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—————— TouuerstagSe« 18. Auguft 19Y., zu- von aus Tagesschmr Freibergs den 17. August^ Der deutsche Kaiser empfing gestern Vormittag im Schlosse BabelSbrrg den Oberhofmarschall Grafen Perponcher. den Chef des Militärkabinets General v. Blbcdyll und dm Chef der Admiralität Generallieutenant von Caprivi zum Vortrag. Morgen, am 18. August, dem Jahrestage der Schlacht von Gravelotte, findet im Stadtfchlosse zu Potsdam die feier liche Einweihung der neuen Fahnen statt. Die Feierlichkeit beginnt am Vormittag mit der Nagelung der Fahnen im Marmorsaale des Königlichen Stodtschlosfis im Beisein des Kaisers und der allerhöchsten und höchsten Herr- Monarcheu, auf Schloß Babelsberg bei Potsdam eine größere Galatafel stattfinde«, an welcher die sämmtltche« zur Zeit io Berlin anwesenden Mitglieder der öfterreichisch-ungarischm Botschaft thetlnehmm werden. Der Botschafter Graf Szecheuyi unterbricht seinen kürzlich angetretenen Urlaub, um au diesem Tage ebenfalls an der kaiserlichen Tafel in Babels» berg zu erscheinen. — Dem deutschen Kaiser ging au» Frank furt am Main folgendes Telegramm der konftttuirenden Ver sammlung des Evangelischen Bundes zu: »Eurer Majestät bringt der .Evangelische Bund zur Wahrung der deutsche» protestantischen Interessen« auf seiner ersten Generalversamm lung in Frankfurt im Namen seiner etwa 10000 Mitglieder in tiesster Ehrfurcht die allerunterthänigste Huldigung dar. Möge eS de« Bunde in feinem Streben, die Glieder der evangeltfchen Kirchen Deutschlands im Glauben zu festigen uud zu einigen, durch Gotte- Gnade vergönnt sein, unter Eurer Majestät glorreichem Szepter dem thrueren Vaterlandezu dienen und ihm die Segnungen der Reformation zu erhalten und zu mehren.« — Am 22. d. M. wird tn Berlin der Großfürst Michael Nikolajewitsch von Rußland mit feinen beiden jüngsten Söhne«, den Prinzen AlexiS und SergiuS, etntreffen und sich demnächst von dort zum Besuch beim Großherzog und der Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin nach Ludwigslust begeben. — Sehr sympathisch wird am russischen Hofe die ablehnende Art berühren, in welcher sich die Berliner RegierungSpresse über die Bulgarenfahrt des Prinzen von Koburg ausspricht. Die offiziöse „Nordd. Allg, Zig.« schreibt an leitender Stelle über die Proklamation des neuen Fürsten von Bulgarien an da- bulgarische Volk: »ES unterliegt keinem Zweifel, daß schon die Reise des Prinzen Ferdinand von Koburg nach Bulgarien und die llebernahme der Regierung durch ihn eine Verletzung des Art. III. des Berliner Vertrages involvirt, wonach die Wahl des Fürsten erst nach erfolgter Bestätigung desselben seitens der Pforte und der Mächte perfekt wird. Sollten die telegraphischen Nachrichten sich in ihrem ganzen Umfang be stätigen, so würde damit ein verstärkter Bruch des bestehenden Vertragsrechts festgestellt sein, den die deutschePolitil nicht gutheißen könnte. Die Thatsache, daß dies der dritte Sommer ist, in dem rechtswidrige Vorgänge in Bul garien die Ruhe und die Friedensaussichten, deren Befestigung allen Großmächten am Herzen liegt, in Frage stellen, kann dem bulgarischen Volle und seinen Führern die Sympathie« der Mächte, welche sür die Erhaltung des Friedens thätig sind, unmöglich erwerben.