrirten UnterhaltnngSblatt". Mit land- mW hauswirthschaftlicher MonatSbellage. Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Dresden. Es ist, wie schon in der vorigen Nummer kurz mitgetheilt wurde, in Anregung gekommen, dem Altreichskanzler Fürsten Bismarck daS Ehren bürgerrecht sämmtlicher sächsischen Städte mit reoidirter Städteordnung anzutragen, und ein dahin gehender Beschluß ist in Dresden von einer Anzahl Vertreter der größeren sächsischen Städte mit reoidirter Städteordnung, vorbehältlich der Zustimmung der betreffenden Stadtverordneten - Kollegien, einstimmig gefaßt worden. An die nicht vertreten gewesenen der 72 sächsischen Städte mit reoidirter Städteordnung wird die Aufforderung ergehen, sich diesem Beschlüsse anzuschließen, und es ist nicht zu zweifeln, daß sie dieser Aufforderung freudig Folge leisten werden. Die betheiligten Städte werden somit dem Fürsten durch eine Abordnung einen gemeinsamen Ehren- bürgerdries überreichen lassen. Dieses gemeinsame Vorgehen ist gewählt worden, um der -mit der Ver leihung des Ehrenbürgerrechts beabsichtigten Ehrung einen größeren Werth zu geben, als er dem Ehren bürgerbrief einer einzelnen kleinen Stadt innewohnt. Erwähnt sei noch, daß die drei größten sächsischen Städte, Dresden, Leipzig und Chemnitz, dem Fürsten bereits früher das Ehrenbürgerrecht verliehen haben. — Die großen Eisenbahnbauten haben jetzt infolge der großen Kälte eine Einschränkung erfahren müssen, trotzdem soll aber die interimistische Abfahrts stelle am Böhmischen Bahnhofe bereits am 1. Mai dem öffentlichen Verkehr übergeben werden. Die Halle hat 31 Meter Spannweite und die Wartesäle werden eine Breite von 40 Metern erhalten. Fahrscheinaus gabestellen sind sieben geplant. Die Haupthalle wird 60 Meter Spannweite erhalten, während die Gesammt- länge des Bahnhofs auf 250 Meter geplant ist. — Der Bergwerksmitbesitzer Karl Refeen aus Teplitz wurde am 14. Februar von der 4. Strafkammer des Königl. Landgerichts wegen Zolldefraudalion zu 5865 M. Strafe und Ersatz für 8 „gepaschte" Pferde, die er in den Tagen des 21. September bezw. 26. September und 26. Oktober v. I. auf Schleich wegen über Zinnwald, bezw. Moldau und Müglitz von Böhmen nach Sachsen bringen ließ und hier ver kaufte, verurtheilt. Der Zollsatz für die 8 Pferde beträgt ä 20 M. — 160 M. und die dafür auSge- worfene Strafe war aus das vierfache — 640 M. bemessen. Da die Pferde nicht konfiSzirt werden konnten, muß N. den Werth derselben mit 5225 M. erlegen. — Zu der Loschwitzer Raubmordasfäire wird noch Folgendes mitgetheilt: Nachdem die Staats anwaltschaft von dieser schaurigen Affaire in Kenntniß gesetzt worden war, hatte sich dieselbe in Begleitung mehrerer Beamten, des Gemeindevorstandes, des OrtS- richterS und des Kreisobergendarms, an den Thatort begeben, um die zur Ermittelung des Mörders un bedingt nöthigen Momente protokollarisch feststellen zu lassen. Bei Besichtigung der Ermordeten sah man, daß dem Mörder ein einziger Schlag auf die St«rn genügt hatte, um sein Opfer zu überwältigen. Bei der vorgenommenen Durchsuchung sand man in einem im Nebenzimmer befindlichen schwarzen Ebenholz schränkchen ca. 1200 Mk. in Baar, und zwar in 100- und 50-Markscheinen und auch in 20-Mar!stücken. Außerdem wurden noch Rentenscheine und ein Hypo thekenschein über 18000 Mk. vorgesunden. Trotzdem oie Ermordete allein wohnte und ihre leichten häus lichen Arbeiten selbst besorgte, sah es in den Wohn räumen ganz ordentlich aus. Man fand viel Wäsche vor, 50 Paar Schuhe, und gute, schöne Möbel schmückten das einsame Heim. Die Wittwe war eine sonderliche Frau, sie trug sich stets altmodisch; als man sie er mordet aufsand, trug sie zweierlei Strümpfe rc. Früher, in den siebziger Jahren, als ihr Mann noch lebte, sah man diese Leute in den besseren Kreisen verkehren. Der Herr Gemahl soll ein leichte» Leben geführt