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Wöwcmlich erscheinen drei Nummern. PränumeralionS- Prci» 2Lj Sgr. (^ Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. sür du« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man vränmnerüt aus diese« Beil-lau der AUg. Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie ini Auslande bei den WolMbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 3z Berlin, Freitag den 17. März 1837. Frankreich. Ein Gespräch mit Napoleon vor seiner Einschiffung nach Elba. Der letzte Tag der politischen Lausbalm des Kaisers Napoleon schien gekommen, Er sollte Frankreich, dem Frankreich, das er mit so viel Macht und (Nanz beherrscht halte, ein ewiges Lebewohl sagen. Am 20. April verließ er Fontainebleau, und am 27ste» traf er in Le Luc ein, wo seine Schwester Pauline aus einem benachbarten Schloß seiner wartete. Er verließ sie nach einem ergreifenden Abschied, um sich nach Fcejus zn bsgeben, und in der Nacht vom 28. zum 20. April machte er aus einer Englischen Fregatte oie Uebersahrt nach dem Hafen von St. Rapheau. Nachstehendes Schreiben an den damaligen Marine-Minister Ma- louet enthalt den Bericht über eine Unterhaltung, die am Abend vor seiner Abreise »ach der Znsel Elba zwischen Napoleon und dem Marine- Capitain von Monicabriä stattfand: „Paris, 3 Mai 1814. Gnädigster Herr! Ich habe die Ehre, Ihnen, Ihrem Wunsche gemäß, daS Nähere der Unterredung zu melden, die ich mit dem Ex- Kaiser Napoleon in dem Augenblick hatte, als ich zu FrejuS bei ihm erschien, um ihn an Bord zu nehmen und nach der Insel Elba zu führen. Zuerst äußerte er sein Bedauern darüber, daß er schon mit den Engländern eins geworden und daher nicht auf den Schiffen überfahren könne, die ich sür ihn in Bereitschaft gesetzt. „Die Engländer", sagte er, „sind Herren des Meeres; wenn sie es übel nahmen, daß ich Ge genbefehle hinsichtlich meiner Ableise ertheille und mich mit Ihnen ein- lchifftc, so könnte» sie sich Ihrer Fahrt widersetzen, und es könnte zu ernstlichen Erörterungen kommen. Man batte mir eine .Korvette ver sprochen, und man schickt mir eine Brigg; das ist nicht passend; die Engländer haben mir eine Fregatte, ja sogar einen Dreidecker angebo- len ; man behandelt mich sehr schlecht, und man hätte mehr Rücksichten für die Würde der Krone haben sollen, die ich getragen." Ich antwortete ihm, daß Sie, gnädigster Herr, sich in den beson deren Instructionen, die Sic mir erlheilt, ganz derselben Ausdrücke be dient hätten, daß mir alle mögliche Rücksichten und die größte Ehr erbietung empfohlen worden, und daß die Fregatte „Dryade" zu seiner Verfügung stehe. Anfangs schien er gegen Sie erbittert; als ich ihm aber genau Ihre Worte in Betreff der Rücksicht und Ehrerbietung, die man der Krone schuldig sey, welche er getragen, als ich ihm diese be richtet und ihm anScjnandergesetzt hatte, daß er die Korvette als sein ^'genihum anlehen könne, und daß die Fregatte da sey, um die Ueber sahrt muzumachen und während derselben zn seiner Verfügung zu sieben, da kam er von diesem ersten Eindruck zurück und wiederholte mir, wie sehr er er bedgure, sich schon gebunden zu haben. Er wurde freund licher gegen Sie gestimmt und sagte zu mir: „Ich hätte auch nie gc- dvcht, daß Herr Malouct, der ein