« — Der in Berlin aufgetauchte Pla« der Gründung einer Gesellschaft für Spiritusver« werthung hat bereits eine feste Gestalt angenommen. Der Ausschuß, welcher die Bildung einer Aktiengesellschaft in die Hand zu nehmen sich bereit erklärte (indetz noch andere Herren in- und außerhalb Berlins zur Mitwirkung einladen wird), besteht aus den Bankhäusern: Deutsche Bank, Direktion der Diskonto-Gesellschaft, Delbrück, Leo u. Co., Dresdner Bank, Hardt u. Co. zu Berlin und H. F. Lehmann-Halle a. S. Der Verein deutscher Spritfabrikanten (Reklifikateure) trat gestern im Berliner Zentralhotel zu einer Sitzung zusammen behufs Stellungnahme zu diesem Projekt. Die Verhandlungen wurden vertraulich geführt; In den Debatten machte sich, wie verlautet, eine prinzipielle Zustimmung zu dem Projekt geltend. — D>e Urtheile der Presse über das neue Unternehmen lauten sehr verschieden. Die sreikonservative „Post« beklagt sich über die Angriffe der sreisinnigen Presse, die dort besonders heftig seim, wo sich der Radikalismus mit der Börsenpartei verbinde. Von dem Unternehmen selbst meint die .Post«, daß eine der artige Konzentration des GroßvncschleißeS zugleich das reine Börsenspiel im Spiritus, von dessen Umfang und Nachtheilig keit die letzten Wochen genügende Beweise tieferten, stark be- Ichränkcn und das von dem neuen Branntweinsteuergcsetz be fürchtete Händler-Monopol verhindern würde. Im Uebrigm sei es wunderbar, daß die Freunde der freien wirthschaftlicheu Bewegungen ein Unternehmen befehdeten, das durchaus auf diesem Boden entstanden sei. — Betreffs der auch von der .National Ztg.« betonten Gefahr für die deutsche SpirituS- Ausfuhr bemerkt die .Hamb. Börsenhalle«: „Die Ausfuhr wird ebenfalls von der Gesellschaft monopolifirt, und hier sehen wir eine erschreckende Gefahr für den deutschen Sprit- rxport Abgesehen davon, daß die Brenner künftig kein große« Interesse daran haben werden, erheblich mehr als das ihnen einen sicheren Nutzen bringende Quantum für den inländischen Konsum herzustellen, daß also die dem Export zur Verfügung stehende Menge Branntwein sich verkleinern dürste, wird eine nothwendiger Weise bureaukratisch geleitete Zentralverwaltung und TügMKÜ Amtsblatt für die kömglichm Md städtischen Behörden zu Freiberg und Braud Verantwortlicher Redakteur: 3» Vertretung Ernst Mauckisch in Freiberg. Znm 18. Auguft. Wieder sind jene Augusttage gekommen, an welchen vor nun siebzehn Jahren die deutschen Heere im blusigen Ringen mit den französischen Armeen die Oberhand gewannen und durch ihre Standhaftigkeit und ihren unbezwinglichen Helden- muth jene Siege errangen, welche den Riesenerfolg von Sedan und den Zusammenbruch des napoleonischen Kaiser- thums vorbereiteten. Es war am 16. August 1870, als die preußischen Regimmter der überlegenen französischen Heeresmacht bei Mars la Tour wacker Stand hielten und trotz der unleugbaren Tapferkeit und guten Bewaffnung der Franzosen nach dem blusigen Ringen eines heißen Sommer tages unerschüttert den Wahlplatz behaupteten. Noch wilder tobte aber der Kampf am 18. August bei Gravelotte und gerade dieser Tag ist mit ehernem Griffel tief ringegraben m den Tafeln der Geschichte der Wiederauferstehung des deutschen Reiches und steht mit goldenen Lettern verzeichnet in der ruhmvollen Geschichte des deutschen Volkes in Waffen. Hier war es, wo die Waffenbrüderschaft zwischen den Preußen und Sachsen besiegelt wurde mit Strömen kostbaren rothm Blutes, wo das tapfere sächsische 12. Armee« korps den theilweise arg bedrängten preußischen Garden Luft verschaffte. Der Marsch auf Roncourt, der Sturm auf St. Privat und die Kämpfe um St. Marie aux Chönes werden mcht nur den herrlichen Kriegern unvergeßlich sein, die daran ruhmvoll theilgenommen, sie leben in dem dank barm Gedächtniß des ganzen deutschen Volkes fort, das sehr wohl weiß, was es den Siegen« von Gravelotte und Sedan dankt, das dm Manen der damals gefallenen Helden für alle Zeit das treueste Andenken widmet. Die Zeit hellt jeden Schmerz, läßt