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APiSergerMtzejg UN- Taacblatt un- Tageblatt Amtsblatt für die königlichen vnd städtischen Behörden zn Freiberg und Brand, verantwortliche Leituyg: Georg Burkhardt. Inserate werden bis Bormitt» angenommen. Preis für die Gpaltzc Außerhalb de» LanogerichtSbezirtt />/» aFV !I Erscheint jeden Wochentag Abends '/,7 Uhr für den Jahrgang. IHEß länderen Lag. Preis vierteljährlich S Mk. SS Pfg. SNNNtNtt -E-E-V* zweimonatlich 1Mk. SOPsg.u. einmonatlich7SPfg. Ufingflen. Komm heilger Geist, bereite Dein Pfingstfest nah und fern! Mit Deiner Kraft begleite Das Zeugniß von dem Herrn! Schmilz, was sich trennt, zusammen, Bau Deinen Tempel aus, Laß leuchten Deine Flammen Durch Land und Herz und Haus! aus Handwerks-- und Ge- > der Straßen quetschender »Pfingsten, da» liebliche Fest ist gekommen", so hat unser Altmeister Goethe gesungen, und so dürfen auch wir jetzt wiederum singen. Pfingsten, das maiengeschmückte, daS blumenbekränzte Fest ist ein liebliches Fest. Lieblich geschmückt, einer Braut gleich, die am Hochzeitsmorgen sich geschmückt hat, blühende Kränze im Hoar, so schaut uns Gottes Schöpfung an; die Erde hat den Winterschlaf und die Winterenge von sich abgelegt. Jung und frisch sprießt und schießt es aller Enden und Orten aus ihr hervor; waS todt war, ist lebendig worden; was verborgen war, ist ans Licht gekommen; was stumm war, redet wie mit neuen Zungen. Aber daß man nur nicht darüber Kirche und Altar vergessen, daß man über dem Gesang der befiederten Sänger draußen nur nicht den Klang der Glocken, die ins Gottes haus rufen, überhören, daß man nur nicht glauben möchte, Pfingsten wolle nur unter den grünen Bäumen des Waldes und unter dem lichten Blau des Himmels gefeiert sein! Wer Pfingsten nur als ein Naturfest feiert, der hat nur die Schale, aber nicht den Kern; und was hat der Kranke und Sieche oder Blinde von der Schönheit der Schöpfung, die seinem Auge verschlossen ist? Was soll der Freudengruß der Natur dem, besten Herz von Sorge und Leio beschwert ist, und wie dann, wenn Pfingsten statt Sonnenschein den Regen bringt? All das Leben und Weben draußen in Wald,. Garten und Feld und das liebliche Maiengrün, womit man in diesen Tagen die Häuser und Kirchen schmückt, — das Alles ist Bild und Ahnung eines Höheren, ein Gleichniß Von dem neuen Leben aus Gott, das Gottes Geist auch in uns erwecken soll. Pfingsten ist das Fe st des Gei st es, aber nicht des Menschengeistes, nicht des Zeit- und Weltgeistes, sondern des heiligen Geistes, das Fest seiner Ausgießung über die Jünger des Herrn, seiner Sendung in die Herzen der erlösten Menschenkinder. Das aber macht nun gerade das „liebliche" Fest, das man am fröhlichsten unter allen Festen feiert, zu dem rätselhaftesten und dem am wenigsten verstandenen. Weih nachten mit dem Jesuskind in der Krippe in Bethlehem, an welcher arme Hirten und die geheimnißvollen Magier gekniet haben, mit seiner Engelspredigt und dem Lobgesang der himmlischen Heerschaaren, Charsreitag mit dem Haupt voll Blut und Wunden am dunkeln Kreuz auf Golgatha, Ostern mit dem Siegesfürsten, der den Tod überwunden und des Grabes Riegel gesprengt hat, und Himmelfahrt mit dem Herrn der Herrlich keit, der sich vom Tooesstaube der Welt zu den lichten ewigen Höhen emporgeschwungen hat, — sie alle stellen uns den leibhaftigen Christus vor Augen; sie alle erinnern an große Gottesthaten, die menschliche Augen gesehen haben. Anders ist es an Pfingsten. Den heiligen Geist, der dort ausgegossen wurde, hat Niemand gesehen und kann Niemand mit den fünf Sinnen wahrnehmen. Jenes Windesbransen, jene Feuerflammen und das wunderbare Reden in fremden Sprachen waren nur äußere Zeichen und Sinnbilder, mit denen der heilige Geist über die Jünger kam, sein Gewand oder Leib, seine Herolde und sein Geleite. Das Pfingstwunder selbst hat sich in den Herzen der Jünger voll zogen, „die des heiligen Geistes voll wurden". Was also an jenem Pfingsttage sich zugetragen, das war wesentlich ein Inneres, das kein Auge sehen und kein Ohr hören, das nur der Glaube erfahren konnte. Und so ists noch immer. Pfingsten ist eben ein innerliches Fest; es ruht auf einer inneren Erfahrung, und nur Der kann das Fest recht verstehen, der die geheimnißvolle Gotteskraft, in