so einsichtsvoller Mann ist, eine Un schicklichkeit begehe,, würde; und ich wäre wahrhaftig lieber im Kiel- raum einer Französische» Tartane übergesahren, als aus einem Englischen Dreidecker; doch ich ^» »jH, »,,j» eigener Herr, ich hänge von den Kommiffarien der verbündeten Mächte ab, die den Auftrag habe», mir meinen Weg vorzlilchreibe»; durch meine Einschiffung aus einem Eng lischen Fahrzeuge gebe ich mich ganz jn ihre Hand, ich weiß nicht, was man mit mir machen wird; ich bi» ein verlorener Mann; es ist schreck lich, daß ich meinen Feinden anheimgefallen bin, die noch vor kurzem mein bloßer Name i» Schrecken setzte." Er drang sodann in mich, ich möchte ihn mit meiner Fregatte und der Korvette „Inconstanl" beglei ten, woraus ich entgegnete, daß ich, ohne die Eskorte zu kvmmandiren, nicht daran Theil nehmen könne, indem ich nimmermehr meine Flagge der Englische» untcrordnen würde. Napoleon fuhr fort: „Bon Fontainebleau bis Valence bin ich von den Truppen so wie von Einwohnern der Städte und Dörfer mit leb hafter Theilnahme empfangen worden; in der Armee des General Auge- rcau besonders gaben mir die Soldaten durch den wiederholten Ruf: ES lebe der Kaiser! ihre innige Anhänglichkeit zu erkennen. Ich war mit diesem Marschall nicht wett von seinen Truppen zusammengelroffen, wir ballen mit einander gesprochen, und ehe wir schieden, bezeugle er mir seine Tbeilnabme, und ich hielt ihn sür aufrichtig; aber ich wurde bald enttäuscht, denn als ich zu seinen Soldaten kam, trat Einer von ihnen auS den Reihen heraus und sagte zu mir: „„Sie sind dem Marschall Augeregu begegnet, Sire; er betrügt Sie; wie es scheint, zweifeln Sie daran; sehen Sie hier seine Proklamation, wenn Ei» sich überzeugen wollen."" Ich gestehe, daß sie mich wirklich überraschte; ich forderte nun diese Krieger auf, sich kuhig und pflichtgelreu zu ver halten, nnd ich verließ sie unter dem Ruf: Es lebe der Kaiser! An mehreren Orten, durch die ich kam, wurden mir, unter anderen Bewei sen der Theilnahme von Seiten des Volks, Zettel in den Wagen ge< «orfen, die reine Herzen-ergießungen enthielten und besonders meine Abreise beklagten; genug, der Empfang, der mir zu Theil wurde, war von der Art, als wäre ich noch Kaiser der Franzosen. Sv wie ich aber in die Provence gelangte, wurde ich empörend behandelt, namentlich in Oraon, Avignon nnd Air; Weiber, Kinder und Pöbel spielten mir schändlich mit, und hätte ich nicht die Fremden bei mir gehabt, so wäre ich der größten Gefahr ausgesetzt gewesen; das erschütterte mich tief; ich weiß nicht, was ich den Provenyalcn getban habe. (Bekanntlich zeichneten sich vor Allen die Bewohner von, Oraon durch die ärgsten Unbilden aus. Zu Avignon hängten sich die Weiber wie Furien an seine» Wagen und überhäuften ibn mit Beschimpfungen. Zu Aix lief er auch die größte Gefabr, und nur mit Hülfe einer Verkleidung ent ging er den Meuchelmörder» und Fanatikern.) Hätte ich den Krieg forlsetzen wollen, so konnte ich es selbst vor Paris noch, wo mich eine Handvoll Verrätber feigherzig verließ. Eden so leicht wäre es mir ge wesen, in Frankreich einen Bürgerkrieg zn entzünden, wenn ich die Be geisterung und Anhänglichkeit der Truppen und der Einwohner mancher Gemeinden hätte benutzen wollen; aber das war nicht mein