die schmerzlichsten Wunden verharrschm und verwischt den Kummer um schwere Verluste, aber das Schöne und Große macht sie nicht vergffsm, sondern über goldet es noch mit dem Zauber herrlicher Erinnerungen. Zu diesen unvergeßlichen Erinnerungen gehört der Helden sinn und kluge Feldherrnblick, den der damalige Kronprinz Albert, unser jetziger allverehrter König und Herr, am 18. August 1870 bewährte, und die todesmuthiae Tapfer keit, mit welcher die sächsischen Truppen, dem Befehle ihres erhabenm Chefs folgmd, unerschüttert von dem Hagel der Chassepots und der andern französischen Geschosse vor« wärts stürmten und die feindlichen Reihen durchbrachen. Auf dem Schlachtfelde von Gravelotte fühltm sich die preußischen und sächsischen Krieger erst recht als echte deutsche Waffenbrüder, hier wurde das Wort des großen National dichters Schiller zur Wahrheit: „Und schweigend ward ein Bündniß jetzt beschworen, Das, fest gehärtet in des Feuers Gluth, Bestehen wird in allen Schicksalsprobm!« Werden solche Schicksalsprobm uns erspart bleiben? Diese Frage legen sich unzählige Deutsche an diesem achtzehnten August unwillkürlich vor. Niemand täuscht sich darüber, daß Frankreich Rache brütet und in dm siebzehn Jahren, die seit dm Tagen von Gravelotte und Sedan vergangen sind, unablässig und mit ungeheuren Opfern an den Vorbereitungen des Revanchekrieges gear beitet hat. Der Verehrung, welche unser greiser Helden kaiser m ganz Europa genießt, und der weisen Politik des deutschen Reichskanzlers danken wir es, daß Frankreich bisher keinen Bundesgenossen fand, daß alle Versuche, ein russisch-französisches Schutz- und Trutzbündniß zu Stande zu bringen, bisher kläglich scheiterten. An der Versuchung, der in der gehässigsten Weise wühlenden französischen Kriegspartei zuvorzukommen und mit einem zweiten ent scheidenden deutsch-französischen Kriege das Werk von 1870/71 zu vervollständigen, hat es wahrlich nicht gefehlt. Standhaft wies aber der friedliebende greise deutsche Kaiser diese Versuchung stets von sich; er mochte in Erinnerung an die großen Opfer des 18. August 1870 in seinem hohen Alter nicht mehr die Verantwortung für einen neum blutigen Krieg auf sich nehmen, und dieser edle feste kaiser liche Wille war es, welcher den Reichskanzler zu der bün digen Erklärung veranlaßte: .Wir werden Frankreich nie mals angreifen!« Alle die zahllosen Hetzreden und Hetz schriften, welche in den letzten Jahren das französische Volk fortwährend zum Haß gegen Deutschland ausstachelten, selbst die gehässige Behandlung der in Frankreich lebenden Deutschen, die Schließung deutscher Fabriken, die vielen Versuche französischer Spione, deutsche Staatsbürger zum Landcsverrath zu verleiten, selbst die Ankündigungen der Probemobilisirung vermochten Deutschland nicht aus seiner selbstbewußten stolzen Ruhe aufzuscheuchen. Solche Nadel stiche lassen uns unempfindlich, denn wo das formelle ist dasselbe von I schäften rc. Hieran schließt sich die Fahnenweihe; später folgt ... jm Stadtschlosse zu Potsdam anläßlich dieser Feierlichkeit ein größne- Mahl. An demselben Tage wird bei dm kaiserlich« Majestät«, aus Anlaß de- Geburtstage- de- österreichischen Erscheint jeden Wochentag Nachmitt. V,S Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2ü zweimonatlich 1M. SO Pf. und einmonatlich 7d Recht auf Deutschlands Seite war, i>. -»u"— --- dem Fürsten Bismarck Frankreich gegenüber stets sofort schneidig gewahrt worden und hat sich dann die französische Regierung auch stets beeilt, die verlangte Gmugthumlg zu gebm. An Zahl ist die französische Armee dem deutschen Heere mindestens gleich; daß aber die französischen