welcher uns der heilige Geist ent gegentritt, an sich selbst empfunden und erlebt hat. Was der heilige Geist selbst ist, sagt uns die heilige Schrift nicht, aber um so reichlicher sagt sie uns, was er gethan hat, und was er noch immer thut, und das führt auf die weitere Bedeutung des Festes. Pfingsten, das Fest des Geistes, ist auch der große Geburtstag der Einen heiligen christlichen Kirche. In einer der Tempelhallen zu Jerusalem ist einHäuflein armer und geringer Leute einmütkig versammelt, auf den heiligen Geist, den ihnen der Herr verheißen hatte, wartend uno um ihn bittend. Da erhebt sich mit einem Male ein Brausen vom Himmel; feurige, getheilte Zungen erscheinen ihnen und setzen sich auf die Jünger, und als diese nun in fremden Sprachen uno andern Zungen Gottes große Heilsthaten der staunenden Menge verkündigt hatten, da lassen sich — o köstliche Frucht einer einzigen Predigt, die der Geist von oben durch der Apostel Mund gehalten hat — ihrer bei Dreitausend auf den Namen Jesu taufen. So stand als ein Wunder des Geistes die Arche Christi in der Welt da. Wunderbar entstanden, hat sie sich ebenso wunderbar über den Erdkreis verbreitet. Mit der verheißenen Kraft aus der Höhe angethan, sind die Boten des Herrn in den heiligen Krieg mit einer christusfeindlichen Welt ausgezogen. Es waren nicht Edle oder Große nach dem Fleisch, nein arme, geringe Leute aus dem Volk, Fischer, Zöllner und vor Allem der Teppichmacher Paulus. Aber die erst so Zaghaften beseelte ein Muth, der vor keiner Macht der Hölle erzitterte; in ihren Herzen glühte eine heilige Begeisterung für den Herrn, die sie der Gefahren zu Wasser und zu Land, in den Städten und Wüsten, unter den Heiden und den falschen Brüdern nicht achten und durch Spott und Hohn, durch Haß und Verfolgung nicht irre machen Das ist ein Singen und Klingen In Wald und Feld und Hain; Aus Busch und Blüthen dringen Liebreizende Melodein. Kein Wunder darum, wenn Jung und Alt, Arm und Reich in großen Schaaren, wie eine große Völkerwanderung in den pfingstlichen Tagen in die Felder und Wälder hinausziehen, um Herz und Sinn in Gottes Schöpfung, in Luft und Licht und Sonnen schein zu erfrischen, die matte Seele sich in der Natur gesund zu baden und Kraft sich zu holen für die ernste und mühevolle Arbeit des LebenS, Kraft für ein neues rüstiges Schaffen im Tagewerk. Und wer will es dem Volk verdenken, wenn es — wie es uns der Dichter in seinem „Faust" so köstlich beschreibt, „i werbesbanden, auS dem Druck von Giebeln und Dächern, aus , „ , Enge" in Gottes freie, schöne Natur hinauszieht, wo der Himmel blaut, und die Sonne durch das junge Laub strahlt, wo die Gräser sprossen und die Blumen blühen, wo das Lob des Schöpfers in tausend Zungen ertönt? ließ. So trugen sie die Kreuzesfahne Christi von Volk zu Volk, von Land zu Land, über Berge und Meere hinüber, und bald sanken die Heidenaltäre, die Götzenbilder stürzten, die Tempel der heidnischen Götter standen verlassen da, und Opfer wurden nicht mehr gebracht, wo die Predigt deS Evangeliums Eingang fand. Heidenthum und Juventhum, Unglaube und Aberglaube, List und Bosheit, Tücke und Gewalt, alle feindlichen Mächte stürmten wider das Christenthum an, aber sie richteten nichts auS. Mit Feuer und Schwert verfolgte man die Christen, aber jede Verfolgung fachte daS Pfingst- feuer von Neuem in mächtigen Flammen an. Ein Märtyrer unter dem römischen Kaiser Diokletian konnte der Frage des Tyrannen: „Weißt Du wohl, daß ich die Macht habe, Dich zu tödten?" das große Wort entgegenhalten: „Du, o Kaiser, hast die Macht zu tödteu; ich aber habe die Macht zu sterben," und gegeißelt und gefoltert rief er im Sterbe« nur: „JesuS, mein Jesus, mein Retter." Und wer will die alle zählen, die wie er trotz Marterbank und Foltergerüste, trotz Scheiterhaufen und Henkerbeilen an ihrem Christenglauben treu bis zum Tode hielten? Wenn Einer auf dem Schaffst starb, standen zehn Andere um Vas Blutgerüste, bereit, desselben Todes zu sterben. Es hat in der That etwas Ergreifendes, den Siegesgang der Kirche Christi durch die Welt geschichte zu verfolgen. Während mächtige Reiche in Trümmer sanken, blieb die Kirch« Chrisn, wie ein Fels im tobenden Meere, unbewegt durch den Lauf der Jahrhunderte hindurch stehen, eine Siegerin nicht allein über