Wille. Uebccdies, wozu hätte cs gesührt? Es wären viel Menschenleben durch mich verloren gegangen; jch wäre vielleicht früher oder spater unterle gen, und ich hätte meine Anhänger und ihre Familien mit in meinen Sturz hincwgezogcn. Ich bete sür Frankreichs Glück und werde stete dafür beten, aber ich glaube nicht, daß die fremden Armeen dazu bei tragen...." Nach einigem Stillschweigen fügte er hinzu: ,,ES haben mir Mächte eine Zuflucht angeboten; die Engländer, als sic mir dies Anerbieten machten, sagten, ich würde ihrem Gebiet eine Ebre dadurch erweise». Doch nein!".... Wieder eine Pause. ... „Meine Lauf bahn ist zu Ende. Ich ziehe mich nach der Znsel Elba zurück. Sie sey für mich ein Eiland der Ruhe, und was auch komme» möge, ich werde stets Französischer Soldat sehn und nichts Anderes." Im Laus des Gesprächs, das ungefähr zwei Stunden dauerte, un terhielt er mich von den Marine-Truppen, von ihrer Disziplin, von ihren Manöver«, vom Bau und von der Einrichtung der Schiffe, von dem guten Geist, der in der Armee herrsche, von der Zuneigung und außerordentlichen Hochachtung, die sie für ihn hege, und von dem weisen Benehmen, welches diese Armee unter den gegenwärtigen Umständen beobachtet habe, um sich rein zu erhallen; auch sagte er mir persönlich viel Schmeichelhaftes nnd äußerte, baß er Ihnen dafür Dank wisse, mich auSgewählt zu haben, um für seine Uebersahrt nach der Insel Elba Sorge zn tragen Ich muß übrigens bemerken, gnädigster Herr, daß ich auf meiner Rückkehr von Toulon nach Paris überall die Bestätigung von dem Allen gesunden, was mir Napoleon gesagt hatte. Zn der Provence große Erbitterung gegen ihn; ich überzeugte mich dort auch von dem, was der General Bertrand mir gesagt, nämlich, daß der Kaiser, um der Wuth des Pöbels an mehrere» Orten zu entgehen, genötbigt gewesen sey, sich zu verkleiden, seinen Wagen zu verlassen und, von einem ein zigen Bedienten begleitet, zu Pferde weiter zu reisen. Von Valence bis Fontainebleau und selbst bis Billejuif batte ich Gelegenheit, nicht nur von Seiten der Soldaten, sondern auch von Seiten einiger Bürger und Leute aus dem Volk, besonders zu Lyon, Vienne, Nevers und Moulin«, Zeichen von Tbeilnabme und Schmerz zu bemerken. Ich sprach mit Mehreren, die mir gerade in den Weg kamen, und wünschte von ihnen zu bören, warum sie, wie es schien, «Heils Napoleon bedauerten, tbeils so kalt wären. Diejenige» Leute auS dem Volk oder Bürger, die eine Ausnahme von der allgemeinen Freude zu mache» schienen, antworteten mir weiter nichts als: „Wir werden za sehen, ob wir glücklicher seyn werden." Die Soldaten, namentlich die von der Garde, äußerten ihr Leidwesen ganz unumwunden. Zn Lvon war große Gährung, als die Garde ducchmarschirte; man ließ da her aus Vorsicht die Truppen in der Vorstadt der Guillotiöre kantonni- ren und verbot ihnen, in die Stadt zu gehen. Von dem General Schuwaloff habe ich unierweges gehört, daß Napoleon sich zu St. Rapheau auf der Englischen Fregatte „die Unbe zwingliche" in der Nacht vom 28. zum 2S. April eingeschifft bat, und daß er im Auge»blick seiner Einschiffung, um II Uhr Abends, von ein undzwanzig Känonenschüffen salntirt worden ist. Mit Ehrerbietung Ew. Excellenz unterthänigster und gehorsamster Diener (gez.) von MontcabriL, Schiffs-bapitain."