Re gimenter jetzt geschlossener, disziplinirter und kampffähiger sind als es am 18. August die Armee Napoleons war ist eine leere Behauptung, an welche die Franzosen wohl selbst nicht glauben, sonst hätten sie längst wieder das Schlachten glück erprobt, statt ihre Kräfte so lange Zeit hindurch m endlosen Rüstungen zu erschöpfen. Die eigene militärische Ohnmacht erkennend, möchten die Franzosen um jeden Preis Rußland zu einem festen Bündniß bewegen, und unzweifelhaft ist es ihnen wenigstens gelungen, eine diplomatische Annäherung zu bewirken, von der ein ge meinsamer erfolgreicher Protest gegen die Ratifikation der englisch-türkischen Konvention über Egypten deutliches Zeugmß ablegte. Um die Sympathien der Slaven zu gewinnen, schien den französischen Feindm Deutschlands kein Opfer zu groß. Eine Deputation der Patriotenliba ward nach Moskau gesendet, um auf das Grab des erbitterten deutsch feindlichen Publizisten Katkow einen Kranz niederzulegen. Dieser rückschrittliche orthodoxe russische Geheimrath, der einst dm General Murawrew zur rücksichtslosen Knechtung der Polen ermunterte, der im Lebm die freisinnigen fran zösischen Schriftsteller stets verketzerte, wurde jetzt, nur weil er ein schlimmer Feind Deutschlands gewesen, von den durch den Deutschenhaß verblendeten Freigeistern Frankreichs bis zur Ungebühr gepriesen. Selbst der Schwiegersohn des Freiheitsdichters Viktor Hugo, der radikale Führer Lockroy, der polmfreundliche Kammerpräsident Floquet, der jede Autorität verspottende Pamphletist Rochefort und der auf seine republikanische Gesinnung so stolze Gmeral Boulanger vereinigten sich in dem Lobe des .großen Todten" in Moskau. In Petersburg merkte man aber die Absicht und wurde verstimmt. Der als Organ des russischen Ministers von Giers geltende Brüsseler „Nord« wurde angewiesen, auf niedrige Schmeicheleien, mit denen die französiscben Radikalen und Boulangistm Rußland bei Gelegenheit oes Todes Katkows zu überschütten für angezeigt befunden hatten, ablehnend zu antworten. „Bei den Sympathie- bezeugungen für Rußland," schrieb das im russischen Dienste stehende Blatt, .die in Frankreich aus Anlaß des Todes Katkows laut wurden, war es unmöglich, die Thatsache nicht zu bemerken, daß die Urheber dieser Kundgebungen der fortgeschrittenen republikanischen Partei, der Partei der radikalen Opposition angehören. Rußland, ein Land der Ordnung und der Disziplin, kann aber nur mit Dem pak- tirm, der nicht diese für jede regelmäßige Gesellschaft und alle normale Entwickelung nothwendigen Grundsätze an tastet.« Sicher hat der Kaiser von Rußland wenig Neigung sich mit diesen Revolutionären zu einem Kampfe gegen Deutschland zu verbinden, der zu einem Weltenbrand emporlodern würde, weil es dem deutschen Reiche nicht an Bundesgenossen fehlt, die im Augenblick der Gefahr treu zu uns stehen würden. Den besten und zuverlässigsten Freund hat aber Deutschland an sich selbst! So lange es von demselben Geiste der Eintracht, der muthigen Ent schlossenheit und der opferfreudigen Vaterlandsliebe erfüllt bleibt, der bei Gravelotte und St. Privat am 18. August 1870 so großartig zu Tage trat, so lange in Deutschland Fürst und Volk in inniger Liebe und Hingebung fest sammen stehen, so lange brauchen wir nicht eine Welt Kriegern zu fürchten und können mit den Worten „Wilhelm Teil« sagen: Ist aus dem Innern nur der Feind verjagt; Dem Feind von Außen wollen wir begegnen. Wir sind vereinigt durch ein ewig' Band Und Feindesheere sollen uns nicht schrecken! Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom- mm und beträgt der Preis sür die gespaltene Zelle H OO « oder deren Raum 18 Pf.