RomS Macht und Griechenlands Weis heit, eine Siegerin auch über die Inquisition, wie über die Revolution, über die religiöse Verarmung und die sittliche Verflachung der Aufklärung. Biele Stürme hat die Arche erlebt, aber alle hat sie überstanden; finstere Gewitterwolken haben sich über ihr zu- sammengebnllt, aber sie haben ihr nicht schaden können. Millionen von Todtengebeinen, wie es einst der Prophet Ezechiel im Geiste gesehen, hat der Odem GotteS auf dem großen Zweiten Todtenfeld des Sündenelends auf der Erde lebendig gemacht. Tausende von Missionaren tragen jetzt das Helle Licht des Evangeliums durch die finstere Heidenwelt; in mehr als 300 Sprachen ist die heilige Schrift nun übersetzt; in zahl losen Oasen in der Wüste der Heidenwelt grünt und blüht es pfingstlich; lange ver schlossene Thüren haben in der weitesten Ferne sich dem Evangelium aufgethan, und die noch verschlossenen müssen und werden sich noch öffnen; denn die ewige Wahrheit muß und wird den Sieg behalten. Den Sieg aber nicht allein in der Heidenwelt, nein auch inmitten der Christenheit, in der die Kirche mit Unwissenheit und Thorheit, mit Lauheit und Gseichgültigkeit, ebenso wie mit dem Unglauben und Aberglauben zu kämpfen hat. Mögen noch so viele falsche Propheten, wie es so oft schon geschehen, auch heute noch aufstehen und triumphiren, es sei mit der Kirche Christi Matthäi am letzten, sie ver gessen, daß es Matthäi am letzten heißt: „Siebe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende". Mögen Tausende die Kirche, auf oeren Stifter sie getauft sind, verleugnen und verlasten, sie steht doch nicht verlassen da und wird es auch nie sein; denn der Herr ist bei ihr, und ob alle Throne wankten und alle Reiche in der Welt in den Staub sänken, sie hat die Verheißung, daß auch die Pforten der Hölle sie nicht über wältigen sollen. Wie aber der heilige Geist die Kirche Christi gegründet hat, so lebt diese auch nur dadurch, daß der heilige Geist auf sie sich nieoersenkt. Der sie gegründet hat, durch den muß sie auch erhalten und vollendet werden. Wir feiern wiederum Pfingsten, das Fest des heiligen Geistes, aber nicht dazu blos, damit wir uns an das große Pfingstwunder erinnern, das Gott in längstver- gangener Zeit gethan hat, das aber uns nichts weiter anginge. DaS Pfingstwunder geht fort bis ans Ende der Welt. Das Fest soll geistig auch an uns und in unS sich immer wieder vollziehen; es soll in uns etwas strömen von dem Geist des Herrn, der ja noch immer wirkt im Wort und Sakrament, im Gebet. Das thut in unsern Tagen vor Allem Noth. Nicht daß es an Geist in der Welt fehlte; Menschengeist und Welt geist giebts in Hülle und Fülle, aber an Gottes Geist ist die Welt arm geworden, am Geist der Kraft und Zucht, des Glaubens und der Liebe, des Friedens und der Wahr heit, des Gebets und der Heiligung. Am ersten Pfingsten hat dieser Geist eine neue Schöpfung vollbracht, ein neues Reich geschaffen. Was es jetzt gilt, das ist die Wieder geburt und Erneuerung des ganzen Volkslebens und des Einzellebens, aber nicht etwa blos eine sittliche, nein auch eine religiöse Erneuerung. So allein kann und wird unser Volk groß und stark sein; so allein kann der Baum des deutschen Reichs alle Stürme überwinden, woher sie immer kommen mögen. Keine Erneuerung aber ohne den heiligen Geist, ohne die göttlichen Lebenskräfte, die der Pfingstgeist giebt. Mr können da wohl auch an die Reformation denken, die eine solche Erneuerung ge bracht hat. In der Pfinastwoche des Jahres 1537 hat sie auch in unserer Bergstadt ihren Einzug gehalten. Damals war ein neuer Pfingsttag angebrochen; die Kirche sah ein reiches pfingstliches Leben; nach dem langen Winter war wieder der Frühling ge kommen mit seinem Blühen und Sprossen; ein neues Feuer loderte in den Herzen auf. Die Zeit der Begeisterung ist freilich geschwunden; von Regung und Bewegung des heiligen Geistes weiß heut zu Tage die große Menge wenig, und Tausende haben kein Verlangen nach der Geistesnahrung aus Gottes Wort. Das ist unsre Pfingstklage; aber nur um so dringender müssen wir wünschen, nur um so brünstiger beten, daß ein neuer Pfingsttag wieder über unsere Kirche und ihre Glieder komme. So laßt uns Pfingsten feiern, dann wirds auch nicht am Pfingstsegen fehlen für das Haus und Herz